Prong
Tommy Victor plaudert über das neue Coveralbum, seine musikalischen Wurzeln und...Danzig
Interview
Tommy Victor ist ein vielbeschäftigter Mensch. PRONG, DANZIG, MINISTRY und zahlreiche weitere Projekte stehen oder standen mal bei ihm auf der Liste. Und auch die Veröffentlichungsfrequenz kann sich sehen lassen – kein Jahr vergeht ohne akustischen Output des gebürtigen New Yorkers. Als wir zum Interview bei ihm durchklingeln, ist er jedoch noch etwas verpennt – die Nacht war lang. Das hindert den sympathischen Frontman jedoch nicht daran, ganz entspannt auf unsere Fragen über das neue Coveralbum „Songs From The Black Hole“ von PRONG einzugehen. Und wo wir schon dabei sind, gibt es auch einen nostalgischen Rückblick in die gute, alte Zeit – ganz viel Namedropping inklusive. Warum New York in den Sechzigern ein ziemlich heißes Pflaster war, was NIRVANA so alles an Metal gehört haben und wieso sich Tommy nie sicher ist, ob er noch bei DANZIG spielt, erfahrt Ihr im Interview.
Metal.de: Morgen Tommy, gönnst Du Dir gerade eine kleine Auszeit zuhause? Du warst viel unterwegs.
Tommy: Naja, das Wetter ist zwar super, aber Urlaub mache ich eigentlich nicht. Irgendwie gibt es hier immer irgendwas zu tun.
Metal.de: Wie zum Beispiel ein Coveralbum aufzunehmen? Erzähl mal, wie die Idee dafür zustande gekommen ist.
Tommy: Wir hatten letztes Jahr etwas Zeit zwischen zwei Festivals. Eine Woche in Berlin, um genau zu sein. Um diese Zeit effektiv zu nutzen, wollten wir irgendwas produktives machen. Zunächst dachten wir daran, an eigenem Material weiter zu schreiben. Doch dann stand ein kleines Coveralbum im Raum, das wir selbst rausbringen wollten, um es bei Shows zu verkaufen. Mein Manager fand das Ding jedoch ziemlich geil und SPV wollten daraus eine reguläre Veröffentlichung machen. Ursprünglich galt es nur, eine Woche totzuschlagen. Wir nahmen in den Berliner Trick Studios auf und daraus wurde ein bisschen mehr. Ich nahm die Aufnahmen mit nach L.A., wo mein Gesang im Haus von George Lynch [Ex-DOKKEN, LYNCH MOB] aufgenommen wurde und Chris Collier für den Mix zuständig war.
Metal.de: Es ist Deine dritte Veröffentlichung in drei Jahren, wenn ich das richtig gerechnet habe.
Tommy: Ja, und gerade sitze ich schon an der nächsten [lacht]. Heutzutage sieht es so aus, als müsste man ständig Alben veröffentlichen. Ich mag das. Es hält mich davon ab, mich mit etwas anderem als der Musik zu beschäftigen oder zu viel nachzugrübeln. Jetzt habe ich zwar Zeit, aber im Hinterkopf weiß ich, dass es auch ein neues PRONG Album geben muss. Das muss geschrieben, aufgenommen, produziert werden – da werde ich schon wieder ganz nervös. Ich habe auch bei anderen, kleineren Projekten mitgewirkt, bei DANZIG zum Beispel. Alles kleinere Dinge, die nicht viel Geld einbringen, wenn man es von dieser Seite betrachten möchte.
Metal.de: Du spielst also immer noch bei DANZIG mit?
Tommy: Ja, ich glaube schon [lacht]. Wenn du in dieser Band spielst, weißt du nie, ob du vielleicht schon gefeuert wurdest. Ich spiele ja schon seit 20 Jahren immer wieder für ihn, jetzt seit dreien in Folge. Macht die Dinge nicht vorhersehbarer [lacht].
Metal.de: Aber bringt doch immerhin Spaß?
Tommy: Ja klar. Weißt du – was soll ich denn auch sonst anderes machen? Ich habe nicht die Energie, um den ganzen Tag im Gym zu hängen. Ich weiß nicht, was ich sonst machen soll.
Metal.de: Wie wurden die Songs für „Songs From The Black Hole“ ausgesucht?
Tommy: Jason, unser Bassist, hat die meisten von ihnen ausgesucht. Er ist selbst schon seit ewigen Zeiten PRONG-Fan und hat meine Stimme echt gut studiert, ohne dass ich es überhaupt gemerkt habe. Er hat sich Gedanken darum gemacht, was gut zu uns passen würde und wo unsere Einflüsse liegen. Ich habe mir seine Liste angesehen und fand sie genau richtig. Ich habe hier und da noch einige Songs ergänzt, wie „The Bars“ von BLACK FLAG oder „Doomsday“ von DISCHARGE. „Cortez The Killer“ (NEIL YOUNG) kam ebenfalls von Jason und passt super zum Abschluss des Albums.
Metal.de: Wie sieht es mit den Arrangements aus? Wolltet Ihr nahe am Original bleiben, oder eher interpretieren als covern?
Tommy: Manche sind direkte Cover wie KILLING JOKE. „Kids From The Black Hole“ andererseits ist komplett verändert. Wir sind den Song ganz anders angegangen. Die Hardcore-Dinger haben wir ebenfalls ziemlich aufgepeppt, bei den BUTTHOLE SURFERS beispielsweise einen kleinen Breakdown eingefügt. Bei NEIL YOUNG habe ich ein bisschen herumexperimentiert. Im Original jamt er am Anfang des Songs auf seinem Solo, während ich feste Leads eingespielt habe.
Metal.de: Verbinden Dich persönliche Beziehungen mit den Bands?
Tommy: Ja, mit einigen. Raven von KILLING JOKE hat zum Beispiel eine zeitlang bei uns gespielt. Mit den BAD BRAINS haben wir des öfteren getourt und sind mit vielen von den Mitgliedern befreundet. Die Jungs von BLACK FLAG hingegen habe ich nie persönlich getroffen.
Metal.de: Was stellt das Bild auf dem Cover dar?
Tommy: Wir wollten eine Darstellung des alten New York nehmen. Mike Lopez, unser Art-Director, hat das Bild entdeckt und wir fanden es am passendsten. In den Sechzigern gab es in New York an die 8.000 Morde im Jahr. Es repräsentiert die urbane Gewalt der Stadt zur damaligen Zeit. Außerdem auch irgendwie die Wurzeln der Band. Ich wurde ja in Queens geboren. Wer allerdings genau auf dem Bild zu sehen ist, weiß ich gar nicht.
Metal.de: Habt ihr absichtlich auf klassische Metalbands in der Liste verzichtet?
Tommy: Wir hatten über BLACK SABBATH und AC/DC nachgedacht. Ich fand das im Endeffekt aber zu offensichtlich bzw. allgemein, verstehst du? Es wurde schon so oft zuvor gemacht. Ich wollte Coversongs aufnehmen, die nur PRONG so machen konnten, die unsere Einflüsse widerspiegeln. Von daher kam der Metal bei uns eher später, nach dem Hardcore und Punk. Irgendwann fingen wir an, DESTRUCTION, CELTIC FROST und das ganze Bay-Area Zeug zu hören. DARK ANGEL und sowas. Das können wir vielleicht auf dem nächsten Album abdecken.
Metal.de: Auch NIRVANA haben scheinbar CELTIC FROST gehört, noch bevor sie ihr erstes Album aufgenommen haben. Das fand ich überraschend.
Tommy: Ja, damals war das Ganze auch noch anders. Leute hörten was sie wollten. Auch die NIRVANA-Leute hörten HÜSKER DÜ, SWANS oder Thrash und kamen zusammen mit SOUNDGARDEN zu unseren Shows, alles war ziemlich offen. Diese ganzen Abtrennungen, wie sie heute üblich sind, gab es nicht. Wir befanden uns schließlich noch vor dem Grunge, als keiner in der Szene genau wusste, wohin die Reise gehen würde. So sah die alternative Szene damals aus, es waren andere Zeiten.
Metal.de: Viel offener? Heute gibt es viel mehr Diversität in der Musik.
Tommy: Das ist natürlich richtig. Meiner Meinung nach hat diese Entwicklung viel mit Technik zu tun. Es gibt viel leichteren Zugang zu Online-Tools, man kann sich anschauen was Leute da an der Gitarre genau machen. Das ging für uns damals nicht, man musste es schon aus der Luft greifen. Wir gingen zu Clubshows, um überhaupt irgendwas zu sehen. Ich war in der Szene ziemlich aktiv und wusste schon früh von Bands wie NAPALM DEATH und MORBID ANGEL, noch bevor es PRONG gab. Bei uns in New York gab es viele Noise und Hardcorebands und wir hatten schon ordentlich Auswahl. Dafür war ich aber auch ständig auf Achse. Heute passiert bei den Kids viel mehr vor dem PC. Sie feilen an ihrem Können und das finde ich auch total okay. Es ist eben anders.
Metal.de: Ihr wurdet ja selbst ziemlich oft gecovert. Hast Du da deine Favoriten?
Tommy: Ich mag das SIX FEED UNDER- und DEMON HUNTER-Cover von „Snap your finger, snap your neck“. POWERTRIP haben letztens „Brainwave“ gecovert – das finde ich sogar besser als unser Original. Es gibt schon einige und über die meisten war ich sehr glücklich.
Metal.de: Gibt es Songs von anderen Bands, bei denen Du die Coverversion geiler findest?
Tommy: Ehmm…ne [lacht]. Ich meine – ich weiß es nicht. Es ist einfach was anderes. Ein Original wird immer etwas Besonderes haben.
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Stile | Hardcore, Thrash Metal |
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