Northern Kings
Ich habe versucht das Beste aus der Situation zu machen und bekam fast einen Schock, als ich später die fertigen Songs hörte...
Interview
Tony Kakko, soviel steht definitiv fest, ist ein unheimlich sympathischer Interviewpartner. Jedenfalls war Tony (SONATA ARCTICA) – neben Marco Hietala (NIGHTWISH, TAROT), J.P. Leppäluoto (CHARON) und J. Ahola (TERÄSBETONI – die finnische Eurovision-Hoffnung 2008) einer der vier NORTHERN KINGS – an diesem Abend, als er mich zur vereinbarten Zeit in Bukarest anrief, ausgesprochen gut gelaunt, lachte viel und widmete sich aufmerksam meinen Fragen zum Thema NORTHERN KINGS, die mit ihrem Album „Reborn“ altbekannte 80er-Klassiker in neuen Metal-Versionen aufleben liessen und in ihrem Heimatland Finnland aufgrund mehr als 17.000 verkaufter Einheiten unlängst mit Gold ausgezeichnet wurden. Dabei mag man zu Cover-Versionen stehen wie man will, „Reborn“ allerdings zählt zu den innovativsten Veröffentlichungen in dieser Sparte und hat es verdient, Gehör zu finden. Ausserdem könnt ihr nachlesen, wie sich Tony in einem kleinen Quiz bewies, das wir noch ziemlich spontan zum Ende des Interviews zusammen spielten…
Hi Tony! Das erste Album der NORTHERN KINGS enthält eine extrem gute Auswahl an Pop- und Rock-Klassikern, die nun auf „Reborn“ eine bombastische Wiedergeburt als heldische Epen, griffige Rocksongs, herzzerreißende Balladen und orchestrale Pophits erfahren. Das Album erschien bereits Ende Oktober in Finnland und ist erst seit Februar diesen Jahres auch in Deutschland erhältlich. Warum wurde das Album eigentlich nicht schon früher in Deutschland veröffentlicht?
Ganz ehrlich, ich habe keine Ahnung! (fängt an zu lachen) Aber in Finnland haben wir für das Album bereits Gold bekommen und das ist ziemlich cool.
Gratulation! Aber das liegt sicherlich auch daran, dass die NORTHERN KINGS ein wirklich hervorragendes All-Star Line-Up der finnischen Metal-Szene zu bieten haben. Wie habt ihr eigentlich zusammengefunden und wer hatte ursprünglich die Idee zu diesem Projekt?
Ursprünglich kam alles durch eine Idee von Warner Music vor über einem Jahr ins Rollen, als wir zwei Weihnachtsalben eingesungen haben – „Heavy Christmas“ und „Heavier Christmas“ – auf denen aus alten Weihnachtsliedern Heavy-Metal-Versionen gemacht wurden. Wir hatten soviel Spass, dass wir damals beschlossen im selben Line-Up irgendwann noch einmal Songs zu covern. Letztendlich wurde uns eine fantastische Auswahl an Pop- und Rock-Klassikern vorgeschlagen und jeder von uns suchte sich seine Lieblingssongs aus, die er persönlich singen wollte oder schlug jemanden der anderen dafür vor. Ich habe mich wahnsinnig gefreut, dass auch einer meiner Lieblingssongs mit dabei war – nämlich „Ashes To Ashes“ von David Bowie – und diese Nummer wollte ich natürlich selbst unbedingt machen. He He. (lacht)
Sehr schön. Habt ihr euch eigentlich irgendwann einmal zusammengesetzt und in Ruhe darüber gesprochen, welche Songs ihr wirklich covern wollt und wer welche Songs singt oder gab’s auch Ideen für eigene Songs?
Ganz am Anfang hat man uns angeboten eigene Ideen mit einzubringen, aber niemand von uns hatte wirklich Zeit dafür, denn wir alle sind natürlich sehr mit unseren eigenen Bands beschäftigt. Also…nein, wir hatten einfach keine Zeit uns öfters zu treffen und über alles zu reden. Die ganze Sache lief daher hauptsächlich über E-Mails. Das einzige Mal, dass tatsächlich alle vier Sänger aufeinandertrafen, war für das Photo-Shooting.
OK, jeder von euch hat seine eigene Band, ist Frontman und Sänger und sehr beschäftigt. Aber wer war im Endeffekt am häufigsten in diesem Projekt involviert? Wer hat die Songs arrangiert und wer sind die Musiker, die die Instrumente gespielt haben?
Hinter der Instrumentierung und den symphonischen Parts steckt eigentlich nur eine Person: Mikko P. Mustonen. Er ist ein wirklich ausgezeichneter Musiker und hat die klassischen Instrumente arrangiert. Ausserdem war auch unser Produzent Erkka Korhonen sehr stark am Entstehungsprozess beteiligt. Diese beiden haben an den meisten Arrangements gearbeitet. Ich habe nur an den Vocal-Arrangements gearbeitet und bekam dafür auch die Credits… Wir haben unheimlich viele Backing Vocals und ein paar verrückte Sachen mit meiner Stimme angestellt. Jeder von uns Sängern war letztendlich auch selbst für seine Vocals verantwortlich. Ich hatte leider nicht genug Zeit um mich um weitere Dinge zu kümmern, also habe ich relativ schnell an meinen Parts gearbeitet, denn ich hatte nur drei Songs und drei Tage dafür Zeit, die ich noch schnell vor der Nord-Amerika-Tour mit SONATA ARCTICA nutzte. Ich hatte zwar schon Wochen vorher immer mal wieder angefragt, wann ich denn die Songs bekommen könnte, um an meinen Vocals zu arbeiten und als es dann soweit war, bekam ich allerdings nur Rohfassungen mit Drums und Guitars… (lacht) Das war total verrückt! Ich hab‘ versucht das Beste aus der Situation zu machen und bekam fast einen Schock, als ich später die fertigen Songs hörte: „Oh, ihr habt dieses Arrangement verwendet? Das hab‘ ich so nicht erwartet…“ (lacht)
Aber du warst doch positiv überrascht?
Das war kein wirklicher Schock, sondern tatsächlich eine positive Überraschung, ja. Ich konnte zunächst gar nichts mehr sagen und habe mir die Songs einige Male immer und immer wieder selbst vorgespielt und gedacht: „Einen Monat nach den Recordings höre ich jetzt die fertigen Versionen… Was für grandiose Arrangements und Instrumentierungen verwendet wurden!“ Das war alles sehr viel besser als ich gedacht hatte. Extrem gelungen. Hast du schon das Album gehört?
Ja, ich hab‘ mir das Album schon einige Male angehört und find’s grossartig! Was meinst du, warum ich so hinter diesem Interview her war? (lacht) Aber lass uns jetzt mal kurz über die Atmosphäre des Albums zu sprechen kommen. Viele der Songs sind sehr symphonisch ausgerichtet und bombastisch arrangiert. Stimmst du mir zu, dass „Reborn“ auf gewisse Art und Weise wie ein Musical wirkt?
Ja! „Reborn“ ist schon so eine Art klassisches Musical, du hast Recht. Die Songs – zum Beispiel „Creep“ – klingen so, als ob sie für einen Film von Tim Burton gemacht wurden. Ich bin vom Ergebnis immer noch total umgehauen… (lacht)
Ich habe das Gefühl, dass eure Versionen völlig unterschiedliche Emotionen frei setzen als die Original-Songs. So zum Beispiel bei „Hello“ von LIONEL RICHIE, der ja im Original ziemlich langsam und recht melancholisch daherkommt, während euer Cover sehr viel schneller gespielt ist und sogar einen ausgesprochen positiven Grundtenor enthält… Warum habt ihr euch dazu entschieden die ursprünglichen Grundstimmungen ins Gegenteil zu kehren?
Ich hatte nichts damit zu tun! (lacht) Hierzu solltest du besser unseren Produzenten befragen. Dieses Projekt ist wirklich verrückt…jeder war so beschäftigt… Ich war in der letzten Zeit kaum wirklich zu Hause und die Produktion war für mich eine ziemlich schnelle Sache. Wir hatten wie gesagt unsere Chance Einfluss zu nehmen, jeder hätte seine Ideen mit einbringen können, aber ich hatte bisher schlichtweg nicht die nötige Zeit, mich intensiver mit diesem Projekt auseinanderzusetzen, denn ich war die ganze Zeit unterwegs und deshalb fällt es mir auch schwer solche Fragen zu beantworten… (lacht) Es gibt ja auch kein vorgegebenes Schema um Songs zu covern, insofern denke ich hat unser Produzent etwas Einzigartiges, etwas Einmaliges geschaffen.
Welche Original-Version gefällt dir eigentlich am besten und welcher Song von euren Covern hat’s dir besonders angetan?
Von den Originalen gefällt mir natürlich „Ashes To Ashes“ am besten und „Creep“ mag ich auch sehr. Ich mag viele Songs. „We Don’t Need Another Hero“ ist übrigens einer der besten Songs aller Zeiten (lacht). Von unseren Versionen gefällt mir „Creep“ wirklich ausgesprochen gut. Ich bin ein grosser Fan von Tim Burton und seinen Filmen, und dieser Song erinnert sehr stark an einen Soundtrack von Danny Elfman. Meiner Meinung nach hat JP, der diesen Song eingesungen hat, einen fantastischen Job gemacht. Alles klingt sehr rau und dunkel – ich mag generell Dark Rock und Metal – und irgendwie auch furchteinflössend…
Gut, dann kannst du jetzt sicherlich auch schon erahnen, welche Frage als nächstes kommen muss: Wer hat entschieden, wer welche Songs singt und gab‘ es diesbezüglich vielleicht irgendwelche Unstimmigkeiten zwischen euch?
Die Idee war die, dass jeder die Songs machen durfte, die er auch unbedingt singen wollte, vorausgesetzt natürlich, dass die dann auch wirklich ins Konzept passten. Meine Idee war es, dass ich unbedingt „Ashes To Ashes“ singen wollte und JP unbedingt „Creep“, und wir bekamen was wir wollten. (lacht) Ich kann mich aber nicht mehr daran erinnern, ob ich jemanden danach gefragt habe, ob ich „Sledgehammer“ machen dürfte… (lacht) Aber es war richtig schön, mal etwas anderes zu machen. Das ist wie eine Art Lernprozess für dich selbst.
Als ich zum ersten Mal das Cover-Artwork gesehen hatte, fiel mir sofort der Staub oder Schmutz auf eurer Kleidung auf. Was steckt hinter dieser Idee? Ich nehme an, dass das etwas damit zu tun hat, den Staub von den alten Songs zu wischen und sie in einem neuen Glanz erstrahlen zu lassen…?
(fängt an zu lachen) Niemand hatte wirklich eine Idee davon, wie das Cover am Ende tatsächlich ausschauen sollte, aber irgendjemand hatte wohl eine leichte Vorahnung, denn beim Photo-Shooting wurden für uns Latex-Masken angefertigt und wir bekamen ein Make-Up, das uns um viele Jahre hat altern lassen. Die Idee war wohl, dass wir Könige sind, wiedergeboren und soeben dem Grab entstiegen. Ich finde das Cover ist ziemlich cool… Vielleicht hätte ich ein oder zwei Dinge anders gemacht, aber… (lacht) …so ist das Leben!
Plant ihr denn auf Tour zu gehen oder zumindest ein paar Gigs in ausgewählten Locations zu spielen?
Wir haben einmal „We Don’t Need Another Hero“ live gespielt und dann musste ich mich sehr beeilen und meine Kleidung wechseln, denn knapp eine halbe Stunde später sollte ich mit SONATA ARCTICA spielen. (lacht) Das war die bisher einzige Show, die wir zusammen gespielt haben. Wenn alles klappt, werden wir vielleicht bald ein paar weitere Auftritte haben…wir werden sehen. Im Moment wird diesbezüglich allerdings nichts geschehen, denn Marco ist ja noch mit NIGHTWISH auf Tour. Vielleicht müsst ihr wohl oder übel damit leben, dass die NORTHERN KINGS keine Live-Band sind, weil wir mit unseren Hauptbands viel zu beschäftigt sind…
Werden die NORTHERN KINGS denn trotz allem Bestand haben? Ich meine, wird es denn vielleicht irgendwann auch ein zweites Album geben?
Wir wurden sogar bereits gefragt, ob wir an einem zweiten Album arbeiten wollen. Ich habe gesagt: „Ja, auf jeden Fall!“ Auch die anderen sind sehr daran interessiert, Marco, JP und Jarkko. Ich denke es wird mit Sicherheit ein zweites Album geben. „Reborn“ kommt – zumindest in Finnland – sehr gut an, wir haben bereits Gold erhalten, wie ich dir schon sagte, und wenn alles glatt läuft, wir also auch gute Verkaufszahlen in Deutschland, in Skandinavien und im Rest der Welt erzielen, dann gibt es definitiv keine andere Option als nachzulegen.
Würdest du dann gern weitere Pop- und Rock-Klassiker covern oder auch eigene Songs bringen?
Es wäre sehr schön auch ein paar eigene Songs mit dabei zu haben. Aber der eigentliche Fokus für dieses Projekt liegt im Covern von anderen Songs. Wir denken im Moment darüber nach, welche Songs wir auf die Liste setzen könnten. Ich würde ja sehr gern was von QUEEN covern…
OK, wie ich sehe ist die Zeit fast vorbei, aber ich würde noch gern ein kleines Quiz mit dir spielen. Es sind auch nur drei Fragen, die sich auf die Songs beziehen, die ihr gecovert habt, deshalb sollten die Antworten auch recht einfach sein, denke ich… Bist du bereit?
Ja, leg los!
OK, die erste Frage: Aus welchem Film stammt TINA TURNER’s „We Don’t Need Another Hero“?
Das ist wirklich einfach, natürlich aus „Mad Max 3: Thunderdome“! (lacht)
Ja, genau! Sehr gut. Ich wusste doch, dass du die Antwort weißt! Aber die nächste Frage ist etwas schwieriger: Der Song „Broken Wings“ ist im Original von einer Band namens MISTER MISTER. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere ist diese Band als Support eines Musikers bzw. einer Musikerin aufgetreten, den bzw. die ihr auf „Reborn“ auch gecovert habt. Von welchem Musiker bzw. von welcher Musikerin ist die Rede?
Pff, ich habe absolut keine Idee! (beide fangen an zu lachen)
OK, ich gebe zu, dass ich diese Antwort auch nicht auf Anhieb gewusst hätte. Die Antwort ist TINA TURNER.
(lacht)
Gut, die letzte Frage sollte aber wieder sehr einfach sein, denke ich. CUTTING CREW’s „(I Just) Died In Your Arms Tonight“ wurde bereits in 2003 von einer finnischen Gothic-Rock-Band gecovert. Wie heisst diese Band?
(spricht mit sehr leiser Stimme) Ich weiss nicht… Verdammt! (lacht) NIGHTWISH?
Nein, die Band heisst TO/DIE/FOR.
Ah! OK. Ich habe die ersten zwei oder drei Alben mal gehört…
OK, das war’s. Die Zeit ist jetzt auch schon vorbei…
Wenn du noch weitere Fragen auf Lager hast, schieß los! (lacht)
Ich würde dir ja noch gern ein paar Fragen zu den Arrangements der Songs stellen, aber du hast mir ja schon gesagt, dass ich diesbezüglich eher euren Produzenten Erkka und Mikko befragen sollte…
Ja, leider, das solltest du! Die beiden haben einen absolut grossartigen Job gemacht.
Tony, vielen Dank für das interessante Interview!
Das Quiz war grossartig, das hat mir sehr viel Spass gemacht, aber ich hab’s wohl vermasselt… (lacht)
Naja, ganz so einfach waren die Fragen wohl doch nicht… OK, wenn du unseren Lesern noch etwas mitteilen möchtest, hast du jetzt die Gelegenheit dazu:
Ich hoffe ihr gebt den NORTHERN KINGS eine Chance und findet Gefallen an den Songs. Hört einfach mal rein! Auf dem Album sind sehr talentierte, fantastische Sänger zu hören, vor allem Marco, JP und Jarkko! Seid immer aufgeschlossen und unterstützt uns, damit die NORTHERN KINGS vielleicht irgendwann doch eine Europa Tour spielen können.
Das wäre sehr cool… Danke!
Vielen Dank, Jens! Bye!