Nile
"Zum Glück bewerfen sie sich nicht mit Kot."
Interview
Fünf Jahre nach „Vile Nilotic Rites“ erscheint mit „The Underworld Awaits Us All“ ein neues NILE-Album. Wir fragten bei Bandkopf Karl Sanders nach, was es mit der langen Wartezeit auf sich hatte und tauchen tief in einen skurrilen Song ein, der etwas mit Affenscheiße zu tun hat.
Hi, danke für eure Zeit! „The Underworld Awaits Us All“ erscheint fünf Jahre nach „Vile Nilotic Rites“. Warum habt ihr so lang gebraucht?
Danke, dass ich hier sein darf! Wir hatten viele nervige Schwierigkeiten mit dem neuen NILE-Album. Nach der Pandemie hatten wir viele Tourverpflichtungen, aber wir mussten zwei Mitglieder hierfür ersetzen. Brad und Brian [Bass & Gitarre, Anm. d. Red.] bekamen Kinder in der Zeit, sodass sie nicht verfügbar waren. Brian spielt auf dem neuen Album, aber er kann nicht touren. Wir haben drei Bassisten und einen Gitarristen in der Zeit eingearbeitet, was immer ungefähr drei Monate Proben und Training bedeutet hat. Wenn man das zusammenrechnet, hat es ein Jahr meiner Zeit gekostet, Menschen NILE-Songs beizubringen und bei keinem hat sich die Zeit gelohnt, die ich investiert habe.
Wir mussten diese Touren aber spielen, also haben wir die Arbeit am Album pausiert. Es gab andere Komplikationen, die uns Kopfschmerzen bereitet haben. Wir wollten uns bei den Aufnahmen nicht hetzen, denn die Fans warteten seit einer langen Zeit und ein schnell hingeklatschtes Album würde bedeuten, dass sie ein besseres Album hätten kriegen können. Das hat uns unter Druck gesetzt, dass das Album ein Monster werden muss.
Es ist das erste Album unter einem neuen Label seit 2007. Wie kam es zu dem Wechsel?
„Lots of people talkin‘, pretty few of them know“ – Robert Plant. Die Beziehung mit Nuclear Blast kam zu einem Ende und Napalm wollte sehr gerne mit NILE arbeiten. Das war einfach.
„The Underworld Awaits Us All“ klingt pessimistisch. Warum habt ihr das Stück als Titeltrack gewählt und wovon handelt er?
„The Underworld Awaits Us All“ handelt von der Ausweglosigkeit des Todes und, dass keiner genau weiß, wohin wir dann gehen, denn bisher ist keiner zurückgekehrt, um es uns zu erzählen. Ich glaube, dass wir alle aus der Metal-Community – Bands, Fans und alle anderen – dort zusammen sind, egal was es ist.
Welche andern Themen aus dem alten Ägypten finden wir auf dem Album?
Es gibt alle möglichen ägyptische und andere Themen. Der erste Song, „Stelae Of Vultures“, handelt von einem 4000 Jahre alten Monument aus dem antiken Sumer, das derzeit in Stücken im Louvre ausgestellt ist. Die Geierstele erinnert an den Sieg von Eannatum von Lagash über die Ummiten und beinhaltet brutale Darstellungen der Grausamkeiten, die an den gefallenen ummitischen Soldaten begangen wurden, bevor sie an die Geier verfüttert wurden.
Es ist die erste bekannte Darstellung menschlicher Kriegsführung und verherrlicht unverhohlen das Blutbad und die Grausamkeit des antiken Krieges. Demzufolge ist „Stelae Of Vultures“ das perfekte Thema für einen Metalsong.
„Chapter For Not Being Hung Upside Down On A Stake In The Underworld And Made To Eat Feces By The Four Apes“ ist der coolste Titel, den ihr seit „Papyrus Containing The Spell To Preserve Its Possessor Against Attacks From He Who Is In The Water“ habt. Was ist die Hintergrundstory und macht ihr das mit den langen Namen absichtlich?
Jedes NILE-Album hat einen oder mehrere Titel, die direkt aus dem Buch der Toten stammen. Ich weiß nicht, ob ich überhaupt ein NILE-Album ohne das Buch der Toten als Textquelle schreiben könnte. Sehr früh im Schreibprozess gehe ich immer zum Bücherregal, nehme eine der vielen Versionen des Buches der Toten, die ich besitze, öffne eine zufällige Seite und die auf der ich lande wird das Thema des Stückes. Es ist eine abergläubische Aktion, aber diese Art und Weise, Lieder zu schreiben hat einige Fanfavoriten hervorgebracht.
Manchmal lande ich auf Seiten, die nichts Hörbares hervorbringen und dann muss ich in eine andere Richtung gehen, die mich auf etwas Unerwartetes stoßen lässt. Dieses Mal öffnete sich direkt Kapitel 181 des Buch der Toten: „For Preventing A Man From Going Upside Down And Eating Feces“.
Zusätzliche Textelemente habe ich aus E. A. Wallis Budges Buch „The Gods Of The Egyptians Or Studies In Egyptian Mythology“ gesammelt. Budges Sicht ist wegen den Ansichten des späten 19. Jahrhunderts, in dem er lebte, etwas verzerrt. Er gilt wegen der modernen Ägyptologie unter Gelehrten als veraltet und teilweise fragwürdig.
Trotzdem ist er eine wichtige Figur in der Geschichte der Ägyptologie. An ihm kann man die Einstellungen und Ansichten der Zeit studieren. Seine Faszination des antiken Makabren, Okkulten und Infernalen machen seine Werke ein Füllhorn an Inspiration für Death-Metal-Texte. Wenn die Quelle für solch einen Text irgendwelche antiken Schriften sind, die auf möglichst geheimnisvollem Wege übersetzt wurden, ist das umso besser.
Laut Budge mussten in der ägyptischen Unterwelt manche Verdammten kopfüber am Pfahl hängen und neben dem See des Feuers von den Dienern von Babi gefoltert werden. Babi war der Gott der Mantelpaviane, die im alten Ägypten bekannt waren. Sein Name bedeutet übersetzt „Bulle der Paviane“ oder „Chef der Paviane“. Da Paviane zum Totenreich gehörten, sah man Babi als Gott der Unterwelt an.
Paviane sind extrem aggressive Allesfresser und Babi wird als extrem blutrünstig dargestellt – er ernähre sich von den Eingeweiden der Verdammten. In Regionen, wo Leute an Babi glaubten, stellten sie ihn als Erstgeborenen Osiris, dem Gott der Toten, dar.
Zudem sollen Paviane eine extrem hohe Libido haben. Wegen ihres Sextriebs und ihren grellen Genitalien waren sie auch als Götter der Männlichkeit bekannt. Babi war der Gott der Männlichkeit der Toten. Ägyptische Kunst stellt ihn normalerweise mit Erektion dar. Budge schrieb, dass einst die Toten kopfüber an Pfählen an den Ufern des Sees des Feuers gehängt wurden. Diese frischen Seelen warteten auf die Folter der Diener von Babi. Es waren grausame Paviane, die am Fleisch der Toten mit Klauen und Zähnen rissen, ihre Gesichter und Bäuche zerfetzten, die Gliedmaßen verputzten, ihnen zwangweise Affenkot fütterten, auf sie urinierten und sie mehrfach mit ihren unnachgiebigen Daueraffenenständern vergewaltigten. Die Gesichter und Eingeweide der Toten wurden aufgefressen.
Als ich das alles gelesen habe, klang es schrecklich und erinnerte mich an eine Unterhaltung, die Brad Parris [ex-Bassist, Anm. d. Red.] und ich auf Tour in Südamerika hatten. Es gab einen besonders aktiven, verrückten, brutalen Moshpit an dem Abend mit übertrieben viel Armwirbeln, Treten und chaotischem Springen und Schubsen. Brad und ich witzelten, dass der Moshpit aussah, als würde sich eine Horde wilder Affen bekriegen. Es war das Gegenteil eines sicheren Ortes. Einer von uns meinte: „Zum Glück bewerfen sie sich nicht mit Kot.“, worauf wir lachten und auf die Idee kamen, falsche Affenscheiße am Merch zu verkaufen.
Das klang nach einer lustigen Idee, bis wir merkten, dass es keine ist. Es wäre unglaublich unpraktisch, sehr unhygienisch und wir wären vermutlich Kollateralschaden und würden den Zorn der Locations auf uns ziehen, wenn das Zeug überall klebt. Wir kamen zum Schluss, dass es nicht machbar ist und zu sehr nach GWAR klingt. Es kommt direkt nach der Idee, den Platz zwischen Bühne und Pit mit Wasser und lebenden Krokodilen zu füllen.
Jahre später führte dieser Witz mit Brad und E. A. Wallis Budges Erzählung der Paviane des Sees des Feuers zu den ersten Ideen für Riffs für dieses Lied.
Kennst du CANNABIS CORPSEs Song „Papyrus Containing The Spell To Preserve Its Possessor Against Attacks From He Who Is In The Bong Water“?
Nein, aber er macht bestimmt Spaß. Die Jungs sind toll!
Was hat sich im Vergleich zu euren vorigen Alben bei „The Underworld Awaits Us All“ verändert und was ist gleichgeblieben?
„The Underworld Awaits Us All“ ist geradliniger, hat weniger nicht-metallische Elemente und exotische Instrumente. Es ist ähnlich zu „Annihilation Of The Wicked“, das auch auf Metal fokussiert ist. Wir haben viel an den Arrangements der Songs gearbeitet und wie die Kernelemente Gitarre, Schlagzeug und Vocals am effektivsten zusammenarbeiten. Es ist fokussiert wie eine Metalfaust.
Kennst du „Assassin’s Creed: Origins“, falls du Videospiele spielst?
Ich mag Videospiele, wie die meisten Metalheads. „Assassin’s Creed“ hat eine schöne Grafik, das habe ich in Trailern gesehen. Ich habe nicht die Zeit gehabt, es zu spielen.
Immer wenn mich jemand fragt, was ich von dies oder jenem halte, möchte ich immer antworten: „Wen interessiert es, was ich denke?“. Selbst mich interessiert nicht, was ich denke. Meinungen sich billig und nutzlos. Ich überlasse sie den selbstverliebten „Keyboard Warriors“. Wenn ich eine Filmkritik lese, die bescheuertes Zeug über einen Film schreibt, den ich sehen will, dann ignoriere ich diese Meinung und schaue trotzdem, was ich sehen will und mache mir mein eigenes verdammtes Bild vom Film. Viele Leute mögen „Assassin’s Creed“ und das reicht mir.
In den USA geht ihr mit SIX FEET UNDER auf Tour. Können wir ein ähnliches Package für Europa erwarten?
Für den ersten Teil der NILE-EU-Tour spielen wir mit HIDEOUS DIVINITY zusammen. Ich liebe die Leute, sie sind so brutal.
Danke für deine Zeit und die letzten Worte gehören dir.
Die Unterwelt erwartet uns alle. Wir sehen uns dort!
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Stile | Death Metal, Technical Death Metal |
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