October Falls
Interview M. Letho zu "The Plague Of A Coming Age"

Interview

October Falls

Mit „The Plague Of A Coming Age“ ist OCTOBER FALLS mal wieder ein sehr anmutiges, melancholisches, atmosphärisch dichtes Werk voll epischer Klangwelten gelungen. Wir sprachen mit Bandleader und Songwriter M. Letho, was hinter diesem bittersüßen Juwel steckt.

October Falls

 

Die Veröffentlichung eures neuen Albums „The Plague Of A Coming Age“ war ursprünglich für Winter 2011 geplant. Weshalb kam es zu dieser langen Verzögerung?

Da gab es tatsächlich einige Gründe für die Verzögerung. Ein Grund war mein Umzug, deshalb wurden die Aufnahmen der Gitarren und des Gesang verschoben, auch einige Bassparts mussten noch aufgenommen werden. An diesem Punkt fehlten auch noch alle klaren Gesänge, und am Ende war der Typ, welcher unser Material aufgenommen und gemischt hatte so sehr mit anderen Arbeiten beschäftigt, dass sich auch der Mix hinausschob. Letztendlich hatte sich das Album an die 15 Monate vom ursprünglichen geplanten Termin verschoben, aber ich halte das inzwischen für eine gute Sache, da sich in dieser langen Zeit viele Dinge verändert haben. Ich glaube nicht, dass das Album andernfalls so stark und variantenreich geworden wäre.

Euer neues Album ist für mich die erwachsenste Leistung von OCTOBER FALLS bisher, die Stücke klingen sehr reif und abwechslungsreich. Wie beurteilst du euer neues Album? Worin siehst du selbst die Unterschiede zwischen diesem und „A Collapse Of Faith“?

„A Collapse of Faith“ war ein sehr konzeptionelles Album und sicherlich nicht so abwechslungsreich wie „The Plague Of A Coming Age“. Für mich war es wichtig, nach Neuem zu suchen anstatt wie einzelne große Stücke zu machen, ich wollte mich auf kürzere Songs konzentrieren und auf einen eher Bandorientierten Sound.  Es gibt auch einige neue musikalische Instrumente, welche wir eingeführt haben, wie klaren Gesang, klare elektrische Gitarre und die Songs sind auch etwas mehr Rifforientierter dieses Mal. Also wie gesagt, der größte Unterschied ist, dass das gesamte Album nun mehr songorientierter als jegliches andere OCTOBER FALL-Album zuvor ist. Und das ist etwas Neues, das ich dieses Mal versuchen wollte um zu verhindern, immer wieder das gleiche Album zu machen.

Wie kam es zu der Idee, Tomi Joutsen (AMORPHIS) auf den Stücken „Boiling Heart Of The North“ und „The Plague Of A Coming Age“ den Gastgesang zu überlassen? Wie kam der Kontakt mit ihm zustande?

An einem bestimmten Punkt war es offensichtlich, dass das Album einige Songs hatte, welche klaren Gesang bedürfen, und ich kann diese selbst nicht singen, also sprach ich über verschiedene Optionen mit Marko (Tarvonen, Schlagzeug, Anmerk. d. Verf.) und er regte an, dass wir Tomi fragen sollten, da sie sich bereits vorher kannten. Wir kontaktierten also Tomi, sandten ihm die Stücke und die Songtexte, und er stimmte zu, den klaren Gesang übernehmen zu wollen. Danach mussten wir lediglich noch die richtige Zeit finden, um uns im Studio zu treffen und alles aufzunehmen. Die Aufnahmen verliefen sehr einfach und ich finde, dass seine Stimme perfekt zu dem Material passt.

Mit Sami Hinkka (ENSIFERUM) habt ihr einen neuen Bassisten in der Band. Wie kam es dazu?

Als wir an der Arbeit mit dem neuen Material begannen, wurde es offensichtlich, dass unser bisheriger Bassist V. Metsola nicht mehr daran interessiert war, weiter Bestandteil von OCTOBER FALLS zu sein, also brauchten wir jemanden, der ihn ersetzt. Zu diesem Zeitpunkt waren wir bereits im Studio, um das Schlagzeug aufzunehmen, als Marko meinte, dass er einen tollen Bassisten kenne, und er rief Sami an. Nur eine Stunde später war er schon im Studio und hörte sich unsere Demos und das frisch aufgenommene Schlagzeug an, und er war bereit, sofort einzusteigen.

Probt ihr eigentlich als Band, oder schreibst du zuhause alleine die Musik und die anderen Mitglieder kommen später einfach ins Studio und nehmen das auf, was du ihnen vorgibst?

Wir sind ziemlich weit von einer traditionellen Band entfernt, da wir überhaupt nicht miteinander proben, und bisher habe ich alle Musik alleine geschrieben und auf Demos aufgenommen. Danach übergebe ich die Demos den anderen, und sie kommen dann mit ihren Anregungen und Meinungen. Was das neue Album betrifft, nachdem die Demos fertig waren, gab mir Marko einige Anregungen, und wir haben einige Songstrukturen und Schlagzeugparts geändert, aber als Sami an Bord kam, war das Schlagzeug schon fertig aufgenommen, weshalb er ins Song arrangieren nicht involviert war, andererseits hatte er aber freie Hand mit seinen Basslinien, und grundsätzlich waren alle Basstöne von ihm geschrieben. Ich glaube, es ist großartig, auch andere Meinungen und Ideen zuzulassen, da dadurch das Material variantenreicher wird, und grundsätzlich wäre das neue Album wahrscheinlich sehr eindimensional ohne deren Input.

Wenn du neue Stücke komponierst, bist du da spontan oder eher bemüht, Intermezzi, Strophen und Refrain einzusetzen?

Das ist ein sehr spontaner und nicht durchgeplanter Prozess. Wenn ich etwas schreibe, denke ich wirklich nicht darüber nach, was daraus wird, es entwickelt sich einfach langsam von verschiedenen Teilen zu einem vollständigen Song. Manchmal ist das Material eher akustisch orientiert, und manchmal funktioniert es mit einer harschen Herangehensweise besser.  Ich glaube nicht, dass immer alles nach einem bestimmten Stil oder Schema mit Strophen und Refrains auf immer dieselbe Weise sein sollte, und ich hatte oft viele einzelne Teile geschrieben und sie erst später zusammengefügt. Manchmal entstehen daraus auch Songs mit einem standardisierten Muster, manchmal aber auch nicht, es geht einfach darum, was für mich am besten klingt und nicht darum, wie es vielleicht sein sollte. Vielleicht ist „The Plague Of A Coming Age“ in gewisser Hinsicht etwas standardisierter von der Struktur als es „A Collapse Of Faith“ war, aber das war ein natürlicher Prozess und nichts wurde in bestimmte Strukturen gepresst, außer dass ich mich bemüht habe, die Songlängen dieses Mal kürzer zu halten. 

Stell dir vor, du könntest „The Plague Of A Coming Age“ einer grundsätzlich interessierten Person vorspielen, welche vielleicht vorher noch nie etwas von OCTOBER FALLS gehört hat. Wie wären für dich die perfekten Umstände, um dein Album zu präsentieren?

Alles, was für den genannten Hörer die bestmöglichste Umgebung darstellt. Der Hörer sollte die Möglichkeit haben, sich vollständig auf die Musik zu konzentrieren, die feinen Details hören können, also vielleicht Kopfhörer, gedimmtes Licht und dazu die Songtexte.

Liegt „The Plague Of A Coming Age“ ein Konzept zugrunde? Worüber handeln die Texte? Und was ist die Bedeutung des Albumtitels?

Ich habe immer ziemlich konzeptorientiertes Material geschrieben, und dieses Mal wollte ich einen Schritt davon wegmachen, aber tatsächlich sind die Texte mit bestimmten Themen und Konzepten verbunden. Es geht darum, wie Nationen auseinanderbrechen und Brüder gegeneinander kämpfen. Wie falscher Glauben Familien auseinanderreist, die Schwäche der Menschen wird offenbart und am Ende gibt es keinen Retter und keine Erlösung, die Stärksten gehen voraus. Es ist ziemlich schwierig, das Ganze herunterzuschreiben in einer angemessenen Länge, und ich glaube auch nicht, dass es so nötig ist, es kurz zu erläutern. Ich möchte das lieber dem Hörer überlassen, da meine Texte wie auch viele andere auf unterschiedliche Weise gelesen und interpretiert werden können. Es geht nur darum, wer sie liest.

Dieses Mal  hast du für das Cover keine deiner Naturaufnahmen verwendet, stattdessen hast du mit Santiago Caruso gearbeitet. Wie kam es zu dieser Idee? Hast du ihm vorher irgendwas gegeben, woran er sich festhalten oder arbeiten kann?

Da die musikalische Seite dieses Mal eine etwas andere Straße verwendete, wollte ich auch für das Artwork etwas Neues versuchen. Ich habe mich mit verschiedenen Künstlern befasst, welche noch nicht mit Coverarbeiten überansprucht sind, und sah letztendlich die Arbeiten von Santiago, und ich wusste sofort, dass das etwas ist, was die Atmosphäre des Albums perfekt reflektiert. Ich trat also in Kontakt mit ihm, sandte ihm einige meiner Ideen, welche ich auf der Zeichnung beinhaltet haben wollte, und auch einige Teile der Songtexte, und er malte das Stück darauf basierend und hat seine eigenen Visionen hinzugefügt. Ich halte es für großartig, er ist ein außergewöhnlicher Künstler.

Deine ersten musikalischen Schritte mit OCTOBER FALLS war dunkle akustische Musik ohne harsche Elemente. Hast du jemals darüber nachgedacht, wieder derartige Musik zu machen, vielleicht auch unter einem anderen Namen?

Ich habe tatsächlich einige Akustiksongs für Sampler und andere Veröffentlichungen in den letzten Jahren aufgenommen, also ist der akustische Stil nicht komplett vergessen, aber er verschwand etwas im Hintergrund für einige Jahre. Ich hoffe, ein reines Akustikalbum irgendwann mal wieder aufnehmen zu können, aber wir werden sehen, wohin die Reise führt. Wir werden übrigens das alte Akustikmaterial wiederveröffentlichen, da diese Alben heutzutage nur noch schwer zu bekommen sind.

Was habt ihr als nächstes geplant?

Es gibt keine neuen Pläne, da wir uns sehr auf das neue Album konzentriert haben, anstatt in die nächste Zukunft zu denken. Für mich geht es nur um die augenblickliche Inspiration und an dieser Stelle ist es unmöglich zu sagen, was als nächstes kommt. Ob wir ein harscheres Album wieder machen, oder mit akustischem Material zurückkommen, es ist zu früh, das zu beantworten. Ich denke, ich werde später im Jahr an neuen Songs arbeiten, die Zeit wird es also zeigen.

31.03.2013

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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