Papa Roach
"Wir mussten raus aus unserer Komfortzone"
Interview
Er lebt vegan, er ist Vater, er interessiert sich für Fotografie und nimmt gerne auch selbst die Kamera in die Hand. Aber in erster Linie ist er Vollblutmusiker und passionierter Gitarrist. Die Rede ist von Jerry Horton. Sein Hackbrett schwingt er energiegeladen seit 1993 bei den Nu Metalern der ersten Stunde: PAPA ROACH. Wir alle haben vor 17 Jahren zu „Last Resort“ auf den Dancefloors der Republik unser Bestes gegeben. Nach Alben wie „Infest“, „Lovehatetragedy“ und „Getting Away With Murder“ sind PAPA ROACH zu einem festen Bestandteil im alternativen Rock-und Metalzirkus geworden. Dieses und nichts anderes beweisen sie uns seit dem 19.05.2017 mit dem Release ihres neunten Studioalbums „Crooked Teeth“. Das alleine war schon Grund genug, sich besagten Jerry Horton zu schnappen.
Nach einem kurzen Abgleich, was wir vor dem Interview gerade so Supertolles getrieben haben, geht es ans Eingemachte.
(Anmerkung: Ich, für meinen Teil, bin kurz vorher bei einer alten Folge von „Friends“ hängengeblieben und habe mir dabei einen Teller Pasta gegönnt, Jerry hingegen steckt gerade mitten in den Vorbereitungen für das „Rock On The Range“- Festival in Columbus/U.S.A., wo sie mit Bands wie KORN, CHEVELLE und THE OFFSPRING auf der Bühne stehen werden. Nun gut, wir beschließen relativ einstimmig, dass Jerry’s Alltag gerade einen Hauch spannender als meiner ist. Da bin ich fair.)
Jerry, wie ist „Crooked Teeth“ zu dem geworden was es heute ist?
Angefangen hat alles in unserem Studio in Sacramento. Wir haben uns einige Wochen getroffen, Stücke geschrieben, Ideen und Konzepte zusammengetragen. Nach einiger Zeit vereinbarten wir Meetings mit mehreren Produzenten, um herauszufinden, welcher Produzent oder welche Produzentin zu uns passt und mit wem wir uns vorstellen könnten, an „Crooked Teeth“ zu arbeiten. Der erste im Boot war Jason Evigan. Ein Typ, der im Herzen ein totaler Rock n‘ Roller ist, aber hauptsächlich poppiges wie z.B. für Madonna produziert. Seine Pop-Produktionen sind großartig. Deshalb wollten wir unbedingt mit ihm an unseren neuen Sachen arbeiten. Und das lustige ist, dass er total nervös war, als er auf uns traf.
Warum bekommt denn ein populärer Producer vor euch weiche Knie?
(lacht) Ja, ich hab keinen Plan. Unsere Musik hat seine Musik irgendwie sehr beeinflusst. Er kannte unsere alten Sachen und es war irgendwie so, als wären wir seine großen Brüder. Er hat nervös zu uns aufgesehen, voller Respekt.
Ich muss blöd fragen, warum man sich für ein Metalalbum jemanden herauspickt, der doch eigentlich eher seichten Pop fabriziert?
Der Hauptgrund ist wirklich, dass wir jemanden on board haben wollten, der uns fordert. Der uns dazu bringt aus unserer Komfortzone zukrabbeln. Ich weiß was ich tue, ich weiß was ich on stage machen muss oder im Studio. Wir haben unseren Sound. Den PAPA ROACH Sound. Aber es war uns auch extrem wichtig, andere Einflüsse und Ideen zuzulassen.
Und am Ende ist dabei der Song „Born For Greatness“ herausgekommen. Für den Rest des Albums seid ihr nochmal auf die Suche gegangen?
Genau und sind dabei auf Nicholas Furlong und Colin Brittain gestoßen. Als erstes haben wir mit diesen beiden einen einzigen Song aufgenommen: „My Medication“. Alter, und ich kann dir sagen, mit diesen beiden Typen war es wie die Liebe auf dem ersten Blick. Es hat sich eine großartige Energie zwischen uns entwickelt. Extrem enthusiastisch. Nick ist eher so der Hip-Hopper während Colin aus der Rockwelt stammt. Die Kombination dieser beiden Produzenten war das Beste was wir für „Crooked Teeth“ tun konnten. Sie haben uns davon überzeugt wieder mehr zu unserem ursprünglichen Sound zurückzufinden. Also versteh‘ mich nicht falsch, es ging nicht um ein zweites „Infest“, sondern eher darum, den Geist von damals ins Hier und Jetzt zutransportieren. Es war aber echt hart das Label davon zu überzeugen.
Ok, das musst du mir erklären?
Naja, das Label wollte natürlich, dass wir mit Produzenten zusammenarbeiten, die im Business sind und die ordentlich Erfahrung mitbringen. Tja, und Nick und Collin sind fast Neulinge auf dem Gebiet. Also war es an uns das Label davon zu überzeugen. Harte Arbeit, aber wir konnten unseren Standpunkt klar machen: Wenn wir diesen beiden Produzenten vertrauen, dann muss die Plattenfirma uns auch vertrauen. Letztendlich kann ich nur sagen, dass sich das alles echt gelohnt hat. Wir bereuen nichts.
Das Album heißt „Crooked Teeth“, der dazugehörige Song ist ziemlich wütend. „Let me go, i can´t stay.“ Worum geht’s?
Oh, das Thema dazu ist echt hart. Er handelt vom post-traumatischem Stresssyndrom (kurz: P.T.S.D.). Einer nachweislichen Erkrankung, an denen Menschen leiden, die in Kriegen beteiligt waren, gekämpft haben. Das U.S.-amerikanische Militär hat leider für diese Menschen nur eine glorreiche Lösung, nämlich sie sosehr mit Pharmazeutika zuzupumpen, dass sie zwar kurzzeitig das Trauma nicht mehr wahrnehmen, aber dafür ihre eigene Persönlichkeit durch die ganze Chemie im Gehirn verlieren. Jacoby stammt aus einer Kriegsveteranen-Familie und hat das alles selbst miterleben müssen. Das Militär kümmert sich nicht so wirklich um ihre Veteranen. Es ist uns wichtig, auf solche Situationen aufmerksam zumachen.“Crooked Teeth“ steht für all die Pillen, die geschluckt werden mussten.
Was für eine Art Pille ist das gesamte Album „Crooked Teeth“ aus deiner Sicht?
Eine Kombination aus „Infest“ und „Getting Away With Murders“. Es ist hart, geistreich, dynamisch. Es ist alles und so großartig. Ja, ich glaube, das kann man so stehen lassen. Natürlich kannst du es nie immer allen recht machen, aber wir fühlen uns sehr wohl mit „Crooked Teeth“.
Ich danke dir für das Gespräch.
Liebe Grüße und wir sehen uns auf Tour in Deutschland.
Ich überlasse Jerry Horton wieder seinem Festivalstress und suche euch noch schnell die aktuellen Tourdaten heraus. Ab September 2017 kann man PAPA ROACH nämlich in den deutschen Halles auf den Bühe bestaunen. Zusammen mit CALLEJON und FRANK CARTER& THE RATTLESNAKES reisen sie durch die Lande. Und spätestens dann kann man sich, wenn nicht bereits passiert, final seine eigene Meinung über „Crooked Teeth“ bilden. Eines ist auf jedenfall sicher: der Jerry hat aktuell den spannenderen Alltag.
TOURDATES
15.09.2017 – Hamburg, Sporthalle
16.09.2017 – Berlin, Velodrom UFO
21.09.2017 – München, Zenith
25.09.2017 – Ludwigsburg, MHP Arena
27.09.2017 – Fürth, Stadthalle
28.09.2017 – Offenbach, Stadthalle
03.10.2017 – Oberhausen, Turbinenhalle