Pascow
Interview mit Ollo, Swen, Alex und Flo zu "Diene Der Party"
Interview
Während ein Großteil der Bevölkerung das Motto „Diene Der Party“ wörtlich nimmt und höchstwahrscheinlich volltrunken dem bunten Faschingstreiben beiwohnt, treffen wir uns dank virtueller Technik zum flotten Skype-Stammtisch (Vorteil Nummer 1: Keiner muss fahren!) mit Ollo, Swen und Alex von PASCOW, um ausführlich über deren neue Platte zu sprechen. Und Flo kümmert sich um Bier und sagt dann auch noch was zum Thema Fußball.
Wie geht es euch denn, nachdem „Diene Der Party“ am Freitag erschienen ist?
Alex: Gut, eigentlich geht es uns sehr gut mit der Platte. Wir sind nur etwas platt, da wir ja gerade noch geprobt haben, aber mit der Platte geht uns sehr gut. War eine schwere Geburt für uns…aber jetzt sind wir froh, dass alles raus ist und es nächsten Freitag dann auch live losgeht- endlich zum ersten Mal die neuen Songs spielen.
Eine Platte zum ersten Mal live spielen ist wohl für jeden Künstler das erste Highlight. Oder ist alles gleich geil – Platte spielen, Songs machen, aufnehmen, Platte rausbringen….?
Alex: Ich würde sagen, das ist alles anders geil. Der erste schöne Moment ist, wenn der Song fertig ist und man zum ersten Mal denkt, dass sich die Arbeit gelohnt hat und der Song so klingt, wie man ihn sich ungefähr vorgestellt hat. Was ich dieses Mal super fand war, dass wir noch 2 Wochen hatte nachdem wir ausdem Studio raus sind. Das Artwork war noch nicht fertig, das Format, alles musste noch geklärt werden und so hatten wir die Platte dann noch 2 Wochen ganz alleine für uns, ohne dass wir sie dem Label oder sonst jemandem groß geben mussten. Das war auch mal schön, die Platte für sich alleine zu haben. Dann kann man selbst mal für sich entscheiden, ob man wirklich alles so gut oder schlecht findet. Wenn das alles so zack-zack hintereinander passiert, dann wir manmanchmal etwas davon überrollt und, dass es diesmal so gelaufen ist, fand ich persönlich super.
Man kann sein eigenes Zeug dann auch endlich mal selbst im Detail hören…
Alex: Genau! Weil nach dem Studio klingt es ja meistens nochmal anders, als im Proberaum.
Du hast ganz kurz das Artwork erwähnt, ich habe noch nichts erklärendes darüber gelesen. Es zeigt einen Raben mit verbundenen Augen. Steht der Rabe als Synonym für intelligente Lebewesen und die blinden Augen für die Einstellung der Gesellschaft „nicht sehen wollen“?
Alex: Hm, ne der Rabe steht wohl – etwas klischeemäßig- eher für das dunkle Lebewesen. Das Artwork sollte von Anfang an dunkler und düster sein, denn wir haben auch das Gefühl, dass die Platte etwas düsterer und dunkler geworden ist, als die Platten vorher. Von daher fanden wir den Raben ganz passend und um es etwas zu steigern, trägt er die Augenbinde. Mit Intelligenz hat das jetzt nichts zu tun (lacht).
Immer lustig, was andere dann rein interpretieren. Ich konnte gerade noch so ein Box-Set ergattert, da es ja schon 6 Wochen vorher ausverkauft war. Nachdem ich es gestern bekommen habe, lese ich dann auf der LP, dass die Platte für Hans Hass ist. Eine Freundin, die anwesend war meinte sofort, das sei ein Taucher. Wer ist das denn?
Ollo: Nein, es war ein Freund von uns, der verstorben ist.
Alex: Der sollte mal bei uns Bass spielen ganz am Anfang. War von Anfang an sehr dicht an der Band dran, ein Freund der immer Musik gemacht hat und in Bands gespielt hat. Er ist letztes Jahr völlig unerwartet gestorben und sein Name bzw. Synonym war Hans Hass. Das mit dem Taucher wusste ich gar, aber Swen sagt gerade er weiß es auch…
Swen: Ja, es gab einen Meeresbiologen und Taucher, der so hieß.
Alex: Aber interessant, dass wir das jetzt auch wissen (lacht), werden wir sicherlich noch irgendwann mal gefragt.
Wie viele Box-Sets habt ihr denn insgesamt gemacht?
Ollo: Insgesamt haben wir 500 Box-Sets gemacht, plus noch ein paar freie Exemplare für die Schreiberlinge, Studio, für uns und ein paar Freunde, also so 600.
Habt ihr damit gerechnet, dass die so schnell weggehen? Die sind ja nicht gerade günstig in der Herstellung und ihr seid damit schon ein großes Risiko eingegangen?
Ollo: Auf jeden Fall, vorallem ist das ein Preisgefüge, in das wir ja vorher noch nie vorgestoßen sind. Platten von uns haben ja auf Konzerten nie mehr als 12 oder 13 Euro gekostet, CDs auch nicht und T-Shirts auch nicht. Dann kam irgendwann die Diskussion auf, was wir genau machten wollten und die Frage, was kostet das dann am Ende? Deshalb auch die Entscheidung, dass es nur über Tante Guerilla und bei Flight 13 zu kaufen ist, damit es eben nicht über einen weiteren Großhändler läuft. Denn die Gewinnspanne, die jetzt noch bleibt, ist dafür einfach zu gering. Aber, dass wir die Dinger sooo schnell loskriegen, haben wir nun auch nicht gedacht. Das war schon sehr überraschend.
Ich habe es mir gekauft, weil ich die Idee mit dem Buch schön fand und ich tatsächlich sehr gespannt war auf die Texte. Es ist auch toll geworden, mit den ausdruckstarken Bilder von Kay und dem schweren Vinyl. Wenn man es als Konsument umrechnet, dann ist es eigentlich auch gar nicht sooo teuer.
Ollo: Heutzutage kosten Platte ja schon mal 20 Euro. Alex hat auch sehr lange gesucht, bis der die Händler der einzelnen Teile zusammenhatte, damit wir dann auch diesen Preis halten können.
Alex: Jedes Teil, das da drin liegt, ist einzeln hergestellt worden. Das wurde nicht, wie bei der normalen CD, ans Presswerk geschickt und dann kriegt man ein fertiges Produkt zurück. Sondern der Karton wurde von einem Kartonhersteller gemacht, selbst der Schaumstoff kam von einem Extra-Händler, wir haben uns alles günstig zusammengesucht. Man hätte das wahrscheinlich auch über ein LP-, oder CD-Presswerk machen lassen können, dann wäre man aber wahrscheinlich bei 40 Euro gelandet. So war es viel Arbeit und wir mussten es auch selbst hier zusammenbauen, aber im Endeffekt sind wir jetzt auch total froh damit. Es war ja das erste Mal, dass wir so etwas außergewöhnliches gemacht haben. Wir waren uns selbst nicht sicher, ob da nicht was schiefgeht oder dann ein Teil dabei ist, das uns dann doch nicht gefällt.
Alex, du hast selbst gesagt du findest, dass „Diene Der Party“ dunkler geworden ist. Ich finde es etwas konkreter und schnörkelloser, man kann schneller verstehen, was du meinst. Wo seht ihr sonst noch Unterschiede zum Vorgänger „Alles Muss Kaputt Sein“?
Alex: Wenn es um Texte geht, dann hat bei mir bei der letzten Platte schon eine Art Umdenken eingesetzt. Das mit den kryptischen Verschachtelungen und codierten Texten, das haben wir jetzt ein paar Jahre gemacht und es war ja auch nichts Neues mehr. Es gibt viele Bands, die dass jetzt auch gemacht haben und teilweise auch wirklich gut gemacht haben. Damals habe ich schon begonnen, das Schreiben etwas umzustellen, war aber noch nicht so ganz zufrieden. Das war auch mein persönliches Ziel für diese Platte und klassische Punk-Bands bzw. Geschichtenerzähler standen dann eher Pate, als irgendwelche lyrisch-poetisch-kryptischen Sachen. Fand ich interessanter, wobei ich sagen muss, dass es auch schwieriger war (lacht) – so lange wie an diesen Texten, habe ich noch nie an Texten gearbeitet. Aber ich bin auch damit zufrieden, die Arbeit würde ich mir wieder machen und auch versuchen noch direkter zu sein. Wenn man ein gutes Thema hat, dann gibt es keinen Grund die Sachen zu codieren – dann sollte man sie heutzutage beim Namen nennen. Nicht nachquaken oder irgendwo abschreiben, aber ansonsten beim entsprechenden Thema gerne konkret benennen.
„Diene Der Party“ habe ich mindestens schon 50x gehört- wenn nicht sogar noch mehr- und kann immer mehr Details raushören. Ihr müsst euch eine mordsmäßige Arbeit damit gemacht haben. Wenn man sich „Lettre Noire“ anhört, dann ist es ja so, dass du eine Art Countdown runterzählt „…irgendwas ist schief gegangen in der Minute bis hierhin, in den zwei Minuten bis hierhin…“, ich habe das Gefühl die Betonung wird immer bissiger und letztendlich klingt das „bis hierhin“ wie „bis hierhin und nicht weiter!“….
Alex: Ja!
…womit wir bei der Frage sind, warum habt ihr ein Lied gesungen über „die Ekel aus Tirol“, denn eure Position ist doch glasklar, für jeden der euch kennt?
Alex: Schwer zu sagen, der Zwiespalt, der in dem Lied mitschwingt ist genauso gemeint. Denn wir waren uns gar nicht sicher, ob wir das machen sollen, machen können, machen dürfen und, ob es zu uns passt. Es war aber schon so, dass es mir beim Songwriting ein Bedürfnis war, dass irgendwie rauszulassen. Wir sind ja nicht mehr so ganz jung und haben das Ganze mit den BÖHSEN ONKELZ schon so ähnlich erlebt. Wie sich das wiederholt, ist fast schon gespenstisch, wie identisch das ist. Eventuell hatte ich das Gefühl, dass es bei FREI.WILD so wird wie bei denen, und eigentlich haben wir da schon was dazu zu sagen. Der Zwiespalt, ob wir damit nicht auch Werbung für die Band machen, ist nach wie vor da.
Kann ich nachvollziehen, wir sind ja ähnlich alt und ich bin da auch immer im Zwiespalt. Es ist ja einfach ein Lied zu machen, das können dann alle mitsingen, aber ob sie es verstehen oder so meinen, das ist die eigentliche Frage. Schwierig damit umzugehen, ich kann nach es nachvollziehen, wenn es Bands gibt, die es aus den genannten Gründen nicht machen. Aber auch hier gibt es eine vermeintlich einfache Textzeile, die mich mehr berührt hat, als alles was ich zum Thema gehört habe. „Wald und Wiesen, Berg und Tal. Allen Vier seid ihr egal“. Wenn das die Richtigen hören und verstehen, dann bringt es hoffentlich was.
Alex: Gerade die Verbindung aus Heimat und Identität, Tirol das schönste Land der Welt und so weiter…Das waren eigentlich ihre eigenen Worte, eben umgedreht.
Nächstes Detail. Bei „Im Raumanzug“ höre ich auch eine kleine Brücke zu „Mila Schläft“ vom Album „Alles Muss Kaputt Sein“, oder?
Swen: Öhm, auf jeden Fall nicht bewusst…
(Um es deutlicher zu machen singe ich den Part vor…)
Ollo: Nach der zweistimmigen Gitarre, richtig? Ich weiß, was du meinst.
Swen: Nicht bewusst, hab ich jetzt schon einige Male gehört, aber selbst hab ich’s noch nicht gerafft.
„Castle Rock“, da gibt es eine Textzeile „…jeden Freitag mit Fisch und dazwischen mit fettigen Haaren, da findest du…“ und der Hörer kann im Prinzip „dich“ oder auch „mich“ ergänzen. Meiner Meinung nach eine große Stärke von euch, euch in den richtigen Momenten zurückzunehmen und nicht mit dem Zeigefinger auf andere zu zeigen. Bewusst oder unbewusst?
Alex: Gute Frage, im Booklet steht ja dann auch „mich“, aber an der Stelle fand ich es dann spannender es wegzulassen. Um eben einfach einen Raum zu schaffen, den jeder für sich selbst interpretieren kann. So direkt eindeutig auf mich als Person oder Sänger wollte ich es nicht beziehen.
In „Verratzt“ heißt es „..ein aufhaltsamer Aufstieg, auf den Thron der keiner ist…“. Das unterstreicht ja, dass ihr nicht komplett negativ seid und sehr wohl noch Potential seht, etwas positiv umzukehren.
Alex: Ja klar. Eventuell ist es auf der Platte weniger zu hören, als auf der vorherigen. Es war uns immer wichtig in Text und Musik darauf zu achten, dass es immer noch eine positive Wendung nimmt. Wir starten eventuell negativ (lacht) oder in der Scheiße, versuchen aber auch immer irgendwie rauszukommen. Wir sind manchmal melancholisch, aber depressiv wollen wir nie sein. Ist auch von uns keiner. Aufgeben war für uns nie eine Option. Sowohl inhaltlich als auch von der Musik. Wenn wir Parts hatten, die wir zu schwerfällig oder traurig fanden, dann fand das auch keiner gut. Es darf nicht hoffnungslos sein.
Manches knallte bei mir erst nach mehreren Durchläufen. Es gibt eine Textzeile bei „Fluchen Und Fauchen“, die lautet „…will gar nicht wissen, wie es bei dir war, denn der Mist den man so baut, den zahlt man ziemlich oft in bar…“, die Zeile fand ich schon lustig. Manchmal will man es nämlich einfach echt gar nicht wissen, wie es bei anderen war. Es sind schon viele prägnante Sätze auf „Diene Der Party“. In meinem Review habe ich am Anfang gemerkt, dass ich eigentlich zu 80% unbewusst um eure Texte rumstricke, sodass ich es dann geändert und Zitate komplett gestrichen habe. Mir fällt auf, dass ihr auf eurem Merchandise auch darauf verzichtet Lyrics zu verwenden. Bewusst?
Ollo: Ja, wir hatten mal einen Pulli, auf dem war alles durchgestrichen und ein T-Shirt mit Mila drauf. Aber ansonsten sind wir nicht so die Parolen-
Merchandise-Kreationisten.
Swen: Außer „Alles Muss Kaputt Sein“
Ollo: Ja genau, das war ja aber der Titel und keine Textzeile.
Ich denke, ich würde mir komisch vorkommen, wenn Leute mit Zeilen rumlatschen, die ich mir mal irgendwann im stillen Kämmerlein überlegt habe. Also bewusst keine Parolen und es ist nicht so, dass euch nichts einfallen würde?
Ollo: Wir finden es ganz schön, wenn das Shirt nicht automatisch als Band-Shirt identifiziert wird. Das erinnert mich an das Shirt von …BUT ALIVE „Ich möchte Ilona Christen die Brille von der Nase schlagen“, das war ganz witzig, aber so aus dem Zusammenhang herausgerissen ist es schwierig darstellbar. Dann kommt es zu einer Parole, die es gar nicht sein sollte.
Alex: Bei unserem neuen Merch, haben wir uns da schon Gedanken drüber gemacht. Als kleines Special gibt es bei allen neuen Motiven, innen im T-Shirt oder Pullover, einen kompletten Text.
Und man weiß als Käufer nicht, welchen man sich geschnappt hat?
Alex: Genau, es wird also nicht pro Motiv gemacht, sondern zufällig ausgewählt. Du weißt nicht, welchen Text du haben wirst.
Ein weiteres Zitat war das mit Yoda „…was würde Yoda machen? Ich kenn‘ ich nicht, aber ich weiß er würde lachen…“. Hab‘ mal darüber nachgedacht, er würde wahrscheinlich tatsächlich sehr lachen über unsere Gesellschaft. Seid ihr Fans von Star Wars bzw. so etwas nerdigen Dingen – wobei Star Wars ja nicht nerdig ist- oder kam es zu diesem Zitat, weil er so schlau ist?
Alex: (lacht) Ja, der ist definitiv ein Schlauer. Von den nerdigen Typen, einer dem man ruhig mal zuhören kann und wer mag Star Wars nicht? Ich find’s ganz gut.
Flo: Mir ist das so egal wie Fußball!
Alex: Das war jetzt Flo (lacht).
Zu „Diene Der Party“ habt ihr ja euer erstes richtiges Video gemacht? Warum habt vorher nie eines gemacht?
Alex: Wir haben ja schon mal bisschen was gemacht, aber eher so ne Gag-Nummer oder ganz spontan, aber so mit Gedanken machen vorher, da war es das erste Mal.
War das in einem Durchlauf erledigt? Sah nämlich so aus wie „Party machen, alles kaputt hauen, reißt die Flaschen auf und das war es dann“.
Ollo: Es hat schon ein paar Anläufe gedauert, es war aber an einem Tag abgedreht. Wir sind morgens nach Düsseldorf gefahren, haben um 12 oder 13 Uhr angefangen und waren abends um 21 Uhr fertig. Aber es hat schon mehrere Durchgänge gebraucht. Kay (Özdemir) hat das Video gedreht und er hat da schon seine Ansprüche, das war auch gut so. Wir haben den Song an dem Tag gefühlte 125 Mal gespielt (lacht).
Alex: Und wie klein der Raum war, dass kann man im Video nur erahnen. Er war echt mini, 3×3 Meter und wenn die Leute da drin waren, war es wie ein einziger Klumpen Menschen. Die Leute aus dem Video waren fast alles Kumpels von Kay und wir haben die gar nicht gekannt, aber nach 10 Minuten war man sich so auf der Pelle, sodass jede Distanz und Scham gefallen ist. So nah kommt man sich normalerweise nicht, wenn man sich noch nicht so gut kennt. (lacht)
„Diene Der Party“, „Zwickau Sehen Und Sterben“ und „Castle Rock“ sind ja sehr tanzbar. Zufällig oder wolltet ihr bewusst etwas verändern, poppiger werden?
Ollo: Poppiger werden jetzt nicht, aber wir haben festgestellt, dass wir auf jeden Fall nicht „Alles Muss Kaputt Sein“ zum zweiten Mal aufnehmen wollen. Wir hatten auch für uns definiert, dass es Veränderungen geben muss und da relativ früh klar war, dass es inhaltlich düsterer wird, lag es nah es musikalisch aufzulockern. Und diese Off-Beat-Gestampfe in Kombination mit straight gespieltem Bass und Gitarre, dass hat schon lange gebraucht und aber auch gereizt. An“Zwickau Sehen Und Sterben“ haben wir lange gearbeitet und bis wir „Castle Rock“ spielen konnten, dass hat ewig gedauert (lacht).
Für mich als „So tun als ob-Gitarristin“ hört sich das aber relativ einfach an – wo liegt da die Schwierigkeit?
Ollo: In der Tightness, dass eben alle auf den Punkt spielen müssen. Das ist so ein RAMONES-Ding, hört sich zwar simpel an, aber wenn es nicht annähernd perfekt gespielt wird, dann hört es sich an (zögert kurz…) wie Kacke (lacht). Und wie Kacke hat es sich sehr häufig angehört im Proberaum. Das sind Songs, die sind dann einige Wochen ad acta gelegt worden und dann erst wieder angegangen worden. Es hat gedauert, bis wir gesagt haben – es groovt, es rockt.
Aber mittlerweile habt ihr den drauf? Ist ja schon fast ein Pflicht-Livesong.
Alex: (lacht) Frag uns nächste Woche nochmal! Wir probieren es auf jeden Fall!
Man liest häufig von den „typischen PASCOW-Melodien“, könnt ihr damit überhaupt was anfangen?
Swen: Zwischenzeitlich schon.
Alex: Ich glaube nicht wirklich. Wir sind manchmal selbst überrascht, was die Leute als „typisch PASCOW-Songs“ definieren. Manchmal denken wir, das ist Ideal-Standard und dann sagen die Leute „mal was ganz anderes, damit hätten wir nicht gerechnet“. Und umgekehrt genauso. Wir spielen im Proberaum und überlegen, ob wir das so bringen können. Es erscheint uns dann zu weit von dem weg, was wir vorher gemacht haben. Dann hört man allerdings „typischer PASCOW-Song“ (lacht).
Swen: Was mich wundert ist, dass bei zwei Songs ein Keyboard drauf is….
…Moment, ich sag dir wo!!! „Castle Rock“ zum Beispiel. Da hab ich heute Mittag eine Orgel bemerkt und bin gleich von einem Anwesenden für dumm erklärt worden mit den Worten „Nie im Leben, sprich das bloß nicht an bei denen!“
Swen: Genau! (lacht) Da haben wir uns nämlich vorher Gedanken gemacht, dass es sicherlich manche scheiße finden oder eben auch cool. Und dann hat es noch nicht mal jemand erwähnt, es steht in keinem Review drin. Wir sprechen jetzt zum ersten Mal darüber.
Verdammt und ich hätte die Erste sein können! Aber ich habe noch eine relativ sinnlose Frage und zwar bezüglich der Schweißbänder, die ihr tragt. Die sind rot-blau-weiß, das ist natürlich kein Problem… aber, habt ihr nur zwei davon? Die tragen nämlich immer andere von euch, das ist mir auf Promo-Fotos und im Video aufgefallen.
Ollo: (lacht) Nein, wir haben 2000.
Menno, also kein Ritual mit besonderer Bedeutung?
Ollo: Nein, wir haben wirklich so viele davon. Die sind sehr hilfreich, manchmal tauschen wir sie untereinander, wenn einer sie vergessen hat. Zwischenzeitlich ist es zum Etikett geworden. Als die Dinger mal wieder so in waren, hat Alex gefühlte 2000 Stück davon bestellt und dann lagen sie im Proberaum (lacht) und man hat immer welche gegriffen.
Alex: Schweißbänder gab es da in drei Varianten. Dreifarbige, ganz rote und ganz schwarze. Irgendwann hat jeder von uns so ein Ding mitgenommen und dann haben wir uns einen Spass gemacht -weil das Saarland ja nahe an Frankreich liegt. Wenn wir nach Norddeutschland kamen, dann kam schon mal „ach, ihr sprecht ja gut deutsch, wir dachten im Saarland spricht man nur französisch…“ obwohl unsere Schweißbänder genau genommen wohl eher Holland sind, oder? Weiß einer das genau mit den Flaggen?
Swen: Nö…
Alex: Na ja, seitdem haben wir eben immer die dreifarbigen an.
Lasst uns auch über die Texte aus dem Box-Set sprechen. Bei einigen passen ja die Text-Zuteilungen wie die Faust auf’s Auge. Alex Gräbeldinger mit „Die Realität ist schuld, dass ich so bin“ zum Beispiel, oder auch Jörkk Mechenbier mit „Fluchen Und Fauchen“ oder BELA B., durften die das selbst aussuchen?
Alex: Als wir den Song „Die Realität Ist Schuld, Dass Ich So Bin“ fertig hatten, war gleich klar, dass sich jeder einen Text aussuchen darf und nur Alex Gräbeldinger diesen Text zwingend machen muss. Weil das war von uns allen klar, dass es perfekt passt. Die anderen haben sich dann aus 3, 4 einen ausgesucht.
Swen: Bei Bela waren es dann nur noch zwei, der kam am Schluss dazu.
Wie lange hatten die Schreiber Zeit, um sich was zu überlegen?
Ollo: So 2 Monate im Schnitt.
Alex: Chris Scholz kam als Letzter dazu, denn wir hatten 15 Songs, die wir aufnehmen wollten und waren uns aber nicht sicher, ob es alle auf das Album
schaffen. Wir dachten uns, es wäre doof wenn wir 15 Schreiber hätten und dann 2 ausladen müssten. Wir hatten also 13 Schreiber und mussten 2 noch dazunehmen, als klar war, dass es alle Songs auf die Platte schaffen.
Das war dann wahrscheinlich noch „Smells Like Twen Spirit“, den habt ihr ja dann für die Fans ausgeschrieben?
Ollo: Genau, wir haben aus der Not eine Tugend gemacht. Einen Schreiber hatten wir in der Hinterhand und dann die Idee einen zu verlosen. Das war auch der Hammer, da kamen über 50 hammermäßige Geschichten.
Ihr werdet ein Buchprojekt daraus machen, was genau macht ihr mit den Texten?
Alex: Online auf jeden Fall veröffentlichten. Da so viele gute Sachen dabei waren, bei denen wir es schade fanden, wenn die unter den Tisch fallen würden. Wir machen so eine Art Fanzine oder Buch mit den Texten. Das wollen wir dann in einer 300-er Auflage machen, um es an die Schreiber zu verteilen und dann eventuell noch verteilen oder verkaufen.
Mein Favorit war der Text zu „Verratzt“, habt ihr auch einen Favoriten?
Alex: Ich bin ja großer Fan von Chris Scholz (Anm.d.Red.: Schreiber des Textes zum Song „Verratzt“ vom Magazin Plastic Bomb), ich fand den immer schon gut und das ist einer, der schon immer eine ganz andere Sicht auf die Dinge hat, anders als ich oder als die meisten anderen Leute.
Bei mir hat er auch den Nerv getroffen mit dem Thema „Pfandflaschenautomat“, da kann ich mich auch immer tierisch drüber aufregen. Über die verschwendete Zeit, die ständig defekten Automaten, dass nicht jeder Markt jeder Flasche annimmt und die Idiotie an und für sich. Oder um es mal platt zu sagen- Angela Merkel hat garantiert noch nie was in einen Pfandflaschenautomat geworfen.
Release-Party ist am Freitag 07.03. in Trier, ihr habt da BAMBIX dabei und DISCO/OSLO, wie kam es zu den letzteren, den Nordlichtern?
Ollo: Die sind ja bei Alex auf dem Label, bei Kidnap Music. Die waren relativ früh gesetzt.
Alex: Die haben ein Album und jetzt eine EP, die kam eine Woche vor unserer. Musikalisch sind die echt gut, geht in diese TURBOSTAAT-Richtung, sind schnell und haben eine gute Verbindung aus dem nordischen und dem klassischen Punk-Thema, von daher finde ich die sehr geil. Den ehemaligen Schlagzeuger kennen wir, da er bei BITUME spielt. Habe sie aber auch noch nie live gesehen.
Im Ex-Haus in Trier ist ja schon ein sicherer Hafen für euch, da werden auch viele Freunde kommen. Wovor seid ihr am meisten aufgeregt?
Ollo: Generell ist man sehr aufgeregt, ob es alles so klappt. Bis auf „Merkel-Jugend“ haben wir noch keinen Song live gespielt und da ist die Probe-Taktik im Vorfeld schon höher, bis man das Gefühl hat dass man es mehr oder weniger blind spielen kann. Das braucht man für eine Live-Situation auch, da wir man nämlich schnell mal abgelenkt.
Ollo, du schreist ja auch immer so von hinten (alle lachen), während dem Schlagzeug spielen. Da denke ich mir immer „meine Fresse, wie macht der das und auch noch astrein im Takt?!“. Du schreist wahrscheinlich auch „sprich leise Alex, leise“ bei „Lettre Noire“, oder?
Ollo: Nein, auf der Platte kommt es von Alex und live (lacht), öhm da kucken wir mal wer da so alles brüllt.
Unterscheidet sich die Record-Releaseparty großartig von einem anderen Konzert?
Ollo: Na ja, wir laden eben Bands ein, die wir gut finden und im Anschluss gibt es noch eine Aftershow-Party. Wir haben uns 2,3 Sachen überlegt, auch optische Effekte, die wir jetzt natürlich noch nicht verraten wollen.
Das macht ihr dann aber auch auf der Tour?
Ollo: Wir sind gerade dran, in Trier kenne ich schon ein paar Leute, die man für Lichteffekt und sowas fragen kann. Aber für die Tour sind wir noch Leute am
suchen.
Das war es dann auch soweit, aber noch eine Frage an Swen. Wir heißen ja nicht umsonst metal.de und du bist der Metalhead von PASCOW. Jetzt oute dich mal, mit welchen Bands du die anderen angeblich so nervst im Bus?
Alex: (lacht) Die kann ich dir nennen…
Swen: Was ich im Bandbus so laufen lassen ist BLACK LABEL SOCIETY, da kriegen die anderen lange Zähne, vorallem wenn die Live-Platte läuft und ständig Soli gedudelt werden. Metal war die erste Gitarrenmusik, die ich mit viel Begeisterung gehört habe. Vor vielen Jahren hat das mit IRON MAIDEN angefangen, hat sich bis heute gehalten. Ich höre zwar auch andere Sachen, aber gerade vor kurzem habe ich mir die ENTOMBED, DEATH und die neue CARCASS zugelegt. Momentan höre ich sehr, sehr gerne AUDREY HORNE, die finde ich super! Mehr so klassischer Rock…
Ja, die letzte von AUDREY HORNE war sehr klassisch und weit entfernt vom Alternative Metal, den sie bis dahin gebracht haben.
Swen: Die sind supergut!
Ich kann auch gar nicht nachvollziehen, wie man so extrem die Grenzen ziehen kann, von wegen „nur Metal“ oder „nur Punk“. So lange es gut gemacht ist, am besten noch Gitarre dabei und es bei mir etwas auslöst, dann passt es für mich und ist mir eigentlich egal, wie sich das nennt.
Swen: Es muss einen begeistern und ein gutes Gefühl in einem auslösen.
Alex: Es muss authentisch sein und man muss der Band das abnehmen, was sie da machen. Dann ist es wirklich egal. Wir haben uns zwar für Punk entschieden, aber es ist so, dass jeder von uns auch noch andere Vorlieben hat. Im Bandbus läuft eigentlich nie Punk, nur wenn wir vom Hof runterfahren… (allgemeines Gelächter)…wenn wir dann aber 50 Kilometer gefahren sind kommt meistens „boah mach‘ den Scheiß aus“ und wir hören was ganz anderes. Dann kommt auch mal Metal, Indie oder ein Hörspiel, aber Punk hören wir da eigentlich nie.
Letztes Jahr hatte ich 2x das Vergnügen mit KRAFTKLUB, da die auf Festivals waren die ich besucht habe. Ich fand die Band nie scheiße, aber auch nie so toll und war dann aber von deren Einstellung auf der Bühne und deren Authentizität schwer beeindruckt. Das muss man anerkennen und letztendlich kann auch eine Platte saugut gespielt sein und trotzdem nix rüberkommen, ganz egal welches Genre. Gerade als Review-Schreiber kriegt man einen anderen Blick aus sowas.
Alex: Genauso ist es dann auch umgekehrt mit den Reviews. Als Schreiber sieht man das so und aus Sicht einer Band, sieht man genauso ob der Schreiber sich damit befasst hat. Gar nicht mal, ob er die Platte gut oder scheiße findet. Man erkennt es daran, was er schreibt und wie er die Platte aufnimmt…
Ollo: Wie er was argumentiert…
Alex: Genau, da gibt es paar Leute, ich meine gar nicht nur bei unseren Platten, wenn man die Platte dann kennt, merkt man sofort, wenn sich jemand nicht richtig damit beschäftigt hat. Die schreiben dann nur ihre Vorurteile auf und was sie eben von vornherein über die Band denken wollten. Das finde ich total schade. In der Punk-Szene ist es zum Beispiel sehr beliebt, dass man alles was nicht direkt aus der Szene kommt von Anfang an ein stückweit ablehnt und das finde ich schade und auch- wie sagt man so schön?- nicht open-minded. Damit setzt man sich selbst Grenzen, die keine Berechtigung haben.
Es folgt ein ausführlicher „Fach-Talk“ über „Ja, geil-Bands“, die nach 2 Tagen schon durch sind, über „durchgedreht, aber genial-Bands“ wie LSD on CIA, Fanliebe, die Macht von emotionalen, guten Lyrics, das Gefühl wenn eine Band deine Gedanken besser formuliert als du selbst, ZAKK WYLDE im Indianer-Outfit als Vorband von OZZY in Mannheim, die Flucht von Robert Trujillo zu METALLICA und das Leben an und für sich. Wir danken PASCOW für dieses ausführliche, ergiebige Interview.