Paragon Of Beauty
Paragon Of Beauty

Interview

Mehr oder weniger überraschend war der musikalische Wandel in alternativere Soundgefilde, den Paragon of Beauty auf ihrem neuen Album "Comfort me, infinity" vollzogen haben. Der Intensität des Ausdrucks hat dies allerdings keinen Abbruch getan, denn vielmehr steigert sich diese in Verbindung mit dem außergewöhnlichen stimmlichen Ausdrucksvermögens Monesols, der im folgenden zu Worte kommt, zu wahrlich Ergreifendem.

Paragon Of Beauty„Comfort me, infinity“, so der Titel Eures neuen Albums. Wieso hoffst Du gerade, Trost in der Unendlichkeit zu finden ? Ist es nicht gerade die Endlichkeit des Daseins, die Absehbarkeit der Dinge, die finale Nichtigkeit des Daseins, die vielen auch Zuversicht liefert ?

Ich habe diesen Titel gewählt, da mich manchmal nur der Gedanke an die Unendlichkeit tröstet. All die Abgründe, die vor und hinter mir liegen, sind letzten Endes nur durch eine tief empfundene Sehnsucht nach etwas Unfassbarem zu bewältigen. Wir leben in endlichen Welten, weil uns der Tod davor bewahrt wahnsinnig zu werden. Die Unendlichkeit liegt jenseits unserer bewussten Wahrnehmung. Sie fließt und wir sind irgendwie dabei …

Mein Review habe ich mit den Worten „Melancholie – die Triebfeder der Kreativität …“ eingeleitet. Würdest Du mir Zustimmen, dass die Melancholie, nicht zu verwechseln mit der Depression, in unserer Spaßgesellschaft keinen Platz mehr findet bzw. als krank empfunden wird, obwohl sie eigentlich Quell menschlichen Kreativität sein kann und in vielen Fällen ist ?

Die Spaßgesellschaft ist doch auch nur ein Medienphänomen. Ein Begriff wird von den „Diktatoren“ der Gegenwart geprägt und Viele übernehmen diese Haltung und denken, dass sie etwas verpassen, wenn sie den „Trends“ nicht folgen. Natürlich wird auch die Melancholie von diesen Menschen als krank empfunden, denn Melancholie hat in einer Spaßgesellschaft nichts verloren. Ich glaube, dass viele Leute vor sich selbst flüchten. Sie entwickeln kein Selbstbewusstsein mehr, folgen einer unsichtbaren Masse und verlieren ihr Gesicht. Sie können mit ihren persönlichen Problemen nicht mehr umgehen und werden nach außen hin unsichtbar. Die wenigen Individuen, die noch aus ihren tiefen Gefühlen schöpfen, werden belächelt und ausgelacht doch sie sind es, die das Atmen des Kindes noch nicht verlernt haben.

Könnte man den modernen Menschen, in einer säkularisierten Welt, in der ein auf eschatologische Zweckhaftigkeit ausgerichtetes Weltbild nicht mehr existiert, als von Isolation und Orientierungslosigkeit geprägt bezeichnen ?

Ja. Aber das ist ein Armutszeugnis für die Menschheit. Es gibt viel mehr Möglichkeiten wie früher – gerade für den Einzelnen – doch es scheint zu viel auf uns einzustürzen. Die Folgen sind geistige Verstümmelung, Orientierungslosigkeit, Verdrängung des Ichs …

Glaubst Du, der dem Menschen verliehene Intellekt hat Ihn gleichzeitig zum Leiden verurteilt ?

Durch unseren Intellekt sind uns so viele Möglichkeiten beschieden, viel mehr als irgendeinem anderen Lebewesen auf der Erde. Wir sollten uns der Polarität unserer mannigfachen Empfindungen wirklich bewusst werden, um ein inneres Gleichgewicht herzustellen. Wenn ich das Glück auskoste, dann muss ich auch den daraus folgenden Schmerz ertragen können. Ich glaube also eher, dass der, dem Menschen verliehene, Intellekt ihm das Leiden geschenkt hat, um ihn vor der Sinnlosigkeit zu bewahren.

Wie würdest Du die Entwicklung der beiden Bands Autumnblaze und Paragon of Beauty, in denen Du involviert bist, beschreiben und rückblickend bewerten ?

Beide Bands waren und sind immer auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen. Beide Bands sind völlig offen und ordnen sich keinem Muster unter. Ich will nicht zurück blicken. Wir haben stets das gemacht, was uns im jeweiligen Moment berührt und bewegt hat und das werden wir auch weiterhin tun – ohne Kompromisse!

Monesol ( Paragon of Beauty ) und Eldron ( Autumnblaze ) stehen für ein und die selbe Person. Welche Seiten dieser Person enthalten denn die einzelnen Pseudonyme / die einzelnen Bands ?

Ich will keine Trennung mehr vornehmen. Das war einmal und ich bin an einem Punkt angelangt, an dem mir Namen nicht mehr so wichtig sind, vor allem nach außen. Monesol und Eldron sind siamesische Zwillinge geworden.

In den Stücken scheint für mich ein Umbruch, aus dem wohl auch ein Neuanfang resultierte, durchzuschimmern. Gewandelt haben sich ebenso die Musik als auch die Texte, die klarer und nicht mehr so sehr dem Mittelalterlichen verschrieben sind. Siehst Du das eher als kontinuierliche Entwicklung oder gab es einen Punkt in Deinem Leben, bei Paragon of Beauty, ab dem Du die Vergangenheit konsequent hinter Dir lassen wolltest ?

Ich denke, es ist eine Folge der Offenheit, eine Folge des Suchens, eine Folge der Entwicklung das Individuums.

Das Cover zeigt die Kurve des abklingenden Herzschlages, an dessen abgeflachtem Ende eine betrübte, gebeugte Gestalt steht. Diese Auslegung des Covers setzt eine bestimmte „Leserichtung“, von links nach rechts, voraus. Ist dieser Prozess reversibel, so dass das Cover auch von rechts nach links „gelesen“ werden kann und somit die Wiederbelebung eines

( emotional toten ) Menschens zeigen würde ? Welche Ereignisse könnten zum Wiederanschwingen des Herzschlages beitragen ?

Die gebeugte Gestalt steht in einer dumpfen, klanglos gewordenen Welt. Sie sehnt sich nach dem Puls, den sie als Kind noch wahrgenommen hat. Der Herzschlag auf der linken Seite ist vielleicht nur eine Utopie, vielleicht ist er aber auch ein Trost … Es gibt unendlich viele Möglichkeiten das Cover zu enträtseln.

Die limitierte Version Eures Debüts „The Spring“ enthielt ein Buch von Sol und Dir.

Wird es in Zukunft noch derartige Veröffentlichungen in irgendeiner Form geben ?

Ja. Auf jeden Fall. Wir sind gerade bei der Korrektur unseres neuen Werkes. Ich werde mich jedoch hüten mehr darüber zu erzählen. Wenn es soweit ist, werde ich mein Schweigen brechen.

Auf der Homepage von Paragon of Beauty ( http://www.paragon-of-beauty.de/ ) ist zu lesen, dass eines Deiner Hauptziele in der Band ist, dass perfekte Album für den Moment zu schreiben. Kannst Du die Dir gestellte Zielstellung für dieses Unterfangen vielleicht ein wenig näher erläutern ?

Es geht darum, dass ich ein perfektes Album für einen bestimmten Moment schreiben möchte. Es ist ein sehr egoistischer Wunsch, denn ich möchte mich durch meine Musik in einem Moment verlieren können. Es soll wie ein Rausch ein, ein unendlicher Rausch, der mich atmen lässt. Es ist wie eine Suche nach einem Glutfetzen im Dunkeln.

Hoffst Du, dass sich Dir in einem solchen unmöglichen Moment, in dem all das blendende dieser Welt verblasst, der Blick auf den Kern dieser Welt, auf das Ursprüngliche oder gar auf den Sinn des Lebens, offenbart ?

Vielleicht. Aber viel lieber will ich den unmöglichen Augenblick auskosten, mich darin auflösen und einfach schweben, schweben, schweben …

Zu Deinen persönlichen Zielen zählst Du die lebenslange Suche nach „unmöglichen“ Möglichkeiten und möglichen Unmöglichkeiten. Wie stellen sich „unmöglichen“ Möglichkeiten und möglichen Unmöglichkeiten dar und was hoffst Du durch diese Verwirklichen zu können ?

Ich will mich nicht durch eine bestimmte Anzahl von Möglichkeiten begrenzen lassen. Viele Menschen scheitern daran, dass sie das „Undenkbare“ nicht denken und das „Unmögliche“ für nicht möglich halten. Ich will einfach meinen Puls hören, fühlen, schmecken …

Ein Stück des Albums trägt den Titel „How futile it seems to sow“. Welche Frucht hoffst Du, trotz der offensichtlichen Resignation, zu ernten ?

Es ist keine offensichtliche Resignation, denn es heißt “ …it seems …“. Aber an manchen Tagen fühlt man sich einfach kraftlos und hilflos. Dann fragt man sich, ob das alles überhaupt noch einen Sinn hat. Ich säe Gefühle und möchte Momente ernten, Momente, die jeder wahrnehmen kann. Ich bin wahrscheinlich ein unbelehrbarer Träumer – aber das ist es mir wert!

Auf der Homepage habe ich unter Deinen Lieblingsfilmen „Der Krieger und die Kaiserin“ entdeckt. Vor kurzem wurde der Deutsche Filmpreis vergeben, für den der Film auch kandidierte. Im Umfeld zu dieser Veranstaltung war zu hören, dass das einheimisch Kino in einer Krise stecke. Dem deutschen Film mangele es an Identität, da die jungen Regisseure Ihre Inspiration ausschließlich aus amerikanischen Filmen bezögen. Wie beurteilst Du denn den deutschen Film ?

Die Amerikanisierung deutscher Filme ist schon seit einigen Jahren ein Problem. Damit haben jedoch auch Andere zu kämpfen, vor allem Hollywood. 😉 Aber ich denke, daß wir eine Menge talentierter Regisseure in Deutschland haben und daß gerade ein Idealist wie Tom Tykwer Vorbild für eine neue Generation von Regisseuren werden kann. Und so lange wir solch erstklassige und talentierte Schauspieler wie Andre Eisermann, Jürgen Vogel, Franka Potente, Joachim Krol, Ben Becker, Moritz Bleibtreu, Benno Führmann, Götz George, Marel Harloff … haben, sollten wir uns keine allzu großen Sorgen machen, denn Filme wie „Der Krieger und die Kaiserin“, „Das Experiment“, „23“, „Vergiss Amerika“, „Grüne Wüste“ … zeigen auf beeindruckende Art und Weise, dass der deutsche Film lebt. Außerdem haben wir auch noch Wim Wenders!

Nachfolgend die Fragen von grimm, einem unserer aktivsten Leser, der die von uns gebotene Gelegenheit, das Interview durch Fragen mitzugestalten, genutzt hat:

Ob sich die Kunst, – wie bei Autumnblaze – nun mehr und mehr von naturbezogenen

Themen entfernen wird, oder es auch wieder ein Album geben wird, dass an „The Spring“ angelehnt ist?

Wir haben keinen Masterplan für die Zukunft. Wir werden stets die Themen wählen, die uns im jeweiligen Moment bewegen.

Welche Unterschiede sieht Monesols in seinem Gesang, wenn er den Vergleich

„Studio-Umgebung“ und „Live-Konzert“ berücksichtigt.

Im Studio bin mehr oder weniger auf mich allein gestellt. Wenn ich im Studio singe, bleibt es sehr intim. Auf der Bühne lasse ich alles heraus und lebe die Gefühle, welche mit Musik und Texten verbunden sind, aus.

Ob POB sich vorstellen können ein Live-Album rauszubringen und wie sich das im Unterschied zu den „normalen“ Releasen anhören wird.

Vorstellen kann man sich alles. Aber frag mich mal in ein paar Jahren noch einmal.

In wie weit Schwadorf seinen Part beiträgt, nur zum abmischen, oder auch in kompositorischer Hinsicht.

Schwadorf ist ein sehr guter Freund von mir geworden und wir verstehen uns privat wie „künstlerisch“ prächtig. Die Kompositionen sind jedoch ausschließlich von mir.

Wieso Flöten keine Verwendung auf dem neuen Album gefunden haben ?

Weil eine Flöte einfach zu keinem Song gepasst hätte.

Ob die Fans auf den Konzerten, nach Paragon of Beauty, überhaupt noch Katatonia hören möchten ? >g<

Natürlich. Ich denke, dass die meisten Leute wegen Katatonia kommen werden und sie sind auch eine großartige Band, die ich sehr bewundere.

07.04.2002

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