REV 16:8
Interview mit Sänger Talon

Interview

REV 16:8

Als Fan kann man eigentlich nur froh sein, wenn „Weiterentwicklung“ keine Abkehr von den liebgewonnenen Qualitäten einer Band bedeutet, sondern eher einen geradezu natürlichen Schritt in die Richtung meint, die von Anfang an die richtige war. Die schwedischen REV 16:8 haben auf ihrem zweiten Album „Ashlands“ genau diesen Schritt unternommen. Das dazu auch ein gewisses Maß an selbst auferlegter Isolation notwendig ist, erklärt uns Sänger Talon.

Ahoi Talon, vor zwei Jahren durfte ich euch bereits zu eurem grandiosen Debüt gratulieren. Lobende Worte fand ich nun auch für „Ashlands“. Gab es eigentlich irgendwelche kuriosen Kritiken dazu?

Nun ja, seltsam sind zumindest all die Vergleiche mit Bands, mit denen wir musikalisch nichts zu tun haben. Was mich auch ins Grübeln bringt, sind Kritiker die meinen, „Ashlands“ wäre, im Bezug zu Black Metal, ein generisches Album. Da frage ich mich doch echt, was die sich angehört haben – unser Album kann es jedenfalls nicht gewesen sein.

Verglichen mit „Grand Tidal Rave“ erscheint mir euer neues Werk sichtlich rauher, brutaler, vielleicht ein Stück weniger melodisch, dafür aber komplexer. Worin bestehen für dich die größten Unterschiede zu eurem Debüt? Was zählt für dich zu den Stärken von „Ashlands“?

Beide Alben teilen auf jeden Fall das gleiche „setting“, den gleichen Gedanken, wenn auch sie unterschiedliche Konzepte haben. In meinen Augen ist „Ashlands“, was das Material und den Sound betrifft, ein natürlicher Nachfolger von „Grand Tidal Rave“, ein natürlicher Fortschritt. Es zeichnet sich durch eine bessere Balance zwischen schnellen und langsameren Stücken aus, des weiteren ist das Material auch geradliniger geworden. Die meisten Songs haben einen steten Wechsel zwischen Einzel- und Doppelanschlägen, besonders bei den schnelleren Stücken klingt das differenzierter. Außerdem sind die Gitarren auch nicht mehr so stark verzerrt. Wie du siehst, also viel Feinarbeit, viele Details, die den Gesamteindruck aber interessanter machen.

Der Song „Rust Retinal Vein“ fasst das Album in dieser Hinsicht ziemlich gut zusammen. In einem längeren Kommentar zu euren Songs sagtest du, das „Coal Mirror“, ein Song der durch die ganzen von dir gerade erwähnten Eigenschaften glänzt, den Weg für das neue Material geebnet hat. Es klingt beinahe so, als hättet ihr genau dort angesetzt, wo ihr mit „Grand Tidal Rave“ aufgehört hattet. Was für ein Ziel hattet ihr vor Augen?

Wir haben neue Wege für uns entdeckt, Musik zu kreieren. Bei „Grand Tidal Rave“ hatten wir ein klares Konzept vor Augen, sowohl was den kreativen Prozess betrifft, als auch die Präsentation. Anfang 2010 stand für uns das Konzept für „Ashlands“ fest und wir fingen mit den Arbeiten an. Wir fanden nicht nur einen neuen Stil sondern auch eine neue Methode, um unseren Black Metal zu entwickeln. Die bestand vor allem darin, das wir unsere kreative Arbeit komplett in den Proberaum verlagerten, anstatt dort nur Riffs zu lagern. Das ganze hat dann etwa vier Monate gedauert.

Die Songs stammen ja hauptsächlich aus der Feder von Nefastus, aber bei einigen flossen eure Ideen zusammen bzw. wurden sie beim Jammen entwickelt. Ist es das, was du gerade mit eurer neuen Methode gemeint hast?

Ja, die Musik wird entweder „live“ beim Jammen entwickelt oder teilweise am Computer aufgenommen und vorarrangiert. Die Sessions im Proberaum eröffnen uns da neue Möglichkeiten, die für „Ashlands“ auch notwendig waren.

Braucht ihr eigentlich einen gewissen Druck für eure Kreativität, oder sprudeln die Songs aus euch heraus, wenn ihr erstmal im losgelegt habt?

Glücklicherweise lag die Entscheidung bei uns, dass wir nur dann etwas abliefern, wenn wir auch etwas zu bieten haben. Solange uns kein Terminplan in die Quere kommt, sind wir ziemlich frei in unserem kreativen Prozess. Trotzdem sind Termine und auch Zeitdruck für uns notwendig, weil es uns herausfordert und das nur zu unserem Besten sein kann.

Bei der Produktion liegt das Ergebnis ziemlich nah am Vorgänger. Wo habt ihr „Ashlands“ aufgenommen und produziert?

Wir haben uns erneut für das Necromorbus Studio in Stockholm entschieden, weil es für uns einfach das Richtige ist. Sverker Widgren hat sich dort um alles gekümmert.

„Grand Tidal Rave“ erschien seinerzeit auf Temple Of Darkness, nun seid ihr bei AFM Records gelandet. Wie kam es denn dazu?

Als wir mit den Aufnahmen zu „Ashlands“ fertig waren, sind einige Labels an uns herangetreten, und von denen hat AFM den besten Eindruck auf uns gemacht. Deshalb hatten wir uns entschieden, dass sie das Album veröffentlichen sollen.

AFM sind ja nicht unbedingt als Black Metal Label bekannt, also scheinen sie einiges Vertrauen in euch zu setzen. Seid ihr zufrieden mit der Zusammenarbeit?

Wir können uns zumindest nicht beklagen.

Für „Flame Salvation“ hattet ihr ja ein Video gedreht, sehr simpel gehalten, aber sehr effektiv für eure Musik. Ist demnächst ein neues Video geplant?

Es gab einige Ideen für ein neues Video, aber wir haben uns mittlerweile davon verabschiedet – es wird wohl in nächster Zeit nichts in dieser Richtung geben.

Du hast bereits erwähnt, dass ihr zu einem neuen Stil gefunden habt. Hast du das Gefühl, dass ihr eure eigene kleine Nische besetzt?

Ja, ich denke schon, dass wir unseren eigenen Sound haben. Wir betrachten unsere Band auch nicht als Teil einer Szene, und haben deshalb auch kein Interesse an irgendwelchen Vergleichen oder Beziehungen zwischen unserer Musik und der von anderen Bands. Was um uns herum geschieht, ist für REV 16:8 vollkommen irrelevant. Es ging uns immer nur darum, was wir als Band machen, alles andere konnte uns fremd bleiben. Unser Fokus liegt allein auf unserer eigenen Entwicklung, aus uns selbst heraus, und genau deshalb ist „Ashlands“ auch so ein natürlicher Nachfolger von „Grand Tidal Rave“ geworden.

Das letzte Stück „Leave Me“ erscheint mir eher als Cliffhanger denn als gewöhnliches, ausleitendes Outro. Ist das bereits ein Fingerzeig auf kommende Taten? Wie weit steht es denn bereits mit einem Nachfolger zu „Ashlands“, oder ist es dafür noch zu früh?

Wir haben tatsächlich schon mit den Arbeiten begonnen, auch wenn wir noch ganz am Anfang sind, und über die Ausrichtung diskutieren. Es wächst, langsam aber stetig.

In euren Texten geht es nicht um Fantasy sondern um das Leben als eine ziemlich leere Hülle. Empfindest du die sehr negative Ausrichtung als realistischer? Die Welt so sehen, wie sie ist, nicht wie sie sein sollte oder könnte?

Für uns ist das die einzig denkbare Betrachtungsweise, die einzig reale. Für die meisten Leute, vor allem in der westlichen Welt, ist das die Realität, doch sie verstehen sie nicht und malen sich deshalb ihr geschöntes Bild für’s Leben. Das alleine ist doch schon bezeichnend für das jämmerliche Bild, was die Menschheit abgibt. Die Menschheit hat das Antlitz von Feigheit.

Was ist die Konsequenz daraus? Hoffnungslosigkeit, Stagnation oder vielleicht doch ein Weg zu einer (positiveren) Veränderung?

Negativität ist Realität, und es bedeutet vor allem, ehrlich zu dir selbst zu sein. Die Realität so zu akzeptieren, wie sie ist, nur dass verleiht dir Bodenhaftung und bereitet dich auf das vor, was dir widerfährt.

Lange ist es nicht mehr hin, dann werdet ihr auf dem Summer Breeze Festival auftreten. Was können wir live von REV 16:8 erwarten?

Da wir noch keine Festivals gespielt haben, sind wir sozusagen selbst ein bisschen gespannt darauf.

Wie sieht es mit weiteren Live-Aktivitäten aus?

Da ist noch nichts weiter geplant. Ich bin aber der Meinung, dass Konzerte extrem wichtig für Bands sind – und REV 16:8 braucht auf jeden Fall mehr Liveerfahrung.

Da ihr euch als Band ja kreativ isoliert, brauche ich dich wohl nicht zu fragen, wie es deiner Meinung nach mit dem heutigen Black Metal steht. Kannst du trotzdem nachvollziehen, dass es für viele Leute heutzutage generell „zuviel Musik“ gibt?

Darüber zerbrechen wir uns ehrlich gesagt nicht den Kopf, auch nicht darüber, wo wir nun im Black Metal eigentlich stehen. Ich kann dir nur eins sagen: Solange Bands wie wir etwas beizutragen haben, kann es gar nicht zuviel Black Metal in dieser Welt geben.

Gibt es trotz der Eigenbrötlerei Bands, die dich immer noch beeindrucken?

Auf jeden Fall alle, die sich immer noch weiterentwickeln können.

Ok, danke Talon! Wir sehen uns dann beim Gig auf dem Breeze!

Danke ebenfalls!

04.07.2011

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