Panzerballett
"Wir haben einen Muskelkater vom ständigen Augenzwinkern bekommen." Interview mit Jan Zehrfeld zu "Breaking Brain"
Interview
Mit „Breaking Brain“ veröffentlichten PANZERBALLETT ihr vielleicht zugänglichstes Album. Einmal mehr zeigten die Münchener, wie gut man Jazz und Metal miteinander verbinden kann. Wir nahmen uns Bandkopf Jan Zehrfeld zur Brust und befragten ihn zur neuen Scheibe.
Hallo Jan, wie geht es Dir?
Jan: Gut, Danke.
Wie geht es mit Eurer Tour voran?
J: Wir sind ja schon die Tage einige Male aufgetreten, aber die Kerntour beginnt erst jetzt.
Und wie sind die neuen Stücke beim Publikum angekommen?
J: Das Feedback war durchaus positiv. Einige Stücke aus dem Album sind ja schon etwas älter. Wir haben sie teilweise schon live gespielt, bevor wir ins Studio gingen.
Und Euer Album „Breaking Brain“ generell, wie ist es denn so unterm Strich bei den Kritikern angekommen?
J: Es gab wenige Stimmen, die sich negativ äußerten, weil ihnen die Musik zu anstrengend war oder zu frickelig. Oder beides. (lacht) Aber ansonsten ist es ziemlich gut angekommen, immer so im Bereich von 8/10 Punkten aufwärts. Generell kann man sagen, dass „Breaking Brain“ besser angekommen ist als beispielsweise das letzte Album „Tank Goodness„.
Und was würdest Du selbst sagen?
J: Unseren Durchbruch hatten wir mit „Starke Stücke“, zumindest in der Jazz-Szene. Das neue Album markiert da so eine Art zweite Welle und stellt neben „Starke Stücke“ einen guten Einstieg in unsere Musik dar.
Wie sind denn die Aufnahmen gelaufen?
J: Wir haben die Songs erst live gespielt und dadurch geprobt, ehe wir ins Studio gegangen sind. Insgesamt hat der Aufnahme- und Produktionsprozess ein halbes Jahr für sich in Anspruch genommen.
Ist das viel für Eure Verhältnisse?
J: Naja, seit unserem Debüt hat sich usnere Studiozeit immer verdoppelt und schließlich vervielfacht. Bei „Panzerballett“ waren es insgesamt vier Tage, jeweils zwei für Aufnahme und Produktion, bei „Starke Stücke“ waren es acht, bei „Hart Genossen“ insgesamt 16, „Tank Goodness“ hat dann ein Jahr für sich in Anspruch genommen.
Reden wir doch mal über das neue Album. Da wäre zunächst einmal der Titel. Ist der zufällig von einer gewissen Fernsehserie abgeleitet?
J: Ja, ist er. (lacht) Allerdings geht es uns weniger um den Inhalt von „Breaking Bad“, eher einfach um das Spiel mit der Assoziation und den Worten.
Insgesamt kam mir das Album nicht ganz so sperrig vor wie beispielsweise der direkte Vorgänger. Wie würdest Du das beschreiben?
J: Das Album ist nicht ganz so zappelig wie unsere bisherigen Alben, sondern eher tanzbar und – nun ja – „headbangbarer“. (lacht)
Dann lass uns doch einfach mal die Liste durchgehen und fangen mit „Euroblast“ an. Der Song ist doch sicher nach dem gleichnamigen Festival benannt, oder?
J: Ja, ist er. Dazu gibt es eine Geschichte: Als wir beim Euroblast gespielt haben, fragte uns John Sprich, einer der Veranstalter des Festivals, ob wir nicht eine Titelmelodie kreieren wollen. Das wollten wir natürlich tun, aber als wir gerade mitten im Komponieren waren, wurde entschieden, dass ein anderer Song verwendet werden sollte. Wir standen mit einem angefangenen Song da, den wir dann fertig gemacht haben. Schlussendlich haben wir den Arbeitstitel beibehalten.
Bei „Typewriter II“ habt Ihr Euch von Leroy Andersons „Typewriter“ aus den 50ern inspirieren lassen. Gibt es noch andere Inspirationen? Beispielsweise Jerry Lewis‘ „Errand Boy“?
J: Das mit Jerry Lewis war mir gar nicht bekannt. Nein, wir hatten uns durch Leroy Andersons „Typewriter“ inspirieren lassen. Es ist aber keine Adaption.
Woher stammte das Schreibmaschinen-Sample?
J: Ein Kollege von uns hat das gemacht.
Eurem Album liegt noch eine vollständige Partitur des Songs bei. Was habt Ihr damit vor?
J: Wir wollen einen Contest starten, bei dem unsere Fans den Song covern können und uns ihre Versionen bis zum 01.03.2016 übermitteln können. Der Sieger bekommt dann eine Belohnung.
Dann haben wir den „Saxdiktator“. Was hat es mit diesem Titel auf sich?
J: Unser Tonmann arbeitet auch für eine Band namens BELPHEGOR. Die haben einen Song namens „Sexdicator Lucifer“, und als wir einen Titel für diesen Song gesucht haben, schlug der Tonmann „Saxdiktator“ vor. Das ist übrigens eines der älteren Stücke auf diesem Album.
Als nächstes hätten wir die erste Adaption des Albums, „Mahna Mahna“.
J: Die Idee für den Song geisterte uns schon länger durch die Köpfe, da wir immer auf der Suche nach Liedern sind, die man verkrassen könnte. Wir wollten allerdings vermeiden, dass der Song so cheesy wird wie das Original. Stattdessen wollten wir einfach nur ein kleines, lustiges Stück daraus basteln, quasi ein „Tusch“ mitten im Album. Wir experimentierten hier mit Quintolen. Am Ende hatten wir etwas mehr als zwei Minuten Musik, was meiner Ansicht nach lang genug ist für so einen Song.
Es folgt „Smoochy Borg Funk“. Wo kommt denn der seltsame Name her?
J: Der „Funk“ kommt vom Groove des Songs, „Smoochy“ sollte den Titel einfach verniedlichen und „Borg“ ist eine Rasse aus dem Star-Trek-Universum, ein Mensch-Maschine-Hybrid, der den teilweise maschinellen Charakter des Songs auf den Punkt bringen sollte.
Und was hat Euch zum Song selbst inspiriert?
J: Ich hatte mal ein Musikvideo von NATURALLY 7 gesehen, einer Acapella-Band, die einen funkigen Groove erzeugt hat, indem sie eine Melodie stakkatoartig auf die einzelnen Stimmen verteilt hat. Das wollte ich rekreieren, sodass ich die Melodie auf unsere vier Melodieinstrumente verteilt habe, die sich immer an gewissen Stellen punktuell treffen.
Wie kam der Titel vom folgenden „Frantik Nervesaw Massacre“ zustande?
J: Unserer ehemaliger Gitarrist Martin Mayrhofer hat diesen Song geschrieben. Bezeichnend war einerseits das hoch und in einer unangenehmen Tonlage geschriebene Saxofon, das im Song so wirkt, als spiele es stets am Limit. Dadurch wirkt es extrem nervtötend. Auf der anderen Seite wären da die massakrierenden Gitarrenriffs. Also haben wir aus diesen Charakteristika den Songtitel gebastelt, Martin hatte dann noch die Idee, den Begriff „Frantik“ davor zu packen.
Dann hätten wir „Shunyai“, das Ihr mit Trilok Gurtu zusammen gespielt habt. Wer hat denn diese Kollaboration initiiert?
J: Das waren wir, genauer gesagt waren es Sebastian Lanser und Heiko Jung, die beide im Rahmen eines NDR-Konzertes mit Gurtu zusammen kamen. Dabei entstand zunächst die Idee, den Song zu adaptieren. Das war gegen Ende 2013. Kurz vor Abschluss der Aufnahmen kam Gurtu dann und wollte seinen Input geben, sodass wir noch ein Intro eingefügt haben, das von Trilok Gurtu gespielt wird. Im eigentlichen Song ist er auch einige Male zu hören.
Was hat Euch zu dieser Adaption inspiriert?
J: Wir sind, was das Riffing angeht, von MESHUGGAH inspiriert. Auf unserem Debüt haben wir einen Song namens „Meschugge“, auf dem wir unseren Tribut an diese Band zollen. Jedenfalls sind MESHUGGAH selbst ja von der indischen Musik beeinflusst. Da lag es für uns nahe, früher oder später ein solches Stück zu adaptieren.
Wie fühlt es sich eigentlich an, mit so einer Legende zu musizieren?
J: Akut fühlt es sich erstmal nicht besonders an, da er sowie auch beispielsweise Randy Brecker beim Vorgängeralbum nicht direkt mit uns spielt, sondern uns seinen fertig aufgenommenen und produzierten Input übersendet. Aber wenn man im nachhinein so drüber nachdenkt, fühlt sich das großartig an.
Zu guter letzt hätten wir die dritte Adaption, „Pink Panther“. Das Stück habt Ihr ja schon mal adaptiert, oder?
J: Richtig, das Lied ist quasi die Verkrassung einer Verkrassung von 2008. Die ungeraden Takte unserer ersten Version haben wir durch einen durchgehenden Beat gerade gemacht. Der Song wirkt insgesamt düsterer und grungiger als unsere erste Adaption des Songs. Man könnte auch sagen, diese Version ist seriöser als die erste.
Habt Ihr eigentlich vor, wieder ein Album aufzunehmen, in dem ihr überwiegend Klassiker verkrasst, wie beispielsweise ein „Starke Stücke II“?
J: Nein, wir machen das zwar gerne, und es ist auch angenehmen und weniger aufwändig, wenn wir vorhandene Songs einfach nur verkrassen, und ich verkrasse jedes Jahr ein Weihnachtslied, aber wir haben quasi einen Muskelkater vom ständigen Augenzwinkern bekommen. (lacht) Wir wollen einfach vermehrt unsere eigenen Stücke darbieten.
Was hörst Du denn selbst für Musik?
J: Ich höre normales Rockradio, ansonsten querbeet durch viele Stile. Beim Joggen höre ich in der Regel über Monate hinweg ein einziges Album.
Vielen Dank für das Gespräch, die letzten Worte gehören Dir.
J: Auch erstmal danke für das Interesse. Wir würden uns auf jeden Fall freuen, in nicht allzu ferner Zukunft auch auf diversen Metal-Festivals spielen zu können. Überhaupt wünschen wir uns, dass die Metal-Szene etwas offener für Neues wird, dass sie einfach etwas Neuartiges zulässt. Es war letztendlich die Jazz-Szene, die unseren Erfolg möglich gemacht hat und bei der wir derart bekannt werden konnten. Ich wünsche mir daher einfach etwas mehr Toleranz von den Metallern.