Nocte Obducta
Gemeinsam durch die Katakomben

Interview

Nur etwas mehr als ein Jahr liegt das letzte Album zurück, da melden sich NOCTE OBDUCTA auch schon wieder mit frischem Stoff. Wir haben die Gelegenheit beim Schopf gepackt und Mastermind Marcel zur neuen EP „Hammergeddon 666 – Die Katakomben betritt man nicht allein“ befragt.

Nocte Obducta – Hammergeddon 666

Grüß dich Marcel. Ich hatte gar nicht damit gerechnet, so schnell wieder neues Material von euch zu hören, „Karwoche“ liegt nur etwas mehr als ein Jahr zurück. Ist die EP so spontan entstanden, wie es die Songtitel und das durchgeschwitzte, etwas versoffenen Cover-Artwork suggerieren?

Der tatsächliche Beschluss, nun wirklich eine EP aufzunehmen, fiel in einem sehr kurzen Zeitraum. Allerdings geisterte der Gedanke immer mal wieder in unseren Köpfen herum.

In unserem Interview zum letzten Album hast du erzählt, dass euch der Sinn nach „ruppigem 90er Black Metal und einem Mehr an Aggression bei gleichzeitiger Steigerung der Dynamik und Detaildichte“ steht. Besonders ersteres scheint ja immer noch der Fall zu sein, denn „Hammergeddon 666“ ist sowas wie der spirituelle Nachfolger zu eurem legendären „Schwarzmetall“-Album.

Das war allerdings nicht erklärtes Ziel, sondern willkommene Gemeinsamkeit. Der Grund für die EP war eigentlich unser 30jähriges Jubiläum 2023, und da ich kein Freund von aufwändigen Jubiläumsalben und dergleichen bin, schien mir eine Veröffentlichung wie diese angemessen. Dass sie nun erst 2024 erscheint, spielt dabei keine Rolle, der Zeitpunkt der Aufnahmen steht da für mich im Vordergrund.

Ein Songtitel wie „Hammergeddon“ klingt ja erstmal sehr plakativ und nicht unbedingt bierernst, der Text wirkt aber unglaublich wütend. Ist das dem derzeitigen Weltgeschehen geschuldet?

Dem Weltgeschehen und meinem ganz allgemeinen Lebensgefühl zum Zeitpunkt der Entstehung im Frühling 2023.

Leider lagen mir keine weiteren Texte vor, wer oder was ist also ein „Schorm“?

Schorm ist ein ganz konkreter Mensch hier in Mainz. Bzw. war, denn er ist bereits 2012 verstorben. Er war – ohne jemals musikalisch aktiv gewesen zu sein – maßgeblich an der Entstehung der Band 1993 beteiligt, denn er stellte mir damals unseren ersten Drummer Limbach vor. Sowohl Limbach als auch ich kannten weitere Jungs, und so kam es im Sommer zur Bandgründung.

Und Limbachs Nachbar S. Magic M., der zunächst den Bass bediente und 1996 die Gitarre übernahm, war auch bis inklusive der „Schwarzmetall“ Mitglied. Auch auf der „Galgendämmerung“ ist er noch bei vielen Liedern zu hören. So vermischt der Text dieses Liedes den ungestümen und jugendlichen Geist der Frühtage der Band mit dem oftmals schwermütigen und nachdenklichen Geist des Protagonisten Schorm.

Bei „Blut, Bier, Dunkelheit“ scheinen die euch oft nachgesagten Punk-Wurzeln ziemlich deutlich durch. Aber irre ich mich, oder höre ich da auch ein wenig MOTÖRHEAD raus?

Durchaus, und auch durchaus beabsichtigt. Das Lied entstand im unmittelbaren Vorfeld von „Stille“ und war als Bonus für das Vinyl gedacht. Das parallel entstandene „Aschefrühling“ passte dann aber wesentlich besser, und so landete „Blut, Bier, Dukelheit“ in der Schublade, die es alle paar Jahre für einen kurzen Besuch im Proberaum mal verlassen durfte. Vor ein paar Jahren hatte ich wirklich die Idee, den MOTÖRHEAD-Anteil noch mehr zu erhöhen, aber letztlich fühlte es sich dann richtiger an, so nah wie möglich an der alten Version zu bleiben

„Faustphisto“ musst du mir aber auch kurz erklären. Mich hat das Wortspiel ja sofort an eine Nebenquest aus dem Videospiel Fallout: New Vegas erinnert, aber der Bezug würde mich schon schwer wundern. Und eine ordentliche Thrash-Kante hat das Teil auch noch!

Das Spiel sagt mir nichts. Das Lied dreht sich um die Idee, dass es idealerweise gute Freunde braucht, um Abenteuer zu erleben, aber eben auch schwere Zeiten zu überstehen. Das Bild hierfür sind unter anderem die im Untertitel der EP genannten Katakomben. Ein weiterer Aspekt ist der Wunsch, gleichzeitig Verführer und Verführter zu sein, das wäre dann Faustphisto. Und dieses Wort wiederum entstand bei einer Session in tatsächlichen Katakomben in den 90ern.

Die Idee für die musikalische Seite des Liedes stammt sogar noch aus den späten 80ern und hieß damals noch „Der schwarze Kreuzzug“ und später dann „Kreuzritter“. In all den Jahren wollte ich das Ding immer mal umschreiben und umsetzen, die EP bot dann endlich den richtigen Rahmen. Ich hoffe, die Interpretation sagt auch S. Magic M. zu, wir haben das Ding bis zu seinem Ausstieg 2000 bei Proben immer mal wieder angespielt. Aus diesen frühen Tagen stammt auch der saftige Thrash-Anteil.

„Auf wortlosen Fluren (Gemälde derer, die schieden – Teil III)“ ist dann natürlich ein ziemlicher stilistischer Bruch. Wolltet ihr damit primär den klaren Bezug zur „Schwarzmetall“ herstellen, oder war euch das Stück auch als Kontrast wichtig?

Nein, der Kontrast war nicht wichtig, das Konzept stand als 4-Track-Release eigentlich schon fest, als mir die Idee kam, diesen Proberaummitschnitt quasi als B-Seite wieder auszugraben. Das ursprüngliche Lied der „Schwarzmetall“ haben wir in den Jahren 2012 und 2013 oft live gespielt, allerdings in der jetzt vorliegenden Version mit viel Fuzz und ein paar psychedelischen Anleihen.

2013 hatten wir eine nie veröffentlichte Recordingsession im Proberaum, dabei haben wir zusätzlich auch „Auf wortlosen Fluren“ live mitgeschnitten und fanden das Resultat auch wirklich cool. Die damals fehlenden Vocals haben wir dann (mit neuem Text) im Zuge der Aufnahmen für „Hammergeddon 666“ hinzugefügt.

Ganz so klirrend und roh wie „Schwarzmetall“, das ja sogar in mono aufgenommen wurde, kommt „Hammergeddon 666“ aber dann doch nicht daher. Die Produktion knüpft im Grunde an eure letzten Alben an. So weit wie damals wolltet ihr dann also doch nicht gehen?

Ja, die Verbindung zu „Schwarzmetall“ ist eher eine ideelle und schon gar kein Programm, das im Vorfeld ausgerufen worden wäre. Das Songwriting ist ja auch ein durchaus anderes. Uns war eher die Herangehensweise wichtig: Spontane Entscheidung, nicht zu viele Gedanken beim Songwriting, kein Click im Studio, Recordingzeit so kurz wie möglich.

Wie sehen eure Pläne für die nahe Zukunft sonst so aus, wird schon fleißig am nächsten Album gearbeitet oder gönnt ihr euch nach der EP erstmal noch eine Pause?

Rein theoretisch saßen wir bereits an drei schon recht klar umrissenen Alben. Eines davon haben wir trotz bereits stattgefundener Proben erstmal zurück aufs Abstellgleis geschoben, wir haben einfach noch zu viel anderes Leben außerhalb von NOCTE OBDUCTA.

Von den beiden verblieben Kandidaten befindet sich eine Platte allerdings bereits mitten im Recording, das aber blockweise stattfinden wird, da diese Platte projektartig entsteht. Es gibt also keinen Zeitplan. Ist aber eine spannende Geschichte, die mal wieder ziemlich ausscheren wird. Das Zeug hat auf jeden Fall das Potenzial, Leute aus ganz gegensätzlichen Lagern zu enttäuschen, das wird ein Fest. Für Kandidat Nummer zwei starten soeben gelegentliche Proben.

Das war es dann auch von mir, ich danke dir für das Interview und dir gehört das letzte Wort!

Danke für das Interview und Hail Satan!

06.12.2024

"Musik hat heute keinen Tiefgang mehr." - H.P. Baxxter

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