Parkway Drive
Interview mit Winston McCall zu "Atlas"
Interview
Mit „Deep Blue“ haben PARKWAY DRIVE die Charts in den USA und ihrer Heimat erklommen. Mit jedem Album wächst ihr Bekanntheitsgrad und doch sind die Australier von einer stetigen Entwicklung begleitet. „Atlas“ klingt zwar typisch, weist aber dennoch große Unterschiede zum Vorgänger auf. Wir sprachen mit Frontmann Winston McCall über das neue Album, die Vergangenheit und was die Band sonst so beschäftigt.
„Deep Blue“ war ja sehr erfolgreich. Charteinstieg in den USA und in eurer Heimat stehen zu Buche. Hat euch das damals überrascht bzw. wie habt ihr überhaupt darauf reagiert? Wie geht man denn danach an einen Nachfolger heran, mit welchen Erwartungen und Zielen, oder ist euch das zunächst egal?
Ja, es war überraschend. Das Album war ein Stück weit von unserem etablierten Sound entfernt, daher wussten wir nicht, was für Reaktionen wir erwarten können, aber die Unterstützung für das Werk und der anschließende Aufstieg war weitab jeglicher Erwartungen. Nichtsdestotrotz kümmern wir uns nicht um Chartplatzierungen. Ich spiele lieber gute Shows als ein Album in den Charts zu haben.
Von vielen Bands, deren Alben erfolgreich sind, erwartet man ja inzwischen quasi, dass sie versuchen, an ihren Erfolg anzuknüpfen, indem sie auf der Stelle treten oder noch beliebiger werden. „Atlas“ klingt für mich aber nach allem anderen als einem „auf Nummer sicher gehen“-Album. Zwar bleibt ihr eurem Stil treu, fügt aber nach und nach immer neue Details hinzu und zeigt eine stetige Entwicklung. Wie siehst du denn „Atlas“ im Hinblick auf die Geschichte von PARKWAY DRIVE?
Ein weiterer Schritt, aber definitiv der größte, den wir je gemacht haben. Wir mögen es nicht, auf der Stelle zu treten und mögen es genauso wenig, immer wieder dasselbe Album anzuhören, also warum das so machen? „Atlas“ ist ein weiteres Kapitel in der Band-Geschichte. Alle Alben, die wir machen, sind einfach Markierungen in unserer musikalischen und persönlichen Entwicklung. Das sind Zeitpunkte und das Ergebnis der Dinge, die um uns herum passieren und uns beeinflussen. Deshalb kann ich mit Sicherheit sagen, ihr werdet auch in Zukunft niemals das gleiche Album von uns hören.
Ihr habt euch diesmal für Matt Hyde als Produzenten entschieden. Er hat euch einen wirklich fetten Sound verpasst, das muss ich schon sagen. Fragen wir mal so, warum fiel die Wahl gerade auf ihn und wie war es mit ihm zu arbeiten?
Es ist seltsam, aber wir haben mit ihm einfach funktioniert. Die Ideen, die wir hatten, waren für uns sehr ungewöhnlich, sodass wir etwas im trüben fischten. Wen auch immer wir uns aussuchten, wir mussten ihm eine Menge Vertrauen entgegenbringen, einfach weil wir wussten, wir wären auf seine Hilfe angewiesen. Mit Matt kamen wir alle von Anfang an gut klar, also machten wir das einfach mit ihm, und das hat sich bezahlt gemacht. Witzigste Aufnahmen ever. Für uns definitiv unsere Lieblings-Albumaufnahmen.
Ich finde ja gerade den Titeltrack ungewöhnlich, ja sogar fast ruhig und etwas exotisch angehaucht. Wolltet ihr da einfach mal was anderes probieren? Mein Favorit bzw. absoluter Ohwurm ist ziemlich schnell „Wild Eyes“ geworden, hast du denn einen Favoriten auf dem Album?
Hahaha, exotisch. Danke. Ja,es ist ein bisschen seltsam, ein ganz neuer Sound für uns, aber genau das war die Idee dahinter. Es war das Experiment, den Bandsound voran zu bringen und ihn doch beizubehalten, falls das jetzt Sinn macht. Das Ziel war die Möglichkeit zu haben, Songs wie „Atlas“ und auch Songs wie „Wild Eyes“ auf ein und demselben Album zu haben und sie alle fließen als ein komplettes Erlebnis zusammen und ich glaube, wir haben Erfolg gehabt. Es macht das Album einfach interessanter und vielfältig, soweit es uns betrifft. Ich bin mir aber nicht sicher, was andere davon halten. Einen favorisierten Song? Mann, das ist schwer zu sagen. Derzeit liebe ich „Atlas“ und ich würde sagen „Blue And The Grey“ ebenso, die beiden Songs bedeuten mir wirklich eine Menge.
In „The River“ werdet ihr von einer Sängerin und einem Sänger unterstützt, das hat mich im ersten Moment etwas irritiert, im zweiten aber schon sehr begeistert, vor allem weil ihre Stimme tatsächlich ergänzend und nicht dominant wirkt. Wer singt denn da?
Naja, es sind eigentlich vier Leute, zwei Männer, zwei Frauen. Ich kann dir die Namen so aus dem Kopf gar nicht sagen, aber es waren Leute, mit denen Matt in der Vergangenheit gearbeitet hat und die wirklich großartig sind. Die Session mit ihren Stimmen war unbeschreiblich. Das was ihr hört ist die Zusammenarbeit von all den vier Stimmen zur gleichen Zeit, aufgenommen in Einzel-Takes und nicht als einzelne, welche übereinander gemischt wurden. Es waren vier Leute, die mit einem Mikro harmonierten und es war fantastisch, ihre Zusammenarbeit zu sehen, einfach wundervoll.
„Atlas“ scheint textlich deutlich tiefgründiger zu sein, wenn ich das richtig verstehe sogar sehr sozialkritisch und handelt vor allem von dem, was euch auf den unzähligen Touren in der Welt begegnet ist, oder liege ich gerade komplett daneben? Magst du uns ein bisschen mehr über die Texte erzählen, denn gerade auf „Atlas“ scheinen sie doch sehr wichtig zu sein.
Nein, du hast vollkommen recht. Die Texte sind inspiriert von unserer Zeit und unseren Erfahrungen, die wir während unserer Reisen hatten. Beides findet seinen Ausdruck in sozialen, politischen, umweltbedingten und persönlichen Standpunkten. Zwei Jahre lang durch fast die ganze Welt zu reisen bringt dich dazu, die Welt in einem anderen Licht zu sehen und verändert dich außerdem als Person. Ich werde bei den Texten nicht ins Detail gehen, aber nur so viel: Es war die härteste Zeit meiner Existenz auf diesem Planeten und ich schrieb darüber um es zu reflektieren.
Ihr seid ja eine wirklich aktive Tourband und seit schon weit herumgekommen. Wo seid ihr denn am liebsten unterwegs, welche Unterschiede habt ihr vom Publikum in den verschiedenen Kulturkreisen mitbekommen und gibt es vielleicht ein, zwei skurrile Erlebnisse, an denen du uns teilhaben lassen wollen würdest?
Puh, wir haben so viele Orte gesehen, es ist hart, da einen auszuwählen, wir mögen sie alle. Shows haben auf der ganzen Welt ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede, aber wir mögen sie alle. Stagediver sind überall klasse. Komische Geschichten? Wo soll ich anfangen? In Russland haben sich Leute selbst angezündet, in Thailand habe ich mir mit dem Mikrophon das Gesicht aufgeschlagen, ich bin nach einer Show in Blut getränkt ohnmächtig geworden, während Fans Fotos von mir gemacht haben; wir haben in Serbien in einer Burg gespielt und in Neuseeland den Flügeln unseres Flugzeuges dabei zugesehen, wie sie fast die Landebahn berührt und zu einem Crash geführt haben. Das war alles verrückt.
Ich habe gerade für dieses Interview noch mal in meinem Gedächtnis gewühlt und kann mich daran erinnern, dass Luke auf dem Summer Breeze 2010 sogar mit gebrochenen Fuß gespielt hat. Andere Bands hätten wegen so etwas sicher ihre Show abgesagt, ihr scheint aber trotzdem mächtig Spaß gehabt zu haben. Was hält euch denn überhaupt davon ab eine Show zu spielen?
Hahahaha, WIR SIND NICHT ZU STOPPEN!!! Wenn wir nicht spielen können, bauen wir Roboter, die für uns spielen! Okay, ernsthaft, es braucht eine Menge und das ist schon passiert, ich glaube drei Mal (abgesehen von ausgefallenen Flügen, sorry USA). Also immer dann, wenn wir zu krank sind um uns zu bewegen und meine Stimme weg war, beide Gitarristen gebrochene Finger haben und das alles in der Mitte der Tour passiert, wo wir nicht schnell genug einen Freund finden, der uns aushilft.
Mit dem neuen Album zusammen wird auch eure DVD „Home Is For The Heartless“ veröffentlicht, da mir das Material bislang leider nicht vorliegt, auf was genau darf man sich denn da freuen?
Ihr könnt eine Dokumentation über die Zeit erwarten, von der Atlas inspiriert wurde. Sie beinhaltet 42 (glaube ich) Länder und so viele Shows und so viele verrückte Zeiten. Um es einfach auszudürcken: Ihr werde eine Menge abgedrehter Scheiße sehen.
Ihr kommt ja im November bereits wieder auf Tour und wie ich sehe, werden die Clubs, in denen ihr auch hier in Deutschland spielt, immer größer. Nun mal die Frage, welche Shows spielt ihr am Liebsten: kleiner Club, großer Club oder vielleicht sogar Festival-Shows?
Jede Show ist eine gute Show, wir passen uns einfach der Umwelt an. Wir lieben sie alle, keine Präferenzen.
Das war es für den Moment. Ich danke dir für das Interview und überlasse dir an dieser Stelle die letzten Worte.
Danke für die Zeit und Unterstützung, es bedeutet uns enorm viel.