Nonexistence
Interview mit Mastermind Philip zu "Nihil"

Interview

Ein Mann, ein Wort, Ein Mann, gute Musik. „Nihil“, so der Name des ersten Albums, ist das gelungene Ergebnis einer klaren Vision. Was es dabei mit dem Cosmic Doom auf sich hat, warum NONEXISTENCE ein reines Egounternehmen ist und Mitmusiker nur bedingt erwünscht sind, erfahrt ihr unter anderem in den folgenden Zeilen…

Nonexistence

Hi Philip. Zunächst einmal Gratulation zu „Nihil“. Ein gelungenes Album, das sich sehen lassen kann. Du hast die Komposition übernommen, die Musik alleine eingespielt und auch alles andere drumherum erledigt, richtig?

Hallo Matthias! Vielen Dank für die netten Worte zu “NIHIL“. Wie du richtig bemerkt hast, wurden die Songs von mir geschrieben, arrangiert, eingespielt, aufgenommen und produziert. Durch mein Homestudio bin ich in der Lage, eine virtuelle Band wie NONEXISTENCE am PC zu erschaffen, wodurch ich keinerlei Einschränkungen bezüglich Besetzung oder Instrumentierung der Band unterliege.

Wie schwer ist es für dich, alles alleine zu machen? Ich meine, es erfordert eine Menge Selbstdisziplin und Durchblick, ein komplettes Album im Alleingang zu entwickeln. Fiel es dir schwer, „Nihil“ zu schreiben und aufzunehmen, oder ging es dir leicht von der Hand? Bist du ein geborenes Genie dem alles zufliegt oder arbeitest du hart an deiner Musik?

Nach vielen Jahren in „echten“ Bands habe ich das Gefühl, dass mir die Arbeitsweise als Solokünstler mehr entgegenkommt. Allerdings musste ich zu Beginn erst das erforderliche Wissen und Equipment erwerben, um alles alleine umsetzen zu können, was doch einige Zeit beansprucht hat. Danach war es mehr eine Frage des konsequenten Arbeitens und des Durchhaltevermögens, um meinen Ansprüchen gerecht zu werden. Von Improvisation ist NONEXISTENCE sehr weit entfernt, alles ist exakt geplant.

Welche Vision hattest du vor Agen, als „Nihil“ entstand. Hattest du ganz klare Vorstellungen davon, wie das Album klingen sollte, oder ist das Ergebnis ein reines Resultat des Zufalls?

NONEXISTENCE war immer als Doom Metal mit Black Metal Einflüssen geplant, allerdings zu Beginn noch ohne Keyboards. Erst als der Großteil der Songs geschrieben war, begannen die Keys eine wichtige Rolle zu spielen und wurden in immer mehr Lieder integriert, um dem Album ein einheitliches Klangbild zu geben. Das Schreiben der Lieder war ein ständiges Fließen und Überarbeiten, wobei jede neue Idee oder Änderung im Arrangement Auswirkungen auf die anderen Instrumente hatte, sodass dort wiederum Anpassungen erforderlich wurden. Das Grundkonzept wurde letztlich immer weiter ausgearbeitet und verfeinert, sodass das Endergebnis meine ursprüngliche Vision mittlerweile längst übertroffen hat.

Was bedeutet dir „Nihil“? Dein persönlicher Egotrip, ein Erguss an aufgestauten Ideen, Verwirklichung eines gereiften Kunstwerks (mit Konzept?) oder doch etwas ganz anderes?

Der Hauptgedanke von „NIHIL“ ist, dass es zu jedem existierenden Etwas ein Gegenstück gibt, und sich aus dem Spannungsverhältnis zwischen diesen beiden Gegensätzen erst deren Bedeutung sowie das Bild eines größeren Ganzen ergibt. Weiters wird die eigene begrenzte Existenz dem unbeschreiblich riesigen und beinahe ewigen Universum gegenüber gestellt, von dem sie ja ein Teil ist. Das Wissen um die Endlichkeit sowohl des eigenen Seins als auch des Universums taucht immer wieder auf, als eine Art kosmologisches Memento Mori.

Heutzutage ist es nicht mehr allzu selten, dass Musiker ein Album im Alleingang durchziehen, wobei es doch aber eigentlich nur in einer Hinsicht unkomplizierter ist. Man muss sich nicht mit anderen Meinungen rumärgern, mehr fällt mir spontan aber auch nicht ein. Grundsätzlich hat man dadurch mehr Arbeit, mehr Stress, mehr von allem, was normalerweise auf mehrere Personen aufgeteilt wird. Warum hast du den alleinigen, durchaus steinigeren Weg gewählt?

Vor NONEXISTENCE habe ich zehn Jahre lang in verschiedenen Metal Bands gespielt, wobei ich stets das Gefühl hatte, dass ich einen Großteil meines kreativen Potentials nicht ausschöpfen konnte, weil ich ständig auf meine Bandkollegen in künstlerischer oder spieltechnischer Hinsicht Rücksicht nehmen musste. Das Schreiben und Produzieren hat mich immer schon mehr begeistert als das Proben und Reproduzieren von Liedern. Insofern ist es für mich jetzt weit einfacher, einen Part zu programmieren und bei Bedarf anzupassen, als diese Neuerungen jedes Mal mit anderen zu diskutieren. Einen Nachteil sehe ich bei meiner Arbeitsweise eher im Fehlen eines Korrektivs, welches mich davor bewahrt, mich in unhörbaren Details zu verzetteln, als darin, mich um alle Instrumente selbst zu kümmern.

Wie war es denn mit der Produktion? Hast du auch das ganze Technische übernommen oder sollten da im Studio doch ausnahmsweise fremde Finger im Spiel gewesen sein?

Die Produktion von „NIHIL“ war rückblickend betrachtet eine unsagbare Qual! Ich hatte für alle Lieder bereits mehrere Demos und Vorproduktionen aufgenommen, bis ich endlich mit den „echten“ Aufnahmen begann. Ich habe zwar „nur“ Gitarren und Gesang aufgenommen, doch war dies enorm mühevoll und hat mich viele Monate gekostet, da ich ausübender Künstler und Tontechniker in Personalunion war, was wirklich nicht zu empfehlen ist. Erst für das Abmischen und Mastern habe ich mir Hilfe geholt und in Dali von DBRECORDINGS (www.dbrecordings.com) einen kongenialen Partner gefunden.

Du hast neben den Vocals und den Gitarren auch das „Programming“ erledigt. Kommen die Drums aus der Konserve? Das fällt auf den ersten Höreindruck (Sound sowie Spielweise, bzw. Programmierung) nicht unbedingt auf. Hut ab davor!

Gerade die Drums waren eine enorme Herausforderung, schließlich sollten sie nicht zu synthetisch oder langweilig klingen, da ansonsten das gesamte Album ruiniert wäre. Ich habe daher sehr viel Zeit investiert, um interessante und variationsreiche Schlagzeugparts zu erschaffen, die nicht sofort nach Drumcomputer klingen. Dabei hat mir geholfen, dass ich früher selbst mal Schlagzeug gespielt habe und zumindest theoretisch weiß wie’s gehen könnte. Die endgültigen Drumsounds wurden dann beim Abmischen festgelegt, wofür Dali von DBRECORDINGS die Credits beanspruchen darf.

Live wird „Nihil“ demnach nicht so einfach umzusetzen sein. Wird es überhaupt Live-Aktivitäten geben (wenn ja, vermutlich mit Aushilfsmusikern) oder beschränkst du NONEXISTENCE nur auf Studioarbeit?

Ich habe beim Schreiben der Songs von „NIHIL“ niemals daran gedacht, wie sich diese live umsetzen lassen könnten. Folglich nehmen die Arrangements überhaupt keine Rücksicht auf übliche Bandbesetzungen oder das erforderliche technische Können. Meine Ambitionen bezüglich Liveperformances von NONEXISTENCE halten sich derzeit eher in Grenzen, doch ist dieses Kapitel ist noch keinesfalls endgültig entschieden.

Du pflegst eine Mischung aus modernem Black Metal und einer Art Cosmic Doom (so steht es im Info Sheet). Definiere bitte „Cosmic Doom“ aus deiner Sicht.

Die Bezeichnung COSMIC DOOM BLACK METAL umschreibt alle Elemente, die die Musik von NONEXISTENCE ausmachen: Eine Symbiose aus Doom Metal und Black Metal, verwoben mit dem inhaltlichen Konzept der Kosmologie, welches sich auch musikalisch in den atmosphärischen Parts ausdrückt. Die Stilbezeichnung sollte zusammen gelesen werden, ergibt aber auch getrennt einen Sinn: Cosmic Doom umschreibt ebenfalls das Konzept von NONEXISTENCE, welches sich mit dem unvermeidlichen Vergehen des Universums befasst.

Ich habe in meinem Review Parallelen zum „kosmischen Feeling“ von ARCTURUS gezogen, ohne die Musik jedoch direkt zu vergleichen. Krieg ich dafür jetzt einen hinter die Löffel oder kannst du damit leben?

Ich schätze die letzten beiden ARCTURUS Alben sehr und mag ihren progressiven, avantgardistischen Ansatz. Letztlich hängt es wohl immer vom Hörer ab, welche Bands er mit NONEXISTENCE assoziiert, und bei den meisten in diesem Zusammenhang erwähnten Bands fühle ich mich sehr geschmeichelt, da ich selbst ein großer Fan von ihnen bin. Musikalisch versuche ich jedoch, so eigenständig wie möglich zu arbeiten und orientiere mich nicht direkt an irgendwelchen Vorbildern. Ich schreibe einfach die Musik, die ich selber gerne hören würde.

Warum gerade diese bestimmte Art Musik? Warum Melodien und anspruchsvolles Songwriting, warum keine schnelles, gnadenloses Gehämmer und Riffs, die einem die Kehle zerschneiden? Wolltest du dich bewusst vom Einheitsbrei abheben?

Seit ich 1993 PARADISE LOSTs „Shades Of God“ gehört hatte, war mir klar, in welche Richtung mein musikalisches Schaffen einmal gehen sollte. Die Suche nach Mitstreitern zur Umsetzung dieses Ziels erwies sich jedoch als schwierig, und so experimentierte ich mit anderen Stilistiken wie Thrash Metal, Doom/Core, Death/Grunge und Doom/Death, bis ich mich schließlich für einige Jahre intensiv dem Black Metal widmete. Doch ausschließlich rohen, kompromisslosen Black Metal zu spielen war nie mein Ziel, und so kam irgendwann der Punkt, an dem es für mich nur mehr die Möglichkeit gab, NONEXISTENCE ins Leben zu rufen, um endlich meine Vision umzusetzen.

Sollte man NONEXISTENCRE überhaupt zum Black Metal zählen?

Meine jahrelange Beschäftigung mit Black Metal hat eindeutig ihre Spuren hinterlassen und übt immer noch nachhaltigen Einfluss auf meine Kunst aus, sowohl von den Stilmitteln als auch von der Grundstimmung her, wobei ich dieses Spektrum zusätzlich erweitert habe. Mit der Einordnung unter Black Metal kann ich jedenfalls sehr gut leben.

Bist du zufrieden mit der allgemeinen Entwicklung der Musik und des Black Metals im speziellen?

Grundsätzlich befürworte ich musikalische Entwicklungen bei Bands, selbst wenn diese im Laufe der Zeit dadurch ihre Stilistik verändern und ihre ursprüngliche Fanbasis verschrecken. Jeder Künstler hat das Recht zu experimentieren und sich zu entwickeln, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen. Jedes Album spiegelt die Zeit seiner Entstehung und die Befindlichkeit der Künstler wider, somit wäre es erschreckend, gäbe es keine merklichen Entwicklungen. In letzter Zeit habe ich allerdings den Eindruck, dass viele Bands, die in den vergangenen Jahren stilistischen Experimenten nachgegangen sind, wieder zu ihren Wurzeln zurückkehren und dadurch authentischer klingen.

Was hörst du dir Privat für Musik an? Bist du ein offener Musikliebhaber oder bevorzugst du bestimmte Richtungen?

Ich bevorzuge melancholische Musik, die zwar nicht unbedingt Metal sein muss, doch liegt hier eindeutig der Schwerpunkt. In den letzten knapp 20 Jahren habe ich mich durch eine Reihe verschiedenster Metal Stile gehört, wobei stets düstere Musik im Zentrum stand, wie Doom, Death, Gothic und Black Metal. Zu meinen bevorzugten Bands zählen unter vielen anderen: PARADISE LOST, OPETH, PINK FLOYD, PORCUPINE TREE, DEAD CAN DANCE, LIMBONIC ART…

Auch wenn es noch etwas sehr früh ist, aber hast du bereits Ideen, wie es mit der Musik von NONEXISTENCE weitergeht? Stehen bereits Vorstellungen für ein weiteres Album? Klar, „Nihil“ wurde am 29.06.2007 veröffentlicht und ist somit noch ganz frisch, aber aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Künstler und Musiker, die alles alleine machen, im Kopf oftmals einen Schritt weiter sind, als das, was man aktuell von ihnen sieht und hört…

Du liegst richtig mit deiner Vermutung! Es hat so lange gedauert, „NIHIL“ fertig zu stellen, dass inzwischen schon einiges an neuem Material fertig ist. Ich habe recht viele Ideen aufgenommen, die erst zu Songs verwoben werden müssen, sowie einige bereits fertige Lieder. In der momentanen Vorproduktionsphase sieht es so aus, dass das nächste Album dunkler, härter und orchestraler wird.

Hattest du dich bei deinem jetzigen Label Twilight beworben oder sind sie an dich herangetreten? Wie kam der Kontakt zustande?

Ich habe TWILIGHT kontaktiert, da ich nur Gutes über sie gehört hatte. Das Geschäftsmodell erschien mir fair, und so haben wir einen Vertrag über zwei Alben abgeschlossen.

Bist du bislang zufrieden mit ihrer Arbeit? Wie promoted man ein Projekt („Band“ wäre etwas unangebracht, oder?!) wie NONEXISTENCE deiner Meinung nach richtig? Was stellst du dir im optimalen Falle Promotion vor?

Ich habe den Eindruck, dass TWILIGHT sehr gute Arbeit leisten! So ist etwa ein Song von „NIHIL“ auf dem LEGACY CD-Sampler vertreten, wodurch die Aufmerksamkeit deutlich gesteigert wurde. Interviews wie dieses sind ebenfalls ein wichtiger Support, den ich sehr schätze! Eine wirkungsvolle Promotion sollte auf jeden Fall den Black Metal Underground mit einbeziehen, wofür sich das Internet als Medium hervorragend eignet. So war „NIHIL“ bereits Wochen vor der Veröffentlichung in zahlreichen Tauschbörsen erhältlich, wodurch sich interessierte Hörer ein Bild machen und NONEXISTENCE weiterempfehlen können.

Reviews und Interviews sind auf jedem Falle ein wichtiger Bestandteil dessen. Wie sind denn die bisherigen Resonanzen, die bisherigen Reviews ausgefallen? Was wurde an „Nihil“ gelobt und was negativ kritisiert?

Ich bekomme gerade die ersten Rückmeldungen zu „NIHIL“ und bin wirklich tief gerührt, dass das Album so gut ankommt. Die bisherigen Reviews waren allesamt sehr positiv! Ich hoffe das spricht sich herum, sodass möglichst viele an diesem Musikstil Interessierte von NONEXISTENCE erfahren und mal in „NIHIL“ reinhören.

Nimmst du dir Reviews zu Herzen oder siehst du es lediglich als Meinung des Einzelnen an? Inspirieren dich Reviews vielleicht sogar, spornen sie dich an oder prallt das alles an dir ab?

Es freut es mich natürlich sehr, wenn ich eine positive Review lese und merke, dass der Rezensent meine Intentionen nachvollzieht! Ob ich jedoch am nächsten Album noch härter als an „NIHIL“ arbeiten kann und möchte, bezweifle ich allerdings. Da bereits ein Großteil der Musik fertig ist und ich bei der Produktion enorm viel dazugelernt habe, wird es für mich diesmal deutlich einfacher werden.

Nun, ich sporne dich hiermit jedenfalls an, mit NONEXISTENCE weiterhin so differenziert gute Musik zu machen! Vielen Dank für das bereitwillige Beantworten meiner Fragen, ich denke wir haben hier einiges Interessantes über NONEXISTENCE und dich erfahren.
Viel Glück weiterhin und alles Gute!

Vielen Dank Matthias, dass du mir hier Gelegenheit dazu gabst, etwas über NONEXISTENCE zu erzählen! Cheerz!

21.07.2007

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