Pripjat
Gar nicht genug Mittelfinger

Interview

CSU-Rebellen

Metal stand nach meinem Empfinden immer für Offenheit und Toleranz. Zudem ist die Szene auch ein Anlaufpunkt für gesellschaftliche Außenseiter. Wie erklärt ihr euch, dass es trotzdem einen Nährboden für rassistisches Gedankengut gibt?

Eugen: Als ich deinen ersten Satz mal in einer ähnlichen Diskussion geschrieben hatte, wurde ich von vielen ausgelacht. Ich habe mir dazu viele, viele Gedanken gemacht. Wie du schon sagtest, war der Metal eine Außenseiterkultur. Man konnte sich mit ihm abgrenzen. Mit einem „Eaten back to life“- oder „Jesus is a cunt“-Shirt konnte man provozieren, schockieren. Mittlerweile ist es doch alles ein alter Hut. Wem macht MARILYN MANSON heute noch Angst, bis auf seine gruseligen Live-Performances? Deswegen ist ganz viel Metal-CSU aufgetaucht, die den ganzen konservativ-trven Kram predigt und einem vorschreibt, was Metal ist und was nicht. „Rebellen“ schreiben einem vor, wie man Rebell zu sein hat. Lächerlich.

Rechtes Gedankengut im Metal sorgt aber immer noch für Ächtung und Gesprächsstoff. Da fühlt man sich elitär, verschworen, gefährlich, überlegen. Ich mache keinen Hehl daraus, gerade im Black Metal sind rechte Ideologien an der Tagesordnung. Natürlich gibt es haufenweise großartige und „saubere“ Bands, man denke da nur an unsere Freunde von DER WEG EINER FREIHEIT, ULTHA & Co. Aber die werden von diesen Elitisten ja auch als Hippie-Scheiße denunziert.

Aber es ist kein Zufall, dass gerade dieses Subgenre Neonazi-Festivals wie das „Hot Shower“ in Mailand, organisiert vom Neonazi und verurteilten Mörder Hendrik Möbus, oder das „Asgardsrei“ in Kiew hervorbringt. Die ukrainische Szene ist leider ideologisch zu großen Teilen mehr als fragwürdig, da blutet uns schon stark das Herz. Und das sind gut organisierte, bestens vernetzte Geschichten.

Klar besteht das Problem genreübergreifend, beim Black Metal kristallisiert es sich aber am offensichtlichsten. Ich kann dazu nicht schweigen. Gestern wurden in Deutschland wieder Juden von einem Fascho erschossen. Wer jetzt noch schweigt, drückt beim nächsten Mal mit ab. Ganz einfach. Ich weiß auch schon genau, welche Kommentare unter diesem Interview stehen werden. Well, Nazi Punks: Fuck off!

Lasst uns nach uns diesem Ernst mal zur Zukunft von PRIPJAT kommen. Im März habt ihr als Support von EXUMER in Essen gespielt. Ende des Jahres geht ihr gemeinsam auf Tour. Wie kam es dazu? Hat es menschlichen in Essen einfach gefunkt?

Eugen: Tatsächlich war es genau so, ja. Der Matthias von EXUMER hat uns einige Zeit nach dem Konzert angehauen. Musikalisch kannte und mochte er uns wohl schon länger, und nach dem Gig hat es auch menschlich super gepasst. Für uns ist es natürlich eine Ehre, dass so eine Band uns persönlich einlädt. Und der Matthias war bisher auch wahnsinnig hilfsbereit und zuvorkommend. Das ist absolut nicht selbstverständlich, und wir sind sehr, sehr dankbar dafür. Fünf stinkende Typen, die 16 Tage in einem Wohnwagen mitten im Winter durch Deutschland brettern. Wenn das kein Rock ’n‘ Roll ist, was dann?

Euer Debütalbum erschien 2013. In den Jahren danach sind Rock und Metal regelmäßig totgesagt worden. Wie bewertet ihr den aktuellen Stand der Szene und ihrer Zukunft und damit einhergehend eure Zukunftsaussichten für PRIPJAT?

Eugen: Es wird nicht leichter. Jeder Schritt, den man nach vorne macht, wird von mehr Arbeit und mehr Verantwortung begleitet. Ich könnte jetzt viel über das komplett fehlende Geld im Business und die immer weniger werdenden Konzertbesucher klagen. Aber am Ende sind wir eine Band, die schon vieles erreicht hat und fast schon zehn Jahre am Start ist. Und wir haben immer noch Bock. Solche Dinge sind zyklisch. Menschen werden immer etwas „echtes“ wollen. Aktuell ist Digitales wichtiger, vor allem für die Kids. Aber auch das wird sich irgendwann übersättigen und umkehren. Und dann fahren wir mit unseren analogen Rollstühlen auf die Bühne und treten ihre Ärsche!

Galerie mit 10 Bildern: Pripjat - Skate Metal Fest 2016

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29.10.2019

"Irgendeiner wartet immer."

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2 Kommentare zu Pripjat - Gar nicht genug Mittelfinger

  1. ClutchNixon sagt:

    Super Interview und ein prima Typ mit klarer Kante der Eugen. MGLA und ähnlicher Rotz werden natürlich weiterhin auch hier supported werden, aber dennoch danke an Metal.de für den Mut zur Reflexion der eigenen Seite.

    1. nili68 sagt:

      Hauptsache die Mucke knallt.