Project Pitchfork
Auf die nächsten 25 Jahre!
Interview
Seit zweieinhalb Jahrzehnten sind Deutschlands Dark-Electro-Großmeister PROJECT PITCHFORK die Speerspitze der Szene. Auch nach 25 Jahren Erfolgsgeschichte ist die Band noch motiviert und veröffentlicht ein mitreißendes Album nach dem anderen. Grund genug, um mit Mastermind Peter Spilles vor dem Konzert im Mannheimer „MS Connexion“ über die Band und deren Zukunft zu sprechen.
25 Jahre Bandbestehen, 17 Studioalben und zahlreiche Shows. Dirk und du sind sogar schon von Anfang an dabei. Habt ihr als Band noch frischen Spirit oder ist alles schon Routine?
Das ist immer noch mit frischem Spirit. Ich lebe meinen Traum. Ich hätte nicht gedacht, dass das so lange so gut geht und ich wache jeden Morgen mit einem Lächeln auf dem Gesicht auf. Wir haben also alles richtig gemacht und deshalb kommt auch keine Routine auf. Denn Routine kommt auf, wenn du etwas nebenher machst und dein Herz woanders ist. Das Herz schlägt voll und ganz für dieses Projekt und es macht auch Spaß.
Dark Wave, Gothic, Metal: Überall geht es um authentische Musik. Du sagst, dass deine Musik von dir selbst und deinem Leben beeinflusst ist. Magst du den metal.de-Lesern einen Einblick in die Lebenswelt von PROJECT PITCHFORK geben?
Wir haben einen Satz, den wir häufig verwenden, um PROJECT PITCHFORK musikalisch zu beschreiben: „We create industrial electronic music we need.“ Damit meinen wir auch wirklich nur uns. Es muss unseren Ansprüchen genügen und wir hatten von Anfang an den Anspruch, die Welt zu verändern. Mit Kunst. Und diesen Anspruch haben wir immer noch. Es ist vielleicht im Laufe der Jahre etwas filigraner geworden und weniger plakativ. Wir tauchen in Gedanken- und Gefühlswelten ab, um Halt zu geben. Halt für Leute, die das brauchen und natürlich auch für uns.
Wenn wir gerade über Gefühlswelten reden: Songs wie „Midnight Moon Misery“ oder „Dark River“ leben von einer ganz eigenen melancholischen, düsteren Stimmung. Wann und wie schreibst du solche Songs? Nachts mit einem Glas Rotwein?
Das ist dann wieder sehr unspektakulär. Ich bin Tagkomponist, wobei wir am Anfang auch Nachtsessions gemacht haben. Aber da kommt meistens nicht viel dabei rum, weil dann Bier ins Spiel kommt. Am nächsten Tag hört man sich das nüchtern an und denkt sich nur: Was war das denn?! Es entsteht übrigens immer zuerst die Melodie. Ich habe eine Grundstimmung, mit der ich mich an die Maschinen setze und was dabei heraus kommt, muss mich selbst überraschen und faszinieren. Je nach dem, wie gerade der Schaffensprozess ist, bleibt das dann bis zu zwei Wochen liegen und dann kommt der Text dazu.
Wie viele Songs entstehen denn im Vorfeld für ein Album?
Genau so viele Songs, wie ich brauche. Ich mache keinen Müll und wenn es stockt beim Komponieren, dann stimmt was nicht. Schließlich habe ich die Freiheit zu sagen, was dann in den Mülleimer fliegt und was nicht.
Auf dem Pressebild zu „Look Up, I´m Down There“ telefoniert ihr. Wen ruft ihr da an?
Wir haben den direkten Draht nach oben oder nach unten (lacht). Man macht sich natürlich immer Gedanken, wie man etwas mit einem gewissen Augenzwinkern umsetzen kann und das fanden wir ganz lustig. Zum Beispiel diese alten Telefonhörer, während jeder ein Smartphone hat.
Dass in deiner Musik viel Herzblut steckt, beweist du unter anderem mit durchdachten Effekten am Anfang und am Ende der Songs. Hast du eine Sound-Library? Oder wie entstehen diese Effekte?
Ich habe ein riesiges Repertoire an Sounds und arbeite auch noch mit Samplern. Da kannst du machen, was du willst. Diese Idee, dass die Songs auf CD miteinander verbunden sind, geht zurück bis ins Jahr 1992. Bei iTunes habe ich allerdings damit aufgehört. Da sind die Übergänge nicht mit dabei, weil es einfach nicht funktioniert.
Ihr macht zu jedem Album auch eine aufwändig gestaltete Digibook-Version. Das ist keine Selbstverständlichkeit im „digitalen Zeitalter“. Warum macht ihr es trotzdem?
Wir haben eine starke Fanbase und der möchte man etwas bieten. Und das ist dann nicht nur eine einfache CD in einer Plastikhülle. Da haben wir Glück, dass wir bei Trisol Music sind, weil seine (Anm. d. Red. Labelchef Alexander Storm) Philosophie darauf abzielt, dem Käufer etwas Einmaliges zu bieten. Es kommen teilweise echt wahnsinnig tolle Verpackungsideen auf und das trifft genau unseren Nerv.
Zurzeit ist Vinyl wieder stark im Kommen? Gibt es PROJECT PITCHFORK bald wieder auf Schallplatte?
Ich bin persönlich kein großer Fan von Vinyl und habe mal gesagt, dass mein Bass zu groß ist für Vinyl. Denn beim Mastering für Vinyl musst du immer Sachen zurücknehmen, weil sonst die Kerbe zu tief wird. Und dann wird’s musikalisch dünner. Zudem kommt noch die Spielzeit von Vinyl und dieses Ritual beim Einlegen hast du auch bei einer CD. Zum Beispiel wurde unsere erste Scheibe speziell für Vinyl gemastert und klanglich ist das wirklich das dünnste Album. Da musste bei 50Hz ein Cut gemacht werden, wobei das Klangspektrum beschnitten wurde, was schade ist.
Mit „First Anthology“ und „Second Anthology“ habt ihr zwei Compilations in der Diskografie. Viele Songs sind re-recorded und remastered. Warst du nicht zufrieden mit den damaligen Aufnahmen?
Genau das. Seit der „Black“ bin ich selbst für das Mastering zuständig und lasse mir da auch nicht mehr reinreden, dass für die Radiotauglichkeit irgendwelche Frequenzen runtergezogen werden müssen. Der Unterschied zwischen dem, was ich im Archiv habe und dem, wie es auf CD klingt, ist teilweise sehr gravierend. Deshalb wollte ich da ausgleichen.
Gibt es schon Pläne für eine „Third Anthology“? Oder ist das noch zu weit gegriffen?
Das ist noch zu weit gegriffen. Aber natürlich könnte man das zum 30. Jubiläum in Angriff nehmen. Das ist wahrscheinlich.
Ihr habt ein riesen Repertoire. Wie geht ihr bei der Songauswahl für die Tour vor?
Es gibt Songs, die wir auf der Bühne proben und wir merken dann schnell, welche Songs Spaß machen und welche eher für die Couch zuhause geeignet sind. Zudem schauen wir so ein halbes Jahr nach Release, was bei den Fans gut ankommt. Gespielt wird dann natürlich das, wo sie am meisten abgehen.
Gibt es irgendwelche Träume oder Vorhaben, die ihr mit PROJECT PITCHFORK bisher noch nicht umgesetzt habt?
Einerseits haben wir schon viel erreicht. Andererseits wäre es schon schön, das Ganze noch breiter in der Masse vertreten zu sehen. Bei den staatlichen Medien oder dem Radio hast du das Problem, dass die Gothic- wie auch die Metalszene schon immer stiefmütterlich behandelt wurden. So nach dem Motto „Die können wir nicht spielen, das lenkt vom Autofahren ab“. Gut, dann muss es halt MODERN TALKING sein. Ich warte immer noch auf einen Radiosender, der wirklich nur harte Sachen spielt. Sei es jetzt Metal, Gothic oder was auch immer. Das wird sich allerdings nicht durchsetzen, weil dann Hornbach keine Werbung mehr schaltet und die Werbeinnahmen fehlen würden. Auf der anderen Seite kann sich die Szene natürlich entfalten. Man sieht ja, was passiert, wenn etwas sehr hoch gehoben wird und dadurch verdreht wird. Dann wird häufig etwas in die falsche Ecke gedrängt oder missverstanden.
Ihr seid nun schon eine ganze Weile in der Musikbranche unterwegs. Welche drei goldenen Regeln würdest du Newcomern an die Hand geben?
Drei goldene Regeln, okey. Erstens: Gehe keine Kompromisse bei deiner Kunst ein. Zweitens: Sei vorsichtig bei der Auswahl der Menschen, mit denen du arbeitest. Und drittens: Halte durch! Man braucht mindestens fünf Jahre, um einen Erfolg spürbar feststellen zu können. Deshalb sollte man einem musikalischen Projekt immer fünf Jahre geben und dann entscheiden, ob man noch mehr Geld dafür ausgeben möchte (lacht).
Können wir uns auf weitere 25 Jahre PROJECT PITCHFROK freuen?
Vom Alter her auf jeden Fall und vom Willen her auch. Es wäre durchaus denkbar. Man weiß ja nicht, wie sich diese Szene entwickelt. Es ist ja nun eine der ältesten Jugendbewegungen, die es gibt. Und wenn da nichts Schlimmes dazwischen kommt, hoffe ich, dass es weiter geht. Ich habe eh keine Chance etwas anderes zu machen und ich will auch gar nichts anderes machen.
Dann blicken wir gespannt nach vorne und hoffen auf ein weiteres Vierteljahrhundert voller pulsierender Beats und verträumter Klangsphären.
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Stile | Electro-Industrial, Industrial |
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