Nailed To Obscurity
vom ostfriesischen Underground auf die Festival-Bühnen
Interview
Das Cover von „King Delusion“ erinnert mich ein bisschen an die Bilderserie „The Great Red Dragon“ von William Blake. Wie lässt sich das Artwork auch im Zusammenhang mit dem Albumkonzept deuten?
Raimund: Tatsächlich ist der von dir erwähnte Vergleich wirklich cool und ist mir bisher noch gar nicht gekommen. Interessanterweise würden wir neulich in einem Interview gefragt, mit welchem Film wir unsere Musik verbinden würden, worauf ich u.a. die Bücher von Thomas Harris wegen ihrer Ausgestaltung der psychischen Krankheiten erwähnte. Nun ist ja “The Great Red Dragon” gerade ein zentrales Motiv im Buch “Roter Drache”. Das ist allerdings alles reiner Zufall.
Das Cover zeigt den “King Delusion”, der eine Art Symbol für den Zustand ist, in den man verfällt, wenn man sich einem Ohnmachtsgefühl, Wut oder auch Verzweiflung hingibt. Man macht in solchen Situationen oft Dinge, die man im Nachgang betrachtet gar nicht so wahrnimmt, als hätte man selbst gehandelt. Genau dieses Gefühl fängt das Cover perfekt ein, mit all der Symbolik, die in den Raben und der Krone steckt sowie den vielen Details. Es wirkt zugleich sehr düster, aber eben auch nachdenklich und ist vielfältig deutbar. Genau diese Fläche soll auch unsere Musik bieten.
Wer ist der Künstler?
Raimund: Der Mann hinter dem Artwork ist der argentinische Künstler Santiago Caruso. Ole, der ohnehin sehr begeistert von Argentinien mit all seinen Facetten ist, hatte die Idee mit Santiago bei der Gestaltung des Artworks zusammenzuarbeiten. Nachdem wir dessen Werkschau auf seiner Internetseite gesehen hatten, waren wir alle Feuer und Flamme. Wir versorgten ihn mit den Instrumentaltracks aus dem Proberaum (also noch in einem sehr rohen Zustand) und den Ideen zu den Texten der einzelnen Songs (z. T. auch bereits mit fertigen Songtexten). Daraufhin kam er mit einigen starken Ideen um die Ecke, die er als Sketches aufbereitet hatte. Sie passten einfach perfekt zu der Musik. So finden sich eigentlich Elemente aus allen Songs in dem Artwork (damit meine ich nicht nur das Albumcover, sondern eben auch das komplette Artwork im Layout des Digipaks bzw. der LP).
Zwischen „Opaque“ und „King Delusion“ lagen jetzt fast 2,5 Jahre. Was hat sich in dieser Zeit für euch als Band verändert und wie schafft man es, in der schnelllebigen Musikwelt von heute über solche Zeiträume hinweg bei den Leuten präsent zu bleiben?
Raimund: Da ich selbst quasi in die Band gestolpert bin, als wir “Opaque” textlich überarbeitet haben und das Ganze dann im Studio gemeinsam in Form gegossen haben, würde ich als erstes sagen, dass wir einander nun noch besser kennen. Ich kam zwar nicht als Fremder in die Band, sondern war bereits zuvor mit den Jungs befreundet, aber jetzt kann ich sagen, dass die vier anderen zu meinen besten Freunden zählen und ich weiß auch, dass es umgekehrt so ist; ganz zu schweigen davon, dass dies unter den anderen Vieren ohnehin schon der Fall war, als ich in die Band gekommen bin. Wir kennen unsere Stärken und Schwächen deutlich besser und sind in vielerlei Hinsicht noch besser aufeinander eingespielt.
„Wir alle gehen normalen Jobs nach beziehungsweise studieren“
Wenn es um die große Zeitspanne zwischen den Alben geht, muss ich als erstes erwähnen, dass uns die Zeit gar nicht so lange vorkommt. Da wir alle normalen Jobs nachgehen bzw. studieren, haben wir eigentlich nur die Wochenenden, um entweder zu proben oder live zu aufzutreten. Die Herangehensweise ans Songwriting ist sehr traditionell. Ole und Volker arbeiten Songideen grob aus, die dann im Proberaum gemeinsam mit dem Rest vollständig ausgestaltet und arrangiert werden. Deshalb ist es quasi so, dass das Songwriting deutlich schleppender voran geht, wenn viele Live-Auftritte anstehen. Dies war vor allem 2013, 2014 und 2015 der Fall, weshalb wir 2016 in der Zeit vor dem Studio bewusst nur eine Show gespielt haben.
Insgesamt kam uns also die Pause zwischen den Alben definitiv nicht so lang vor, wie sie nun effektiv auf dem Papier aussieht. Dennoch wollen wir uns bis zum nächsten Album nicht so viel Zeit lassen
Vor gar nicht langer Zeit habt ihr euch beim Ruhrpott Metal Meeting die Bühne mit Größen wie ICED EARTH und BLIND GUARDIAN teilen können. Wie fühlt sich so etwas an und wie wichtig sind Festivals im Allgemeinen, um die eigene Bekanntheit zu steigern?
Raimund: Ja, das war wirklich eine tolle Veranstaltung und wir haben uns sehr über die Chance gefreut, dort zu spielen. Festivals bedeuten für uns in erster Linie Spaß. Wir können vollständig neue Leute kennen lernen, eben weil man auf einem Festival Menschen erreichen kann, die nicht zwangsläufig wegen einem da sind, bzw. die zuvor vielleicht nicht einmal etwas von einem gehört haben, denen die Musik aber gefällt.
„Wir alle haben als Kiddies davon geträumt, sowas irgendwann machen zu können“
Der positive Nebeneffekt ist dabei natürlich die Steigerung der Bekanntheit, wie von dir erwähnt, und man müsste lügen, wenn man sagen würde, dass einem das nicht wichtig wäre. Wenn mehr Leute unsere Musik kennen, erreichen wir auch mehr Personen, die tendenziell etwas damit anfangen können, und das wiederum führt dazu, dass man mehr Beachtung bei Shows findet, bei denen man eben nicht wie auf einem Festival mit einer ganzen Schar bekannter Bands spielt, sondern bei denen man eben selbst auch die Attraktion sein kann. Das soll sich aber nicht so anhören, als sei „Erfolg“ unser Ansporn. Wenn das so wäre, würde man sich wohl ein anderes musikalisches Feld aussuchen. Der Spaß an genau der Art Musik, die wir eben spielen, ist unser Motor und das zählt.
Ole: Ich würde sogar einen Schritt weitergehen: Wir stecken wirklich viel Herzblut und Zeit in die Band. Phasenweise ist es sogar wirklich anstrengende Arbeit und wir alle müssen regelmäßig Opfer bringen, wofür uns schon so manch einer für bekloppt erklärt hat Aber genau solche Gigs fühlen sich dann an wie die Belohnung. Wir alle haben als Kiddies davon geträumt, sowas irgendwann mal machen zu können, und wenn man dann solche Gelegenheiten bekommt, weiß man, dass sich all die Mühen gelohnt haben.
Ihr selbst spielt eure Record-Release-Show im ausverkaufen Schlachthof in Aurich, nicht weit von eurem 7000-Seelen-Heimatort Esens in Ostfriesland entfernt. Wie muss man sich die Anfänge einer Musikkarriere in einer extremen Metal-Band in einer solchen, doch recht abgelegenen Umgebung vorstellen?
Ole: Also mittlerweile sind es nur noch Volker und ich, die ursprünglich aus Esens bzw. einem benachbarten Dorf kommen. Volker und ich wollten schon seit wir 11 waren eine Band gründen. Wir waren schon damals absolute Metallica- und Sepultura-Fans (Volkers älterer Nachbar versorgte uns mit Mixtapes) und deshalb fingen wir gemeinsam an Gitarre zu spielen. Bis wir unsere Band dann zusammen hatten, vergingen aber einige Jahre, denn es war nicht gerade leicht andere Musiker zu finden.
Wir kannten wirklich niemandem in unserem Alter, der auch nur jemals etwas von Metal gehört hatte. Irgendwann kam dann aber doch eine Band zusammen, weil wir ein paar Leute mit unserer Begeisterung für die Musik anstecken konnten und so fingen wir dann an. Wir spielten dann auch erste, selbstorganisierte Konzerte und so fanden wir so nach und nach heraus, dass die Undergroundszene in Ostfriesland so nach und nach aufblühen zu schien und wir waren mit unserer eigenen Band mittendrin.
„Dort, direkt hinterm Deich, proben wir auch heute noch.“
So fanden wir uns dann auch irgendwann auf dem ersten Konzert von der Auricher Band wieder, wo Carsten Bass spielte. Da wir gerade auf der Suche nach einem neuen Bassisten waren, fragten wir ihn nach dem Gig sofort und seitdem war Carsten dann an Board. Einige Zeit vorher hatten wir Jann kennengelernt, der ursprünglich nur aushelfen wollte, aber dann nach der ersten oder zweiten Probe selbst fragte, ob er in der Band bleiben könnte. Wir kommen also nicht alle aus dem gleichen Dorf, doch irgendwie haben wir einfach zusammengefunden. Wir hatten uns damals einen Proberaum in einem alten Stall auf dem Hof meiner Eltern ausgebaut und dort, direkt hinterm Deich, proben wir auch heute noch.
Lebt ihr noch immer in der Gegend?
Ole: Raimund hat noch nie in Ostfriesland gelebt. Wir alle haben zwischenzeitlich woanders gewohnt. Bremen, Leipzig, Paderborn, Düsseldorf, Dortmund, Osnabrück, Papenburg, Lingen. All das war schon dabei. Momentan wohnen drei von uns wieder in Ostfriesland, wenn auch nicht in unmittelbarer Nähe des Proberaums, Raimund und ich müssen leider ziemlich viel fahren. Das Positive ist aber, dass wir mittlerweile wissen, dass es selbst so funktioniert, wenn man es nur will.
Ist für dieses Jahr denn auch eine komplette Tour zum Album geplant?
Raimund: Wir sind aktuell an sehr vielen Dingen dran und werden schon bald mehr bekannt geben. Einige Einzelshows kann man bereits online finden, aber da wird noch einiges dazu kommen. Versprochen.
Ich danke euch für das Gespräch! Wenn ihr noch was loswerden wollt – jetzt ist der Moment:
Raimund: Wir hoffen, dass euch das neue Material genau so gut gefällt wie uns. Bei den kommenden Live-Dates hoffen wir dann so viele von euch zu treffen wie möglich. Checkt dazu einfach mal die Dates auf unserer Seite. Wir freuen uns auf euch!
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Stile | Death Doom Metal, Melodic Death Metal, Progressive Death Metal |
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