Orden Ogan
Interview mit Seeb und Nils zu "Easton Hope"
Interview
Mit „Easton Hope“ legt die Arnsberger Melodic-Power-Metal-Formation ORDEN OGAN ordentlich nach und toppt den hochgelobten Vorgänger „Vale“ in allen Belangen. Dass es nicht auf Anhieb „Klick“ gemacht hat, dürfte wohl daran liegen, dass sich die Band quasi neu erfunden hat und den Zuhörer mit einer Vielzahl an Elementen bombardiert, die erst einmal verarbeitet werden müssen…
„Easton Hope“ wurde bereits im Vorfeld hier und da hochgelobt, obwohl das Album tatsächlich erst Ende November komplett fertiggestellt wurde, und – zumindest nach den ersten zwei/drei Durchläufen – nicht immer überzeugt. Die Songs haben sich zumindest mir erst sehr viel später erschlossen, dabei sind die Kompositionen nicht wirklich sperriger als auf „Vale“, aber als Zuhörer muss man sich offensichtlich erstmal an die vielen neuen Elemente, die ihr diesmal verwendet habt, gewöhnen…
Nils: Mit „Easton Hope“ wollten wir eine CD machen, die musikalisch eine konsequente Weiterentwicklung von „Vale“ darstellt. Das fängt beim Songwriting an und hört bei der Produktion – die jetzt um einiges fetter klingt – auf. Was allerdings durchweg geblieben ist, ist der Anspruch an uns selbst, einfach gute Musik zu machen. Tatsächlich sind einige neue Elemente dazugekommen. Tracks wie „Easton Hope“ oder „Nobody Leaves“ sind durch die Bank härter als alles was wir vorher gemacht haben. Auch sind nun die orchestralen Elemente – die auf der „Vale“ auch schon vorhanden waren, allerdings in der Mischung untergegangen sind – weiter im Vordergrund. Leute, die „Vale“ mochten, sollten sich in meinen Augen allerdings nicht erst daran gewöhnen müssen, sondern von Anfang an weggeblasen werden. (lacht)
Seeb: „Vale“ war ursprünglich ähnlich ausgelegt wie die „Easton Hope“ es ist, sehr orchestral und mit vielen verschiedenen Elementen. Davon ist leider sehr viel beim Mix auf der Strecke geblieben. Möglicherweise werden wir die ganze Scheibe komplett remixen. Mal sehen. Zur Eingängigkeit von „Easton Hope“ gibt’s bisher ganz unterschiedliche Meinungen, von Leuten, die von Anfang an alles im Ohr hatten, z.B. Andreas Schöwe, bis zu Leuten, die etwas länger für die Platte gebraucht haben, wie du z.B. Aber Platz 9 im RockHard und Platz 4 im Metal Hammer sprechen wohl eine deutliche Sprache. Es gibt viele Scheiben, die sich einem erst nach und nach erschließen. Die haben dafür dann aber auch oft das Zeug zum Klassiker.
Was macht denn eurer Meinung nach ein gutes Album aus?
Nils: Mich packen Alben, die mir etwas Neues bieten, einen neuen Ansatz liefern. Die sehr minimalistische Herangehensweise von FATES WARNING auf „A Pleasant Shade Of Gray“ hat mich damals umgehauen. Sowas hatte ich vorher nie gehört. Die aktuelle KATATONIA-Platte zum Beispiel ist auch unglaublich interessant. Die klingt z.B. beim ersten Durchhören etwas langweilig, da sich die Songs untereinander sehr ähnlich sind. Nach 2-3 mal hören bin ich aber sowas von abgetaucht – einfach eine göttliche Scheibe. Mir hat sich OPETH auch nie erschlossen. Und dann kam „Watershed“ mit den alten Mellotron-Sounds und fantastischen Harmonien… Genial. Fazit: Kopien zählen einfach nicht. Ich muss schon erkennen können, dass sich eine Band echte Gedanken gemacht hat.
Seeb: Bei OPETH stimme ich dir komplett zu. Ansonsten würde ich generell sagen, dass man einer Band anmerkt, ob sie noch das Feuer hat oder wie METALLICA bei „St.Anger“ alles erreicht und nichts mehr zu geben hat. Ein gutes Album braucht gute Songs, und die müssen nicht immer nur „neu“ und „anders“ sein. GAMMA RAY haben auf der „Land Of The Free“ auch nicht den Power Metal neu erfunden, trotzdem ist die Scheibe ein Meisterwerk.
Der Titel „We Are Pirates“ sorgte bereits im Sommer für Furore, nicht nur als Hommage an die wohl bedeutendste deutsche Heavy-Metal-Band, nämlich RUNNING WILD, sondern vor allem auch deshalb, weil RTL diese Nummer zum Soundtrack für seine Formel-1-Übertragungen erkor. Wie ist das denn zustandegekommen?
Seeb: Der Clip zu „We Are Pirates“ hatte auf YouTube innerhalb von zwei Monaten schon über 30.000 Clicks, wurde also begeistert aufgenommen. Als ich die erste SMS bekam, in der stand „ORDEN OGAN läuft gerade auf RTL“, hab ich das noch für einen Scherz gehalten. Nach der zehnten etwa habe ich dann aber auch mal den Fernseher eingeschaltet. Die RTL-Redaktion hatte den Clip auf YouTube gesehen und war direkt so beigeistert von dem Song, dass sie ihn prompt als Trailermusik für die Formel-1-Übertragung mit etwa 11 Millionen Zuschauern genutzt hat. Wir haben uns da natürlich sehr drüber gefreut und sind jetzt auch mit RTL in weiteren Verhandlungen.
ORDEN OGAN ist eine Band, die bisher sehr viel eigene Energie in Business-Aspekte gesteckt hat. Wie wichtig ist für euch daher eine Kooperation mit einem Label wie AFM Records, mit denen ihr im letzten Jahr einen Deal abgeschlossen habt? Werdet ihr euch trotzdem weiterhin um viele Angelegenheiten selbst kümmern, oder seid ihr froh, in AFM Records einen Partner gefunden zu haben, der euch ggf. einige Entscheidungen, zumindest was die Promotion angeht, abnehmen kann und wird?
Nils: Der Deal mit AFM war ein mehr als nötiger Schritt, um uns weiterzuentwickeln. Denn mehr konnten wir aus eigener Kraft nicht mehr leisten. Wir werden uns nach wie vor den Arsch aufreissen, und AFM legen einfach noch eine Schippe drauf.
Seeb: Naja, wenn du als Band etwas erreichen möchtest und kein reiches Label im Rücken hast, dass dich ohne Ende pusht, musst du logischerweise viel selbst machen. Die Do-It-Yourself-Mentalität hat uns dahin gebracht, wo wir jetzt sind – ich bin sehr stolz darauf und es auch nicht mehr anders gewöhnt. Ich versuche wirklich den Kontrollfreak in mir zum Schweigen zu bringen, aber irgendwie ist es jedes Mal, wenn ich jemand anderem blind vertraue so, dass es herbe Rückschläge gibt oder gar einen Supergau nach sich zieht. Wir haben z.B. vor einigen Monaten bereits einen Videoclip zu „Nobody Leaves“ gedreht, mit einem – so möchte man meinen – erfahrenen Team, mit dem wir auch vorher unsere Vorstellungen besprochen haben. Während des Drehs dachte ich mir dann immer wieder: „Warum bewegt sich denn der Kran so langsam? Naja, die werden schon wissen was sie tun…“, und ich bekam auch genau diesen Satz desöfteren von meinen Bandkollegen zu hören. Das Ergebnis war ein Clip, der von AFM Records abgelehnt wurde. Zu Recht…
Kommen wir wieder zurück zum neuen Album. „Easton Hope“ spinnt die Storyline um Alister Vale des Vorgängers ein ganzes Stück weiter. Ist Herr Vale eigentlich mittlerweile so eine Art Maskottchen für euch? Seeb, identifizierst du dich evtl. sogar mit der Titelfigur?
Seeb: Klar, ich stehe gern bei Sonnenuntergang auf einer Klippe und gucke mir brennende Städte an. (lacht) Aber um genau zu sein spinnt „Easton Hope“ die Story auch nicht weiter, sondern eher zurück, da die Platte der Storyvorgänger von „Vale“ ist. Alister ist so eine Art Maskottchen geworden, ja. Vermutlich wird er auch bei der nächsten Platte noch auftauchen…aber so weit denken wir jetzt noch nicht und freuen uns erstmal auf den weltweiten Release von „Easton Hope“.
Wie wichtig findest du allgemein ein bestimmtes Symbol oder eine Figur, die mit einer Band in Verbindung gebracht wird? Denkst du, dass der Erfolg einer Band auch von solchen Dingen abhängt?
Seeb: Jein. Eddie ist bei MAIDEN natürlich nicht wegzudenken. METALLICA, als größte Metalband aller Zeiten, haben ein geniales Logo, das du auch mit 8 Promille noch an jede Klotür malen kannst, genau wie bei SLAYER. IN FLAMES und MACHINE HEAD beispielsweise sind allerdings mittlerweile auch riesig, haben aber sowas nie nötig gehabt. Die Zeiten und die damit zusammenhängende Wahrnehmung…der Jugend…ändert sich ja auch. Aber beinflussen tun solche Dinge den Werdegang einer Band schon.
Für „Easton Hope“ habt ihr diesmal auch mit einigen Gastmusikern gearbeitet, zum Beispiel mit dem Ex-RUNNING WILD-Gitarristen Majk Moti („We Are Pirates“) und mit Ex-BLIND GUARDIAN-Drummer Thomen Stauch („Nothing Remains“). Erzählt mal, wie hat die Zusammenarbeit jeweils funktioniert? Lief alles nach euren Vorstellungen ab?
Nils: Die Arbeit war großartig, da sowohl Majk als auch Thomen superprofessionelle Leute sind, die es einfach können. Darüberhinaus sind beide richtig angenehme Kollegen, mit denen die Arbeit einfach Spaß macht. Mit Majk haben wir uns sogar privat ein paar mal getroffen und es war immer lustig.
Seeb: Da kann ich nur zustimmen. Mit Majk lief die ganze Sache auf sehr persönlicher und freundschaftlicher Ebene ab. Jedes Mal wenn wir uns getroffen haben, war die Musik eher eine nette Nebensache. Wir haben auch jetzt noch regen Kontakt und werden wohl hoffentlich demnächst noch das eine oder andere Mal miteinander auf die Bühne gehen, da Majk ja jetzt auch wieder Vollzeit bei WILD KNIGHT ist. Mit Thomen hatten wir auch viel Spaß, allerdings liefen die Aufnahmen hier etwas strenger und professioneller ab, sprich: wir haben gearbeitet. Mussten wir aber auch, da wir nur einen Tag für Drumaufbau, Soundcheck und Einspielen hatten. Das hat aber super funktioniert, auch wenn Thomen am liebsten nach JEDEM Take ’ne Kippe geraucht hätte. (lacht)
Wie bereits für „Vale“ konntet ihr auch diesmal wieder Andreas Marschall für das Cover-Artwork gewinnen. Hatte Andreas die Gelegenheit vorher in eure neuen Songs hineinzuhören, oder nach welchen Wünschen und Vorstellungen hat er diese Vision umgesetzt?
Nils: Nachdem Andreas das Cover für „Vale“ so unglaublich umgesetzt hat – wir gaben ihm damals ein genaues Konzept – ließen wir ihm diesmal relativ freie Hand. Und das Ergebnis kann sich doch sehen lassen, oder???
Seeb: Andreas hört definitiv immer vorher schon Skizzen und Roughmixe der Songs, die wir dann aufnehmen. Das hilft ungemein, vor allem wenn es eine bestimmte Grundstimmung gibt, die man den Songs anmerkt. Bei „Easton Hope“ war diese Stimmung sehr düster und episch. Wir hatten schon eine Vorstellung davon, was auf dem Artwork zu sehen sein sollte, eine Art Konzept konnten wir ihm also geben. Bei der Umsetzung haben wir aber völlig auf sein Können vertraut. Ich glaube das ist bei so aussergewöhnlichen Künstlern wie Andreas auch sehr wichtig, dass man die nicht zu sehr lenkt oder einschränkt, sondern sie ihre eigene Vision der Sache umsetzen lässt.
Was ist eure Mission auf Erden?
Nils: Als Gottes Bote durchs Land wandern und „Du sollst „Easton Hope“ kaufen“ als elftes Gebot zu manifestieren. (lacht)
Seeb: Wo ist der Sinn, woher kommen wir, wo gehen wir hin… Darüber könnten wir Bücher schreiben. Ich glaube Spaß haben und sich selbst verwirklichen ist das wichtigste, was wir in der uns gegebenen Zeit anstellen können.
Wie und wo würdet ihr denn leben, wenn ihr keine Musik machen könntet?
Nils: Wenn ich meine Energie nicht in ORDEN OGAN gesteckt hätte, hätte ich vielleicht was Sinnvolles gemacht und wäre jetzt Millionär. (lacht)
Seeb: …das ist eigentlich meine Antwort. Du Penner! Kannste dir nicht mal was eigenes ausdenken?! (lacht) Vermutlich würde ich irgendwo auf einer Südseeinsel Pornos produzieren und die meiste Zeit auf meiner Jacht verbringen. (gröhl)
Ha Ha. Da das alte Jahr noch nicht ganz so weit zurück liegt, wie schaut denn eure Top Ten an Alben aus, die 2009 erschienen sind?
Nils: Uff…da komm‘ ich gar nicht auf 10… Auf dem ersten Platz wahrscheinlich KATATONIAs „Night Is The New Day“ und auf dem zweiten Platz auf jeden Fall MARK KNOPFLERs „Get Lucky“…
Seeb: Ich komm‘ da auch nicht auf zehn Alben. Deshalb meine Top Three: 1. HATEBREEDs „Hatebreed“, 2. BEHEMOTHs „Evangelion“ und auf Platz 3 SUIDAKRAs „Crógacht“.
OK, dann kommen wir jetzt langsam zum Schluss… Wo seht ihr denn ORDEN OGAN in fünf bis zehn Jahren?
Nils: Ich hoffe, dass die Band weiter wächst, immer mehr Leute von ORDEN OGAN erfahren und wir irgendwann vom Musikmachen leben können. Eine Welttournee würde uns viel Spaß bereiten. Ich würde gerne mal in Japan spielen, da ich schon als 3-jähriger „Made In Japan“ von DEEP PURPLE gehört habe. Die Platte hat bei mir echt was ausgelöst…
Seeb: In fünf Jahren um 20 Uhr bei Rock am Ring auf der Mainstage, und in zehn Jahren um 23 Uhr?!
He He, dann meine letzte Frage an euch: Seid ihr bereit für den Metal zu sterben? (lacht)
Seeb: Was ist denn das für ’ne Frage? Bleibt mir was anderes übrig?! (lacht)
Nils: Ha Ha Ha! (lacht) Hail and Kill!
Vielen Dank! Die letzten Worte gehören euch:
Nils: …die gehören unseren treuen Fans und den Leuten, die uns über die Jahre unterstützt haben. Viele Leute vergessen, dass man mit EINER Platte, oder EINEM Shirt, das man kauft, eine Band tatsächlich richtig supportet und dazu beiträgt die Musik zu erhalten. Heutzutage geht’s ja nicht darum, viel Geld zu verdienen, sondern tatsächlich darum, eine Band am Leben zu halten. Jede CD, jedes Shirt zählt! SAVE HEAVY METAL! KAUFT CDs!! …und kommt auf unsere Konzerte natürlich… (grinst)
Seeb: Amen! (grinst)
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Stile | Heavy Metal, Melodic Metal, Power Metal |
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