Rocketchief
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Interview
Einen wahren Paukenschlag stellte die Veröffentlichung des überaus beseelten ROCKETCHIEF-Debüts “Rise Of The Machine“ vor wenigen Wochen dar. Das war natürlich Grund genug, um mit Robert Kahr, dem Gitarristen der im Hardrock der siebziger Jahre verwurzelten und doch stets mit frischem Anstrich lärmenden fünf Münsteraner, ein bisschen über die Truppe und das neue Album zu plaudern.
Hallo Robert. Wie geht es Dir und der Band?
Servus, uns geht’s super. In den nächsten Tagen stehen die Release-Shows an und wir erwarten die ersten Reaktionen auf die Platte. Da macht sich gerade eine ziemliche Aufbruchstimmung breit.
Zunächst einmal: Wie kamt ihr zu eurem Namen ROCKETCHIEF, gibt es da vielleicht eine nette Anekdote?
Man erzählt sich, dass der Name an eine Küchenmaschine angelehnt sei. Außerdem kommt in “Don´t stop me now“ von Queen an einer Stelle ein Wort vor, das so ähnlich klingt. Das sind die Anekdoten, die damals zur Wahl standen. Wir sind im Nachhinein auf jeden Fall sehr froh, dass wir heute nicht über die neue Platte von Heizkörper oder Florida Boy reden.
Ihr veröffentlicht mit “Rise Of The Machine“ dieser Tage ein starkes und frisch klingendes Debüt irgendwo zwischen Rock, Metal und Stoner, das dabei modern und rückwärts gewandt zugleich tönt. Wie ist das Album entstanden – habt ihr von vornherein ein bestimmtes Ziel verfolgt oder euch mehr oder weniger treiben und vom Ergebnis überraschen lassen?
Wir haben es nicht wirklich drauf, stilistisch auf ein konkretes Ziel hinzuarbeiten. Dafür fehlt uns komplett das Konzentrationsvermögen. Wir trinken ganz gern. Normalerweise verändern wir Ideen im Proberaum so lange, bis ein komplett anderer Song dabei herauskommt, wobei das Ergebnis meistens deutlich geiler ist. Außerdem entsteht sehr viel über Jams, wobei viel von der Tagesstimmung abhängt. Letztendlich sind wir natürlich in den von dir genannten Genres zu Hause und merken, was zu uns passt.
Welche Erwartungen knüpft ihr denn jetzt, drei Tage vor Veröffentlichung, an das fertige Album?
Um ehrlich zu sein fehlt uns mittlerweile komplett die Distanz zu dem Ding. Wir haben in den letzten Monaten so viel Energie in die Platte investiert und an Details gearbeitet, dass wir nicht einfach sagen können “O.K., diesen Song werden die Leute so und so finden, das Artwork findet man xy…“. Umso mehr freuen wir uns über Reaktionen wie dein Review und die ersten Feedbacks, denn das bestätigt unser Gefühl. Wir können guten Gewissens sagen, dass wir bei der Produktion alles gegeben haben, was drin war. Und wenn die Leute das nicht cool finden, dann wissen wir auch nicht mehr.
Besonders gelungen finde ich unter anderem den flotten Rocker “Lucky Lucifer“, wovon handelt eine Nummer mit solch einem prägnanten Titel denn?
Grundsätzlich geht es bei unseren Songs weniger um das „Schnapps-Titten-Autos“-Thema, sondern um Ereignisse aus unserem Umfeld. Bei “Lucky Lucifer“ wurde unser Sänger Freddy, der die Texte schreibt, davon inspiriert, dass er einen dicken Kumpel von früher nach einigen Jahren wieder getroffen hat und dann direkt dieses vertraute Gefühl am Start war. Zu Jugendzeiten hatte er sich mit ihm von der Bude, übers Klo, bis hin zu Sorgen und Mädchen alles geteilt und das konnten weder diverse Streits noch eine große räumliche Distanz trennen.
Es ist halt immer etwas albern, wenn Bands in ihren Texten auf super böse Rocker mit Groupies und Koks machen und dann siehst du die Jungs auf ’ner Party und die trinken nicht mal Bier. Dann doch lieber Texte über Dinge, die einem wirklich nahe gehen.
Bereits 2008 habt ihr ja eure “Join My Rocket”-EP veröffentlicht. Wie waren die Reaktionen darauf und wo würdest Du die größten Unterschiede zur aktuellen Platte festmachen?
Die Reaktionen waren für die doch recht einfache Produktion echt fett. Wir haben ein Demo daraus gebastelt, womit wir in der Presse ziemlich gepunktet haben und auf Konzerten haben wir echt viele EPs verkauft.
Wenn ich jetzt allerdings sage, dass die neue Platte erwachsener klingt, ist das Interview wahrscheinlich zu Ende. Letztlich sind wir auf jeden Fall wesentlich ambitionierter an die Sache gegangen, haben in unserem Wunschstudio mit großartigem Uralt-Equipment aufgenommen und bei den Songs mehr zu dem gefunden, was wir wirklich machen wollen.
Wie kam es denn überhaupt zum Coverartwork von “Rise Of The Machine“? Wolltet ihr einfach ein cool aussehendes und zum Albumtitel passendes Old-School-Science-Fiction-Motiv haben oder steckt da noch mehr dahinter?
Wie du im Review ja richtig bemerkst, stammt das Artwork von Sebastian Jerke, der unter anderem schon einige Designs für MISERY SPEAKS entworfen hat und von dem man in nächster Zeit noch einiges hören wird. Wir hatten das Glück, dass er unsere Platte echt geil fand und so haben wir ihm grob die Thematik umschrieben – und dann hat er einfach losgelegt. In der Zeit der Entstehung hat er viel von Isaac Asimov gelesen, was ihm als Inspiration diente. Dann entwickelte das Ganze eine eigene Dynamik und plötzlich hatten wir dieses geile Ding in der Hand.
Böse Zungen behaupten allerdings, der Roboterkampf auf dem Cover sei in Anlehnung an eine der zahlreichen handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen unserem Bassisten Pascal und Gitarrist Robert entstanden. Das ist eine Lüge.
In der Rezension zum Album habe ich eure vielfältigen musikalischen Einflüsse bereits angesprochen – könnt ihr trotzdem ein paar der für euch prägendsten Bands nennen? Entstammt ihr alle dem selben musikalischen Background oder kommt doch jedes Bandmitglied aus einer etwas anderen Ecke?
Auf die Bands, die du genannt hast, können wir uns alle sehr gut einigen. [BLACK] SABBATH und AC/DC haben halt die Musik erfunden, die wir machen, dann haben MOTÖRHEAD, KYUSS, die HELLACOPTERS und GLUECIFER sie weiter getragen.
Als Stephan und Pascal die Band damals gegründet haben, diente eher die Death´n´ Roll-Schiene der frühen ENTOMBED-Platten als Inspiration. Passi hat damals nur Florida-Death Metal gehört, bei Stephan gings eher Richtung Skandinavien. Zudem hat er ja mit MISERY SPEAKS ordentlich Metal abgebaut. Unser Drummer Josh brachte dann als alter Skater eine ordentliche Schüppe Stoner mit ins Spiel. Er ist immer noch fanatischer FU MANCHU-Fan. Dann kam Sänger Freddy dazu, der einen Faible für klassischen Rock´n´Roll und Rhythm and Blues hat. Von Elvis bis Wilson Pickett. Der zweite Gitarrist Robert kommt eher von der 70´s Rock und Blues-Fraktion, mit einer sonderbaren Vorliebe für 80er Jahre Glam-Metal. Das sind allerdings nur die Wurzeln. Zusammen wächst daraus dieser raue Rock´n´Roll, den du auf “Rise Of The Machine“ hörst.
Heute findet man in unseren Platten-Regalen alles von den ALLMAN BROTHERS über THIN LIZZY, DISSECTION, MONO, DARKEST HOUR, POISON, JOHNNY LEE HOOKER, PORTISHEAD, GUNS ‚N‘ ROSES, DOWN, JEFF BUCKLEY, THE BRONX bis zu CYPRESS HILL. Wir stehen halt auf Musik.
Was kannst Du denn speziell zur Rock- und Metal-Szene in eurer Heimat Münster sagen?
Ich hab keinen Plan, vielleicht ist hier ja was im Wasser. Für so eine kleine Stadt ist die Musikszene phänomenal. Zieh dir mal rein, wer (unabhängig vom Geschmack) alles von hier kommt: NEARA, LONG DISTANCE CALLING, ALPHAVILLE, die DONOTS, MISERY SPEAKS, H-BLOCKX, GHOST OF TOM JOAD, THE NOW-DENIAL, MR. IRISH BASTARD – sogar Udo Lindenberg kommt aus der Ecke. Dabei hat das Kaff keine 300.000 Einwohner. Es ist halt cool, dass du eine gesunde Konkurrenz am Start hast, da musst du dich schon auf lokaler Ebene mit anderen Bands messen und kannst nicht mit jedem Scheiß auf ein gutes Feedback hoffen.
Und wie siehst Du die Entwicklung von Szene und Musikindustrie generell – war früher tatsächlich alles besser?
Natürlich träumt jeder, der Musik macht, von den goldenen Zeiten, als man mit der Limousine vom Stadion zum Hotel gefahren wurde, um alles kaputt zu machen. Da die meisten Plattenfirmen heute nicht mehr die Möglichkeit haben, viel Kohle in neue Bands zu investieren, ist die Aussicht, irgendwann mal von der Musik leben zu können, kaum noch vorhanden. Allerdings waren Bands auch noch nie so frei wie heute. Niemand macht uns Vorschriften, wie wir zu klingen haben oder welche Frisuren wir tragen sollen. Die Hypes der letzten Jahre werden immer seltener und letztendlich entscheidet die Reputation beim Hörer über den Stellenwert einer Band.
Eingangs des Gesprächs hast Du bereits die jetzt anstehenden “Record-Release-Shows“ angesprochen, zudem wird es in den kommenden Monaten einige weitere ROCKETCHIEF-Konzerte in Nordrhein-Westfalen geben. Was darf man da von euch erwarten?
Einiges! Der Release gibt uns nochmal einen ordentlichen Arschtritt und wir brennen darauf, den Leuten die neuen Songs endlich um die Ohren zu ballern. Wer uns schon mal live gesehen hat, weiß, dass man uns zumindest keinen mangelnden Einsatz vorwerfen kann. Wenn wir auf die Bühne gehen, dann legen wir alles rein, was geht. Das coole bei unserer Mucke ist halt, dass wir sowohl vor Metal- als auch Rock´n´Roll-, Punk- und Hard-Rock-Publikum zocken können und das ist halt jedes Mal anders. Nur beim Mittelalter-Metal wird’s eng.
So cool allerdings die Infrastruktur für Konzerte in NRW ist, mittelfristig soll es doch weiter hinaus gehen in die weite Welt. Da ist auch gerade noch so manches in Planung.
Bühnentechnisch ist also mit euch zu rechnen. Wie wird denn der musikalische Weg weitergehen? Könnt ihr euch eine zukünftige Entwicklung der Band hin etwa zu seichterem, Radio-freundlichem (Pop-)Rock vorstellen oder würdet ihr so etwas komplett ausschließen?
ROCKETCHIEF werden niemals einen Disco-Song schreiben! Wer möchte denn schon klingen wie NICKELBACK?! Aber im Ernst: Sobald du anfängst, deine Musik im Hinblick auf vermeintlichen kommerziellen Erfolg glatt zu bügeln, ist die Sache im Arsch. Entweder du zockst, was aus dir raus kommt oder du lässt es besser sein. Die ganze Geschichte ist einfach zu anstrengend, als dass man sie halbherzig betreiben könnte. Du fährst nicht acht Stunden im vollgepackten Auto mit fünf schwitzenden Typen, wenn dir der Scheiß nicht wirklich was bedeutet.
Die letzten Worte gehören Dir!
Zieht euch unser Zeug rein, wir meinen es ernst!
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