Red Harvest
Interview mit Ketil Eggum
Interview
Neues Label, neues Logo, neues Album – die Zeichen stehen bei RED HARVEST derzeit auf Sturm, deshalb war es an der Zeit, mal bei den norwegischen Industrial-Veteranen vorstellig zu werden. Gitarrist Ketil Eggum (a.k.a. TurboNatas) gab sich zwar gewohnt wortkarg, dennoch ließ er sich einige interessante Details zu „A Greater Darkness“ und dem ureigenen Sound der Band entlocken.
Euer neues Album ist vor kurzem erschienen und hat doch bestimmt schon einige positive Resonanzen eingefahren, oder?
Das Feedback war bisher sehr gut, und das ist cool.
Diesmal mussten die Fans ein bißchen länger auf neues Material warten. Das letzte Album kam ja im September 2004. Natürlich seid ihr in der Zeit nicht untätig gewesen, habt „Internal Punishment Programs“ promotet, ausgiebig getourt und eure erste Live DVD produziert. Was habt ihr in der Zeit sonst noch gemacht? (Offensichtlich habt ihr ja das Label gewechselt, und seid von Nocturnal Art Productions zu Season Of Mist gegangen – war der Vertrag einfach erfüllt, oder haben euch SOM ein ‚unwiderstehliches Angebot‘ gemacht?)
Der Wechsel der Label war, wie du sagtest, einfach eine Vertragsende-Situation. Wir waren mit den Aufnahmen zu „A Greater Darkness“ schon im Sommer 2006 fertig, aber wollten zuerst die DVD rausbringen, und es war die Entscheidung des Labels, mit dem Album erst bis zum März diesen Jahres zu warten. Zwischen den Alben haben wir Gigs gespielt, an der DVD gearbeitet und Songs geschrieben.
Wann habt ihr nach IPP angefangen, neue Songs zu schreiben und wie ging das von statten? Wie würdest du den Entstehungsprozess von „A Greater Darkness“ beschreiben?
Wir fingen mit den neuen Songs bereits im Sommer 2005 an, und haben uns dann im Januar 2006 richtig darauf konzentriert. Bevor es diesmal mit der Vorproduktion losging, haben wir geprobt. So konnte jeder seinen Teil beitragen und alles lief reibungslos ab.
Was sind für euch die wichtigsten Einflüsse beim Entwickeln neuer Songs? Sind sie mehr äußerlicher (Umwelt, Menschen, Politik, die Grausamkeit des Lebens) oder eher innerlicher Natur (das eigene Bewußtsein, Illusionen, Halluzinationen, drogengeschwängerte Visionen…)? Gibt es einen Haupt-Songschreiber, oder ist jeder aus der Band gleichermaßen an den Kompositionen beteiligt?
Wir werden beim Schreiben neuer Songs durch jeden einzelnen Aspekt des Lebens beeinflusst. Diesmal war die ganze Band an diesem Prozess beteiligt.
Persönlich hatte ich den Eindruck (und so habe ich es auch in meiner Rezension beschrieben), dass ihr euch diesmal auf alle Stärken eurer früheren Alben besonnen und sie zu einer sehr atmosphärischen Kreation verschmolzen habt, eine düstere und unheilvolle Klangwand. So als ob ihr die Essenz der letzten zehn Jahre in eine neue musikalische Form gegossen hättet. Wie seht ihr das? Liege ich vielleicht komplett daneben? Ist „A Greater Darkness“ der nächste logische Schritt in der Entwicklung eures Sounds, oder nimmt es eine absolut unabhängige Position zu den anderen Alben ein?
In vielerlei Hinsicht sollte die Trilogie auf Nocturnal Art Productions zuende gebracht werden, und wir hatten das Gefühl, dass wir unsere Musik um etwas mehr bereichern müssen. Du siehst es also richtig; wir haben tatsächlich zurück geschaut, was wir 1996 gemacht hatten und entschieden uns dazu, ein paar „alte“ Elemente zurück zu holen.
Mit welchem Konzept sollte es also nach dem Ende dieser Trilogie auf „A Greater Darkness“ weitergehen?
Ich denke, dieses Mal es sind weniger die „Terminator-Cyber-Paranoia“, sondern mehr persönliche Traumata.
Eine andere Sache, die mir auffiel, sind das Artwork und das neue Logo. Es ist ziemlich einzigartig, verglichen mit den früheren Werken, welche mehr durch Photographie geprägt waren (außer das inoffizielle Cover zu „There’s beauty…“, welches auf der letzten Bookletseite zu sehen ist). Wer hat es entworfen und warum habt ihr euch dafür entschieden?
Das neue Logo hat jetzt ein sehr massives Design, welches auch gut zur massiven Produktion des Albums passt.
Mit dem Wechsel des Labels und dem neuen Ansporn innerhalb der Band fühlten wir auch die Notwendigkeit einer Rundumerneuerung unseres Erscheinungsbilds, was die visuelle Seite der Band betrifft. Also haben wir ein neues Logodesign gewählt, welches auf den (geteilten) Designs der letzten Jahre basiert. Das Cover wurde von Halvor Bodin entworfen, der u.a. auch schon für SATYRICON, DARKTHRONE und THORNS tätig war. Wir dachten, dass es zur Musik und dem Gesamtgefühl des Albums passt.
Eine eurer Errungenschaften ist ein völlig einzigartiger Sound. Damit will ich euch jetzt nicht in eure norwegischen Ärsche kriechen 😉 aber ich denke, man kann mit Fug und Recht behaupten: Wenn man einen RED HARVEST Song hört, wird man auch erkennen, dass er nur von RED HARVEST stammen kann. Eure Alben transportieren ein ganz spezielles Gefühl und Atmosphäre, die in dieser Form eben nur dort präsent sind, und bei keiner anderen Band zu finden sind. Ist dieser „Red Harvest Sound“ etwas, wonach ihr gestrebt habt, etwas was ihr erreichen wollte, oder kam der just eines Tages im Proberaum vorbei und sagte „Hey Jungs, hier bin ich!“?
Wir sind fünf Leute in der Band mit sehr unterschiedlichen musikalischen Vorlieben und Einflüssen, vermutlich klingen wir deshalb so, wie wir klingen.
Ein Beispiel dafür wäre der Song „Hole In Me“, der – fast prototypisch – schon eine Ode an euch selbst ist. Was mir von Anfang an auffiel, war das charakteristische Basspiel von Thomas – man kann das (in leicht veränderter Form) auch in anderen Songs hören, z.B. „The Lone Walk“ (HyBreed) und „Symbol of Decay“ (Internal Punishment Programs)… ein sehr hypnotisches Motiv. Ist es vielleicht ein wiederkehrendes Red-Harvest-Thema?
Ja, ich denke mal, es ist ein typischer Red Harvest song, vor allem für die Leute, die unsere Werke vor 2000 kennen. Ofu Kahn fühlte auch, dass es an der Zeit war, den klaren Gesang zurück zu bringen.
Warum kommt mir „Warthemes“ so bekannt vor? Es klingt wie ein Soundtrack… Jungs, ihr solltet euch ein tolles Computerspiel oder – noch besser – einen Film vornehmen, und ihn mit eurem Sound bereichern!
Nunja, der Song fängt mir einem runtergestimmten Sample der Drums der 20th Century Fox Fanfare an. Wir haben auch ein paar Sachen aus dem Dune-Soundtrack geklaut. Man kann sagen, dass es unser Tribut an die Filme ist, die unsere Musik über die Jahre hinweg beeinflusst haben.
Einer meiner Favoriten ist – entschuldigt bitte die typischen Übertreibungen eines langjährigen Fans – das gottgleiche „HyBreed“-Album. Für mich ist es einer DER Klassiker des Industrial Metal. Das mag jetzt vielleicht eine etwas bescheuerte Frage sein, aber ich würde gerne wissen, ob ihr einen Favoriten in der langen Geschichte von RED HARVEST habt. Oder nehmt ihr es eher wie die Musiker, die sich nach der Fertigstellung eines Albums auf das Neue konzentrieren?
Für mich persönlich ist „Cold Dark Matter“ das wichtigste Album, was wir je gemacht haben, weil es uns seinerzeit so viele neue Türen geöffnet hat. „HyBreed“ war insofern ein wichtiges Album, wenn es darum geht, bestehende Regeln zu brechen. Ich würde „HyBreed“ gerne remastern.
Wo wir gerade bei Favoriten sind – was sind denn eure persönlichen, sowohl Bands als auch Alben? Welche Bands oder Musikrichtungen waren für eure eigene Entwicklung als Musiker essentiell?
Momentan sind es LAIBACH („Volk“), KHOMA („The Second Wave“), BURST („Origo“) und SUNNO))) & BORIS. Alltime-Favourites: SLAYER, MINISTRY, NEUROSIS und PINK FLOYD.
„A Greater Darkness“ ist eure zehnte Veröffentlichung… was können wir als nächstes erwarten? Wie sieht es in naher Zukunft mit RED HARVEST aus, und was erhofft ihr euch persönlich?
Ehrlich gesagt, habe ich bis jetzt noch nicht viel über neue Songs nachgedacht, aber der „Flow“ innerhalb der Band ist zur Zeit sehr gut. Ich bin sehr zufrieden mit dem Weg, den die Band im letzten Jahr eingeschlagen hat, wobei es immer wichtig für RED HARVEST war, sich weiter zu entwickeln. Deshalb bin ich guter Dinge, dass wir demnächst etwas neues in den Startlöchern haben werden. Wir haben in letzter Zeit ein paar Gigs gespielt, bei denen wir zu „Warthemes“ auch Gitarren hinzugefügt haben, und diese Kombination würde ich gern weiter verfolgen.
Ok, das war’s, das Interview ist zwar länger als „versprochen“ geworden, aber ihr habt trotzdem durchgehalten – danke dafür! Ich drück‘ euch jedenfalls die Daumen für ein erfolgreiches Jahr 2007!
Danke auch! An alle, die auf das PartySan gehen: Wir sehen uns im August!
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