Wenn man mit Rogga Johansson nur zu jeder zweiten seiner Veröffentlichung ein Interview führen würde, gingen einem beizeiten die klugen Fragen aus. Dafür ist der Gute veröffentlichungstechnisch ganz einfach viel zu aktiv. Aber erstens ist die neue PAGANIZER „Land Of Weeping Souls“ mal wieder ein richtig feines Death Metal Scheibchen geworden. Und zweitens kann man ab und zu dann schon mal miteinander reden. Also wurde mal kurz der Facebook-Messenger aktiviert und bei Rogga nachgefragt.

Hi Rogga! Alles soweit ok bei dir?

Oh ja, hahaha, ich denke schon.

Wie geht‘s Lisa und den Kids?

Danke, denen geht es bestens, Lisa bringt sie gerade ins Bett. Wir waren heute den ganzen Tag in der Astrid-Lindgren-World unterwegs, das liegt ca. 40 Minuten von uns entfernt. Und dort haben wir eigentlich immer eine schöne Zeit.

Freut mich. Während wir gerade chatten schreibst du sicher zwei neue Songs, richtig?

Nee, momentan nicht, hahaha… Aber ich weiß natürlich worauf du anspielst.

Logisch! Es kommt einem aber echt so vor, als würdest du Tag und Nacht an neuer Musik arbeiten. Wo zur Hölle nimmst du die Zeit dafür her?

Das könnte man schon denken, ich weiß, aber es wirklich nicht so. Ich kann das schlecht erklären, aber ich nehme mir einfach jeden Tag ein paar Stunden Zeit für die Musik, Songs schreiben und aufnehmen. Ich denke einfach, dass ich ziemlich schnell arbeite. Oft brauche ich für einen neuen Song nur wenige Minuten.

Live auf dem Party.San 2009

Beneidenswert, vor allem wenn man an die Qualität deiner Arbeit denkt. Kannst du vom Death Metal eigentlich leben?

Nein, leider nicht. Heutzutage musst du viel auf Tour sein, jede Menge Gigs spielen und Merchandising verkaufen. Davon tue ich kaum etwas und spiele nur selten live. Und wenn, dann nur mit meiner Hauptband PAGANIZER. Andererseits versuche ich auch kein Geld selber für meine Veröffentlichungen auszugeben. Wenn jemand meine Musik veröffentlichen will, dann hat er auch für die Kosten (z.B. Mix und Artwork) aufzukommen.

Da muss dann aber doch die Frage erlaubt sein: Womit verdienst du denn dein Geld?

Ich mache Käse, hahaha, und andere seltsame Jobs, also nichts wirklich Wichtiges. Eigentlich nur ganz normalen Scheiß für Leute mit niedriger Bildung, hahaha. Zurzeit bin ich arbeitslos, weil es hier in dieser kleinen Stadt ganz einfach zu wenig Jobs gibt. Das spüren hier leider viele Leute.

Oh ha, das klingt jetzt aber alles andere als gut für mich…

Klar, einerseits ist der Geldbeutel natürlich recht schmal, wenn du keine Arbeit hast. Aber andererseits habe ich halt auch eine Menge Zeit für meine Kids, die Hunde und natürlich für die Musik. Ich kümmere mich auch nicht sonderlich viel um Geld. Denn wir haben ein schönes Haus, ein gutes Auto und genug Kohle zum Essen und für Kleidung. Und es bleibt auch noch was übrig, um ab und zu was Lustiges zu unternehmen. Und das ist glaube ich viel mehr als die meisten Leute in dieser verdammten Welt haben, hahaha. Schweden ist natürlich schon ein teures Land, aber eben auch wunderschön. Und es gibt eine Menge Sachen, die auch billig sind, z.B. die medizinische Grundversorgung. Daher denke ich, dass du als Arbeitsloser z.B. in den USA viel mieser dran bist.

Da hast du ganz sicher Recht. Und die Hauptsache ist eh, dass man glücklich im Leben ist, und nicht wie viel Geld man hat.

Infuckingdeed! Zurzeit sitze ich gerade hier und bin glücklich, weil ich das neue Album von REVOLTING höre. Verdammt Mann, das ist wirklich ihre bisher beste Scheibe!

„Ich denke nicht, dass das unsere bisher beste Scheibe ist. Aber wir haben diesmal einen richtig guten Job gemacht.“

Da könnte einen das Leben echt härter strafen. Themenwechsel: Ist „Land Of Weeping Souls“ das bis dato beste PAGANIZER Album? Warum bzw. warum nicht?

Ich denke nicht, dass das unsere bisher beste Scheibe ist, denn beispielsweise „Dead Unburied“ oder „No Divine Rapture“ sind schon richtig coole Platten. Aber es ist meiner Meinung nach unsere beste CD seit Jahren, eigentlich seit „No Divine Rapture“. Warum? Ich finde einfach, wir haben diesmal einen richtig guten Job gemacht, haben gute Songs geschrieben und uns dann auch genügend Zeit für die Arrangements und Aufnahmen genommen. Dazu kommt dann noch der großartige Mix von Ronnie Björnström von EAP Productions.

Also ich muss ganz ehrlich sagen, „Land Of Weeping Souls“ ist natürlich richtig gut geworden, wie man es ja eigentlich von euch auch gewohnt ist. Aber ich tue mich immer schwer damit, eure Alben von der Qualität her in eine schlüssige Reihenfolge zu bringen. Was könnte der Grund dafür sein?

Schwer zu sagen, aber eigentlich ist das ja ein gutes Zeichen. Denn wenn du unsere Scheiben nur schwer von ein bis zehn einordnen kannst, dann bedeutet das ja hoffentlich, dass viele von ihnen gut sind und du die meisten davon magst. Mir geht es da ja ähnlich. Auf jeder Scheibe habe ich meine Favoriten und natürlich sind manche Platten besser als andere. Daher tue ich mich mit den PAGANIZER-Charts da genauso schwer wie du.

In meinem Review habe ich geschrieben „Kennst du Rogga, da kennst du Johansson.“ Du weißt sicher, wie ich das meine.

Hahaha, ja, vielleicht! Oder doch nicht so wirklich? Möglicherweise ist es ja so, wenn du ein Album kennst oder sogar magst, dann gefällt dir der Rest höchstwahrscheinlich auch. Oder natürlich andersrum: Wenn du eine Scheibe von uns hasst, dann hasst du alle, hahaha…

Auf der neuen CD findet man einige richtig coole Soli. Hast du da extra dran gearbeitet?

Nein, für die Soli ist ausschließlich Kjetil Jynghaug verantwortlich, unser Lead-Gitarrist, und er ist wirklich der Beste den wir seit „Promoting Total Death“ haben. Der Mann ist wirklich Killer und daher haben wir ihn bei den Soli auch einfach machen lassen. Und die sind echt fantastisch geworden, wie du hören kannst.

Kommen wir zu euren Texten, wovon handelt ein typischer PAGANIZER Song?

Ich würde ganz einfach sagen, typisch für unsere Texte ist ganz einfach der ganze Mist der auf der Welt passiert, eben weil wir Menschen sind. Das mag z.B. die organisierte Religion sein oder aber auch ganz andere Dinge. Darüber schreiben wir gewöhnlich, aber es gibt natürlich auch einen gewissen Anteil an Horror Stories. Dieses Genre mögen wir alle, daher ist es für uns einfach, diese Art von Lyrics zu schreiben. Außerdem macht es Spaß.

Ihr spielt ja leider nur selten live, warum eigentlich?

Über all die Jahre hatten wir diesbezüglich Höhen und Tiefen, aber stimmt schon, meistens haben wir nur wenig live gespielt. Es gab aber auch Zeiten mit einem stabilen Line Up, da waren wir dann schon auf einigen Bühnen zu sehen. Doch meistens hat dann wieder einer die Band verlassen und es war erstmal wieder vorbei mit den Auftritten. Ich denke auch, dass wir ziemlich faule Hunde sind, hahaha. Aber wir werden versuchen, nun wieder öfters live zu spielen, denn die neue Scheibe bietet sich eigentlich dafür schon an.

Es gäbe da ja einige kleine feine Festivals für Death Metal vor allem in Deutschland. Wo würdest du am liebsten mal auftreten?

Wir haben ja schon Party.San und Protzen gespielt, und beides war großartig. Wir bevorzugen da in der Tat eher die kleineren Festivals, daher wäre z.B. Wacken wohl kaum so das richtige für uns, hahaha. Aber eines dieser eher familiären Events würde uns schon mal wieder reizen. Da wir aber kein Festival bevorzugen und herausheben wollen, würden wir einfach überall spielen, wo man uns haben möchte.

„Ich denke auch, dass wir ziemlich faule Hunde sind, hahaha.“

Was sind deine musikalischen Haupteinflüsse, deine Helden? Oder anders, welche Bands magst du ganz besonders?

Ich denke mal, für uns als Band sind wohl vor allem MASSACRE, GRAVE, EDGE OF SANITY, HYPOCRISY, FURBOWL und VOMITORY besonders wichtig. Wir haben eigentlich nie so richtig die gewöhnlich genannten ENTOMBED oder DISMEMBER verehrt. Daneben mögen wir aber auch Crust-Bands wie DISFEAR, DRILLER KILLER oder EXTREME NOISE TERROR. Denn von denen haben wir durchaus auch Einflüsse in unserem Sound, auch wenn man das vielleicht nicht so deutlich hört.

Wenn du eine schwedische All-Star-Death-Metal-Band aufstellen könntest, wer wären die Auserwählten?

Johann Liiva (Ex-CARNAGE, Ex-ARCH ENEMY, Ex-DEVOURMENT, Ex-FURBOWL, Ex-HEARSE usw.) wäre der Sänger, Jörgen Sandström würde auch singen und Bass spielen, Dan Swanö müsste natürlich ebenfalls singen, hahaha, und Songs schreiben, dazu dann noch Peter Tägtgren an der Gitarre. Mit diesen Jungs hätte man eine echte Death-Metal-Hit-Maschine am Start!

Von all den Musikern mit denen du im Laufe der Jahre zusammen gearbeitet hat, wer von denen war der professionellste, der lustigste, der beeindruckendste und der coolste Typ?

Ziemlich harte Frage! Der professionellste ist ganz sicher Dan Swanö, der weiß ganz einfach immer was er tut. Felix von CREMATORY ist ein sehr lustiger Kerl, und ich liebe seine einmaligen scharfen Soßen. Der beindruckendste ist möglicherweise Kam Lee. Er hat ganz einfach erstaunliche Fähigkeiten, Texte zu schreiben, und außerdem verdammt coole Gesangsideen. Das und seine Stimme an sich machen ihn für mich zum besten Sänger überhaupt. Der coolste ist wahrscheinlich Jörgen Sandström, der Typ ist wirklich einfach viel zu cool für mich, hahaha…

Letztens hast du ja bekannt gegeben, dass du ein weiteres Album mit JOHANSSON & SPECKMANN in Angriff nehmen wirst. Ist der gute Paul so eine Legende, mit der man einfach gerne zusammen arbeitet?

Paul ist wirklich der Wahnsinn. Die Zusammenarbeit mit ihm ist echt verdammt einfach und macht so richtig Spaß. Er ist definitiv eine Legende! Und die Hälfte des neuen Albums haben wir bereits geschrieben.

Gibt es noch Musiker, mit denen du bisher vergeblich versucht hast, etwas gemeinsam auf die Beine zu stellen, die aber immer noch auf deiner persönlichen To-Do-List stehen?

Oh ja, auf alle Fälle Johann Liiva, er ist einer meiner absoluten Lieblingssänger. Wir haben vor längerer Zeit mal darüber gesprochen, doch es ist leider nie zu einem Projekt gekommen. Und heute hat er keine Zeit mehr mit mir zu sprechen, daher wird da denke auch nichts mehr passieren, hahaha. Außerdem würde ich verdammt gerne mal ein Album für Chris Barnes schreiben. Aber auch das wird wohl leider ein Traum bleiben, denn ich habe noch nie wirklich mit ihm darüber gesprochen.

Bitte antworte möglichst exakt: Während der nächsten 20 Jahre werde ich xxx neue Projekte starten und xxx Alben veröffentlichen.

Das ist jetzt aber eine ziemlich lange Zeit und ich weiß nicht, ob ich so lange überhaupt lebe, hahaha. Ich versuche auf alle Fälle, nicht noch mehr Projekte zu starten, im Gegenteil, ich möchte eigentlich eher einige beenden. Aber ich würde es schon lieben, noch viele Scheiben zu veröffentlichen, und zwar mit genau den Leuten, mit denen ich eh zurzeit schon arbeite.

Letzte Frage: Wenn du die Wahl hättest, wen würdest du zuerst „paganisieren“?

Oh Mann, das ist echt eine gute Frage! Ich denke, da gäbe es schon so einige mächtige Religiöse, mit denen ich da anfangen würde. Dann würden sie vielleicht endlich mit dem Scheiß aufhören und etwas Nützliches tun, anstatt weiter diese Welt zu verschmutzen. Wen genau? Verdammt, ich weiß ich es echt nicht, dafür gibt es einfach zu viele Arschlöcher da draußen!

Ein schönes Schlusswort. Vielen Dank für deine Zeit, hat echt Spaß gemacht!

Mir auch, war ein cooles Gespräch, man sieht sich..!