Psychomantum
Interview mit Sargath

Interview

Psychomantum

Nachdem Sargath mit „…vorzeiten…“ schon recht gute Reaktionen einfahren konnte, hat er für seinen zweiten Streich professionelle Hilfe gefunden, um PSYCHOMANTUM den Massen näher zu bringen. Anlass genug, den Heidelberger Heimatforscher mit ein paar Fragen zu seinem Projekt und dem neuen Album „genius loci“ zu belästigen.

Guten Tag an den Neckar! Wie geht’s Heidelberg? Steht das Schloss (bzw. dessen Reste) noch?

Sei mir gegrüßt! Tatsächlich erwacht Heidelberg von Tag zu Tag mehr aus dem Winterschlaf und kleidet sich in ein buntes Frühlingskleid. Die grimmigen Gesichter der Passanten tragen mit jedem Sonnenstrahl mehr und mehr ein Lächeln auf den Lippen, nur das Nachtleben bleibt wie eh und je davon unberührt. Aber es ist herrlich, wenn man als Frühaufsteher oder Heimgänger gegen 6 Uhr morgens über die alte Brücke spaziert, während die Sonne hinter dem Ziegelhäuser Berg aufgeht und die alte Stadt in ein wunderschönes Morgenrot hüllt. Das Schloss selbst ist leider (mittlerweile gefühlte 100 Jahre) immer noch dauereingerüstet, denn der Erhalt seiner in die Jahre gekommenen Haut ist wohl doch sehr aufwendig. Dies schmückt die Mauern des Castle natürlich nicht in ein schönes Gewand und sticht dem Betrachter gemein ins Auge.

Um selbst auf den aktuellen Stand zu kommen, zum Auftakt die Frage: Ist „genius loci“ jetzt eigentlich schon draussen? Wenn nein, wo und wann ist damit zu rechnen?

Ende Mai ist wohl endlich der Termin für die Veröffentlichung. Hat sich leider alles ein bisschen verzögert, aber wie heißt es doch so schön: Gut Ding will Weile haben! Das Album wird über den “Karge Welten Kunstverlag“ in Form einer (auf 500 Stück limitierten) CD das Licht der Welt erblicken. Ich freue mich wahnsinnig darauf, denn nicht nur die Zusammenarbeit mit oben genannten Label war auf jeglicher Ebene positiv zu bewerten. Unter anderem gibt auch die Gestaltung rund um den Tonträger dem Hörer einen genaueren Einblick in Wort und Bild des Werkes rund um PSYCHOMANTUM und nicht zuletzt “genius loci“.

Lass uns kurz bei der Albumveröffentlichung bleiben. Ich habe irgendwo gelesen, dass Du an den Promoaufnahmen noch ein bisschen geschraubt hast, um sie für eine „richtige“ Veröffentlichung fit zu machen. Was genau muss man sich darunter vorstellen, wie tiefgreifend sind die Änderungen? Warst Du mit den ursprünglichen Aufnahmen nicht mehr zufrieden?

Es ging bei den Änderungen lediglich, oder besser gesagt überhaupt, um den Feinschliff des Sounds. Dieser wurde von AOD (u.a. für folgende Master verantwortlich: ETERNITY, HATESPAWN, DARK TRIBE, MORRIGAN, KATHARSIS und zuletzt auch FÄULNIS) mit dem Erfolg überarbeitet, dass “genius loci“ an Druck und Soundvolumen gewann. Am eigentlichen Konzept des Werkes hat sich nichts verändert.

Da PSYCHOMANTUM nicht unbedingt allen Lesern bekannt ist, müssen wir natürlich ein bisschen die Bandgeschichte aufrollen, auch wenn Du dazu vielleicht keine allzu grosse Lust hast. Du hast mit Deinem Projekt ja schon Mitte der Neunziger Musik fabriziert, diese jedoch nur einem sehr begrenzten Hörerkreis zukommen lassen. Was hat Dich damals motiviert, Deine ganz eigene Musik zu machen, und warum in so kleinem Rahmen? Weshalb danach fast zehn Jahre Sendepause? Was hältst Du eigentlich heute von den alten PSYCHOMANTUM-Aufnahmen?

Zur Gründungszeit PSYCHOMANTUMs spielte ich in einer Band, deren Musikgeschmack nicht ganz meinem entsprach. Ich hatte ’ne Menge Ideen und gewisse Vorstellungen von Musik, die ich in jener Kombo nie umsetzen konnte und somit auf diverse Magnetbänder speicherte, um sie für mich aufzubewahren und lediglich ein paar Interessierten im engsten Freundeskreis zum Hören kopierte. Die Qualität der Musik war zu diesem Zeitpunkt auch nicht für eine Veröffentlichung ausreichend, bzw. dachte ich damals auch überhaupt nicht daran, solch einen Schritt mit PSYCHOMANTUM zu gehen. Ich wollte eben, wie Du sagst, meine ganz eigene Musik machen. Dies ist sie auch heute noch, nur hat sich der Rahmen ein wenig vergrößert. Die lange Pause hat auch damit zu tun, dass ich mit Isegrimm (IRRLYCHT) einen guten Kameraden für eine Bandgründung fand. Mit GEWEIH konnte ich endlich die Richtung Musik spielen, die mich schon lange faszinierte. So konzentrierte ich mich in dieser Zeit auf das Keyboardspiel bei GEWEIH und legte die Arbeit an PSYCHOMANTUM beiseite. So vergingen knappe 10 Jahre GEWEIH’sche Bandgeschichte, während PSYCHOMANTUM auf Eis lag. Ich höre mir heute noch gerne die alten Sachen von mir an und nicht zuletzt, weil ich diese zum Teil überarbeite und dezent in neue Werke einfließen lasse. Die Demotapes waren ja von Anbeginn eine Ideensammlung und für spätere Zwecke gedacht.

Mit „…vorzeiten…“ hast Du Dein Projekt dann einem grösserem Publikum vorgestellt. Woher der Sinneswandel? Und wieso jetzt mit Gitarren usw.? Angesichts der nicht unbdingt kleinen musikalischen Unterschiede: Was, ausser dem Macher, verbindet eigentlich PSYCHOMANTUM damals und heute?

Da ich nach dem Finale von GEWEIH auf keinen Fall ohne Musik sein wollte, widmete ich mich wieder meinen alten Arbeiten. Nach meiner Zeit bei GEWEIH konnte und wollte ich auch bei meinem eigenen Projekt nicht mehr auf den Klang der Saiten verzichten. Hinzu kam das Interesse an den alten Sagen Heidelbergs, welches sich in meiner Textgestaltung niederschlug. Insgesamt wollte ich mehr aus PSYCHOMANTUM herausholen und diverse Meinungen von Freunden und Bekannten gaben mir den Ansporn, mit meinem Projekt doch den Schritt in Richtung Öffentlichkeit zu gehen. Auch durch Soloprojekte anderer Bekannter aus der Szene begriff ich, dass man mit derartigen musikalischen Veröffentlichungen durchaus etwas erreichen kann. Anhand der Reaktionen zu “…vorzeiten…“ wurde mir später bestätigt, dass ich mit der Einschätzung absolut richtig lag. Was aus der alten Zeit PSYCHOMANTUMs geblieben ist, sind auf jeden Fall die atmosphärischen, düsteren und melancholischen Keyboardwände. Nach wie vor spielt das Tasteninstrument die Hauptrolle in meiner Musik und ich liebe es immer noch mit kleinen versteckten Details zu arbeiten, die der Hörer erst im Laufe der Zeit entdeckt.

„…vorzeiten…“ war wie gesagt der erste Kontakt Deiner Musik mit den „Massen“. Wie waren denn die Reaktionen so? Wie gut kommst Du nach all den Jahren, in denen PSYCHOMANTUM (fast) nur Dir gehörte, mit Öffentlichkeit und Kritik zurecht?

Die unterschiedlichen Meinungen zu meinem Schaffen, ob nun von Bekannten oder Fremden, sind mir natürlich wichtig. Da die Reaktionen größtenteils von positiver Natur sind, baut mich das Ganze natürlich auf. Auch negative Kritik ist willkommen und kann in mancherlei Hinsicht anregend sein. Alles in Allem habe ich also kein Problem mit der Öffentlichkeit und bereue zu keinem Zeitpunkt, meinen Schatz offen dargelegt zu haben.

Für die Wiederbelebung hast Du Dir auch ein paar Musiker mit ins Boot geholt. Sind die auch kreativ beteiligt oder schlichte Befehlsempfänger?

Mitnichten sind es nur Auftragnehmer. Jedem Musiker wird ein großer Freiraum in der Mitgestaltung eingeräumt. Klar steht das eigentliche Konzept und Grundgerüst bereits fertig auf seinem Fundament und ich sage, hier und da hätte ich das Ganze gern so und so in die Musik eingebracht. Die letzte Entscheidung trifft jedoch der jeweilige Instrumentalist für sich selbst und gibt Verbesserungsvorschläge, die er als Profi an seinem Instrument mitbringt. In diesem Sinne möchte ich mich auch gleich mal wieder bei der Hilfe und Unterstützung aller Beteiligten bedanken!!!

„genius loci“ ist das zweite Album in neuer Besetzung und mit neuer musikalischer Ausrichtung. Wo siehst Du die wichtigsten Unterschiede zum Vorgänger? Strebst Du eigentlich nach musikalischer Entwicklung (was auch immer das genau bedeutet)? Ist „genius loci“ momentan das perfekte PSYCHOMANTUM-Album?

Für mich der wichtigste und größte Unterschied zwischen den beiden Alben ist die Art des Konzeptes von “genius loci“. Bei diesem Album habe ich ein Gesamtwerk gestalten wollen, was man auch ohne Pause an einem Stück durchhören kann. Ich wollte damit eine Art Parallele zu einem Sagenbuch aufbauen, welches der Leser (Hörer) an einem Stück, aber auch in einzelnen Kapiteln genießen kann. Natürlich hat sich qualitativ auch einiges geändert und weiterentwickelt. Es wäre doch auch traurig, wenn man sich mit seinem Vorhaben nur auf der Stelle bewegt. So soll es auch bleiben. Es gibt kein perfektes Album in meinen Augen. Für den Zeitabschnitt vielleicht das Beste, was rauszuholen war. Letztendlich entwickelt man sich ja immer weiter, lernt dazu und somit wird sich bei PSYCHOMANTUM in Zukunft immer etwas Neues ergeben.

Für PSYCHOMANTUM hast Du ein textliches Konzept gewählt, das ziemlich originell ist, es eigentlich aber gar nicht sein dürfte: Interesse an den eigenen Sagen und Überlieferungen ist zumindest in meinen Augen „mehr Black Metal“ als irgendwelche Fantasybücher. Wie bist Du auf dieses Thema gekommen? Und warum bist Du damit so allein? Wo stöberst Du diese Sagen auf? Welche Themen eignen sich für PSYCHOMANTUM und welche nicht?

Jaja, die guten alten Fantasybücher… Trotzdem muss ich sagen, dass man aus einem düsteren, geheimnisvollen Inhalt, egal welcher Herkunft, doch eine Menge herauszaubern kann. Ich für meinen Teil wollte auf jeden Fall mal etwas Anderes machen. Die meisten Themen sind doch nun echt mehr als genug ausgelutscht worden und es gibt kaum noch etwas Originelles und Spezielles dazuzugewinnen. Auch kann Black Metal eindeutig mehr an Überlieferungen mit sich bringen als beispielsweise nur Grim, Pagan und Kult, oder gar den abermillionsten Abklatsch eines Textes von Ahn’ und Vorfahr’ !!! Nein danke, das können gern die Anderen tun! Ich für meinen Teil bleibe gern bei den alten Überlieferungen, die nicht mehr sind und sein sollten als eine faszinierende Mischung aus Geheimnisvollem, Wahrheit und eben auch Fantasie. So muss ich auch niemandem was vormachen und schon gar nicht mir!!!

Da wir gerade beim Lokalen sind: Wie geht’s eigentlich dem Heidelberger Black Metal? Irgendwelche neuen Bands oder Projekte, die man kennen sollte? Du weisst nicht zufällig, ob’s QUEEN ABSINTHIA noch gibt?

Wie schon zu seinen Zeiten hat sich an der kleinen und familiären Black Metal Szene nichts groß geändert. Es sind die gleichen Leute wie vor Jahren, die sich und ihrer Szene treu bleiben. Hier und da kommt und geht mit einem Studenten der ein oder andere IMMORTAL-Fan. Aus dem größten Teil GEWEIHs gründete sich die Band IRRLYCHT, und auf jeden Fall erwähnenswert ist das Soloprojekt AGAEL, dessen Musikant mir ein sehr guter Freund geworden ist!

Da mir keine halbwegs sinnvollen Fragen mehr einfallen wollen, werden wir jetzt einfach Schluss machen. Das letzte Wort hast natürlich Du.

Hinter jeder Burgwand – unter jedem Stein,
könnt’ ein unvorstellbar großer Schatz verborgen sein.

Doch ihn zu bergen ginge nicht, nur bewahren kannst du ihn,
reich an Gold wirst durch ihn nie, zur Weitergabe soll er dien’.

Aus fast vergeß’ner Zeit bringst du ans Licht zu Tage,
die geheimnisträcht’ge, fast verscholl’ne Sage.

Drum hüte dies Geheimnis, erzähl die Sage fort,
berichte die Geschichte vom geheimnisvollen Ort.

(Text zu „genius loci (Finale)“ von Sargath)

PSYCHOMANTUM – Eine Ode an die Vergangenheit

In diesem Sinne besten Dank an alle, die mich unterstützen und mit mir die Zeitreise aufnehmen.
Beste Grüsse und vielen Dank natürlich auch an Dich für die Zeit und Deine Mühen.

21.05.2010

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