Patriarkh / ex-Batushka
Alles über den Neuanfang

Interview

Dann lasst uns doch mal über das Album selbst sprechen. Zuvor habt ihr euch mit bestimmten Aspekten des orthodoxen Glaubens und seiner Rituale sowie mit der Geschichte der Kirche befasst, diesmal habt ihr aber einen anderen Ansatz gewählt. Es handelt sich um ein Konzeptalbum über Eliasz Klimowicz, den Anführer einer orthodoxen Sekte, die in eurer Heimatregion hauptsächlich in den 1930ern und 1940ern aktiv war. Könnt ihr ein bisschen was zum Hintergrund der Geschichte erzählen und warum ihr ausgerechnet diesen Charakter als Thema des Albums gewählt habt?

Bart: Die Geschichte trug sich in meiner Heimatregion Podlachien zu, wo ich geboren und aufgewachsen bin. Irgendwann in den 90ern sah ich zum ersten Mal eine polnische Fernsehtheateraufführung über den Propheten Ilja. Das Stück war in Polen sehr bekannt, mit vielen berühmten polnischen Schauspielern.

Die Geschichte hinterließ tiefen Eindruck bei mir und blieb mir immer im Gedächtnis, also hielt ich es für eine gute Idee, sie mit unserem extremen Metal musikalisch umzusetzen. Die Geschichte selbst ist sehr ketzerisch und blasphemisch, sie verbindet sich also ziemlich organisch mit unserer Musik.

Und es dreht sich eben alles um die Region. Wir machen Musik, die wie Podlachien klingt, dieses Album klingt wie meine Heimat. Deshalb stehen all diese folkloristischen Instrumente auch besonders im Mittelpunkt des Albums.

Das Album enthält einige überraschende neue Elemente. Es fallen besonders traditionelle Instrumente wie die Drehleier, die Talharpa oder das Mandocello auf. Abgesehen davon, dass ihr damit euer musikalisches Repertoire erweitert; dient die Verwendung folkloristischer Elemente auch dazu, die Musik mit der Geschichte zu verbinden?

Bart: Korrekt, diese Instrumente haben eine enge Verbindung zur Geschichte und der Region. Instrumente wie die Mandoline oder das Mandocello verbindet man oft mit skandinavischen Bands wie WARDRUNA, aber sie sind auch slawisch und wir zeigen eben diese slawische Seite.

Eine weitere wichtige Neuerung ist der weiße Gesang (melodischer Schreigesang). Dieser weibliche Gesang ist sehr typisch für meine Heimat und liegt mir sehr am Herzen, weshalb er auch auf diesem Album zu hören ist.

Der abwechslungsreiche Gesang ist in der Tat ein Merkmal, das auf dem Album heraussticht. Es gibt natürlich immer noch Black-Metal-Schreie und orthodoxe Gesänge, aber ihr habt auch diverse männliche und weibliche Gäste, die zum folkloristischen Feeling des Albums beitragen. Kannst du ein wenig auf die Gesangsarrangements eingehen und auch etwas zu den Gastmusikern erzählen?

Bart: Klar, der weiße Gesang ist wie gesagt charakteristisch für meine Region und ist auf dem gesamten Album zu finden. Dafür haben wir teilweise auf frühere Gäste zurückgegriffen. Auch Eliza Sacharczuk ist auf dem Album zu hören. Sie ist bereits seit sieben Jahren unsere Gesangslehrerin.

Hinzu kommen zwei in Polen sehr bekannte Persönlichkeiten. Zum einen Adam Strug, der ziemlich groß in der hiesigen Folk-Szene ist. Außerdem der polnische Rockstar Maciej Maleńczuk, der bei uns eine Art Berühmtheit ist. Er ist Fan der Band und wollte gerne etwas zum Album beitragen. Er hat eine beeindruckende Bandbreite, seine Stimme ist sehr tief und passt perfekt zu unserer Musik.

Und natürlich sind da auch noch die Jungs aus unserem Chor, die immer wieder neue Impulse zu unserem Sound beitragen. Sie klingen vielleicht etwas anders, aber es sind dieselben Leute. Gesang und Geschichte passen einfach perfekt zusammen.

Bei „Wierszlan VI” verzichtet ihr sogar ganz auf einen metallischen Unterbau. Wolltet ihr immer einen rein akustischen Song auf dem Album haben, oder hat sich das im Laufe der Songwritings ergeben?

Bart: Zuerst habe ich das Konzept für das Album entwickelt und sämtliche Texte geschrieben. Als ich dann über die durch Konzept und Texte transportierten Emotionen und über die Dynamik des Albums nachgedacht habe, kam ich zu dem Schluss, dass es einen puren Folksong geben muss.

Ihr habt eurem Sound außerdem mehr symphonische Elemente hinzugefügt, die in Verbindung mit den schweren Riffs besonders auf der ersten Albumhälfte für eine sehr majestätische Atmosphäre sorgen. Ich hatte sogar erst den Eindruck, dass ihr euch ein Stück weit weg vom Black Metal hin zum Doom entwickelt habt, was aber gar nicht der Fall ist. Das Album hat einfach allgemein eine sehr doomige Aura. Würdet ihr das so unterschreiben?

Boruta: Es ist schwer zu sagen, selbst für uns. PATRIARKH ist nicht einfach nur Black Metal oder nur Doom Metal, es ist eine Mischung von alldem. Es gibt Blast Beats und schnelle Tremolos, aber eben auch viele schwere Doom-Metal-Riffs. Dann kommen noch die Folk-Elemente dazu, man könnte es also auch Folk Metal nennen. Ich denke all diese Genre-Bezeichnungen passen gut zu uns.

Und ich denke, man muss „Prophet Ilja“ etwas anders angehen als normal Alben. Es ist eine Geschichte, die wir mit Hilfe der Musik erzählen. Wir laden die Leute ein, sich das Album von Anfang bis Ende anzuhören und mit uns abzutauchen. Wir möchten, dass das Publikum bei unseren Liveshows mal für eine oder eineinhalb Stunden die Welt vergisst und mit uns auf eine emotionale Reise geht

Bart: Genau, unsere Absicht ist es, die Leute mit auf eine Reise zu nehmen. Sie sollen in die Geschichte und in diesen besonderen Sound eintauchen. Es ist in der Hinsicht ein wenig wie ein Hörbuch, ein Theaterstück oder ein Hörspiel.

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Quelle: Bartłomiej Krysiuk und Monk Boruta, PATRIARKH
19.12.2024

"Musik hat heute keinen Tiefgang mehr." - H.P. Baxxter

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