Nerthus
Nerthus

Interview

Die Österreichische Black Metal-Band NERTHUS hat uns vor kurzem mit "The Crowned’s Reunion" eine düstere Mixtur aus Schwarzmetall und Viking-Folk mit auf den Pfad ins Nebelgebirge gegeben. Zum Album und zur Band befragte ich Alex (Real Instruments) und Clemens (Synthetic Instruments).

NerthusZunächst mal möchte ich euch sagen, dass ihr mit eurem neuen Album „The Crowned’s Reunion“ ein farbenfrohes, komplexes und treffend an mittelalterlichen musikalischen Vorbildern orientiertes Werk veröffentlicht habt. Lasst uns jedoch erst mal einen kleinen Rückblick in die Bandgeschichte werfen. Wann genau habt ihr beschlossen, NERTHUS zu gründen und was geschah bisher in eurer Bandgeschichte? Und könnt ihr kurz etwas zu den bisherigen Veröffentlichungen sagen?

1996, als einige von uns noch in anderen Bands spielten, entstanden bereits erste Songs für NERTHUS. Zuerst nur als Sideprojekt gedacht, wurde NERTHUS ein Jahr darauf zu unserer wichtigsten Formation. Ende ´98 war dann endlich das 6-Song-Demo „Inhale The Seclusion“ aufgenommen. Wir waren nun zu dritt – Alex, Clemens und Daniel, der von da an die Vocals übernahm. Mit dem Demo kamen wir dann bei CCP-Records unter Vertrag und brachten unser erstes Album „Escape From Suction“ Anfang 2000 mit derselben Drei-Mann-Besetzung raus. Unser zweiter Longplayer „Scattered To The Four Wainds“ erschien dann Anfang 2002 mit dem zusätzlichen Sänger Mirko, dessen Death Metal-Band sich aufgelöst hatte. 2004 folgte „Black Medieval Art“ mit demselben Vier-Mann-Line-Up. Und nun bei der aktuellen „The Crowned’s Reunion“ war Daniel nicht mehr mit von der Partie. Die Musik der ersten beiden Alben beinhaltet eher wenig altertümliche Melodik, die Stücke der dritten CD strotzen nur so vor eigenartig mittelalterlich anmutenden Parts und das neue, nunmehr vierte Album bietet eine Symbiose von hartem Metal und alter Musik.

Da stimme ich euch zu. Was bedeutet eigentlich der Bandname NERTHUS? Wofür steht er? Und worauf bezieht sich der Titel des neuen Albums „The Crowned’s Reunion“?

Nerthus ist eine altgermanische Göttin der Fruchtbarkeit und Vegetation. Nerthus steht für eine intakte Natur, die man heutzutage leider kaum mehr zu Gesicht bekommt. Nerthus steht dafür, mit der Urkraft zu leben und der jämmerlichen krankmachenden Zivilisation so gut es geht Paroli zu bieten. „The Crowned’s Reunion“ huldigt jenen, die selbst noch in dieser Zeit des Niedergangs und der geistigen Verrohung der Menschheit ihren individuellen Charakter formen und mit wahren Werten und eisernem Willen ihren Weg beschreiten.

Heroisch gesagt. „The Crowned’s Reunion“ ist meiner Ansicht nach etwas verspielter, komplexer, mit mehr Hakeleien ausgestattet als der Vorgänger „Black Medieval Art“. Wo seht ihr die Unterschiede zu dieser Scheibe?

Während „Black Medieval Art“ nahezu nur aus Melodien und Riffs besteht, welche nach altertümlichen Richtlinien geschrieben wurden, hört man auf „The Crowned’s Reunion“ eine ausgewogene 50/50-Mischung aus altertümlicher Melodik und kranken bösen Teilen, die dem Black Metal der frühen 90er Tribut zollen. Das ist wohl der Hauptunterschied zwischen diesen beiden CDs und so klingt „The Crowned’s Reunion“ einfach stellenweise härter als „Black Medieval Art“. Auch sind die Tempi der Songs auf „The Crowned’s Reunion“ oft etwas höher als bei jenen auf „Black Medieval Art“. Die Lyrics auf „The Crowned’s Reunion“ sind reduziert auf’s Maximum und werden zum ersten Mal von Blutkehle Mirko alleine dargeboten. Auch haben wir beim Neuling vermehrt auf Chorpassagen gesetzt.

Wie würdet ihr denn euren Stil definieren? Immerhin finden sich bei euch atmosphärische Passagen neben düsterem Black Metal und diese charakteristischen Mittelaltersequenzen folkloristischer Art.

Wir machten uns in letzter Zeit des öfteren Gedanken über die treffendste Bezeichnung unseres Stiles. Die Bezeichnung sollte kurz und bündig aber dennoch aufschlußreich sein. Das Resultat war dann eben „Grim Ancient Metal“, wobei „Grim“ für aggressiv und „Ancient“ für die Einflüsse der Alten Musik steht. Unsere Musik kann in gewisser Weise als eine Art mitteleuropäischer Gegenpart zum skandinavischen Viking Metal gesehen werden.

Das leuchtet ein. Bei meinem Review hätte ich euch auch beinahe als Viking bezeichnet. Vom eher etwas DIMMU BORGIR- trifft SUMMONING-artigen der „Scattered To The Four Wainds“-Zeiten habt ihr euch ein wenig losgesagt. Das Gitarrenspiel tönt etwas wuchtiger als früher. Das Schwebende an mittelalterlichen Motiven
sich orientierende Keyboard und die Maultrommel gehören bei euch zum Standard. Entstehen eigentlich diese reigenhaften Melodien zuerst auf dem Klavier?

Unsere Songs entstehen auf unterschiedlichste Weise. Teils werden zuerst die E-Gitarrenparts geschrieben und anschließend die Keys dazu erdacht. Teils wird auf bestehende Keyboardpassagen aufgebaut. Vor allem bei den ersten beiden Alben entstanden auch Songs, bei denen auf Keys und Gitarren unabhängig voneinander komponiert und anschließend beides zu einem Ganzen verschmolzen wurde. Komponiert wird also mit Keyboard und Gitarre.

Wann habt ihr eure Vorliebe für die Maultrommel entdeckt? Warum ist dieses für BM-Verhältnisse eher ungewöhnliche Instrument häufig so zentral (und effektiv!) plaziert in eurem Sound?

Maultrommeln sind einfach zu spielende Instrumente mit jahrhundertelanger Geschichte. Aufgrund des Verwendens altertümlicher Melodik fanden wir es passend, sie zur Instrumentierung unserer Songs hinzuzunehmen. Die Idee kam uns in der Entstehungsphase des Vorgängeralbums „Black Medieval Art“, auf welchem sie zum ersten Mal Verwendung fanden. Beim aktuellen Werk „The Crowned’s Reunion“ haben wir diese Instrumente etwas zurückhaltender eingesetzt, dennoch hauchen sie der Musik mit ihrem sehr charakteristischen Klang mehr Farbe ein.

Keine Frage. Dann gibt es diesen düsteren Black Metal-Anteil. Ist das die beste Ausdruckform für die Musik, die euch vorschwebt? Sozusagen Mittelalter-Folk-Metal?

Die Black Metal-Komponente dient der Untermauerung der Botschaften unserer Songs, sie ist definitiv das beste Ausdrucksmittel für uns. Gefühle und Gedanken die wir verarbeiten erhalten dadurch unserer Meinung nach die höchstmögliche Intensität.

Eure neuen Songs sind derart komponiert, dass einige Durchläufe nötig sind, die Feinheiten zu erkennen. Zunächst dachte ich, recht verwinkelt und hakelig, dann waren es diese traurigen Mittelalter-Melodien und das beschwörende Element des Gesanges, das faszinierte. Legt ihr Wert auf Songs, die man sich in vielen Hördurchgängen erschließen muss, die wachsen?

Wir haben nie bewußt Augenmerk darauf gelegt, daß sich unsere Songs dem Hörer erst nach mehrmaligem Anhören voll erschließen. Daß dies jedoch nicht selten der Fall ist, ist aber offenbar eine Tatsache. Anders (oder zumindest nicht gleich) zu klingen als andere Bands war uns beim Musikmachen schon immer ein Anliegen. Wir haben unsere Musik stets so gemacht wie sie uns persönlich am besten gefällt – um ein paar weitere Scheiben im schmalen Regal derer einordnen zu können, die wir uns wirklich gerne anhören. Auf jeden Fall sind uns CDs lieber, die einem auch nach zigmaligem Anhören noch gefallen, wo man immer wieder neue Nuancen raushören kann, anstatt jene Massenware, die mit mörderfettem Sound auf Anhieb gefällt und dann bald langweilig wird. Ja, da fallen viele drauf herein, auf ein wahnsinnsfettes Brett sozusagen; das ist ja heutzutage schon richtig zur Unsitte geworden -fetter Sound geht oftmals vor guter Musik.

Auch fetter Sound braucht letztlich gute Musik, das ist das Problem. Auffällig ist bei euch auch, dass ihr stets ein kurzes Instrumental zwischen die eigentlichen Songs legt; so auch schon auf „Black Medieval Art“ geschehen. Warum?

Die Intermezzi sind als Einleitung, Übergang oder Ausklang gedacht und runden das Gesamtbild ab. Sie dienen der Auflockerung und verleihen dem Gesamten weitere Nuancen, bilden einen Kontrast zu den Metal-Songs und erhöhen so die Abwechslung.

Eure Tracks sind insgesamt härter geworden. Dennoch entsteht Atmosphäre durch die zahlreichen beinahe SUMMONING-artigen Zwischenspiele und die ruhigen Breaks innerhalb der Songs. Wolltet ihr härter, gemeiner klingen und dennoch eure atmosphärischen Trademarks beibehalten?

Uns war es immer wichtig, sowohl Härte als auch Atmosphäre in unseren Songs zum Tragen kommen zu lassen, was sich auch in Zukunft nicht ändern wird. Beim Vorgängerwerk „Black Medieval Art“ war uns vor allem die authentische altertümliche Komponente ein Anliegen, während wir bei „The Crowned’s Reunion“ wieder vermehrt auf Härte Wert legten.

Worum genau geht es eigentlich in euren Texten? Warum verwendet ihr nicht die deutsche Sprache? Was beschäftigt euch so am Mittelalter?

Die Texte sind heroisch, metaphorisch, teils poetisch gehalten. Grob umrissen handeln sie von unberührter Natur, wahren Werten, grenzenloser Freiheit sowie von Zerstörung, geistigem Verfall und Knechtschaft. Für Genaueres kann sich jeder Hörer selbst ein Bild machen. Auf „The Crowned’s Reunion“ haben wir zum ersten Mal kurz die deutsche Sprache einfließen lassen. Wir können uns gut vorstellen dies in Zukunft vermehrt zu tun oder auch ein ganzes Album mit deutschen Texten zu versehen. Das Mittelalter übt durchaus einen gewissen Reiz auf uns aus, so beschäftigen wir uns ausschließlich mit der Musik aus jener Zeit.

Wovon lasst ihr euch generell leiten, inspirieren?

Inspirieren lassen wir uns sowohl musikalisch als auch textlich vor allem vom Treiben um uns herum – in solch einer Zeit kann man sich unserer Meinung nach, als Mensch der mit offenen Augen durchs Leben geht, sehr viele Eindrücke verschaffen, die in unserem Fall am Besten in hasserfüllten Metal passen. Leiten lassen wir uns von unseren individuellen Instinkten.

Interessiert ihr euch eigentlich auch für „modernere“ Musikstile?

Es gibt viele Musikrichtungen, die Interessantes zu bieten haben. Wir sind da offen für alles was wir vernehmen. Man kann sich ja von überall her neue Anregungen holen, egal welche Stilrichtung das Gehörte gerade hat, auch wenn’s oft nur die Erkenntnis ist, daß man’s so nicht machen sollte oder es einfach nur zum Schmunzeln anregt.

Seid ihr zufrieden mit der Produktion eures Albums?

Angesichts der Vielzahl der Klänge aller zusammenspielenden Instrumente ist der Sound recht gut geworden. Uns war es wie immer sehr wichtig, daß man alles raushören kann, da müssen dann eben die Rhythmusgitarren ein bißchen zurückgedreht werden auf Kosten des fetten Sounds. Wie bei all unseren Alben war uns die Transparenz auch diesmal wieder das Wichtigste.

Habt ihr eigentlich schon Pläne für die Zukunft? Werdet ihr diesen Stil noch weiter verfeinern?

Wir werden alles daran setzen, abermals ein gutes Teil auf die Beine zu stellen und in puncto Härte und Atmosphäre nochmals ein Quäntchen zuzulegen. Genaueres wird sich noch zeigen.

Das Cover von „The Crowned’s Reunion“, was steckt dahinter? Handelt es sich um die Burg des schwarzen Herrschers? Oder wohnt ihr etwa dort?;-)

Das Coverbild, welches sich auf der Rückseite des Booklets fortsetzt, steht für den Niedergang der Quantität und das Fortbestehen der Qualität.

Mit welchen österreichischen Bands seid ihr besonders befreundet? Kann man überhaupt von einer echten Szene sprechen? Gibt es noch Überschneidungen mit anderen Bands, seid ihr in anderen Projekten aktiv?

Wir haben schon ein paar Kollegen, die in anderen Bands wirken, diese Formationen sind jedoch nur in unserem engeren Umfeld bekannt. Von einer Szene im Metalbereich kann man unserer Meinung nach hierzulande sicher nicht sprechen. Unsere gesamte kreative Energie fließt in NERTHUS, weshalb keiner von uns auch noch in anderen Projekten tätig ist.

Könnt ihr uns noch was zu Touraktivitäten sagen? Gibt es Konzerte, und wenn ja, doch hoffentlich auch hier in der Nähe? Ich wäre sehr neugierig, wie ihr diese bombastischen Songs umsetzt.

Wir haben mit NERTHUS noch nie live gespielt. Unsere Songs sind ja fast durchgehend für drei-stimmigen E-Gitarrensound und gelegentlichen zusätzlichen zwei-stimmigen A-Gitarrensound geschrieben, weshalb es ein paar Leute mehr bräuchte, um die Sachen live gut rüberbringen zu können. Natürlich gäbe es die Möglichkeit das Material entsprechend auszudünnen, aber diese Mehrstimmigkeit macht unseren Sound eigentlich aus, weshalb wir das Livespielen bislang sein ließen. Wir spielen aber hinsichtlich des nächsten Albums mit dem Gedanken, livetauglichere Stücke zu schreiben, damit uns die Möglichkeit für eventuelle Gigs offensteht, falls wir Lust darauf kriegen sollten.

Also ich würde das gerne mal hören; eine Menge anderer bestimmt auch. Vielleicht könntet ihr ja eine Art Akustik-Black Metal machen? Zum Abschied: wollt ihr noch was loswerden?

Zuerst mal Danke an jene die bis hierher gelesen haben. Wer Interesse hat und sich ein eigenes Bild von unserer Mucke machen will, kann ja mal auf www.ccprecords.com ein Ohr riskieren, Reinhören kostet ja nix. Ein spezielles Danke auch noch an Dich für die objektivste Kritik bzgl. „The Crowned’s Reunion“, die wir bis dato zu Gesicht bekommen haben.

Danke für das Lob, euch auch ein herzliches Dankeschön für das geduldige Beantworten meiner Fragen. Ich denke, wir hören voneinander.

02.08.2007

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