Nailed To Obscurity
vom ostfriesischen Underground auf die Festival-Bühnen
Interview
Über zwei Jahre nach Veröffentlichung des Vorgängers „Opaque“ ist die ostfriesische Melodic-Death-Metal-Band NAILED TO OBSCURITY mit einem neuen Studioalbum zurück. Im metal.de-Interview erzählen Raimund und Ole, was es mit dem titelgebenden „King Delusion“ auf sich hat und erinnern sich an ihren Weg aus dem ostfriesischen Untergrund bis auf die großen Festivalbühnen.
„King Delusion“ steht seit heute in den Regalen! Wie würdet ihr die Platte beschreiben?
Raimund: Wer uns mit den ersten beiden Alben und gerade mit „Opaque“ kennen gelernt hat, der wird hier den nächsten logischen Schritt erleben. Das Songwriting zeigt sich noch vielfältiger und offen für viel mehr Atmosphäre. Auch wenn die Ausgangsbasis nach wie vor doomiger Melodic Death Metal ist, liebäugelt „King Delusion“ noch deutlicher mit weiteren Einflüssen und progressiven Strukturen. Der Fluss des Albums ist, wenn man ihm folgt, wie eine emotionale Reise mit nachdenklichen Momenten, Wutausbrüchen, psychischen Abgründen und viel Melancholie.
Worin unterscheidet sie sich am stärksten von „Opaque“?
Raimund: Ich denke, dass der offenkundigste Unterschied der Sound des Albums ist. Victor (‘V. Santura’ Bullok, Produzent) hat die Atmosphäre in den Songs noch deutlicher ausgearbeitet. Dies war einer der wesentlichsten Gründe, warum wir im Vorhinein unbedingt mit ihm zusammenarbeiten wollten, und der Schritt hat sich definitiv ausgezahlt. Er hat uns wirklich ermutigt an die Grenzen zu geht, hat uns auch mal experimentieren lassen, gerade was die zahlreichen Gitarrensounds angeht und das hört man dem neuen Material deutlich an.
Ein anderer Punkt ist der Entstehungsprozess. Dazu muss man ein wenig auf die Entstehung von “Opaque” eingehen. Das Album ist im Prinzip zweimal bis zum Ende ausgearbeitet und aufgenommen worden. Als ich 2012 zur Band gestoßen bin, war das Album mit meinem Vorgänger am Gesang bereits vollständig aufgenommen. Wir haben uns dann dazu entschlossen dessen Texte nicht einfach zu übernehmen und so habe ich mit Unterstützung von Carsten und Ole sämtliche Texte samt Phrasierungen neu geschrieben, bevor wir den Gesang neu aufgenommen haben. Aber auch der Sound der Gitarren war definitiv ausbaufähig, weshalb Ole und Volker auch sämtliche Gitarren erneut aufgenommen haben. So sind von der ersten Version des Albums nur noch die Drum- und Basstracks geblieben.
Mehr Experimente und ein einheitlicher Flow bei NAILED TO OBSCURITY
Das war diesmal natürlich anders, denn das Album haben wir von vornherein in der jetzigen Besetzung im Kollektiv geschrieben. Während die anderen an den Instrumentals gefeilt haben, saß ich entweder dabei oder im Nebenraum, um an den Texten zu arbeiten. So war jeder maximal beim kreativen Entstehen der Songs dabei. Außerdem war es so, dass das Album nicht Song für Song komponiert wurde, sondern dass an allen Songs gleichzeitig gearbeitet wurde. Wenn man sich bei einem Song festgefahren hatte, griff man eine andere Idee auf und führte diese weiter. So war der Fluss nie unterbrochen und es hat schlussendlich auch einen wesentlichen Teil dazu beigetragen, dass das Album einen solch geschlossenen Fluss als Ganzes hat.
Final muss man zusätzlich noch erwähnen, dass außerdem für den Gesang mehr Freiheiten gelassen wurden. Die Songs hatten von vornherein bestimmte Stellen, die dem Gesang mehr Raum gelassen hatten und so konnte man mehr Experimente wagen, was wir dann auch entsprechend gemacht haben.
Ole: Ich würde auch sagen, dass dieses Album deutlich düsterer als seine Vorgänger ausgefallen ist und hier und da waren wir auch noch etwas experimentierfreudiger, als man es von uns vielleicht vorher kannte. Wir haben außerdem teilweise ganz gezielt mit Elementen aus ganz klassischen Songstrukturen gespielt. Bei einigen Songs haben wir deshalb versucht ganz klare Strophen, Refrains, etc. zu schaffen, um diese dann aber doch nicht zu einem ganz simplen „Pop-Song-Gerüst“ zusammenzusetzen, sondern eben genau damit wieder zu brechen. Dann haben wir wieder Songs auf dem Album, die genau andersherum funktionieren, bei denen es also keine klaren Strophen und Refrains gibt, etc. So etwas haben wir im Prinzip schon immer gemacht, aber dieses Mal haben wir das ganz gezielt und viel geschickter eingesetzt.
Auf einigen der Songs taucht diesmal auch vermehrt Klargesang auf. Wolltet ihr die Songs dadurch noch variabler gestalten?
Raimund: Es war einfach so, dass wir dachten, dass gewisse Passagen regelrecht nach Cleangesang verlangt haben. Es sollte kein erzwungenes Element werden, aber wenn es passte, haben wir versucht Gesangsmelodien auszuarbeiten, die sich schlüssig in den Song einfügten. Vor allem Ole hatte hier sehr starke Ideen und klare Visionen, die das Projekt stark nach vorne getrieben haben. Es war nicht immer ganz einfach, aber der Aufwand hat sich gelohnt und letztlich finden wir schon, dass der Klargesang gerade die Nachdenklichen, verträumten und die ruhigeren Momente noch stärker unterstreicht, wodurch die Growls dann aber noch düsterer wirke. So bekommt das Album auch auf dem Feld noch mehr Dynamik.
Ole: Gerade die mehrstimmigen „Chöre“ tragen meiner Meinung nach dazu bei, noch mehr Atmosphäre zu schaffen. Ich fand es besonders deshalb sehr interessant, weil man so Flächensounds schaffen kann, die man sonst wahrscheinlich nur mit einem Keyboard so schaffen kann. Aber wir haben keinen Keyboarder und wollen möglichst alles eins zu eins live umsetzen können und so versuchten wir es eben auf diesem Wege.
Wie steht ihr generell zu Sounderweiterungen und Innovationszwang? Reicht es, gerade als irgendwie doch recht traditionell verwurzelte Band aus, beständig Qualität zu liefern, oder darf kein Album klingen, wie das vorherige?
Raimund: Wir finden es schon wichtig, dass jedes Album einen eigenen Charakter bzw. ein eigenes Gesicht hat. Wir wollen eine Weiterentwicklung aufzuzeigen, aber gleichzeitig sind uns auch Konstanten wichtig, damit die Band eine Identität hat und es Merkmale gibt, die man entsprechend wiederentdecken kann. Die Krux ist es, hier einen Mittelweg zu finden, der beidem gerecht wird. Das passiert während des Songwritings aber zumeist eher unterbewusst. Es ist eine Sache, die wie selbstverständlich mitschwingt, aber das denken nicht dominiert. Am Ende des Tages wollen wir ja Musik machen, die vor allem uns gefällt.
Ole: Im Prinzip machen wir einfach, wonach uns ist und es macht natürlich auch Spaß, neue Dinge auszuprobieren. Ich denke alleine deshalb sollte ein neues immer etwas anders klingen. Solange es von den gleichen Leuten und von Herzen kommt, da bin ich mir sicher, wird es auch immer nach dieser einen Band klingen. Und so gehen wir da auch ran.
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Stile | Death Doom Metal, Melodic Death Metal, Progressive Death Metal |
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