Powerwolf
Interview mit Matthew Greywolf zu "Bible Of The Beast"
Interview
Power Metal ist out? Nö, nö, da hat man aber etwas Falsches läuten gehört. Power Metal ist angesagter denn je, vor allem in Form der Multi-Kulti-Kapelle von POWERWOLF. Düstere Kleidung, geschminkte Gesichter und ein heißes Metal-Brett in Form von „Bible Of The Beast“ im Gepäck – das sind die fünf Wolfs-Jünger! Die Zeit ist also gekommen für ein intimes Gespräch…
Hi Matthew, das neue Album habt ihr im Kasten und der Anfangsstress nach dem Release ist hoffentlich auch schon wieder vorbei, also kann ich ja gleich einmal fragen, wie es euch allen zurzeit geht?
Bestens. „Bible Of The Beast“ kommt sehr gut an, vor allem bei unseren Fans und das freut uns natürlich. Davon abgesehen ist es cool zu sehen, wie groß das Medieninteresse am Wolf derzeit ist und auch die Nachricht, dass die Limited Edition von „Bible Of The Beast“ nur drei Tage nach dem Release schon praktisch ausverkauft ist, hat uns echt überwältigt.
Ihr seid eine totale Multi-Kulti-Truppe. Seht und trefft ihr euch eigentlich auch privat zwischendurch oder beschränkt sich euer Kontakt auf die musikalische Seite?
Wir sind eine echte Band und das heißt auch, dass wir privat viel miteinander zu tun haben. Eine Band sollte einfach mehr sein, als nur ein paar Musiker, die zufällig zusammen Musik machen. Ich glaube man merkt sehr deutlich, ob eine Band aus einer eingeschworenen Gemeinschaft besteht oder nicht. Wer uns einmal live gesehen hat, der hat hoffentlich gemerkt, dass da ein echtes Rudel auf der Bühne steht, haha…
Gleich vorneweg: Warum heißt ihr überhaupt POWERWOLF? Steht ihr klammheimlich total auf Wölfe?
Warum heißt du überhaupt Mathias Klammer? Stehst du klammheimlich auf Klammern? Mal abgesehen von dem lustigen Wortspiel, was ich damit sagen will: wir heißen eben so. Das hat nichts damit zu tun, dass wir auf Wölfe stehen. Wir wollten von vorne herein einen Namen, bei dem keine Frage offen bleibt, welche Musik wir machen, und ja, wir wollten einen klischeebeladenen Namen, weil wir es geil finden. Wir lieben Metal-Klischees und wir spielen mit ihnen. Und der Wolf ist nun mal auch ein Tier, dass viele Eigenschaften mit dem Metal teilt: Wölfe sind wilde Tiere und sie umgibt ein Hauch von Mystik und Stolz – genau wie Heavy Metal.
Sagt ehrlich: Wie seid ihr dazu gekommen euch in solche Verkleidungen und opulente Outfits zu werfen? Gehört das zu eurem selbst erwählten Image?
Ja, klar! Der visuelle Aspekt war schon bei der Gründung von POWERWOLF ein fester Teil der Band. Uns war immer klar, dass wir unserem Publikum auch optisch etwas bieten wollen. Ich finde es langweilig, wenn Bands einfach so auf der Bühne stehen, wie sie auch in die Bäckerei oder in den Supermarkt gehen würden. Eine gute Metal-Show muss gutes Entertainment sein. Und für uns gehören das Makeup und die Bühnenoutfits einfach zu POWERWOLF dazu. Es wäre für uns unvorstellbar, ohne dieses Element auf die Bühne zu gehen und um der Frage gleich vorzubeugen, die uns komischerweise immer nur in Deutschland gestellt wird: Nein, nicht um von unserer langweiligen Musik abzulenken, sondern als Bonus. Als Zusatz, der unseren Auftritten eine gewisse Atmosphäre verleiht.
Auf eurem neuen Album „Bible Of The Beast“ zieht ihr wieder einmal über jede nur erdenkliche Religionströmung her. Allein der Titel „Catholic In The Morning…Satanist At Night“ gibt schon genug Anlass für Spekulationen. Welcher Religionsrichtung gehört ihr an oder seid ihr überhaupt atheistisch?
Wir sind allesamt sehr spirituelle Menschen, jeder von uns in seiner Weise und jeder hat seine eigene spirituelle Ausrichtung. Daher könnte ich dir auch nicht sagen, für welche religiöse Richtung POWERWOLF steht, denn wir stehen nicht für eine bestimmte Strömung. Was wir als einzelne Personen in Sachen Religion tun oder auch nicht, ist Privatsache und wird auch bewusst aus der Band herausgehalten. Wir schreiben Texte, die religiöse Themen aufgreifen, aber wir sehen uns da eher in der beobachtenden, erzählenden Perspektive. Wir wollen niemanden bekehren, oder von einem Glauben überzeugen – außer natürlich vom Glauben an den Metal!
Kommen wir zum Album. Nach zwei grandiosen Power Metal-Alben legt ihr mit „Bible Of The Beast“ einen weiteren überzeugenden Kracher vor. Handelt es sich hierbei in Wirklichkeit um ein Konzeptalbum?
Teilweise. Ein Großteil der Texte basiert auf Beschreibungen des Teufels in der Bibel. Die Bibel hat, wenn man sich genauer mit ihr befasst, sehr viele düstere und böse Gleichnisse und Geschichten zu bieten, vor allem im alten Testament und in der Apokalypse.
Warum dieser Titel?
Der Teufel wird in der Bibel vielfach als „das Biest“ umschrieben, und nicht als der Teufel. Der Teufel als pferdefüßige Menschengestalt wurde ohnehin erst viel später erfunden. In der Bibel wird zum Beispiel in der Johannes-Offenbarung die siebenköpfige Schlage beschrieben, die den Teufel verkörpert. Auch hier heißt der Teufel „Biest“. Daher „Bible of the beast“.
Wer von euch ist für das Songwriting zuständig? Wer kommt bitte auf solch geniale Reime und Lyrics?
Wir sind alle zusammen für das Songwriting zuständig. Wir schreiben grundsätzlich nur Songs, wenn wir alle zusammen sind. Ein guter Song kann nur aus einer bestimmten Atmosphäre heraus entstehen, für uns ist das nur dann der Fall, wenn wir als komplette Band zusammen im Proberaum stehen. Die Reime und Texte sind dabei sogar oft der Ausgangspunkt für einen Titel. Wir haben ständig Ideen für mögliche Songtitel oder Textfragmente und die sammeln wir alle, sodass wir beim Songwriting eine große Liste von Titeln parat haben. Bei „Bible Of The Beast“ war es oft so, dass wir zuerst auf Grundlage eines Songtitels einen passenden Refrain dazu geschrieben haben. Wir lieben das Spiel mit der Sprache und den Klischees, das kann sehr inspirierend sein.
„Bible Of The Beast“ klingt wie ein perfektes Power Metal-Brett. Woher nehmt ihr eure musikalischen Einflüsse?
Wir alle sind beinharte Metal-Fans seit Jahrzehnten- Attila mal ausgenommen, der dem Metal noch nicht so lange verfallen ist. Dementsprechend haben wir über die Jahre so einige Alben und Einflüsse gesammelt, es ist schwer da nur einige herauszugreifen. IRON MAIDEN sind sicherlich ein unüberhörbarer Einfluss und eine der Band, auf die wir uns alle einigen können, wenn es um die Musikwahl im Tourbus geht. Natürlich sind auch BLACK SABBATH und MERCYFUL FATE Einflüsse. Spätestens beim Songwriting für „Bible Of The Beast“ war es aber auch so, dass wir merkten, dass wir mittlerweile unseren eigenen, typischen Sound gefunden haben und nicht selten haben wir uns von uns selbst beeinflussen lassen.
Nenn mir mal bitte ein paar Gründe für eure symphonischen Orgel-Ergüsse!
Eine echte Kirchenorgel ist für mich das mächtigste und düsterste Instrument überhaupt. Keine Gitarre könnte jemals so brutal, so gewaltig klingen wie eine Kirchenorgel in einer großen Kirche. Und das sage ich, obwohl ich Gitarrist bin. Für POWERWOLF ist die Orgel ein sehr wichtiges Element, denn sie verleiht unserem Sound einen düsteren Charakter. Wo andere Keyboardsounds den Klang einer Metal-Band „weicher“ machen, ist eine echte Kirchenorgel ein Zusatz an Schwere und Heavyness. Wir haben auf „Bible Of The Beast“ auch nicht die Mühe gescheut, eine echte Kirchenorgel aufzunehmen. Zwar war es nicht ganz einfach, eine Kirche zu finden, in der wir als Metal-Band mal eben die Orgel benutzen durften – wie du dir sicher denken kannst – aber es war den Aufwand wert. Es war ein unvergessliches Erlebnis in einer leeren Kirche zu stehen und zu hören, wie Falk auf der Orgel einen Song wie „Raise Your Fist, Evangelist“ spielte.
Attila übertrifft sich wieder einmal selbst mit seinem heroischen Gesang. Genoss er wirklich eine professionelle Gesangsausbildung?
Ja. Und ich denke, das hört man auf „Bible Of The Beast“ stärker als jemals zuvor. Attila hat die beiden Richtungen seiner Stimme noch stärker betont, als auf unseren vorherigen Alben: einerseits seine klassische Stimme, die er vor allem bei den Refrains immer wieder hervorholt, andererseits singt Attila wesentlich rauer und aggressiver als je zuvor.
Wer war für das Cover-Artwork zuständig?
Für das Artwork, die Fotobearbeitung und das Layout bin ich zuständig. Für uns ist es sehr wichtig, in allen Belangen selbst die Kontrolle zu haben. Wir sind eine echte Selfmade-Band. Von der Covergestaltung, über die Bühnenoutfits, die Bühnenaufbauten oder unser Merchandise machen wir alles selbst. Das ist zwar sehr viel Arbeit und erfordert viel Zeit, garantiert uns aber, dass wir selbst und niemand sonst entscheiden kann, wofür POWERWOLF stehen.
Ein Teil der Aufnahmen zu „Lupus Dei“ ist damals tatsächlich in einer mittelalterlichen Kapelle entstanden?! Gibt es auch interessante Anekdoten zur Entstehung der neuen Platte?
Naja, abgesehen von den Orgelaufnahmen in einer Kapelle in Nordfrankreich waren natürlich auch die Choraufnahmen ein besonderes Erlebnis. Wir hatten die Möglichkeit mit dem Chor der Musikhochschule Saarbrücken zu arbeiten. Atillas Gesangslehrer ist Professor an der Musikhochschule und da er ein großer POWERWOLF-Fan ist, bot er uns an, mit dem Chor zusammenzuarbeiten. Eine solche Gelegenheit hat man nicht alle Tage, normalerweise könnte eine Band wie POWERWOLF niemals einen solchen Chor bezahlen, aber Attilas Gesangslehrer leistete ganze Überzeugungsarbeit, sodass alle Chorsänger und -sängerinnen ehrenamtlich für den Wolf sangen. Die Aufnahmen fanden an einem Wochenende in einem großen Studiosaal der Musikhochschule statt und es war wohl das erste Mal, dass die altehrwürdige Hochschule von Metal-Klängen erschüttert wurde, haha…
Werdet ihr in nächster Zeit auf Tour sein oder im Sommer ein paar Festivals abklappern?
Wir werden zunächst über den Sommer verteilt so einige Festivalshows spielen, unter anderem ist schon das „Bang Your Head“ und das „Summerbreeze“ bestätigt. Im Herbst wird dann sicherlich eine Tour folgen. Ob als Support oder als Headliner wird sich noch zeigen, das hängt auch von möglichen Tourangeboten ab. Wichtig wird für uns sein, dass wir unsere volle Show bieten können, denn das erwartet das Publikum einfach von uns. Gerade wenn man als Support tourt, ist das nicht immer einfach und deshalb werden wir Tourangebote mit Bedacht auswählen.
Heißt ihr beiden Greywolfs eigentlich wirklich so?
Heißt du wirklich Mathias Klammer?
Naja… JA, aber gut, lassen wir das… Müsst ihr euch ab und zu blöde Sprüche gefallen lassen (etwa: Warum seid ihr so blass um die Nase oder Ähnliches…)?
Klar. Damit haben wir aber kein Problem. Warum auch? Wir können zum Glück auch sehr gut und oft über uns selbst lachen. Überhaupt finde ich es erschreckend, wie ernst sich manche Leute in dieser Szene nehmen. Was wir mit POWERWOLF tun, machen wir in aller Konsequenz. Wir sind keine Konsensband. Entweder man mag den Wolf oder man hasst ihn – und das ist gut so.
Welchen musikalischen Geschmack hegst du im Privaten? Darf es auch einmal etwas anderes als Power Metal sein?
Ich bin Metal-Fan. Ich unterscheide nicht nach einzelnen Schubladen. Ich höre von den SCORPIONS bis zu NAPALM DEATH alles, was mir gefällt. Ich habe da keine Scheuklappen. Dazu gibt es viel zu viel interessante Musik zu entdecken. Im Moment hat es mir besonders die neue SATYRICON angetan. Seit Langem mal wieder ein Album, das einfach rohen, leidenschaftlichen Metal bietet. Einfach Metal. Nicht Black Metal oder Old School Thrash oder was auch immer. Rein Metal.
Hast du ein persönliches All-Time-Favorite-Album?
Mich auf ein einziges Album als Favorit zu beschränken ist zwar schwer, aber wenn ich wirklich wählen müsste: „Seventh Son Of A Seventh Son“ von IRON MAIDEN.
Gibt es einen POWERWOLF-Song, der dir besonders am Herzen liegt?
Das wechselt ständig, aber von „Bible Of The Beast“ liegt mir „Raise Your Fist, Evangelist“ sehr am Herzen, denn der Song war der erste, den wir für das Album geschrieben haben und der Moment, in dem wir den Song zum ersten Mal spielten war pure Magie.
Mit wem würdest du gerne einmal auf einer Bühne stehen? Irgendwelche Wünsche außer einem echten Wolf natürlich?!
Einen echten Wolf möchte ich nicht auf der Bühne haben, ich glaube der würde übler riechen als Attilas Bühnenkleider nach einer dreiwöchigen Tour, haha… Zu deiner Frage: wir hatten schon die Ehre mit vielen tollen Bands die Bühne zu teilen. Ein Traum wäre natürlich mal BLACK SABBATH oder eben IRON MAIDEN.
Habt ihr viele Kontakte zu anderen Bands eures Genres oder hält sich das eher in Grenzen?
Das hält sich in Grenzen. Wir kümmern uns nicht groß darum, was andere Bands tun. Aber natürlich gibt es Freundschaften zu Gruppen, mit denen wir auf Tour waren. Wölfe sind ja bisweilen auch gesellige Tiere, die gerne mal feiern, haha…
Bitte vollende diesen Satz: „Spiritualität ist für mich…“
…das Streben nach Erkenntnis.
Und diesen Satz: „Ich wäre gerne ein Wolf, weil…“
Ich wäre doch gar nicht gerne ein Wolf!
Habt ihr eigentlich Angst vor dem Licht (genau solche Fragen meinte ich vorhin)?
Manchmal schon. Vor allem wenn unserem Lichttechniker mal wieder die Movinglights durchgehen. So geschehen vor zwei Jahren auf dem „Summerbreeze“. Da waren wir durchaus irritiert vom Licht, das da über uns hereinbrach, haha…
Noch irgendwelche Wünsche und Anregungen für meine Leser? The last words are yours…
Seid fromm und ehret den Metal!