Psychopunch
Interview mit Joey, Peppe und JM zu "Smashed On Arrival"

Interview

Zwischen all den Knüppel- und Düstermeierbands auf dem diesjährigen Summer Breeze Festival gab es mit Psychopunch eine der wenigen stilistischen Ausnahmen im Programm. Mit ihrem neuen Album „Smashed On Arrival“ und dem neuen Label Silverdust (gleichzeitig Veranstalter des Breeze) im Rücken, stellten sich die vier sympathischen Schweden sehr auskunftsfreudig meinen Fragen im Pressezelt des Summer Breeze, wo sie zwei Stunden später auf der Pain Stage auf das anwesende Publikum losgelassen wurden. Eine kompakte Form des nicht enden wollenden, aber sehr netten Plauschs mit den Schweinerockern könnt ihr jetzt hier nachlesen. Viel Spaß dabei!

Wie zufrieden seid Ihr denn mit dem neuen Album und wo seht Ihr die Unterschiede zu Euren bisherigen Platten?

Joey: Der Unterschied zu den älteren Scheiben ist, dass das neue Album sehr schnell entstanden ist. Wir haben die Songs in ein paar Wochen geschrieben und sie in vielleicht sieben Tagen aufgenommen. Mit dem Abmischen hatten wir ganz schöne Probleme. So wie das Album jetzt klingt, ist nicht unbedingt so, wie wir es uns gewünscht haben. Wir mussten ein paar Kompromisse eingehen, aber ich denke, es klingt letztendlich ganz gut! Das Ding ist, dass ich durch diese ganzen Probleme, das Album fertig zu kriegen, gerade irgendwie genug davon habe. Ich höre es mir nicht gerade oft an.

Also braucht Ihr erst mal ein wenig Abstand dazu?

Joey: Ja, vielleicht lege ich es nächstes Jahr einmal in die Anlage wenn ich mir mal ein paar Drinks genehmige, höre es mir an und denke: wow, das ist eigentlich ganz gut! Nach dem ganzen Ärger brauche ich jetzt einfach ein wenig Zeit, um die Platte wieder zu entdecken.

JM: Du bist einfach zu nah dran, wenn du es gerade erst aufgenommen hast. Wenn die Scheibe dann rauskommt, hast du einfach erst mal genug davon.

Joey: Und besonders von dieser, besonders von dieser! Denn wir haben sie drei oder viermal abgemischt, dann wurde sie drei oder viermal neu gemastert. Wir mussten nach Stockholm, um die Gitarren neu aufzunehmen, und am Ende dachten wir einfach nur noch fuck this shit!, wir wollen das Album gar nicht mehr rausbringen. Als wir mitten drin waren, wollten wir das Ganze echt canceln und einfach ein anderes Album schreiben. Aber nach einer Weile hat es sich doch noch ganz gut entwickelt.

Passiert Euch das denn zum ersten mal, dass Ihr von einem neuen Album erst mal die Schnauze voll habt, oder gabs das bei Euren früheren Releases auch schon mal?

Joey: Nein, das war das erste Mal. Wir waren jedes Mal vielleicht eine oder zwei Wochen im Studio und haben das Album eingeprügelt, ein paar neue Songs rehearsed, sind danach auf Tour gegangen, haben ein paar neue Songs geschrieben und dann das nächste Album eingespielt. Wir hatten einfach nie die Zeit, großartig darüber nachzudenken. Jedesmal, wenn wir also ein Album rausgebracht haben, dachten wir „wow, das ist wirklich gut! Lasst und wieder auf Tour gehen und eine gute Zeit haben!“ Aber diesmal haben wir ja unser Label gewechselt. Wir sind von White Jazz zu Silverdust und das hat eben einige Zeit in Anspruch genommen, bis wir uns dann entschieden haben, das Album zu machen. Als wir dann sagten „ok, lasst es uns tun!“, mussten wir Songs schreiben und ziemlich zügig aufnehmen und dann ging der ganze Stress los. Aber aufs Ganze gesehen ist es ja nicht unser Job, das Album anzuhören, sondern Eurer!

Aber Ihr müsst das Material jetzt live performen!

JM: Ja, aber das ist kein Problem, weil wir mit den Songs wirklich zufrieden sind. Mit dem ersten Mix waren wir überhaupt nicht glücklich, der Sound war einfach nicht gut, und wir hatten diese Idee, wie das Album klingen sollte, und davon war der erste Mix weit entfernt! Der zweite Mix war dann einfach too much und ging ins andere Extrem. Der letzte Mix war dann endlich recht nahe an dem, was wir eigentlich wollten.

Joey: Aber eigentlich klang der erste Mix gar nicht so schlecht. Als wir den Raw Mix das erste mal hörten, dachten wir „ja, so kann das klingen“. Aber irgendwie liefen die Dinge danach einfach komplett schief und es hat ewig gedauert bis wir ein Produkt hatten, von dem wir sagen konnten „ok, das ist gut“.

JM: Aber im Endeffekt sind wir mit dem Album echt zufrieden, so wie es ist.

Und das ist ja die Hauptsache. Freut Ihr Euch schon, es live zu präsentieren, oder werdet Ihr eher ältere Sachen spielen?

Joey: Klar freuen wir uns! Wir werden heute hauptsächlich Sachen vom neuen Album und vom ersten Album und ein paar von „Pleasure Kill“ spielen. Wir spielen nichts von „Bursting Out Of Chucky’s Town“ und auch nur einen von „Superdudes“. Das Erste, das Neue und „Pleasure Kill“, das ist es praktisch.

JM: Ungefähr die Hälfte der Show wird vom neuen Album kommen. Das liegt aber auch daran, dass wir nur 45 Minuten haben. Hätten wir anderthalb Stunden, wäre die Auswahl auch etwas ausgewogener.

Werdet Ihr im Anschluss an die Festivalsaison dann auch eine Clubtour spielen?

JM: Ja, im November haben wir erfahren. Also wird es wohl so sein…

Joey: Es wird sicher im November sein!

JM: Ja, also auf jeden Fall noch dieses Jahr.

Wird es denn eine Headliner-Tour werden oder werdet Ihr als Support unterwegs sein?

JM: Das wissen wir noch nicht, es kann auch eine Mischung sein, also dass wir einige Shows als Support spielen, bei anderen aber dann als Headliner auftreten.

Ihr seid neulich erst von White Jazz zu Silverdust gewechselt. White Jazz haben ja eine lange Tradition in skandinavischem Schweinerock, z.B. haben ja die Hellacopters ihre ersten Alben über White Jazz veröffentlicht. Wieso habt Ihr Euch ausgerechnet Silverdust ausgesucht, die ja noch ein sehr junges Label sind?

Peppe: Wir wollten nur mit Achim ins Bett.

Joey: White Jazz arbeiten nicht mal mehr als verdammtes Label. Die Firma, die über White Jazz stand, ging pleite und White Jazz verschwand irgendwie. Also mussten wir uns fragen, was zur Hölle wir da noch zu suchen haben! Wir haben uns bei vier Alben mit White Jazz abgemüht. Also haben wir uns gedacht, wieso nicht einfach mal was riskieren? Silverdust sind ein cooles Label für uns, denn Achim, der Kerl, dem der Laden gehört, mag die Band!

JM: Wir hatten ein paar Angebote, aber wir fühlten gleich, dass Silverdust die richtige Wahl für uns wäre. Wir wollten auch nicht zu irgendeinem Major, sondern zu einem Label, das auch wirklich für dich arbeitet.

Joey: Better to be the king on a small label than just another band on a king label.

Und Ihr seid ja auch eine der großen Bands auf Silverdust. Was denkt Ihr, wie passt Ihr eigentlich zwischen die Bands, die sonst auf Silverdust sind? Denn gerade Bands wie End Of Green sind ja viel düsterer als Ihr…

Joey: Überhaupt nicht! Aber ich mag das irgendwie! Verschiedene Musikstile helfen einem Label, sich in unterschiedliche Richtungen zu entwickeln. Wenn die Musik gut ist, kommt es nicht darauf an, ob es nun Death Metal, Hardcore, Rock N Roll oder was auch immer ist! Und ich denke für Silverdust ist das auch gut.

JM: Ich glaube auch, dass es gut ist, wenn ein Label so unterschiedlich Stile beheimatet, weil sich die Bands untereinander dann keine Konkurrenz machen. Ich denke nicht, dass Konkurrenzdruck schlecht ist, aber manchmal ist es einfach vorteilhaft, wenn man ihn nicht hat. Denn so kann sich das Label dann wirklich voll auf jede einzelne Band konzentrieren.

Joey: Ja, das ist wahr!

Wie fühlt Ihr Euch denn, wenn Ihr als Psychopunch Festivals wie Wacken oder Summer Breeze spielt, wo ja die meisten der anderen Bands eher härteren Kalibers sind?

Joey: Wir fühlen uns richtig wohl!

JM: Es ist wirklich cool, denn die meisten der anderen Bands spielen nicht den Stil, den wir spielen. Aber die Leute mögen es trotzdem, was vielleicht damit zu tun hat, dass die Musik von Psychopunch eine Mischung aus Punk, Hardrock und screaming Heavy Metal ist.

Joey: Lauter Rock einfach! Es ist schmutzig, und es ist cool!

JM: Viele Leute sind auch überrascht von uns, weil sie uns noch nie vorher gehört haben und uns auf so einem Festival zum ersten mal ausgesetzt waren.

Joey: Wir passen auf eine strange Art rein. Ich meine, die Leute können nicht einmal definieren was Motörhead spielen. Ist es nun Rock N Roll, Heavy Metal oder Punkrock? Trotzdem haben sie jedes Mal eine Riesenmenge an Zuschauern, die voll drauf abfahren!

Gerade auf solchen Festivals mögen viele wahrscheinlich die Hellacopters, weil Nicke früher bei Entombed war. Von Euch war doch auch einer mal in einer Death Metal Band…

Peppe: Ja, das war ich. Die Band hieß Morningsign. Wir haben uns ’96 aufgelöst, davor aber zwei Full Length Alben und eine EP rausgebracht. Das wars aber. Wir waren aber nie auf Tour, weil wir uns eigentlich die ganze Zeit nur gestritten haben. Deshalb kams auch nie zu mehr als den zwei Alben. Es hat einfach nicht gepasst, deshalb haben wirs dann ganz gelassen.

Habt neben Psychopunch Ihr noch andere Projekte laufen?

Joey: Momentan nicht. Aber demnächst wird es wohl irgendwas derartiges geben, denke ich. Wir sind alle ständig am Songs schreiben, und manches Zeug passt einfach nicht zu Psychopunch. Wir haben dann immer eine ganze Menge Material, aus dem wir einfach auswählen können. Ich hoffe noch immer, dass mein Traum eines Tages wahr werden könnte, dass sich Psychopunch mehr in Richtung Hip Hop weiterentwickeln…

… damit Ihr auch heavy TV Rotation bekommt…

Joey: … und bei BMG unterschreiben. Haha! Im Ernst: es ist immer gut, wenn du viele Songs hast, aus denen du einfach auswählen kannst. Psychopunch werden immer klingen wie Psychopunch! Wir werden sehen, aber unser Hauptding ist momentan einfach Psychopunch. Wir werden uns weiterhin durchbeißen und auf Tour gehen.

Was sind Eure Zukunftspläne? Strebt Ihr vielleicht doch TV Rotation an?

JM: Das will doch eigentlich jeder. Haha!

Joey: Das ist mir eigentlich egal! Ich will einfach nur gut davon leben können. Ich will einfach nur meine verdammte Gitarre spielen.

JM: Wir haben ja auch noch Jobs nebenher, was ziemlich hart ist, weil wir immer zwischen den Stühlen sitzen. Wir können es uns nicht leisten, von der Musik zu leben, weil wir nicht genug Geld damit machen. Die Miete will eben bezahlt sein…

Was denkt Ihr eigentlich über das Zeug, das momentan so an harter Musik in den Mainstream Medien läuft?

Peppe: Das meiste davon ist wirklich scheiße. Das meiste, was man heute so hört ist eine light Version der Metal Bands und eigentlich immer derselbe langweilige Power-Rock Style, wie Creed zum Beispiel.

Joey: Es ist einfach die Kopie von der Kopie von der Kopie von der Kopie. Weißt Du, Pearl Jam haben irgendwann einmal damit angefangen und mittlerweile hast du die verdammte 59. Generation der gleichen verdammten Band. Und das ist auf der ganzen Welt so! Man fragt sich dann doch: Ist das die Art Rockmusik, die sich die Leute anhören sollten, wenn es doch Bands wie Social Distortion oder die Supersuckers gibt? Ich meine, kommt schon, Leute, macht eure verdammten Augen auf! Glaubt doch nicht alles, was man euch erzählt! Das ist ja wie in den Staaten mit diesen Predigern: „Gott will, dass du deine Dollars hier spendest!“ Kommt zurück in die Rock Clubs und kauft die Platten von Bands, die wirklich gut sind, kommt zu den Gigs und habt einfach eine gute Zeit!

Ich denke auch, dass viele Bands heutzutage nur noch Produkte sind.

Joey: Ja, die sind designt! Bands wie Limp Bizkit oder die fucking Backstreet Boys… das ist doch alles dasselbe! Die sind doch alle von der Plattenfirma designt: „wir brauchen einen fetten Rapper, einen guten Gitarristen, einen der heavy Drums spielt und einen der eine verdammte Platte scratcht. Macht was draus!“ So läufts doch heute. Und so was nennen die Leute dann Rock N Roll! Das Problem am heutigen Hardrock ist: er ist nicht hart und er rockt nicht.

Ihr habt ja auch ein Video gemacht…

JM: … ja und zur neuen Platte gibt es auch schon eins. Es ist zu „Nothing Ever Dies“. Es ist ein wirklich cooles Video und es rockt!

Soll das im Fernsehen gezeigt werden, oder habt Ihr es für eine DVD oder so was gedreht?

JM: Es sollte eigentlich im Fernsehen gezeigt werden, und wir hätten da auch nix dagegen. Aber von ein paar Sendern wissen wir schon, dass sie es nicht zeigen werden, weil es nicht kommerziell genug ist. Es ist eben ein Rock N Roll Video.

Aber wenn Ihr mal schaut, Hellacopters werden gespielt, Bands wie Muse oder sogar Metalbands wie Dimmu Borgir kommen in der Glotze…

Joey: Ich glaube, dass das häufig auch so läuft, dass die Labels ein paar Verantwortliche bei den Sendern schmieren. Die denken sich dann, wenn ich das Video spiele, krieg ich gratis Tickets hier, einen Backstage Pass da… Wir müssen Achim sagen, er muss ein paar Schwänze lutschen! Haha! Ich glaube nicht mehr an das Business. Wenn du heute keine Connections mehr hast, bist du die ganze Zeit am Rudern. Und das ist, was wir gerade tun. Wir kämpfen um jede Chance, die sich uns bietet. Denn Schwanzlutschen kommt für uns nicht in Frage! Haha!

Wenn wir gerade bei Clubgigs waren… mit welchen Bands würdet Ihr denn gerne einmal auftreten?

Electric Light Orchestra, KISS, Supersuckers, Rose Tattoo, … und Motörhead natürlich.

Joey: Aber ich muss sagen, wenn wir den Sound kriegen würden, denn wir wollen, könnten das nur wenige Bands toppen!

Ihr seht also noch immer Platz für Entwicklung?

Peppe: Auf jeden Fall. Ich glaube mit diesem Album sehen wir erst, dass wir erst am Anfang dessen stehen, was da noch kommt.

Joey: Ich denke die Leute brauchen Psychopunch! Um sich lebendig zu fühlen. Sie kaufen eine Psychopunch Scheibe und alles wird gut! Haha!

JM: Oft kommen Leute, die uns noch nie gesehen haben, nach den Shows zu uns und sagen uns, wie sehr es ihnen gefallen hat.

Ich denke hier auf dem Summer Breeze wird Eure Show auch einigen gefallen…

Joey: Das ist genau, was ich meine: Wir müssen jeden Einzelnen gewinnen, indem wir live spielen. Und jedes Mal kommen welche dazu. Fünf von denen gehen dann raus und kaufen das T-Shirt, zwei kaufen das Album. Bei uns kommt das einfach alles von Herzen, und wir spielen einfach um jeden Einzelnen.

Und das haben sie dann auch getan. Um 20 Uhr hieß es Bühne frei für Psychopunch, und die Jungs haben ohne Zweifel bewiesen, dass ihr Schweinerock genauso gut zwischen Vomitory und Fleshcrawl passt, wie sie es behauptet haben. Man darf gespannt sein, welche Früchte die schwedisch-schwäbische Zusammenarbeit mit Silverdust noch tragen wird. Den Einstand hat man jedoch schon einmal mit Bravour hinter sich gebracht!

13.09.2004
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