Neaera
"Das Leben und unser Planet sind kostbare Wunder, die es wert sind, gehegt und geschützt zu werden."

Interview

NEAERA bringen mit „All Is Dust“ ihr zweites Album nach der Reunion heraus. Viereinhalb Jahre hat es gedauert, doch die Wartezeit hat sich gelohnt –  unser Chefkritiker Jan zückte passende acht Punkte für das achte Werk der Münsteraner Metalcore-Institution. Wir sprachen mit Sänger Benny Hilleke über die Entwicklungen der vergangenen Jahre, die Zukunft von NEAERA und Livepläne.

Willkommen zurück – again sozusagen. Viereinhalb Jahre ist euer Comebackalbum her und ich freue mich, dass es keine einmalige Sache war. Dennoch – abgesehen von der Pandemie, warum habt ihr so verhältnismäßig lange gebraucht?

Ich glaube, wir mussten uns – wie vermutlich viele – erstmal etwas sortieren. Als die letzte Platte rauskam wurde kurz darauf pandemiebedingt alles dicht gemacht und keiner wusste so richtig wie es weitergeht. In unserem Fall hatten wir ein zu dem Zeitpunkt neues Album im Gepäck, mit dem wir neben vielen Festivals auch einige Shows geplant hatten. Als man merkte: „Ok, das dauert alles leider deutlich länger als gedacht“ haben wir die Zeit wieder genutzt, um uns an neues Material zu setzen. Zudem sind wir mittlerweile alle neben der Band in Jobs und / oder Familie eingebunden – das sind zusätzliche Faktoren, die einen Songwriting-Prozess nochmal in die Länge ziehen.

Wir waren zwischenzeitlich bei unserem Freund Matze Lohmöller im Docmaklang-Studio und hatten mit dem Gedanken gespielt ein „Lebenszeichen“ mit einer Single zu setzen.  Als der Song final im Kasten war, hatten wir in der Zwischenzeit schon zwei neue Lieder geschrieben und haben uns schlussendlich dafür entschieden, den Song direkt mit auf ein neues Album zu nehmen und nicht vorher zu veröffentlichen. Bei dem Song handelt es sich um „Render Fear Powerless“.

All Is Dust“ klingt ziemlich pessimistisch. Was sind die Kernthemen des Albums?

Ja, das stimmt, aber im Grunde sind die Themen dieses Mal gar nicht so pessimistisch wie der Titel es vermuten lässt. Mit „Pacifier“, „Render Fear Powerless“ oder „Swords Unsheathed“ haben wir drei Songs auf dem Album die sogar eine sehr positive Message haben. Der Titeltrack hingegen beschäftigt sich mit dem bekannten menschlichen Dilemma von Relevanz versus Irrelevanz in Bezug auf den riesigen Raum und die Zeit des Universums. Im großen Ganzen sind wir unbedeutend, unser Planet nur ein winziger Punkt. Und doch: Das Leben und unser Planet sind kostbare Wunder, die es wert sind, gehegt und geschützt zu werden.

Im Promotext steht, ihr habt das Album „old-school“ zusammen im Proberaum geschrieben. Welchem eurer vergangenen Alben steht es eurer Meinung nach am nächsten?

Das ist eine sehr gute Frage. Da kann ich mich, ehrlich gesagt, gar nicht festlegen. Ich persönlich finde, wir haben bei „All Is Dust“ Trademarks von jeder NEAERA-Platte mit drauf. In Summe ist die Platte vielleicht nicht ganz so melodisch wie „Let The Tempest Come“, allerdings auch lange nicht so düster wie „Omnicide“. Aber natürlich ist es das beste und brutalste Album, das wir je geschrieben haben (lacht).

2024 bedeutet 20 Jahre NEAERA! Sind große Partys geplant?

Auch wenn ich mich wie meine eigener Opa anhöre: Es ist einfach unfassbar, wie sehr die Zeit rast. Gruselig. Wirkliche Partys sind nicht geplant, aber wir freuen uns sehr auf die anstehenden Konzerte. Da machen wir dann hoffentlich eine große Party.

Einige Festivalgigs sind bestätigt, aber wir würden gerne NEAERA mal wieder auf Tour sehen. Habt ihr in die Richtung etwas vor?

Wir freuen uns sehr über das Interesse und die vielen Anfragen. Wenn man ganz ehrlich ist, fragt man sich vor einem Release manchmal schon, ob man überhaupt noch relevant ist, was wir erfreulicherweise anscheinend noch sind. Wir können aber leider familienbedingt in nächster Zeit keine Tour spielen – zumindest nicht in der Besetzung. So leid es mir tut.

Drei von euch haben zwischendrin mit OUR LOSS IS TOTAL ein Nebenprojekt gestartet: Einmalige Sache oder kommt da noch was?

Ganz ursprünglich gab es mal die Idee, die Songs als NEAERA-„Special-Album“ rauszubringen – unser Basser und ich hatten dazu keinen wirklichen Zugang gehabt und dann entstand dann die Idee eines Nebenprojektes, losgelöst von dem Namen NEAERA. Wenn ich das richtig verstanden habe, war das allerdings eine einmalige Sache, aber man soll ja nie „nie“ sagen.

Ich war damals aus Bremen für euren Abschiedsgig mit CALIBAN nach Münster gereist – wie ist die Situation innerhalb der Band im Vergleich zu vor der Pause? Seid ihr wieder voll drin oder müssen wir uns auf einen erneuten Abschied einstellen?

Sehr cool! Vielen Dank, dass du dabei warst! Die Sache an „Wir hören auf und kommen dann wieder“ hat in den meisten Fällen einen Beigeschmack. Zum damaligen Zeitpunkt war das für uns die richtige Entscheidung und wir hatten nicht im Hintergrund schon irgendwelche Verträge für ein Comebackalbum oder Comebackshows unterzeichnet.

Ein Stück weit hat man an dem Punkt aber bereits an Glaubwürdigkeit verloren und wir würden es dann nicht nochmal so formulieren. Das ist aber auch schon fast wieder zehn Jahre her, in denen sich vieles weitergedreht und geändert hat und wir werden das verständlicherweise nicht ewig machen können.

Vielen Dank für eure Zeit und die letzten Worte gehören euch!

Ich danke dir für deine Fragen! Wir freuen uns sehr auf die Festivals und die Record-Release-Show. Wir haben zwar immer noch kein Feuer dabei, aber dafür jetzt teilweise In-Ear-Geräte. Also macht euch auf was gefasst!

Quelle: Interview mit Benny Hilleke
30.06.2024

Redakteur für alle Genres, außer Grindcore, und zuständig für das Premieren-Ressort.

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