Necros Christos
Interview zum Abschiedsalbum "Domedon Doxomedon" - Teil I
Interview
Im Rahmen der Veröffentlichung des neuen Albums „Domedon Doxomedon“ von NECROS CHRISTOS konnten wir Fronter Mors Dalos Ra zu einem ausführlichen Telefongespräch bekommen. Da wir euch keinen Teil der interessanten Themen vorenthalten wollen, wird es ein Special aus 3 Teilen geben, quasi konzeptuell in Linie mit dem Album.
Im ersten Teil geht es um das kompositionale und textliche Konzept, die musikalischen Einflüsse von Mors Dalos Ra und die Entscheidung, „Domedon Doxomedon“ als 2-stündiges, 3-teiliges Mammutwerk herauszubringen. Ähnlich wie dieses Mammut Interview. Ohne Auflockerung durch nette Bilder, Youtubevideos oder ähnliches (bzw. kaum). Fastenzeit. Zeit fürs Wesentliche.
Wenn dein Wort offenbar wird, so erleuchtet es
und macht klug die Unverständigen.(Psalm 119:30)
Redaktion: Lass uns über euer neues Album sprechen. Man muss ja schon leider sagen, dass das nun auch euer „Abschieds“-Album ist.
Mors Dalos Ra: Wenn du sagst leider geh ich davon aus, dass es dir gefallen hat?
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass „Domedon Doxomedon“ schon testamentarische Ausmaße hat und ich muss mir noch ein wenig Zeit lassen um das beurteilen zu können.
(Lacht) Testamentarisch, gefällt mir.
Ich hab in Cover, Titeln und Texten ein wenig gestöbert und hab probiert, hinter die Bedeutung mehrerer Dinge zu kommen. Beim Übersetzen der hebräischen Worte bin ich nicht richtig schlau raus geworden. Gematria ist ja diese mythische Nummernlehre, richtig? Spielt das eine Rolle für euch mit der ganzen Dreiteilung und der 9, die auch ständig wieder auftaucht, oder ist das nur schmückendes Beiwerk?
Das spielt schon ’ne Rolle, aber das eine hat mit dem anderen nix zu tun. Also die Nummern haben nicht direkt mit den hebräischen Wörtern auf der Platte was zu tun. Für mich persönlich ist die Zahl 9 ganz wichtig. Dieses Konstrukt mit 3 x 9 wird auch im Booklet erklärt und hat eine heilige Bedeutung, weil es drei Platten mit jeweils neun Metal Songs gibt. Das war ja schon zu „Trivne Impvrity Rites“ so und es war damals auch schon klar, wenn die 3 mal 9 erfüllt sind, war es das mit NECROS CHRISTOS. Danach gibt es kein Album mehr.
Also es war von Anfang an klar, dass es bei 3 Alben bleibt?
Das war von Anfang an geplant und ich bin froh, dass wir uns diese „Endlichkeit“, was Albenproduktion betrifft, selbst gesetzt haben. Denn a) haben wir einerseits das Maximum heraus geholt, ich bin der Meinung wir haben 3 wirklich große Alben geschaffen, die alle einzigartig sind und so in der Art nicht nochmal hätten veröffentlicht werden können und b) ich der Meinung bin, dass das so manch anderer Band das auch gut getan hätte. Also nach einer bestimmten Anzahl zu sagen „Das war’s jetzt“.
Also rechtzeitig aufhören?
Genau, bevor man zum Schatten seiner selbst wird.
Ich will jetzt nicht sagen, man kann bei NECROS CHRISTOS von einer ur-christlichen Band sprechen, aber die Themen sind ja schon mit drin. Nicht nur, aber auch…
(grätscht rein) Mein Glaube ist ja ein Konstrukt aus ganz vielen Bereichen. Und ich gehöre ja auch keiner organisierten Religion an und werde das auch niemals tun. Denn ich lehne Dogmen und den Absolutheitsanspruch ab. Wer von sich selber behauptet den „einzigen, wahren Glauben“ zu leben ist für mich kein gläubiger Mensch. Aber mein Glaube ist ein Geflecht aus ganz vielen verschiedenen Ideen und Konzepten. Dabei spielt die Kaballah und christliche Gnosis eine große Rolle.
Dass das gnostische Christentum eine große Rolle spielt, kann man glaube ich erkennen. Du hattest in einem anderen Interview etwa die Nag-Hammadi-Schriften erwähnt.
Genau, sehr inspirierend. Kann ich nur empfehlen mal rein zu lesen. Völlig andere Sichtweise der Dinge, völlig andere Vorstellung von einer Person wie Yeshua, also Jesus. Sehr spannend.
Was ich sehr interessant finde ist, dass auch andere Bands aus dem Death oder Black Metal Bereich sich ja teilweise auch auf diese Richtungen bzw. Philosophien beziehen, die in der Kaballah und im gnostischen Christentum zu finden sind und gleichzeitig gilt es ja eigentlich immer möglichst anti-christlich rüber zu kommen. Gleichzeitig spielt ja die Zahl 3 auch für euch eine große Rolle (Anmerkung der Redaktion: Man denke an die vielen „Triologien“ bei vielen Black Metal Bands oder auch die Zahl 3 in Konzepten mancher Alben oder den Lyrics…). Es gibt auch wieder die Temples und Gates, die die eigentlichen Songs flankieren. Bei „Doom of the Occult“ hatten ein paar der Zwischenstücke ja sogar einen fast schon „sakralen“ Charakter, es gab Orgelstücke. Also auch wieder „kirchliche“ Einflüsse im weitesten Sinne.
Es hat auf jedenfall Einfluss aus der klassischen Musik und zwar im religiösen Kontext. Ich bin großer Freund klassischer Musik und vieler Komponisten und das hatte definitiv Einfluss auf die Songs. Auch zu „Trivne Impvrity Rites“- Zeiten, wo es schon Temples und Gates gab. Das war total beeinflusst von so Werken wie den „Mysterien“ beziehungsweise „Rosenkranz Sonaten“ von Heinrich Ignaz Franz von Bibern.
Sagt mir gar nix.
Völlig abgefahrenes Konzept von Sonaten, teils für Orgel, teils für Geige, teils Cembalo und Geige, wo es eigentlich auch um die Passion Christi geht. Das ist ein sehr „stranges“ Werk, auch in der Größe. Es werden „Mysterien“ vertont, das hatte großen Einfluss auf „Trivne Impvrity Rites“. Auf „Doom Of The Occult“ gab es auch schon so Oratorien-hafte Anwandlungen. Ich hab damals auch viel Bach gehört. Bei „Domedon Doxomedon“ hat es jetzt, wie du schon gesagt hast, testamentarische Ausmaße. Aber wenn man so große Werke wie „Elias“ von Mendelssohn nimmt, dann standen die dafür auch Pate, definitiv.
Ok, dann haben wir die Frage nach den musikalischen Einflüsse damit auch gleich abgehakt. Stand das denn vorher schon als Konzept oder habt ihr die Songs einzeln ausgearbeitet und dann erst entschieden wie ihr die in die einzelnen Teile bringt?
Am Konzept arbeite ich eigentlich schon seit sieben Jahren. Kurz nach der Veröfffentlichung von „Doom of the Occult“ hatte ich die ersten Ideen, aber es war bei weitem nicht die Konzeption mit drei Platten, die es nun geworden ist. Genau wie die Songs hat sich das Konzept auch im Laufe der Zeit entwickelt. Es war aber dann auch klar welcher Song an welcher Stelle stehen MUSS. Auch wenn die Songs nicht chronologisch oder mit einer Geschichte verbunden sind, ist es ja thematisch irgendwo verbunden. Ich wurde letztens auch gefragt, ob es ein Konzeptalbum ist. Ja und nein. Es gibt keine Storyline wie bei einem KING DIAMOND Album, aber die Songs hängen miteinander zusammen und könnten einzeln auch nicht wo anders stehen.
Also auch die Einteilung in ITH, SET, TEI war somit beschlossene Sache von Anfang an?
Sobald das 3-er Konzept stand und auch die Längen der Songs sich abzeichneten, merkten wir, das passt nicht auf eine Platte. Und da wir ja eh schon dieses „Triptychon“ hatten, hätte es null Sinn gemacht da etwa 2 Platten raus zu machen. Du hast dieses Konzept und es war mir dann klar, dass es dann auch 3 CD’s oder Platten sein müssen. Auch wenn es natürlich viel mehr Kosten in der Produktion bedeutet, hat unser Label Sepulchral Voice sofort gesagt, das machen wir so. Ich bin da schon sehr froh, dass es geklappt hat. Zumal es eigentlich sogar ein Triple-Album ist. Ist ja nicht so als ob jede Seite nur 12 Minuten lang ist.
Stimmt. Andere Bands machen ja auch Doppelalben, bringen die aber einzeln raus, so etwa BETWEEN THE BURIED AND ME mit „Automata“, da ist jedes Album aber nur um die 40 Minuten, was ja aber für mich auch vollkommen legitim ist. Ich find aber große geschlossene Werke die dann in einer Veröffentlichung abgearbeitet werden auch besser. Man kann halt selber entscheiden, ob man einzeln hört, oder einen großen Durchgang machen will.
Richtig, das kann jeder selbst entscheiden. Wenn die Kritik kommt es ist zu lang, würde ich entgegnen das niemand gezwungen es in eins durch zu hören. Wenn man sich von diesem Drang befreit, alles sofort ganz hören und verstehen zu wollen, was ja leider ein Symptom in unserer Zeit ist, wenn man mit ein wenig Geduld ran geht und sich sagt ich habe Zeit und nehme mir Zeit für das Album, dann kann man da immer wieder neues entdecken und das kann glaube ich sehr bereichernd sein. Man hat so ein Werk, was über Monate nachwirkt. Es ist ja vollkommen legitim, sich erst die eine Platte und dann die andere vorzunehmen.
Zumal man ja im Prinzip so auch mehr „Value for Money“ bekommt.
Definitiv. Ich weiß zwar nicht was die CD oder Platte letzten Endes kosten wird, aber es sollte klar sein, dass eine 3-CD nicht für 12 Euro über den Ladentisch wandern kann, das ist nicht möglich. Vor allem wenn auch noch ein fettes Booklet oder ’ne Box mit dabei ist.
Ich glaube selbst mit einem hohen Preis kommt man so noch immer günstiger weg, als wenn man 3 einzelne Platten kaufen würde. Lass es nachher 50 Euro für die 3-LP kosten, 3 mal 22 Euro für eine neue LP heute (Anmerkung der Redaktion: was ein normaler Preis für eine Neuveröffentlichung beim Händler um die Ecke heutzutage ist) addiert sich zu 66 Euro auf. Also hat man trotzdem am Ende mit einer großen Edition gespart.
Ja, du bist einer der wenigen, die das so sehen. Die meisten Leute sehen nur den Preis und denken sich: Warum denn das? Ich meine gut, es ist eh ein Album was fordert und worüber man nachdenken muss. Aber ich hoffe ein bisschen, auch für unser Label, dass es genug Leute gibt, die sich dafür interessieren und die sich das original kaufen. Mal abgesehen davon, dass das ganze Layout und die Texte und weiteres echt gut geworden sind, da ist viel Arbeit und Liebe mit eingeflossen. Es gibt auch Hintergrund Infos zu den Texten und dem Konzept. Ich hoffe es gibt genügend Leute, die das zu würdigen wissen und es sich kaufen werden.
to be continued in Teil II…