Pripjat
Gar nicht genug Mittelfinger
Interview
PRIPJAT folgen einer klaren Vision
Kirill hat wie immer das gesamte Material produziert. Wieso habt ihr noch nie mit einem externen Produzenten zusammengearbeitet?
Kirill: Weil ich ein Ego-Schwein bin, haha. Nein, Spaß beiseite: Für mich ist das Produzieren wie ein Instrument zu spielen. Es ist ein Teil der Band, und bis jetzt habe ich es nicht in Betracht gezogen, dieses Zepter jemandem zu überreichen, da ich auch wirklich Spaß dran habe, neu gelerntes in meinen eigenen Projekten umzusetzen. Leider kotzt mich der einheitliche Sound der heutigen Produktionen nur noch an, und ich möchte mit meinem Sound den Einheitsbrei etwas verrühren.
Könntet ihr euch vorstellen, das in Zukunft mal zu machen?
Kirill: Wenn wir jemals das Gefühl kriegen sollten, dass ich produktionstechnisch nichts mehr beitragen kann beziehungsweise jemand anderes, dem wir vertrauen, mehr beisteuern kann als ich, dann könnte dies sicherlich passieren. Bis jetzt war es nur noch nicht der Fall.
Wem spielt ihr denn euer Material vor, um vor den finalen Aufnahmen auch mal Feedback von außerhalb der Band zu bekommen?
Kirill: Ich habe einen recht großen Kreis an Menschen, von denen ich eine Meinung einhole. Mein wichtigster Abhörpartner neben der Band selbst ist mein RAPTVRE-Kollege Stefan Braunschmidt. Abgesehen davon, dass er ein begnadeter Komponist und Musiker ist, hat er ein sehr kritisches und geschultes Ohr. Wenn er was kritisiert, hat es immer Hand und Fuß, und seine Meinung ist mir sehr wichtig.
Neben ihm gibt es natürlich noch andere nahestehende Musiker, denen ich es vorab vorführe, wie zum Beispiel Lenny von DUST BOLT und Tobi von DER WEG EINER FREIHEIT. Meine Jungs von AYAHUASCA kriegen den Stuff natürlich auch vorab zu hören, genau wie eine Handvoll Fans und Freunde, denen ich vertraue, wie unsere Bandpaten Sarah Hommen und Florian Bluhm.
Meine arme Freundin Nadja ist ebenfalls mittendrin, da sie sich den Kram jeden Tag anhören muss, haha. Sie hört das Material meistens vor allen anderen und gibt mir im Entstehungsprozess schon Feedback und weist mich auf Sachen hin, die mir teils gar nicht auffallen. Natürlich wird nicht jede Kritik angenommen, aber ich bin den Menschen immer sehr dankbar für ein ehrliches, konstruktives Feedback.
Textlich geht es in euren neuen Songs um aktuelle Entwicklungen der Menschheit und unserer Gesellschaft. Wie seht ihr denn unsere Zukunft?
Eugen: Bei den Texten hatte ich die Cyberpunk-Romane von William Gibson im Kopf, von dem ich ein großer Fan bin. Ihm habe ich auch Begriffe wie „Sprawl“ entliehen. Der Gedanke für das lyrische Konzept war, dass man unseren Status Quo konsequent weiterdenkt. Das macht die Serie „Black Mirror“ zum Beispiel hervorragend. In den neuen Songs geht es entsprechend um die Menschheit in 50 bis 100 Jahren. Überbevölkerung, Geburtenkontrolle, neoliberaler Faschismus, Biomechanik, Konzern-Regierungen. All die schönen Sachen.
Da konnte ich mich mal richtig austoben, da ich sowohl Politik und Gesellschaftskritik als auch ein wenig Science Fiction mit einbringen konnte. Auch SEPULTURA haben das auf ihrem letzten und absolut großartigen Album schon ähnlich gemacht. Bezüglich unserer Zukunft halte ich mich an Saruman aus „Der Herr der Ringe“: „Es gibt kein Morgen für die Menschheit.“
Anstatt unsere Probleme anzupacken, pöbeln wir 16-jährige Mädchen an und roden das letzte bisschen Wald ab. Erzählt das mal euren Enkeln, ihr gottverdammten Wichser. Dass sie ihre Sauerstoffkuppel nicht verlassen können, weil wir vor 100 Jahren eine Extra-Portion Kaviar zu unserem Champagner haben wollten.
Ich mag Menschen. Aber die Menschheit als Kollektiv hat versagt, und ich sehe keine Perspektive für uns. Das ist unser Dance Macabre. Unser Abgesang. Wie lange wir noch tanzen, weiß ich nicht. Aber wir leben nach einem System, welches auf unendliches Wachstum in einem stark endlichen System basiert. Was soll da schon schief gehen?
Galerie mit 10 Bildern: Pripjat - Skate Metal Fest 2016Mehr zu Pripjat
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Stile | Thrash Metal |
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Super Interview und ein prima Typ mit klarer Kante der Eugen. MGLA und ähnlicher Rotz werden natürlich weiterhin auch hier supported werden, aber dennoch danke an Metal.de für den Mut zur Reflexion der eigenen Seite.
Hauptsache die Mucke knallt.