Nervosa
Geschenke für alle
Interview
NERVOSA stehen seit ihrem ersten Tag für Thrash Metal der besonders brachialen Sorte. Nach einer großen Umbesetzung führen Gitarristin Prika Amaral und ihre neuen Mitstreiterinnen diesen Kurs auf „Perpetual Chaos“ unentwegt weiter. Im Gespräch zeigt sich Amaral als reflektierte Person, die eine klare Haltung vertritt.
NERVOSA genießen oberste Priorität
Vergangenes Jahr ist eine Menge bei NERVOSA passiert. Die offensichtlichste Veränderung ist, dass Fernanda Terra und Luana Dametto die Band verlassen haben. Was ist zwischen euch geschehen, das zu dieser Entscheidung geführt hat?
Es war etwas völlig Normales. Wir haben sehr hart gearbeitet. Ich denke ganz anders als sie, wir hatten in fast allen Dingen Meinungsverschiedenheiten und es war schwierig, bei unseren Entscheidungen eine Balance zu finden. Die Zusammenarbeit machte uns müde. Deswegen war es etwas ganz Natürliches.
Kurz danach hast du eine neue und internationale Besetzung vorgestellt. Wie hast du die richtigen Musikerinnen für eine Fortführung der Band gefunden?
Ich kannte Diva [Satanica] persönlich, weil sie mit ihrer Band BLOODHUNTER einige Shows in Spanien während unserer Sommertour 2019 eröffnete. Sie beeindruckte mich und ich liebe ihre Stimme. Ich habe sie Backstage erlebt und sie war sehr cool. Mia [Wallace] kannte ich nur durch das Internet, wir hatten noch nie zuvor gesprochen. Aber da sie bei ABBATH spielte, folgte ich ihr auf ihren Social-Media-Kanälen. Sie ist ein starkes Symbol für Frauenpower und ich mag ihren Style. Eleni Nota entdeckte ich im Januar 2020 auf Instagram und folgte ihr augenblicklich, weil sie die beste Schlagzeugerin ist, die ich in meinem Leben gesehen habe.
Die neuen Bandmitglieder sind allesamt in anderen Bands und Projekten aktiv. Welchen Einfluss hat das auf den Zeitplan von NERVOSA?
Alle hängen sich bei NERVOSA rein. Für Diva und Eleni hat NERVOSA oberste Priorität, Mia spielt zwar noch woanders, ist dort aber nicht viel auf Tour. So oder so ist das kein Problem. NERVOSA sind aktiver als je zuvor und ich liebe, wie hart wir arbeiten.
Die Vorteile des kleinen Europas
Wie schwierig gestalteten sich die Aufnahmen für „Perpetual Chaos“, jetzt, da die Bandmitglieder über die ganze Welt verstreut leben? Und habt ihr euch während der Aufnahmen jemals persönlich getroffen?
Nichts ist schwierig, wenn wir mit Profis arbeiten. Aufgrund der Pandemie haben wir uns während des Schreibprozesses nicht getroffen, sondern erst für die Aufnahmen. Europa ist ein kleiner Kontinent. Wenn man Russland ausklammert, hat er die Größe von Brasilien. Das war also kein großes Problem. Ich lebe in Europa. Spanien und Griechenland sind nah an Italien und die Flüge sind günstig.
Trotz der großen Umbesetzung setzt ihr auf dem Album den typischen NERVOSA-Stil zwischen Thrash und Death Metal fort. Wie viel Einfluss hatten die anderen Mitglieder auf das Songwriting und die Arrangements der neuen Songs?
Aufgrund der Pandemie und weil ich das einzig verbleibende Gründungsmitglied bin, habe ich den Großteil des Albums komponiert, etwa 70 Prozent würde ich sagen, weil nur ich für den NERVOSA-stil sorgen konnte. Und ich habe ihnen erklärt, wie es bei NERVOSA läuft, aber ich war auch sehr offen für ihren Stil und ihre Ideen. Bei der nächsten Platte werden wir mehr zusammenarbeiten und das wird spaßig.
Kannst du dir denn vorstellen, in Zukunft mehr zu experimentieren?
Ja! Zuletzt passierte alles sehr schnell und beim nächsten Mal kennen wir uns schon und können bei jedem Teil des Prozesses zusammenarbeiten. Ich möchte das nächste Album so bald wie möglich angehen.
Der Titel „Perpetual Chaos“ passt ziemlich gut zur aktuellen Weltlage, schließlich hat das Coronavirus immer noch alles fest im Griff. War die Pandemie ein Grund, warum ihr diesen Titel gewählt habt?
Ja! Die Situation, in der wir uns zurzeit befinden, hat die Wahl des Titels auf jeden Fall beeinflusst. Ich sah mir die Nachrichten an und sie zeigten eine Rede eines Staatsführers, die voller faschistoider Worte war. Sie war sehr radikal und ignorant und ich realisierte, dass egal, wie viele Jahre auch vergehen, die Menschheit ihre eigenen Fehler wiederholen wird. Wir lernen einfach nichts. Radikale Kräfte kommen leider immer wieder zum Zuge.
„Mehr Empathie und Zusammenhalt würden uns zugutekommen“
Dann lass uns mal über ein paar Songs der Platte sprechen. Wer sind denn die „People Of The Abyss“?
Die Pädophilen. Das sind leere Menschen, die in tiefen Abgründen leben. Der Text stammt von Diva, sie arbeitet in einer psychiatrischen Klinik und weiß genau, wie solche Menschen sind.
Ihr hattet schon immer eine enge Verbindung zu DESTRUCTION-Frontmann Schmier. Auf „Genocidal Command“ ist er als Gastsänger zu hören. Warum war jetzt der Zeitpunkt gekommen, mit ihm einen Song aufzunehmen?
Ich wollte schon immer, dass er in einem Song von uns singt, weil er NERVOSA immer unterstützt hat und wir über die Jahre Freunde geworden sind. Wir sind heute enger befreundet als je zuvor, seine Unterstützung ist sehr wichtig und ich bin dafür äußerst dankbar und es ist eine große Ehre, ihn dabei zu haben.
„Time To Fight“ besitzt in musikalischer Hinsicht eine leichte Punk-Attitüde. Spiegelt sich das auch in den Lyrics wider?
Es ist ein Mix aus Punk, Power Metal und Thrash und ich liebe es. Das ist einer der wenigen positiven Texte. Ich versuche, Menschen dazu zu bringen, in diesen harten Zeiten zu kämpfen und niemals aufzugeben. Wir müssen wieder enger zusammenstehen und uns gegenseitig helfen. Mehr Empathie und Zusammenhalt würden uns zugutekommen.
NERVOSA bleiben fair
Zu „Guided By Evil“ habt ihr ein Musikvideo veröffentlicht. Es kombiniert Storysegmente mit einer Performance der Band. Was war die Idee hinter dem Clip?
Wir wollten eine düstere und mysteriöse Atmosphäre erschaffen und schließen einen Pakt für den Start einer neuen NERVOSA-Ära. Im Song geht es um Menschen, die hinterrücks arbeiten, die nicht den Mut haben, anderen die Wahrheit ins Gesicht zu sagen, weil sie sich schuldig fühlen, weil sie wissen, dass die Menschen mit schlechten Intentionen sind und all ihre Taten sind „Guided By Evil“.
Ein Ende der Pandemie ist noch nicht in Sicht. Wenn euer Album erscheint, sind Touren immer noch nicht möglich. Was habt ihr geplant, um die Platte auch ohne Konzerte zu promoten? Kommen da vielleicht noch mehr Musikvideos?
Ja, absolut! Wir werden unseren YouTube-Kanal aktiver betreiben und den Fans mehr Interaktionsmöglichkeiten bieten und haben ein paar Überraschungen vorbereitet. Wir genießen jeden Moment und sehr glücklich über das Ergebnis und das Feedback, dass wir von den Fans und der Presse bekommen. Es ist also nur fair, ihnen ein paar Geschenke zu geben. Also behaltet unsere Social-Media-Kanäle im Auge.