400 Ausgaben Rock Hard
Holger Stratmann blickt zurück

Interview

400 Ausgaben Rock Hard. Das ist eine stolze Marke, die nicht viele Printmagazine erreichen. Erst Recht nicht, wenn sie ein Nischenthema wie Metal bedienen. Obwohl sich der Printmarkt seit der Gründung des Magazins stark verändert hat, ist Herausgeber Holger Stratmann kein Mensch, der wehmütig den guten alten Zeiten hinterher trauert. Vielmehr interessiert ihn die Zukunft. Anlässlich des aktuellen Heftjubiläums nahm er sich aber doch einmal ausführlich Zeit, um die Geschichte des Rock Hard zu resümieren und über den aktuellen Stand der Musikbranche zu sprechen.

Wer das Jubiläum selbst mitfeiern möchte, erhält die aktuelle Ausgabe noch bis zum 20. 10. am Kiosk oder im Online-Shop. Als Beilage lockt eine exklusive Live-CD mit beim Rock Hard Festival mitgeschnittenen Songs von unterschiedlichsten Acts. Die CD hat das Magazin auf eigene Kosten produziert, um die darauf vertretenen Bands zu unterstützen. Mit dem Interview gehts los auf Seite zwei.

Tracklist:

1. ANTHRAX – N.F.L.
2. DORO – Revenge
3. METAL CHURCH – Badlands
4. BEHEMOTH – Messe Noir
5. PRONG – Unconditional
6. CIRITH UNGOL – Blood & Iron
7. EXODUS – Strike Of The Beast
8. ARMORED SAINT – Can U Deliver
9. MIDNIGHT – Evil Like A Knife
10. POSSESSED – The Exorcist
11. DIAMOND HEAD – Am I Evil?

Moin Holger, dann lass uns mal direkt einstiegen mit dem Anlass unseres Gesprächs: 400 Ausgaben Rock Hard. Wie fühlt sich das für dich an?

Plötzlich wacht man auf und merkt, dass doch etwas passiert ist. Normalerweise hat man gar keine Zeit, sich um so etwas Gedanken zu machen, weil immer die nächste Ausgabe ansteht. Natürlich ist das jetzt auch der Fall, aber ich mach hier das ein oder andere Interview und wir haben in der 400 und bis  unsere Essays geschrieben, da kommt man schon ans Überlegen. Jeder hat etwas anderes geschrieben und das fand ich sehr schön, weil dadurch die Vielfältigkeit des Rock Hard und der Autoren deutlich wird. Außerdem sind die 400 Ausgaben natürlich der Verdienst aller Rock Hard Mitarbeiter und Autoren, die jemals zum Geschehen im Verlag oder dem Heft beigetragen haben.

Mir geht es sonst immer darum, was wir aktuell machen. Wenn so zurückdenkt an 37 Jahre Rock Hard, wo will man da anfangen? Das ist wahnsinnig schwierig. Als wir angefangen haben war es im Grunde eine völlig andere Welt. Wir waren in Westdeutschland, haben die ersten Hefte am Fotokopierer erstellt, hatten Vinylplattenspieler und trafen uns im Plattenladen. Davon ist so gut wie nichts mehr übrig geblieben. Heute gibt es Streaming, Internet und Handys – Platten brauchen viele auch nicht mehr kaufen. Das hat sich wahnsinnig gedreht und nichts davon hätte man in irgendeiner Form vorhersehen können. Das finde ich am faszinierendsten daran, dass es Rock Hard noch gibt, dass zwischenzeitlich die halbe Welt auf den Kopf gestellt wurde, inklusive Wiedervereinigung und was weiß ich was noch alles zwischendurch passiert ist.

Das Rock Hard Team 2020

Obwohl so ein Rückblick auf 37 Jahre, wie von dir erwähnt, nicht einfach ist: Kannst du ein paar Meilensteine in der Geschichte des Magazins nennen, gerade auf dem Weg vom Fanzine zum professionellen Musikmagazin?

Ja, selbstverständlich. Vor allen Dingen fällt mir da ein, dass wir 1987 das erste Fanzine überhaupt waren, das im bundesweiten, also sogenannten Nationalvertrieb war. Bis dahin lief alles über Plattenläden und das Rock Hard hatte darüber auch eine ganz gute Größe erreicht. Wir waren in rund 70 Plattenläden in Westdeutschland und vielleicht noch ein paar in der Schweiz und Österreich. Das war eine ganz schöne Hausnummer, auch für damalige Verhältnisse. Da konnten wir einfach nicht mehr größer werden, deshalb blieb nur noch der Sprung an den Kiosk. Dabei gab es einen Haken, denn wenn man an den Kiosk ging, musste man ein professioneller Verlag sein und ein professionelles Erscheinungsbild haben. Und das hatten wir nicht. Wir haben auf einer Computerschreibmaschine, so eine Art Fahnensatz simuliert. Das sah dann so ähnlich aus, war aber keiner.

„Das Rock Hard hatte über Plattenläden eine ganz gute Größe erreicht.“

Der technisches Sprung war damals wahnsinnig groß. Das hieß Computer einzusetzen, die damals schweinteuer waren. Dann hat uns das Schicksal günstig mitgespielt, weil damals der Metal Hammer verkauft wurde. Daraufhin habe ich uns beim Vertrieb als Nachfolger angeboten und das hat dann geklappt. Also da haben auch ein paar Zufälle eine Rolle gespielt. Zwei Jahre später hatten wir unsere erste richtige Redaktion und die ersten Angestellten. In den neunziger Jahren ging es immer weiter bergauf, bis dann so um ’97, ’98 das Internet eine immer größere Rolle spielte und der Printmarkt Schritt für Schritt ein bisschen geschrumpft ist. Das sind so die Leadmarken. Dann gab es ja noch den sogenannten Split, den haben wir auch noch überstanden. Und jetzt sind wir hier.

Wenn du deinem jüngeren Ich in den Achtzigern, als das Magazin noch in den Kinderschuhen steckte, irgendwas für den Weg des Rock Hard mitgeben könntest, was wäre das?

Puh, ach, ich sag mal, solange es aufwärts geht, ist das immer ein Selbstläufer, genau wie bei Bands. Aber schwierig wird es, wenn es abwärts geht. Es gibt ja dieses Sprichwort „schwieriger ist es, oben zu bleiben, als nach oben zu kommen“ und das bewahrheitet sich dann auch. Klar, wir haben das ganz clever gemacht, haben auch etwas in Digitales investiert, das Festival aufgemacht und im Grunde muss man einfach durchhalten und an seinen Ideen festhalten. Viele probieren etwas aus, es klappt nicht sofort und dann geben sie auf. Meiner Meinung nach ist das genau das Falsche. Ich hab da eigentlich immer ein ganz gutes Bauchgefühl gehabt und habe immer an die Sachen geglaubt, auch wenn viele gesagt haben: „Das bringt doch nichts und macht nur Verluste.“

Das Festival beispielsweise muss man erst mal zehn Jahre machen, bis das Gewinne abwirft und plötzlich war das ein total wichtiges Standbein, um das Heft weiterzumachen. Zehn Jahre lang war das eher umgekehrt. Da haben wir in das Festival investiert. Ich denke, das haben wir schon richtig gemacht. Aber man ist da natürlich auch unsicher, weil andere unsicher sind. Als älterer Bruder hätte ich dem jüngeren quasi geraten, da etwas zuversichtlicher zu sein und das Ding einfach durchzuziehen. Ich glaube, damit ist man immer gut beraten.

Die erste Rock Hard Redaktion

Du hattest gerade schon angesprochen, dass das Aufkommen des Internets den Printmarkt sehr stark beeinflusst und verändert hat. Aber ihr habt neben dem Magazin auch eine Website und eine App. Als diese digitalen Möglichkeiten aufkamen, habt ihr sofort darüber nachgedacht, wie ihr diese gut nutzen könnte oder gab es da Vorbehalte, weil es schädlich für den Printmarkt sein könnte?

Nein, das ist ja nur eine weitere technische Entwicklung, genau wie alle anderen technischen Entwicklungen das Rock Hard auch beeinflusst haben. Vom Kopierer zur Computerschreibmaschine, dann zu den allerersten Computern, zum Desktop-Publishing, dann hat man die Daten direkt zur Druckerei versandt und nicht mehr irgendwelche Filme auf Druckplatten kopiert. Was den Druck angeht, ist die technische Entwicklung damit am Ende gewesen, aber dann kam eben das Internet auf. Das ging erst mal ganz harmlos vonstatten, aber heute hat man grafisch schon wieder andere Möglichkeiten.

Wir haben das gerne angenommen und die Möglichkeiten gesehen. Wir haben schnell gelernt, wie man in so einer App Geschichten erzählt, indem wir etwas mit mehr Bild- und weniger Textanteil gemacht haben, um die Geschichten ganz kurz und knapp zu erzählen, wie es im Internet quasi die Vorgabe ist. Nicht so gut gelungen ist uns, daraus ein Bezahlmodell zu entwickeln. Das ist die große Hürde. Auch bedingt durch die Coronakrise haben viele Verlage dahingehend aber gute Abostückzahlen verkauft. Für mich ist erst mal das Wichtigste, dass die Produkte gut sind und mir selber gefallen. Solange das nicht der Fall ist, brauchen wir es auch niemandem anbieten. Es fehlt aber noch der Schlussakkord.

Die Sache mit dem Geld

Vor diesem Problem, digitale Inhalte gegen Geld anzubieten, stehen ja sehr, sehr viele Magazine und Zeitschriften. Ich habe oft das Gefühl, dass das Internet beim Publikum eine sehr starke Umsonstmentalität herbeigeführt hat, die man jetzt nur schlecht wieder wegbekommt. Wie empfindest du das?

Auf jeden Fall ist das so. Da gibt es, glaube ich, keine zwei Meinungen. Wobei man da immer unterscheiden muss. Ich weiß nicht, wie viele Metalfans es in Deutschland gibt, vielleicht etwas zwischen 200.000 und 500.000 und die haben ja noch nie alle das Magazin gekauft. Man wendet sich nur an einen Teil des Publikums. Die Leute, die gerne alles umsonst mitgenommen haben, die gibt es sowieso. Das sind wahrscheinlich 90 Prozent der Bevölkerung, sagen wir mal, und nur 10 Prozent sind wirklich so zu begeistern, dass sie es am Ende kaufen oder abonnieren, egal, was es ist. Ich glaube, das muss man sich erst mal vor Augen halten. Insofern ist das ein relativ normaler Vorgang. Aber das Internet hat da natürlich eine Bresche geschlagen, gerade was die Entlohnung von Musikern angeht. Natürlich ist das eine Entwicklung, die nicht gut gewesen ist.

Da ist sehr viel Geld aus dem Markt geflossen, von den Kreativen weg, hin zu den großen Tech-Firmen. Die Geräte müssen gekauft werden, die Software muss gekauft werden, der Provider wird bezahlt und die Telefonverträge müssen gemacht werden. Nur das Endprodukt, ein Lied zu hören, das ist dann komischerweise kostenlos. Ich glaube, da haben die sich ein super Geschäft auf Kosten der Urheber gemacht und ich finde es bezeichnend, dass eine Sache, von der im Grunde jeder weiß und die jeder verstehen kann, bei den Konsumenten nicht angekommen ist. Das ist mir immer noch ein Rätsel. Man muss ja kein Wirtschaftsexperte sein, um diesen Move zu verstehen und zu verstehen, warum der gemacht worden ist.

Rock Hard Ausgabe 400

Da hat sich so eine Art Teufelskreis entwickelt. Diejenigen, die die Musik erschaffen, leiden unter der schlechten Bezahlung bei Spotify und Co., doch auf der anderen Seite ist man gerade für jüngere Generationen praktisch nicht mehr existent, wenn man seine Musik dort nicht anbietet.

Es ist für junge Leute auch nicht besonders motivierend, eine Band zu gründen. Junge Leute machen das heute, um ihren Freunden ihre CD zu zeigen. Aber die wenigsten würden darauf noch eine Karriere aufbauen. Das war bei den Bands der deutschen, goldenen Metalgeneration Mitte der Achtziger ganz was anderes. Das war schnell eine Art Nebentätigkeit, die viele dann zum Profimuckertum ausbauen konnten. Die Namen kennen wir alle, von BLIND GUARDIAN, RAGE und DORO bis hin zu KREATOR ist jede namhafte deutsche Metalband diesen Weg gegangen und ich finde es sehr schade, dass es das so in dieser Form gar nicht mehr gibt und wahrscheinlich auch nicht mehr geben wird.

Heute heißt es von den Leuten ja eher, dass man froh darüber sein sollte, wenn man für sein Hobby Musik zu machen überhaupt etwas bekommt. Und jetzt, da viele in der Veranstaltungsbranche durch die Coronabeschränkungen gar nicht mehr arbeiten können, liest man auf Facebook auch gerne mal in den Kommentaren, dass sie diese Probleme nicht hätten, wenn sie was anständiges gelernt hätten. das zeigt, dass vielen Menschen einer genereller Respekt für diesen Berufsstand fehlt.

Das ist wohl so ein bisschen eine deutsche Mentalität, dass Kunst und Kultur nichts gilt. Heavy Metal ist da im Ranking wahrscheinlich auch noch ein paar Treppchen tiefer anzusiedeln. Man sieht ja auch jetzt, dass es niemanden so richtig juckt. Aber wenn den Leuten wieder langweilig werden wird, dann wird das Geschrei groß sein, warum es das alles nicht mehr gibt. Ich hoffe irgendwo, dass die meisten durchhalten und für sich persönlich Rezepte entwickeln, um in ein, zwei oder drei Jahren wieder zu eröffnen, damit die Club- und Festivalkultur nicht ganz den Bach runtergeht.

Kultur hat einen schweren Stand

Viele Musiker sind es auch gewohnt, von der Hand in den Mund zu leben und können sich da ziemlich gut drauf einstellen. Da muss man nicht schwarz sehen. Man darf auch nicht vergessen, dass viele Fans die Künstler und die Szene sehr gerne unterstützen und das weiterhin tun. Diese Geiz-ist-geil-Mentalität gibt es eher in der breiten Öffentlichkeit und so handeln unsere Politiker dann auch.

Das stimmt wohl. Jetzt hast du gerade gesagt, dass Kultur in Deutschland einen etwas schwierigen Stand hat. Hast du das Gefühl, dass das in anderen Ländern anders ist?

Das ist eine sehr gut Frage, die du da stellst. Ich glaube schon, dass in Frankreich die Leute eher über Kunst sprechen, damit meine ich jetzt alle Künste, also Theater, Musik und so weiter, als in Deutschland. Da hat das schon einen anderen Stellenwert. England ist als Mutterland des Pop einen Schritt weitergegangen und hat auch Soloselbstständige nicht außen vor gelassen. Man muss das immer unter dem Aspekt sehen, dass wir ein verdammt reiches Land sind und die Ansprüche deswegen höher sind als anderswo.

Es gibt meiner Meinung nach größere Möglichkeiten und man hätte mehr machen können. Aber das ist eben so. Auch der bescheuerte Widerspruch gegen Hochkultur und Unterhaltung, den es schon gibt, seit ich dieses Magazin mache, ist einfach überhaupt nicht mehr zeitgemäß. Das ist in Amerika schon wieder ganz anders. Da gibt es nicht diese Lücke zwischen Popmusik und Klassik. Klar, alles ist da etwas oberflächiger, aber wenn TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA im Madison Square Garden spielen, meinen Amerikaner, das sei Klassik. Da gibt es diese Barrieren nicht – und das hat auch sein Gutes.

Du hattest vorhin angesprochen, dass manche in der Veranstaltungsbranche sich schon Konzepte überlegt haben, um die Coronazeit rumzubekommen, seien es Autokinokonzerte, Abstandskonzerte und Streaming-Events. Von letzteren habt ihr keine Berichte gemacht. War das eine Grundsatzentscheidung? Andere Magazine haben das durchaus anders gehandhabt.

Ja gut, wir haben sicherlich Onlinenews gemacht. Aber die Sache ist die: Ein Bericht, eine Reportage lebt immer von dem, was man selber erlebt hat. Es lebt davon, dass man die Zwischentöne miterlebt, die Atmosphäre spürt und mit den Leuten spricht. Das Konzert selbst ist ja gar nicht so spannend. Da kann man vielleicht noch auflisten, was genau passiert ist, welche Songs gespielt wurden, aber das kann man auch bei setlist.fm nachschauen. Ich finde das Drumherum viel wichtiger und das gibt es beim Streaming nicht. Das ist aktuell insgesamt sehr schade.

Wir können natürlich weiterhin mit den Musikern telefonieren oder skypen, aber es fehlt eben das Erlebnis, dass man sich auf Reisen begibt und etwas mitkriegt, was man vielleicht nicht direkt schreibt, aber zum Verständnis der Band braucht, seien es Streitereien mit Managern oder dass sich die Musiker untereinander nicht grün sind oder dass sie sehr gute Freunde sind und sich im Backstage mit Witzen gegenseitig hochschaukeln. Das bekommt man online alles gar nicht mit. Aber das finde ich für die Bewertung einer Band sehr wichtig.

Stagediver beim Rock Hard Festival 2013

Was du jetzt beschrieben hast, ist mir im Rock Hard zuletzt sehr positiv bei Oliver Uschmanns SLIPKNOT-Story aufgefallen. Komischerweise gab es gab es in den Leserbriefen durchaus Kritik an dieser Art von Artikel. Ich persönlich finde es ganz cool, wenn man nicht nur das recht starre Interviewkonzept hat. Wie reflektiert ihr sowas bei euch in der Redaktion?

Auch da ist uns Vielfalt sehr wichtig. Es gibt da keine Linie, keine Vorgabe. Ich finde es gut, wenn nicht jeder Bericht gleich ist. Klar, die Musik unterscheidet sich, aber wenn jetzt die Autoren irgendwelchen Vorgaben folgen würden, wären die Berichte trotzdem alle gleich. Da bräuchte man nur noch die Namen austauschen und die Statements sind sich sowieso oft sehr ähnlich. Ich glaube, gerade wenn Schreiber auch älter und besser werden und im positiven Sinne routinierter, dann sollen sie das ruhig mal ausleben und ihren Gedanken freien Lauf lassen. Das finde ich total interessant.

Eine Möglichkeit, aktuell doch etwas von dem ganzen Drumherum mitzubekommen, sind Abstandskonzerte. Ich war vergangenen Freitag zum Beispiel bei DESTRUCTION und BURNING WITCHES im Junkyard. Wie sind deine Gedanken zu solchen Veranstaltungen? Ich meine, bei 35 Euro Eintrittspreis und maximal 100 Zuschauern kann das wirtschaftlich ja schon mal nicht aufgehen.

Ich höre da ehrlich gesagt nur Positives. So lange da alle Beteiligten ihren Spaß haben, spricht ja nichts dagegen. Das verharmlost nicht das Problem und klar, ich würde zu sowas auch hingehen. Im Grunde ist das eine gute Sache. Ich glaube, vor allem für den Kopf ist das gut, für die Bands und die Gastronomen, die diesen Ort bewirtschaften. Gerade im Sommer war das wichtig. Wie das im Winter aussieht, ist mir noch ein Rätsel, aber mal sehen. Ich finde es gut, dass die Leute so erfinderisch sind.

Das habe ich neulich in einem Editorial geschrieben, dass ich daran glaube, dass die Metalszene erfinderisch ist und Möglichkeiten finden wird. Und wenn es nur lokale Konzerte sind wie 1983 im Jugendzentrum Gladbeck. Für GRAVE DIGGER ist man nach Gladbeck gefahren und hat sich ein Bein abgefreut, dass man die mal live sehen konnte. Manchmal ist es gar nicht so verkehrt, wenn alles wieder auf null zurückgeschraubt wird, weil dann die Wertschätzung wieder größer wird. Ich hoffe, wenn es irgendwas Positives an dieser Pandemie geben wird, dann, dass die Leute wieder mehr Wertschätzung für aufgenommene Musik entwickeln und losziehen, um sich das zu kaufen.

Das wäre auf jeden Fall eine coole Sache. Das Verbot von Großveranstaltungen hat euch mit der Absage des Rock Hard Festivals sehr direkt getroffen. Wie war so eure erste Reaktion, als klar wurde, dass es dieses Jahr nicht stattfinden würde?

Das war erst mal eine wochenlange Hängepartie. Es war rechtlich eine schwierige Situation. Wir hätten es gerne früher abgesagt, aber durften das nicht, weil wir dann möglicherweise schadensersatzpflichtig gegenüber den Bands oder anderen Dienstleistern geworden wären. Die hätten dann sagen können „Wir waren ja da, aber ihr habt es jetzt abgesagt.“ Es muss im Grunde von der Gemeinde, dem Land oder dem Bund verboten werden, damit ohne schadensersatzpflichtig zu werden, absagen kann. Und dieses Verbot blieb aber aus. Das hat mich in den Wahnsinn getrieben, da bin ich ganz ehrlich. Wir hatten eine groteske Situation. Die Grenzen waren geschlossen, es gab so gut wie keine Flüge mehr nach Deutschland, die eine Band hätte nehmen können. In Spanien oder den Niederlanden waren bis Ende Juli oder September schon alle Veranstaltungen abgesagt, in NRW aber nichts.

Drei Wochen vor der Veranstaltung war allen klar, dass es nicht stattfinden kann, aber konnten es nicht absagen. Die Fans wurden langsam ungeduldig und wir waren froh, als uns das irgendwann abgenommen wurde. Aber das war schon extrem spät. Wir hatten Bands und Fans gesagt, dass es wahrscheinlich nicht stattfinden wird, aber das war vollkommen verrückt und ich finde es komisch, dass sich da noch nichts geändert hat. Das ganze Spiel könnte sich im nächsten Jahr wiederholen. Man weiß es nicht und wir hoffen, dass es gut geht. Jetzt machen erst mal alle weiter, wir ja auch, wir buchen wieder Bands, sind denen gegenüber verpflichtet und damit geht das ganze Spiel wieder von vorne los.

Derzeit steigt die Zahl der Infizierten in Deutschland wieder. Mit welchem Gefühl schaust du angesichts der derzeitigen Unsicherheit auf das Rock Hard Festival 2021?

Ganz ehrlich, da kann man im Moment nichts zu sagen, weil solche Zahlen genauso schnell wieder runter wie sie hochgehen. Dass ist bei jedem individuell wieder ausgestanden. Da geb ich jetzt keine Prognose ab. Ich hätte auch im April nicht gedacht, dass im Juli alles bei null wäre. Meiner Ansicht nach hätte man das ein oder andere Open Air ab Juli unter Hygienevorschriften stattfinden lassen können. Also da kann mir auch keiner widersprechen, wenn jetzt wieder zehntausende Leute ins Fußballstadion gelassen werden, obwohl die Zahlen wieder deutlich höher sind oder Zigtausende an Demonstrationen teilnehmen, wo gar keine Regeln beachtet werden, hätte man ein Metalkonzert mit einer paar tausend Leuten im Amphitheater durchaus machen können.

Rock Hard bleibt unabhängig

Also gerade dieser Kontrast zwischen tausende Menschen ins Fußballstadion zu lassen und das Konzert, was Marek Lieberberg in Düsseldorf durchführen wollte, abzusagen, wirft schon die Frage auf, was der Unterschied sein soll, denn das wäre auch in einer Arena von ähnlicher Größe wie der eines Fußballstadions gewesen.

Absolut. Und das vor Fans, die vielleicht auch gesitteter sind und sich eher an Regeln halten als so mancher Fußballfan.

Dann würde ich jetzt gerne nochmal den Bogen zurück zum Magazin selbst schlagen. Du hattest eingangs erwähnt, dass der Metal Hammer relativ früh verkauft wurde und auch andere Musikmagazine sind in den vergangenen Jahren an größere Verlage verkauft worden. Das Rock Hard erscheint aber bis heute im Eigenverlag. Gab es da in der Vergangenheit mal Angebote oder Überlegungen in die Richtung, daran was zu ändern?

Also die Angebote gab es, aber ich weiß nicht, es passt irgendwo nicht zum Rock Hard. Ich glaube sowieso, dass Investoren grundsätzlich nicht zur Metalszene passen. Man könnte jetzt auch ergänzen, dass viele der reinen Metalplattenfirmen auch verkauft wurden. Ich glaube, das geht nie gut und kenne kein einziges Beispiel, wo das gut gegangen wäre. Deshalb glaube ich, würde das auch für das Rock Hard nicht funktionieren. Aber man kann sowas natürlich nie komplett ausschließen. Gerade in Hinblick auf Digitalisierung braucht man enormes Durchhaltevermögen und riesige Summen Geld, wenn man es richtig machen will.

So wie Rock Hard weiterhin im Eigenverlag erscheint, habt ihr auch immer am Standort Dortmund festgehalten, während andere Magazine und Labels oft im Zuge einer Übernahme ihren Standort gewechselt haben. Jetzt ist Dortmund nicht unbedingt der Nabel der Musikwelt in Deutschland. Ist das einfach Lokalpatriotismus oder wie kommt es, dass das Rock Hard immer noch in Dortmund sitzt?

Ja und nein. Also ich bin geborener Dortmunder, also ist das auf jeden Fall in gewisser Weise Lokalpatriotismus. Davon abgesehen ist Dortmund vielleicht nicht musikalisch, aber zumindest verkehrstechnisch der Nabel von Deutschland. Der Flughafen ist vielleicht ein bisschen klein, aber hier treffen sich alle Bahnlinien. Man kommt gut nach Frankfurt, nach Hamburg, nach Amsterdam und hat noch das restliche Ruhrgebiet mit einer starken Metalszene vor der Haustür. Es gibt also wahrlich schlechtere Standorte, um so ein Magazin zu betreiben. Ganz im Gegenteil, es war von Anfang an ein riesiger Vorteil. Es gab auch andere Fanzines in Deutschland, als wir angefangen haben, aber die hatten keinen Ballungsraum mit drei Millionen Menschen vor der Haustür. Und auch nicht die Nähe zu Holland, denn nach Holland sind die ersten Undergroundbands über die Dynamo-Veranstalter gekommen. Dann gab es noch das Aardshock-Magazin, das wahnsinnig nah an allem dran war. Das ist alles zu uns rüber geschwappt.

Kontroversen im Rock Hard

Das erste deutschsprachige Aardshock war durchaus Vorbild fürs Rock Hard. Wir haben da unheimlich von profitiert. Der Dynamo-Club in Eindhoven war nur zweieinhalb Stunden entfernt. Bands wie SATAN oder MERCYFUL FATE, die da gespielt haben, sind anschließend auch in der Zeche Bochum aufgetreten. Wir hatten noch die einheimische Ruhrpott-Szene. Gemessen daran hatte Berlin gar nichts, Hamburg gerade mal RUNNING WILD und HELLOWEEN und München auch nichts. Frankfurt hatte TANKARD. Dazu kommt, dass die Mitarbeiter aus verschiedenen Teilen Deutschlands kamen und man im Ruhrgebiet immer noch verhältnismäßig günstig stadtnah wohnen kann. Ist klar, so ein Magazin im Eigenverlag ist immer noch Low Budget. Das könnten wir uns einer Großstadt so nicht leisten. Deswegen ist Dortmund ein sehr guter Standort.

Anfangs hatten wir ein bisschen über wichtige Entwicklungsstationen des Magazins gesprochen. Aber gibt es denn auch Stories und Artikel, die dir besonders im Kopf geblieben sind? Mir würde da zum Beispiel als erstes das „Würdest du für den Metal sterben?“-Interview mit MANOWAR einfallen.

Ja, klar, die zwei, drei, vier etwas provokanteren Sachen sind natürlich absolut legendär, gar keine Frage. Auch die Kontroverse, die wir damals mit SLAYER ausgetragen haben. Nicht vergessen darf man auch, was uns einige immer noch übel nehmen, das erste Interview mit BÖHSE ONKELZ in Deutschland. Wobei die ganze Geschichte im Nachhinein am Ende doch sehr gut ausgegangen ist. Das ist sicherlich auch ein Verdienst von Rock Hard.

Geddy Lee und Holger Stratmann

Für mich persönlich hatte ich jetzt noch das späte Glück, mit Geddy Lee von RUSH ein Interview zu machen, als RUSH schon im Grunde im Eimer waren. Es sind natürlich sehr viele Geschichten gewesen. Ein paar Musiker sind auch schon tot, die man getroffen hat, so wie Kurt Cobain zum Beispiel. Wenn man da zurückblickt, fallen einem total viele Geschichten ein. Aber die sind selten so spektakulär, weil die meisten sich doch ganz gut benehmen können. Und im Umfeld so eines Interviews passiert selten etwas wirklich spektakuläres.

Was mir dazu noch einfällt ist die Dave-Mustaine-Titelstory vor einigen Jahren, in der es explizit darum ging, ihn, der in der Öffentlichkeit häufig als sehr arroganter Typ angesehen wird, mal in einem etwas anderen Licht zu zeigen.

Ich glaube, ich weiß sogar, welche Geschichte du meinst. Wir hatten ja durchaus mehrere, die in so eine Richtung gingen. Es ist immer super, wenn die Leute, also die Musiker, ein etwas anderes Bild in der Öffentlichkeit vermitteln. Ich hab auch meine Kontroversen mit Mustaine gehabt, aber wir verstehen uns so gut, dass das nie von langer Dauer war. Der ist eigentlich ein lieber Kerl, hatte eine schlechte Kindheit und durch sein Geltungsbedürfnis kommt da manchmal dieses Großmaul durch. Dann geht es auch schon mal schief.

Aber man darf nicht vergessen, dass es auch nicht so einfach ist, auf einer Bühne zu stehen und Interviews zu geben. Da würde sich mancher verplappern, wenn er mal so weit wäre. Außerdem sind Künstler, die leicht neben der Spur sind, auch die, die die beste Musik machen. Da gibt es keine Zweifel und das kann man sicherlich auch psychologisch begründen.

Dave Mustaine

Solche Coverthemen werden unter eurer Leserschaft viel diskutiert. Oft kommt der Vorwurf, es seien immer nur alte Bands und immer das Gleiche. Wobei ich finde, dass Rock Hard gerade im Vergleich zum Metal Hammer noch relativ häufig junge Acts auf dem Cover hat. Wie nehmt ihr dieses Feedback wahr?

Naja, erst mal ist die Metalszene durchaus ein bisschen konservativ und Deutschland als Land vielleicht auch. Das Gewohnte wird ganz gerne genommen und das liegt auch am Publikum. Wenn wir jetzt ganz frische Bands nehmen, verkauft das auch gar nicht in der Regel. Das liegt ja nicht an uns, sondern auch am Publikum. Ich glaube schon, dass Rock Hard ein sehr gutes Gespür dafür hatte, wann eine Band dafür reif ist. Und ich glaube, dass wir für mehr Coverpremieren von heute bekannten Bands gesorgt haben als wahrscheinlich jedes andere Magazin in der Welt. Im Grunde kann man fast jede Band nehmen, die von unten nach oben gegangen ist und die wir höchstwahrscheinlich als erstes auf dem Cover hatten.

Da muss man das Gespür dafür mitbringen, wann sich was tut. Wenn sich Leute finden, die das dann interessiert, haben wir auch unsere Pflicht getan und etwas Neues vorgestellt. Das ist eine Win-Win-Situation. Aber die haben wir natürlich nicht immer. Gerade in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren ist es ziemlich dünn geworden mit neuen Bands, die auf dem Weg nach oben waren. Wenn es gut läuft, sind das OPETH oder BLUES PILLS, die in ihrer Nische extrem erfolgreich sind, aber wo ein Teil des Publikums sagt: „Das kann ich mir nicht reinziehen.“ Aber an Bands, die alle vereinen, so wie METALLICA oder IRON MAIDEN, kommt praktisch nichts nach.

„Ich glaube, dass die Szene mal einen YouTube-Kanal vertragen könnte, der tollen Content macht.“

Zur 400. Ausgabe habt ihr quasi mal eine Geschichte über euch selbst gemacht, in Form eines Imagefilms. Wie kam die Idee dazu auf ausgerechnet zu diesem Jubiläum sowas zu machen?

Die Idee gab es schon viel früher. Wir haben nur so lange damit gewartet, bis die 400 rauskam (lacht). Aber warum auch nicht? Das wurde von dem Ili Jelusic so an uns herangetragen und ich finde es auch ganz gelungen. Es gibt immer wieder mal jüngere Fans. Und auch wenn es uns lange gibt, darf man nicht davon ausgehen, dass uns jeder kennt. Vielen jüngeren Fans sind Printmedien vielleicht nahezu unbekannt. Deshalb diese Kurzvorstellung von uns, damit man versteht, wer wir sind und wie wir arbeiten. Das ist weniger für altgediente Leser, sondern richtet sich vielmehr an Fans, die uns vielleicht noch nicht kennen.

Außer der monatlichen Heftvorstellung und gelegentlich Interviews ist es ansonsten recht still auf eurem YouTube-Kanal. Kannst du dir vorstellen, das Feld in Zukunft nochmal stärker zu bearbeiten? Ich erinnere mich dunkel daran, dass mal von einer Zusammenarbeit mit Heavy Metal Home TV die Rede war.

Die Geschichte des bewegten Bilds geht bei Rock Hard in Videoform bis in die Neunzigerjahre zurück. Wie bei so vielem ist das liebe Geld da letztendlich ausschlaggebend. Das Problem ist ein bisschen, wenn man sich mal anschaut, welche YouTube-Videos von Rock Hard am erfolgreichsten sind, sind es meistens die, in denen Musiker krasse oder witzige Aussagen machen, die dann um die Welt gehen. Aber wenn eine Redakteur mit jemandem ein super Gespräch führt, interessiert das keine Sau. Das ist etwas zwiespältig.

Ich glaube, dass die Szene mal einen YouTube-Kanal vertragen könnte, der da tollen Content macht. Aber leider kann man die Menschen für zehnminütige, gute Gespräche kaum noch interessieren. Das muss alles eher sensationslüstern sein. Momentan fällt mir da kein Format ein, dass sich mit unserer Form von Journalismus gut verträgt. Aber es wird bestimmt irgendwann wieder etwas in der Richtung geben. Es kann ja auch ein Podcast sein. Wir sind an diesen Ideen dran, aber wie so vieles in der digitalen Welt macht das wahnsinnig viel Arbeit, die einem niemand bezahlt.

Trotzdem habt ihr durch Webzines, YouTube und die vorhin schon angesprochenen Algorithmen von Spotify und Co. sehr viel Konkurrenz, wenn es um Musikempfehlungen und Berichterstattung über Musik geht. Social Media spielt dabei natürlich auch eine Rolle, weil es Musikern die Möglichkeit gibt, ihre News selbst mit der Welt zu teilen. Aber welche Stärken und Vorteile hat ein Printmagazin deiner Meinung nach auch heute noch gegenüber all diesen Dingen?

Ich denke, die Kunst wird darin bestehen, diese beiden Welten erst einmal nahtlos miteinander zu verzahnen. Dass man die Schnelligkeit, die Unmittelbarkeit des Internets mit längeren Artikeln verbindet, denn damit tu ich mich digital immer noch schwer. Da kommt es stark auf die Art der Präsentation an und wie einfach das zu lesen ist. Journalismus sollte grundsätzlich erst mal längere Geschichten erzählen wollen. Ob die dann im Print zu lesen sind oder digital, ist zweitrangig, so lange dafür bezahlt wird. Denn eine gut recherchierte Geschichte ist nicht mal eben so geschrieben. Und wenn es etwas sein soll, das im besten Fall noch zeitlos ist, dann hat das seinen Wert.

Es gibt ganz viele Geschichten von Rock Hard aus den letzten fünf Jahren, die im Heft standen und jetzt verschwunden sind, wenn man sich nicht gerade ein altes Heft zur Hand nimmt. Es ist für mich keine Frage des Formats. Ich finde digital total gut. Ich kann zu Hause sitzen und durch Texte von vor ein paar Jahren scrollen. Ich nenne da mal ganz spontan „Heavy Metal in Afrika“ von Andreas Schiffmann. Da sind vielleicht inzwischen ein oder zwei Bands dazugekommen, aber das ist immer noch sehr aktuell. Aber es ist wichtig, dass es solche Geschichten gibt und sich jemand findet, der dafür bezahlt, damit Andreas Schiffmann diese Geschichte schreiben kann. Es geht um die Wertschätzung. Wie die Geschichte hinterher zum Leser kommt, finde ich eigentlich relativ zweitrangig. Wichtig ist, dass es die Geschichte überhaupt gibt.

„Wir haben den Anspruch, das professionell zu tun.“

Rock Hard ist eine Art Marktplatz für alle Player in der Szene, die dort präsentiert werden. Dadurch können wir Leute zusammenbringen, die sich sonst vielleicht nicht gefunden hätten. Klar kann man heute eine Band googlen, aber wenn man den Namen nicht hat, muss man den irgendwo finden. Und das ist diese Filterfunktion. Das ist auch ein ganz wichtiger Aspekt, weil heute jeder im Wohnzimmer mehr oder weniger alleine eine Platte aufnehmen kann. Wir können auch nicht alles hören, das schafft kein Mensch. Aber unsere 30, 40 Leute, die ihre Szene in der Nase haben, können davon ein Best-Of zusammenstellen. Wenn es das nicht mehr gäbe, würde das Niveau der Musikszene unglaublich abfallen.

Natürlich gibt es noch andere Magazine und Onlinemagazine. Das ist jetzt nicht alleine vom Rock Hard abhängig. Aber es ist wichtig, dass es Medien gibt, die das filtern und wir haben auch den Anspruch, das professionell zu tun. Das bedingt erstens, dass man immer alles geben muss und seinen Tag danach auszurichten hat und zweitens, dass man unabhängig und kritisch da herangeht. Und es ist wichtig, dass es das gibt. In welcher Form das gelesen wird, ist weniger wichtig. Das kann jeder machen, wie er Lust hat.

Rock Hard Stuff

Jetzt hast du von einer Verzahnung von Print und Online gesprochen. Manche Magazine wie der britische NME oder hier in Deutschland Spex und Groove haben nach der Einstellung der Printausgabe auf einen reinen Onlinebetrieb umgestellt. Könntest du dir diesen Schritt je nach der zukünftigen Entwicklung des Magazins auch für Rock Hard vorstellen?

Also ich wäre wahrscheinlich ein wahnsinnig schlechter Verleger, wenn ich mir das nicht vorstellen könnte. Aber klar ist das eine verdammt gefährlich Angelegenheit, sowas zu moderieren. Natürlich denken wir darüber nach. Man muss den richtigen Zeitpunkt erwischen. Man darf nicht zu früh sein, nicht zu spät und eine bisschen Glück gehört auch dazu. Außerdem ist man da unheimlich von der Technik abhängig. Das darf man nicht vergessen. So ein Printmagazin geht nicht ganz von selbst, aber da kennen wir jeden Schritt. Digital braucht nur irgendein Betriebssystem von Apple oder Android eine Neuerung bringen und schon hat man als Publisher keinen Einfluss darauf, wie die Inhalte angezeigt werden. Natürlich gibt es Leute, die sich um sowas kümmern und dafür sehr gut bezahlt werden.

Aber das ist für mich die Krux an der Sache, diese Schnelllebigkeit des digitalen Publishings. Welche Endgeräte sind gerade in? Wie laufen die System? Welche Politik wird im Hintergrund betrieben? Das alles ändert sich rasend schnell. Als wir unsere App herausgebracht haben, war das iPad das Gerät der Zukunft. Ich war total begeistert von der Darstellung und les heute noch meine Magazine auf dem iPad. Doch dann hatten plötzlich alle riesengroße Handys, die man nicht mal mehr in die Hosentasche stecken könnte. In dieser Entwicklung steckt man selbst nicht drin. Zwar gibt es Leute, die da Vorhersagen treffen, aber auf die kann man sich auch nicht immer verlassen. Das ist wahnsinnig gefährlich. Ob, wann und wie wir diesen Schritt machen, ist momentan noch völlig offen.

Quelle: Alle Fotos zu Verfügung gestellt von Holger Stratmann
05.10.2020

"Irgendeiner wartet immer."

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