Nightwish
Interview mit Tarja Turunen, Marco Hietala und Jukka Nevalainen zu "End Of Innocence"
Interview
Noch vor einem Jahr gab es immer wieder Gerüchte um die Zukunft von Nightwish. Damals hieß es, Tarja wolle sich vorerst verstärkt ihrem Studium widmen. Von einem Ende der Band war zwar nie die Rede, jedoch von einer Pause, die den Medien viel Raum für Spekulationen ließ. Spätestens seit den mehr als 20 Konzerten dieses Sommers und den Zukunftsaussichten, sind auch die letzten Zweifler beruhigt. Am 27. Oktober erscheint nun auch die lang erwartete zweite DVD „End Of Innocence“, die im Gegensatz zu „From Wishes To Eternity“ keine Live-DVD ist. Und auch die Aufnahmen für das neue Album stehen demnächst an. Jukka (drums), Marco (bass, voc.) and Tarja (voc.) erzählen im Interview mehr über die kurze Pause, die DVD und die CD.
Im Juni habt Ihr wieder angefangen Gigs zu spielen… Ich war ein bisschen überrascht, dass die „Pause“ so kurz war. War das von vorneherein so gedacht gewesen?
Marco: Es war eigentlich angedacht, dass die Pause ein kleines bisschen länger dauert, aber es hat sich einfach verselbstständigt. Es war klar, dass wir ein paar Festivals und Konzerte im Sommer spielen…
Jukka: …und es wurden dann mehr und mehr, so dass es am Ende ich glaube 22 Gigs waren. .
Marco: Es war also eigentlich ein Versehen.
Jukka: …aber ein nettes.
Tarja: Es ist wirklich seltsam über diese offizielle Pause von einem Jahr nachzudenken, weil es eigentlich keine echte Pause gab. Als ich mich entschied zurück nach Finnland zu ziehen, wenn mein Studium in Deutschland beendet sein würde, hat die Booking Agentur damit begonnen, Shows zu buchen und wir wussten seit Anfang des Jahres, dass wir diesen Sommer ziemlich beschäftigt sein würden. Uns haben diese Shows auf der ganzen Welt sehr viel Spaß gebracht. Manchmal braucht aber jeder von uns ein wenig Zeit für sich selbst. Die Pause, die ja nun nicht lange dauerte, war dafür wirklich ausreichend und es schien richtig, weiter zu machen.
Lasst uns über die DVD „End Of Innocence“ sprechen. Die darauf enthaltene Dokumentation war sehr zeitaufwendig. Aus welchem Material besteht denn diese Dokumentation?
Tarja: Nach drei großen Touren überall auf der Welt haben wir eine Menge Videomaterial – sowohl von Live-Auftritten, als auch von Momenten jenseits der Bühne. Wir brauchten dennoch etwas ganz Besonderes für eine neue DVD und die Antwort fanden wir, als der finnischen Musikjournalist Mape Ollilla, der seit dem Beginn von Nightwish eng mit uns zusammen arbeitet, Tuomas nach einem „in-depth“ Interview fragte. Das Interview fand dann in seinem Sommerhäuschen in Finnland mit den Nightwish-Mitgliedern und der Nightwish-Crew statt und wurde gefilmt. Das Ergebnis ist die 204 Minuten lange End Of Innocence-Dokumentation, welche die Bandgeschichte mit unseren eigenen Worten von Anfang an bis heute erzählt. Es ist lustig, ehrlich, in einigen Punkten vielleicht sogar schockierend, aber es ist die wahre Geschichte von Nightwish, von diesen Jahren, die wir zusammen erlebt haben.
Marco: Von dem, was ich von der gesamten DVD gesehen habe, kann ich sagen, dass es irgendwie eine Art Tragödie mit einer Menge Komik ist.
Man soll auch etwas von dem allerersten Nightwish-Konzert sehen können…
Marco: Ja, das stimmt, Du kannst einen Teil dieses Gigs sehen. Das ganze war im Dezember 1997 in Kitee.
Könnt Ihr Euch noch daran erinnern, wie Ihr Euch davor gefühlt habt?
Jukka: Ja, das kann ich sogar. Es war irgendwie beängstigend. Wir dachten, der Auftritt hätte ein bisschen besser ausgesehen, aber es hat eher etwas Komisches. Du wirst sehen…
Tarja: Ich weiß, dass ich Angst hatte – und die anderen auch. Es war eine großartige Sache, aber gleichzeitig auch irgendwie schrecklich. Vor diesem Tag hatte ich nie damit gerechnet, in einer Metal-Band zu singen und plötzlich ging ich da mit eben so einer Band auf die Bühne – das war unbegreiflich. Ich hatte mir ein paar Tage vorher zusammen mit meiner Mutter meine erste Lederhose gekauft.
Als Ihr Euch das ganze Material angeschaut habt, war es sicherlich wie eine Reise durch die Bandgeschichte. Einige lustige, einige bereits vergessene und sicherlich auch einige traurige Momente. Was war es für ein Gefühl, all das zu sehen?
Tarja: Es ist natürlich bewegend, das ganze einmal selbst zu sehen: die schlechten Momente zu sehen und über die schönen und lustigen zu lachen. Es war nicht so ein langer Weg, alles fand in einer recht kurzen Zeit statt, so dass ich mich selbst wundere, wie wir das alles geschafft haben. Es war nicht einfach, aber wir haben es geschafft!
Jukka: Es war wirklich einmal schön zu sehen, was die Jahre über alles passiert ist, denn es gab Dinge, die hatte ich schon ganz vergessen gehabt. Wir konnten einen Blick zurückwerfen und sehen, welchen Weg wir gegangen sind.
Marco: Für mich war es eine sehr gute Erfahrung, das alles einmal zu sehen und die ganze Entwicklung, ihre Arbeit und alles, was passiert ist auf diese Weise mit zu bekommen. So wurde das alles für mich realer. Es hat mir das Gefühl gegeben, jetzt Teil von etwas zu sein, dass eine wirkliche Geschichte hat.
Wenn Ihr jetzt noch einmal am Anfang stündet, würdet Ihr dann alles wieder genauso machen?
Tarja: Wie schon erwähnt: Es war nicht immer einfach, alles optimal zu handhaben, aber ich kann sagen, dass Nightwish nicht dieselben wären, wenn wir nicht durch all dies hindurchgegangen wären. Ich würde glaube ich nichts ändern. Lediglich auf mich bezogen, sollte ich die Tatsache wahrscheinlich ändern, dass ich all die schönen Momente unserer bisherigen Reise nicht immer ausreichend genossen habe. Das hätte ich aber tun sollen.
Wessen Idee war die DVD und wer ist dafür verantwortlich, was am Ende auf der DVD zu sehen ist und was nicht?
Tarja: Die Idee stammt von dem Interview, dass wir in dem Sommerhaus in Finnland gegeben haben. Die Sache an sich liegt in Tuomas Händen: Er entschied, wie das Material aufbereitet werden sollte. Wir haben es uns zig Male angesehen und die nicht so guten Sachen rausgenommen und die anderen drin gelassen. Es war eine harte Arbeit, denn am Anfang hatten wir über 50 Stunden Filmmaterial.
Marco: Es waren wirklich Tonnen von Material! Eine der ersten Versionen der Dokumentation war in etwa drei Stunden lang…
Auf der DVD gibt es auch Live-Material vom Summer Breeze 2002 und vom 4. Juli in Norwegen…
Marco: Richtig. Das Konzert in Norwegen war ein Clubgig.
Jukka: Es ist sozusagen Bonus-Material. Die Auftritte sind nicht wirklich professionell aufgenommen. Sie haben ihren Platz auf der DVD, damit es ein paar Live-Eindrücke gibt.
Marco: Man kann aber aus dem Sound alles heraushören, aber es ist halt nicht so professionell wie ein richtiges Live-Video.
Tarja, Du bist wieder zurück nach Finnland gezogen. Bist Du mit Deinem Studium jetzt komplett durch?
Tarja: Ich bin zurück nach Finnland gegangen, weil ich mich in Deutschland nicht ganz so wohl gefühlt habe und mein Studium war so weit vorangeschritten, dass ich nicht mehr viel zu tun hatte. Ich habe diesen Herbst für ein paar Wochen Privatunterricht bei meinem Gesangslehrer und im nächsten Jahr wird es genauso sein. Das letzte Examen steht noch an und danach werde ich eine sogenannte Diplom-Sängerin sein.
Kommen wir zum nächsten Nightwish-Album. Auf Eurer Homepage kann man bereits ein Studiotagebuch lesen. Ist es jetzt ein anderes Arbeiten, da Tarja auch in Finnland ist?
Tarja: Es gibt keinen großen Unterschied, da unsere Arbeitsweise sich nicht ändert oder geändert hat. Wir leben alle recht weit voneinander entfernt. Die Distanz ist jetzt lediglich etwas geringer geworden. Die Aufnahmen beginnen im November und ich werde zum Beispiel wohl nur im Februar im Studio sein. Es braucht also seine Zeit.
Gibt es etwas, dass Ihr im Gegensatz zu „Century Child“ grundlegend anders machen wollt?
Jukka: Nein, ich denke nicht… darüber denken wir eigentlich nicht nach. Wir machen einfach Musik und warten darauf, was Tuomas komponiert, packen dann unsere Sachen dazu und schauen, was passiert… was dabei heraus kommt. Der Arbeitsprozess ist so ziemlich der gleiche wie auch bei den anderen Alben. Tuomas schreibt die Songs, wir gehen in den Übungsraum und arrangieren diese zusammen.
Marco: Wenn ich daran denke, was ich von Thomas über die neuen Songs weiß, wird es ein ziemlich hartes Album werden.
Tarja: Es wird ähnlich wie Century Child sein, jedoch mit ein paar neuen Elementen.
Während der Nightwish-Pause waren außer Tarja alle in anderen Bands aktiv. Wie sieht das jetzt aus? Nightwish ist ja keine kleine Band mehr, kann man es dennoch managen, gleichzeitig in einer anderen Gruppe zu spielen?
Jukka: Ich pendle zwischen zwei Bands, aber die andere hat natürlich nicht den Erfolg, den Nightwish hat. Es ist also nicht so hart für mich und zudem haben wir denselben Manager, dieselbe Plattenfirma… Ich muss mir also keine Sorgen machen, dass sich irgendetwas überschneidet.
Marco: Das sieht bei mir ähnlich aus. Selbes Label, derselbe Booking Agent… Man kann alles organisieren. Natürlich hat aber Nightwish Vorrang.
Wie wäre es dann mit einer Tour mit Nightwish, For my Pain, Sethian and Tarot?
Jukka und Marco: Das könnte etwas zu hart werden. …und es würde eine Menge Trinken mit einbeziehen…
Ihr ward letztes Jahr in Südamerika ziemlich erfolgreich auf Tour.
Marco: Das war großartig! Wir warten schon darauf, wieder in Südamerika spielen zu können.
Was ist der Unterschied zwischen Konzerten dort und hier in Mitteleuropa?
Jukka: Es ist ein Paradies für Bands dort. Die Leute gehen total ab – das sind Maniacs! Es ist ein bisschen anders als hier.
Marco: Europäer sind ein bisschen kühler. Sie hören der Musik lieber zu und genießen sie, aber natürlich gehen die Leute auch hier ab.
Habt Ihr Pläne, was nach der Musik kommen soll?
Marco: Auf einem Balkon mit Meerblick sitzen und entspannen.
Jukka: Wenn man noch genügend Energie hat, warum soll man dann nicht auch auf der Bühne stehen, wenn man älter ist? Das könnte nett sein. Man darf das ganze nicht als Arbeit ansehen, sonst hat man es irgendwann satt. Wir alle lieben das, was wir tun.
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End Of Innocence DVD (2003)
– „End Of Innocence“ Dokumentation
– „4th of July in Norway“ Livevideos
– Summer Breeze 2002 Livevideos
– Musikvideos
– MTV Brazil Interview
– Fotogalerie
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