Pelander
Zeit, Leiden und Hoffnung
Interview
Magnus PELANDER allein im Studio: Auf seinem Soloalbum „Time“ ist der WITCHCRAFT-Frontmann in weiten Teilen nur mit seiner Stimme und auf seiner Konzertgitarre zu hören. Ein Akustikalbum, das die zerbrechliche Seele des Schweden offenbart. Und dessen Grundthematik ihn ganz krank macht.
Stellt sich die Frage, warum Magnus „Time“ unter seinem Namen veröffentlicht hat und nicht als WITCHCRAFT-Album. „Meistens merke ich sofort, ob es ein WITCHCRAFT- oder ein PELANDER-Song ist“, sagt er und fährt fort: „Die meisten dieser Lieder habe ich auf meiner Akustikgitarre geschrieben, ungefähr zur gleichen Zeit, als ich das erste WITCHCRAFT-Album schrieb. Diese Lieder haben also schon eine ganze Weile in meinem System geschlummert.“ Die Songs haben also schon ein gewisses Alter auf dem Buckel, konnten im WITCHCRAFT-Rahmen aber nicht veröffentlicht werden. Und offensichtlich fehlte es einfach an der richtigen Gelegenheit, die Songs aufzunehmen, denn Magnus sagt: „Es ist eine Erlösung, dass sie jetzt endlich veröffentlicht werden.“
Die Lieder konnten im WITCHCRAFT-Rahmen nicht veröffentlicht werden
„Time“ ist aber nicht die erste Soloveröffentlichung unter dem Namen PELANDER, hat der Schwede doch schon 2010 vier Lieder für die EP „A Sinner’s Child“ aufgenommen. Gibt es denn musikalische Veränderungen zu dieser Soloscheibe? Magnus braucht nicht lange zu überlegen: „Das herausragendste ist sicherlich die Art, wie ich die Lieder präsentiere“, schießt er los. Und weiter: „Ich habe diese Lieder jetzt schon seit ein paar Jahren immer wieder mit meinem Freund aus Kindheitstagen und ersten Gitarrenlehrer, Michael Linder, geprobt.“ Michael Linder, der heute bei TROUBLED HORSE spielt, habe aber auch ein paar kleine Arrangements gemacht und hier und dort ein paar kleinere Teile komponiert.
Bei den Aufnahmen selbst gab es aber auch große Unterschiede zwischen den beiden Veröffentlichungen: „Dieses Mal habe ich die Lieder live und ganz allein eingespielt anstatt zusammen mit Michael zu einem Klicktrack“, erklärt der 38-jährige. „Dieses Mal ist es also der Rhythmus, den mein Herz vorgibt, und ich denke, dass es wesentlich besser und organischer klingt.“
PELANDER (fast) allein im Studio
Die erste Single ist der eröffnende Track „Umbrella“ – für Magnus eine naheliegende Wahl, und das nicht nur, weil es der erste Track auf dem Album ist: „Es ist eines der ersten Lieder, die ich überhaupt für dieses Projekt geschrieben habe, und es ist mir eins der liebsten. Ich liebe außerdem die Melodie, und es macht großen Spaß, es zu spielen.“
Wovon handelt denn der Text? „Hmm, nun, oberflächlich betrachtet ist es ein Lied über ein Mädchen und einen Regenschirm, aber mit der Musik und den Texten möchte ich es hier genauso wie bei WITCHCRAFT handhaben“, erklärt der Musiker, um generell klarzustellen: „Ich glaube, dass Musik eine eigene Sprache ist und Texte ebenfalls wichtig sind, aber ich möchte, dass sich jeder seinen eigenen Reim darauf macht.“ Schließlich habe man als Hörer die Freiheit, die Texte einfach außer acht zu lassen und allein die Musik auf sich wirken zu lassen. Wenn man sich aber mit den Texten beschäftigen möchte, hat man ebenfalls alle Freiheiten, sie zu interpretieren. Jeder soll sie nach dem Willen des Musikers mit seinem eigenen Erfahrungshorizont verknüpfen und eigene Bilder im Kopf erzeugen.
Freiheiten des Hörers und des Hörens
Magnus führt das weiter aus: „Ich schreibe zwar die Lieder, die von bestimmten Dingen handeln, aber sie können für dich etwas ganz anderes bedeuten. Das ist das Schöne. Du legst dein eigenes Puzzle zusammen. Du hast die Stücke, benötigst aber manchmal die Hilfe der Musik oder anderer Hinweise, damit es für dich einen Sinn ergibt.“
Über die Texte möchte sich Magnus PELANDER also nicht detailliert auslassen, aber zum Titel „Time“ hat er doch einiges zu sagen. „Das philosophische Konzept von Zeit ist eines der verrücktesten Dinge ist, mit denen man sich auseinandersetzen kann. Wenn ich zu lange darüber nachdenke, werde ich ganz krank davon, wobei es mich immer fasziniert und gleichzeitig verängstigt hat. Ich hatte schon vor, das Album „How To Deal With Suffering“ zu nennen. Wenn es ein Konzept dahinter gäbe, dann wäre es genau das. Das geht wirklich Hand in Hand, Zeit und Leiden.“ Und versöhnlich fügt er an: „Es gibt aber auch Hoffnung.“
Zeit, Leiden und Hoffnung
Während WITCHCRAFT einst gegründet wurde, um den alten Doom-Metal-Helden zu huldigen, scheint „Time“ persönlicher zu sein und noch mehr von Magnus‘ Ich wiederzugeben. Das sieht auch der Schwede so und analysiert, dass bei PELANDER die Texte einfach direkt vom Herzen kämen. Stellt sich die Frage, was ihn zu seiner Musik inspiriert. „Ich glaube, dass Musik und Kunst ein Weg sind, deine Umgebung zu interpretieren und zu übersetzen. Auch die innere Landschaft reflektiert, was um dich herum los ist. So gesehen kann man es auch als Seelenerforschung sehen“, sagt er und erklärt weiter: „Mit den Sachen umzugehen, mit denen ich nicht allein mit Wörtern oder Handlungen umgehen kann. Wir sind mehr als bloß unsere Rolle in der Gesellschaft und unser soziales Verhalten.“
Mit PELANDER ist er aber natürlich auch genau das: Er veröffentlicht seine Musik auf einem großen Plattenlabel und hat Fans, die ihn auch mit seinem Solomaterial live sehen möchte. Wird Magnus also mit den neuen Songs live auftreten? „Vielleicht, das kommt auf die Reaktionen an und darauf, ob ich gute Shows gebucht bekomme“, gibt er ziemlich direkt zu Protokoll. Und weiter: Ich habe schon häufig den Geschmack des Erfolgs genossen, aber eben auch den Geschmack des Totalversagens und der Niederlage. Ich habe nicht den Drang, wieder bei null anzufangen.“
Was „Time“ letztendlich für Magnus PELANDER und seine Aktivitäten bedeutet, wird die Zukunft zeigen. Er jedenfalls setzt große Hoffnungen in diese Scheibe und fügt an: „Ich bin mir aber auch darüber bewusst, dass man damit in einem Nebel verschwinden kann.“
Aber nein, für so viel Schwarzmalerei besteht nun wahrlich kein Grund.