Orphaned Land
Interview zu The Road To OR-Shalem mit Matti Svatizky
Interview
Mit ihren Alben voll einzigartigem, progressivem Folk Metal und leidenschaftlichen Konzerten haben sich ORPHANED LAND im Laufe der Jahre in viele Herzen gespielt. Pünktlich zum 20jährigen Jubiläum brachten die Israelis nun eine tolle DVD namens „The Road To OR-Shalem“ heraus, deren Mittelpunkt eine Show vom Dezember 2010 in Tel Aviv darstellt. Was alles dahintersteckt, klärten wir im Interview mit Gitarrist Matti Svatizky.
Meine Gratulation zu eurem 20jährigen Bandjubiläum. Wie fühlt es sich an, solch eine lange Zeit mit ORPHANED LAND Metal zu spielen und eure Botschaft zu verkünden?
Vielen Dank! 20 Jahre sind eine lange Zeit. Wir starteten die Band als Jugendliche mit Gitarren, die ein wenig Lärm und Musik veranstalten wollten, aber ich schätze unsere Vision hat uns zu Plätzen gebracht, von welchen wir in den frühen Tagen nur träumen konnten. Wir haben viele Dinge und Wandlungen mitgemacht, als Band und als Individualisten, und bisher fühlt es sich wie ein großes Abenteuer an, welches immer weitergeht, und wir schauen vorwärts auf hoffentlich weitere gute Jahre, die da kommen mögen.
Wann und wie entstand die Idee, eine DVD zu veröffentlichen und das Konzert für die DVD „The Road To OR-Shalem“ zu filmen?
Wir planten schon eine lange Zeit, die DVD aufzunehmen. Die Idee kam mehrere Male auf, aber wir hatten es nie realisiert. Wir waren immer damit beschäftigt, entweder auf Tour zu sein oder zu Aufnahmen im Studio, und eine DVD zu produzieren auf die Art und Weise, wie wir sie wollten, benötigte viel hartes Planen und Mühen.
Wir brachten ein vollständiges Line-Up mit Gastmusikern zusammen, welche all die speziellen Instrumente spielten, welche wir auf unseren Alben verwenden, auch haben wir eine große Leinwand und spielten darauf konzeptionelle visuelle Effekte, welche wir speziell hierfür vorbereitet hatten.
Der Film, welchen wir als Bonus der DVD hinzugefügt haben, ist tatsächlich die Arbeit von einigen unserer Fans, welche eine Dokumentation über uns gemacht haben. Die Leute machen Dokumentationen über uns immer wieder, ich schätze das liegt an der Geschichte hinter der Musik als auch aufgrund der Musik ansich. Dieser Film schien adäquat dafür zu sein, als etwas, das uns repräsentiert, also haben wir uns dazu entschieden, ihn mit auf die DVD zu packen.
Was ist die Bedeutung von OR-Shalem?
Or-Shalem bedeutet buchstäblich „Ein vollkommenes Licht“. Vollkommen in der Bedeutung von makellos und perfekt. Es ist auch einer der vielen Namen von Jerusalem, und das Konzept von Or-Shalem ist Teil des Konzepts unseres letzten Albums.
Ich mag die Kameraführung sehr. Wer hatte hierfür die Verantwortung, und hattet ihr den Leuten vorher irgendwelche Anweisungen gegeben?
Die Regie der DVD lag in den Händen von Sivan Magazanik, welcher ein enger Freund von uns ist und auch ein herausragender Regisseur. Er filmte schon viele Live-Shows in Israel, genauso wie einige lokale TV-Shows. Sivan, der unser Freund ist, kennt unsere Stücke und unsere Botschaft, und er brachte viel von sich selbst mit ein. Die ganze Crew war großartig. Wir hatten 12 Kameras, um möglichst viele Blickwinkel abzudecken.
Wie habt ihr euch für die Filmaufnahmen der Show in Tel Aviv vorbereitet?
Die meisten Vorbereitungen waren technischer Natur. Alles was sich um die Videokunst, welche während dem Konzert projeziert wurde, und die Videoleinwände benötigten viel Planung. Auch die Arbeit mit den Gastmusikern benötigte einige Vorbereitungen. Neben den speziellen Live-Instrumenten, hatten wir noch andere Gäste, welche unsere musikalischen Helden sind, mit welchen wir vor der Show zusammenarbeiteten und einige Songs erarbeiteten. Ansonsten, als Musiker, sind wir einfach auf die Bühne gegangen und haben das getan, was wir lieben, nämlich unsere Musik spielen und dem Publikum eine gute Zeit geben.
Kommen wir auf eure Gastmusiker mit ethnischen Instrumenten zu sprechen. Verwendet ihr diese jedes Mal, wenn ihr in eurer Heimat spielt, oder war das eine einmalige Angelegenheit für dieses Konzert?
Einige der Instrumente verwenden wir in einigen Konzerten hier, aber dieses Set beinhaltete andere Instrumente welche wir normalerweise nicht haben. Wir versuchen allerdings immer so viele authentische Instrumente wie möglich in unseren Shows hier zu verwenden, damit diese so „Live“ wie nur irgendwie möglich sind, und auch farbenträchtig und einzigartig.
Eure Bekanntheit ist in den letzten Jahren ganz schön stark angestiegen. Worin siehst du die positiven Seiten dieser Entwicklung, und gibt es auch negative Dinge?
Da gibt es viele positive Dinge daran, aber ich würde sagen die positivste Eigenschaft ist die Anerkennung. Es ist nett, wenn man sich Mühe mit etwas gibt, und die Leute das würdigen und anerkennen. Die negative Seite wäre, dass wenn man in einer Band ist, welche international bekannt ist, man viel auf Tour sein muss, und damit viele Monate in jedem Jahr weg von Zuhause, was eine harte Sache ist für uns und unsere Familien.
Neben den bereits genannten Gastmusikern während eures gefilmten Auftritts hattet ihr noch weitere Gäste, welche mit euch die Bühne geteilt haben, als da wären Steven Wilson, Tomer Jones, der Vater von Yossi und Yehuda Poliker. Wie kam es zu der Idee, all diese Personen auf die Bühne zu bringen, wie habt ihr das letztendlich umgesetzt?
Bei unseren Konzerten hier in Israel bringen wir immer noch einige Gastmusiker mit, um es für unser Publikum noch ein wenig interessanter zu gestalten. Die Leute lieben es, wir lieben es, es feuert uns an, also gewinnt jeder dabei. Die DVD zeigt ein spezielles Festkonzert, also hatten wir auch besondere Gäste. Yehuda Poliker ist ein sehr bekannter israelischer Singer. Jeder kennt ihn hier, ich denke man könnte ihn einen Mainstream-Sänger, aber er ist ein lokaler Held für uns aus zahlreichen Gründen. Steven Wilson, nun, ich denke, ich muss nicht erklären, weshalb er ein Held für uns ist. Wir sind privilegiert zu sagen, dass er auch ein enger Freund von uns ist, und er war auch Teil unseres letzten Albums.
Stichwort Steven Wilson, was ich wirklich sehr liebe ist seine Interpretation von „The Beloved’s Cry“. Was kommt dir in den Sinn, wenn du dich an den Moment zurückerinnerst, als er das Stück alleine auf der Bühne vortrug?
Es ist eine große Ehre für uns, dass Steven einen unserer Songs sang, und ihm etwas von seiner speziellen Interpretation gab. Er ist ein großartiger Künstler, und was immer er auch angeht, erhält seinen Charakter und seine eigene Farbe. Er sprach auch einige warmherzige Worte über uns auf der Bühne, und wir schätzen das sehr. Seine Version von „The Beloved’s Cry“ ist sehr ergreifend und bewegend. Wir standen alle hinter der Bühne und sahen ihm zu, während er das Stück spielte, und sind vor Aufregung fast geschmolzen, und das ist was wir jedes Mal fühlen, wenn wir die DVD ansehen.
Eine weitere Besonderheit sind die beiden Stücke, welche ihr mit Yehuda Poliker gespielt habt. Welche Verbindung habt ihr mit Yehuda? Bitte stellt den Mann unseren deutschen Lesern vor!
Wie ich bereits sagte, ist er ein sehr bekannter Mainstream Sänger in Israel. Er war ein richtiger Rock’n’Roll Kerl in den Siebzigern, und hatte riesigen Erfolg in Israel während der letzten 30 Jahre. Seine Herkunft ist aus Griechenland, und seine großartigste Einzigartigkeit ist die Vermischung von Rock’n’Roll mit griechischen Klängen. Wenn du unsere Musik kennst wirst du verstehen, dass wir etwas Ähnliches wie er tun, es war also musikalisch eine gute Übereinstimmung. Und es gibt da den wichtigen Fakt, dass der Name ORPHANED LAND aus einem seiner Songs stammt. Wir haben ihn dort vor 20 Jahren gefunden und uns dazu entschieden, ihn zu verwenden.
Dann kommen wir gleich zu euren Anfängen als Band. Diese reichen zurück zu RESURRECTION, wo ihr Death Metal gespielt habt. Was waren eure damaligen Einflüsse? Und habt ihr auch Songs oder zumindest Teile davon für ORPHANED LAND verwendet?
Am Anfang begannen wir als ziemlich konventionelle Death-Metal-Band. Wir waren beeinflusst von Bands wie SEPULTURA, MORBID ANGEL, CARCASS, CANDER, DEATH… diese Richtung. Der Weg, oder auch Schnitt, von RESURRECTION hin zu ORPHANED LAND war allerdings nicht scharf. Der Wechsel des Namens erfolgte augenblicklich, aber der Wechsel des Stils benötigte einige Zeit, um uns bewusst zu werden. Es gab da eine Grauzone, in welcher die Stücke irgendwo in der Mitte zwischen hier und dort steckten, aber im Laufe der Zeit nahmen wir unser erstes Demo „The Beloved’s Cry“ auf, die Lieder klangen wie sie die ORPHANED FANS heute kennen, und auch seit damals gab es eine konstante Entwicklung in unserer Musik, von Album zu Album.
Wie würdest du den Geist von ORPHANED LAND beschreiben?
Ich denke, die wichtigste Sache über uns ist der Umstand, dass wir uns immer anstrengen, etwas Einzigartiges zu erschaffen. Wir behalten auch einen offenen Geist, also sind wir vielleicht keine typische Metalband. Das kann eine gute, oder auch eine schlechte Sache sein, aber wir versuchen immer, die Vorteile daraus zu nutzen. Wir kommen aus einem unkonventionellen Platz der weltweiten Metalszene, und wir benutzen diesen Fakt um Musik zu erschaffen, die nicht wie alles andere klingt. Unsere Botschaft ist auch einzigartig in der Szene. Metalbands haben gewöhnlich keine sehr positive Agenda. Sie singen nicht über die Themen, über welche wir es tun, und das ist ebenfalls Teil unseres Geistes.
Ihr beschreibt eure Musik als eine Waffe, um Grenzen niederzureißen, seien diese religiös, ideologisch oder politisch. Wir können in der Dokumentation Fans von arabischen Ländern sehen, wie sie ihre Verbindung zu ORPHANED LAND beschreiben, und die Probleme, welche sie haben. Gibt es da auch eine andere Seite, dass ihr Probleme habt mit radikalen Fanatikern, welche euch dafür haben, dass ihr eure Botschaft verkündet, dass ihr versucht, mit Leuten aus arabischen Ländern in Verbindung zu stehen? Erhaltet ihr Drohungen? Und habt ihr in einigen Ländern, vielleicht auch eurer Heimat, irgendwelche speziellen Sicherheitsmaßnahmen?
Wir verwenden niemals spezielle Sicherheitsmaßnahmen, vor allem nicht in unserem Heimatland. Israel ist eine Demokratie und ein ziemlich freies Land. Die Leute hier hören sich an, was sie wollen, essen was sie wollen, und ziehen sich an, wie sie wollen. Natürlich gibt es überall Extremisten, aber wir haben niemals irgendwelche negative Haltungen erhalten. Wenn spezielle Sicherheitsvorkehrungen notwendig wären, hätten wir es auch getan, aber bis jetzt war dies noch nie notwendig.
Ihr habt auch einige Konzerte in Indien gespielt. Wie verlief diese Tour, und was waren deine Eindrücke des Landes, der dortigen Metalszene und der Metalfans?
Zuerst ist es wichtig zu wissen, dass ich eine persönliche Verbindung zu Indien habe. Ich bereiste das Land für sieben Monate vor ungefähr 10 Jahren, und ich habe mich in dieses Land komplett verliebt. Es ist wirklich ein einzigartiger Platz. Die Leute dort haben nicht viel, aber es ist exakt der Platz, an dem du sehen kannst, dass du auch nicht viel benötigst, um glücklich zu sein. Wie auch immer, die Tour mit der Band war sehr unterschiedlich zu meiner eigenen Reise, aber die Atmosphäre war ziemlich ähnlich. Es gibt dort eine coole Metalszene und die Leute dort dürsten nach guter Musik. Ich weiß, dass in letzter Zeit dort viele Metalbands gespielt haben, und wir schauen definitiv nach der Möglichkeit, bald dorthin zurückzukehren.
Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören dir!
Danke, es war ein Vergnügen! Wir freuen uns schon auf die kommende Europatour. Wir haben großartige Supportbands und werden eine richtige Mittlerer-Osten-Metal-Party steigen lassen. Wir sehen uns bald!
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