Primordial
Interview mit Alan Nemtheanga zu "The Gathering Wilderness"
Interview
Alkohol und Interview-Verpflichtungen vertragen sich nicht gut. Zwar ist die Notwendigkeit eines zweiten Anlaufs für dieses Interview nicht ausschließlich auf die üblen Nachbeben der durchzechten Nacht zurückzuführen, die wir am Abend zuvor zusammen mit Mr. Nemtheanga zum Tage gemacht hatten, doch ich glaube, dass mir der nette Ire sehr dankbar dafür war, dass wir die Fragestunde auf einen späteren, nüchterneren, ausgeruhteren Zeitpunkt und das Medium Email verschieben konnten. Auf dass Euch die Erleuchtung heimsuche!
Hi Alan! Ich hoffe, es geht Dir gut! Zuerst einmal herzlichen Glückwunsch zum neuen Album! Die ersten Reaktionen waren ja schon sehr gut. Habt Ihr das erwartet und welche Erwartungen habt Ihr noch an das Album?
Mir geht’s gut, danke! Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, was wir noch erwarten. Wir haben uns eben darauf konzentriert, noch ein starkes Album zu machen, jetzt liegt es im Schoß der Götter. Es wird auf jeden Fall noch sehr interessant werden, das steht fest!
Wenn „Storm Before Calm“ der Sturm war, müsste „The Gathering Wilderness“ eigentlich die Ruhe sein. Tatsächlich ist es nicht ganz so schroff wie sein Vorgänger, trotzdem wirkt es düsterer und doomiger. Was hältst Du von diesem Eindruck und wo siehst Du persönlich die Unterschiede zwischen den Alben?
Über so etwas denken wir nicht nach. Wir analysieren nicht, was wir schreiben oder über dieses Album denken. Wir tun einfach, was wir tun. Wir wollten ein Album, das sich mehr „live“ anhört, die Dinge etwas zurückfahren und natürlicher klingen. Ich denke, das haben wir geschafft. Ich glaube, es ist in gewissem Maße dunkler und doomiger, obwohl ich denke, dass die Lyrics rauer sind und die gesamte Atmosphäre beklemmender ist.
Seid Ihr an „The Gathering Wilderness“ anders herangegangen als an „Storm Before Calm“?
Nein, überhaupt nicht, wir gehen die Dinge immer gleich an. Der einzige Unterschied mag sein, dass Michael, unser zweiter Gitarrist, einiges zu diesem Album beigesteuert hat.
Vor dem Hintergrund der Tsunami Katastrophe in Südasien bekommt der Titel eine ganz neue Bedeutung. Was war die Inspiration für den Titel?
Die Inspiration kommt von einem Song auf LEONARD COHENs „Songs Of Love And Hate“, dem Mann des vergangenen Jahres, wie ich finde. Mit der Tsunami Katastrophe hat das nichts zu tun, obwohl die Natur natürlich immer zuletzt lacht. Diese Verbindung ist mir auch letztens erst aufgefallen, als ich mir das Album mal wieder angehört habe. Es passt einfach perfekt in mein momentanes Weltbild.
Wenn man sich das Album anhört, wird ein musikalischer roter Faden sichtbar, da alle Songs zusammenpassen. Gibt es auch eine textliche Verbindung zwischen ihnen?
Es ist kein Konzeptalbum, aber Verzweiflung und Entfremdung ziehen sich durch das komplette Album. Die Hauptthemen sind, wie erwähnt, Verzweiflung, Entfremdung, zivile Unruhe, der Entzug persönlicher Freiheiten, Betrug, das Umschreiben der Geschichte, den Verkauf von Kulturen, Martyrium und vieles andere.
Dem Recording Tagebuch zufolge, waren die Aufnahmen ziemlich lustig. Erinnerst Du Dich an eine bestimmte lustige Geschichte?
Eigentlich war es überhaupt nicht lustig, das ist nur mein blöder ironischer Sinn für Humor. Für mich sind Aufnahme Sessions sicher nicht lustig. Im Gegenteil: ich finde sie stressig und öde. 24 Tage lange mit denselben Leuten auf begrenztem Raum zu sitzen ist nicht meine Vorstellung von Spaß. Natürlich ist nicht alles nur schlecht und schließlich kreierst Du etwas, was die Anspannung im Endeffekt aufwiegt, aber Spaß ist das mit Sicherheit nicht.
Warum waren die Aufnahmen so stressig?
Das Übliche eben: es hatte mit Geld und Zeit zu tun, und damit, alles und jeden richtig zu koordinieren. Besonders das Abmischen war diesmal besonders stressig.
Was habt Ihr Euch beim Sound gedacht? Im Vergleich zu „Storm Before Calm“ klingt das Album viel „stumpfer“.
Stumpf? Wir wollten, dass es klingt, wie wenn Du bei uns im Proberaum stehst. Deshalb sind wir soweit von Computern, Triggern und Effekten weggeblieben, wie wir konnten. Ich hasse diesen scheiß Sound, wie die ganzen modernen Alben klingen. Dieser hohle Plastiksound, der klingt, als ob es nicht nur von einem Computer aufgenommen wurde, sondern auch von ihm gespielt! Wir wollten einen Sound von 1982 und keinen von 2005.
„The Gathering Wilderness“ ist Euer erstes Album für Metal Blade. Habt Ihr Euch nur von Hammerheart getrennt, weil Euer Vertrag ausgelaufen ist oder weil sie pleite gegangen sind?
Der Vertrag war nicht wirklich erfüllt, aber wir hatten beide das Ende die Endstation erreicht. Ich möchte darauf auch nicht weiter eingehen.
Wie war die Zusammenarbeit mit Hammerheart und was erwartet Ihr von der Kooperation mit Metal Blade?
Was soll ich dazu sagen? Geld verändert die Menschen, und wenn beide behaupten, der jeweils andere zöge einen über den Tisch oder habe sie schlecht behandelt, dann glaub mir, schenke immer der Band Glauben! Geschäft und Kunst, was erwarte ich eigentlich? Die Leute machen ihre Jobs eben ordentlich.
Auf der Bühne wirkst Du immer sehr ernst und grimmig. Natürlich verstärkt die Musik PRIMORDIALs Musik und auch die Tatsache, dass Du sonst in VOID OF SILENCE tätig bist [mittlerweile ‚warst‘, VOID OF SILENCE haben sich letzte Woche aufgelöst – Anm. d. Verf.] diesen Eindruck noch mehr. Was die meisten Leute nicht wissen, ist, dass Du auch in einer Band namens „Fisted Sister“ gespielt hast und ein großer Fan von ROSE TATTOO, AC/DC, ACCEPT usw. bist.
Haha! Yeah, ich habe mit Freunden in einer Coverband gespielt, mehr war das auch nicht. Wir haben Sachen wie WASP, DIO oder die Bands, die Du jetzt genannt hast, gespielt, und ich bin auch ein Die Hard old school Metalhead! Das ergibt also durchaus einen Sinn. Mit Leuten von DESTRÖYER 666 und SLAUGHTERLORD habe ich auch in einer Band namens SONS OF SATAN gespielt, wo wir KREATOR, VENOM und SODOM gecovert haben. Ich mache einfach gerne Musik, so einfach ist das, und 80er Jahre Metal ist das, womit ich groß geworden bin. Denkst Du ich sitze daheim und höre die ganze Zeit SOPOR AETERNUS? OK, manchmal tu ich das, aber ich sag Dir, dieses Jahr mach ich ne Flasche Whiskey auf, denn Bon Scott hat seinen 25. Todestag!! Aber die Person, die Du auf der Bühne siehst und in den Lyrics erkennst, bin trotzdem ich.
Daneben hast Du noch ein kleines Unternehmen „Nemtheanga’s Art“, mit der Du Backdrops für Bands designst.
Genau, ich male Backdrops und Sidefills für Bands. Wenn also jemand in einer Band spielt oder einen Club hat, und dafür so ein Ding haben will, soll er mir einfach eine Email schicken und wir können da was ausmachen!
Woher kommt der Name „Nemtheanga“ eigentlich und was bedeutet er?
Es ist ein altirischer Name und bedeutet grob übersetzt in etwa „der von böser Zunge ist“. Warum ich mir den Namen gegeben habe? Nun, es war 1993 und ich war Black Metal as fuck, mein Freund!
Vielen Dank für deine Zeit, Alan! Hast Du irgendwelche letzten Worte für Eure Fans in Deutschland?
Freude und Kraft! Wenn Ihr Euch als Individuen seht, werdet Ihr euch in PRIMORDIAL erkennen. Wenn Ihr denselben alten Scheiß wie immer wollt, geht besser weiter.