Nail Within
Nail Within
Interview
Gleich mit ihrem selbstbetiteltem Debüt-Album haben die in enger Freundschaft zu Israels bisherigem Death Metal-Import Nr. 1 – SALEM – gediehenden NAIL WITHIN gleich eine Death/Thrash-Bombe gezündet, die auch gestählte Schweden wie Tomas Lindberg (AT THE GATES, THE CROWN) und Thrash-Ikone Mille Petrozza (KREATOR) in ihren Bann ziehen konnte und kurzum zu begeisterten Produktions-Mitarbeitern rekrutierte. Wie es sich als Metal-Exoten innerhalb und ausserhalb ihres Herkunftslandes Israel so rocken lässt, verrieten mir die Mannen im Folgenden…
NAIL WITHIN bestehen kaum zwei Jahre – wo wart Ihr vorher umtriebig und wie kam es zum Zusammenschluss?
Vor Nail Within war ich Sänger bei BETRAYER (Death Metal), Alex und Evil Haim spielten bei AZAZEL (Black Metal). Als sich beide Bands vor 2 Jahren auflösten, begannen sie Material zu schreiben, welches später für NAIL WITHIN verwendet wurde. Kurz darauf stießen Matan und ich hinzu.
Welche Bedeutung verbirgt sich hinter Eurem Bandnamen? Meine Assoziationen kreisen um ein bestimmtes christliches Motiv… liege ich da richtig?
„Nail Within“ kann als Gedanke des Widerstands verstanden werden, als „ein Nagel in Gesellschaft / System / wasauchimmer“, etwas Reines, in dem ein Nagel steckt. Auf der anderen Seite kann es einen Menschen meinen, der in seinem Glauben und seiner Philosophie festgelegt ist, beides trifft wohl in der Tat zu. Es hat nichts mit diesem Movie zu tun. [Movie? „christian motive“, nicht „christian movie“… 🙂 – him]
Für die Produktion Eures Debüts habt Ihr wohlklingende Namen wie Tomas Lindberg und Mille Petrozza ins Boot holen können – Mit wem muss man schlafen, um diese Größen ihres Fachs für die eigene Musik zu begeistern? Wie kam es zu dieser offensichtlich fruchtbaren Zusammenarbeit?
Das ist für uns eine großartige Sache und wir alle freuen uns darüber sehr. Im Jahr 2000 haben wir hier in Israel eine BETRAYER-Show mit Tomas Lindberg bestritten, 700 Fans kamen um uns mit ihm unsere Songs spielen zu sehen – und AT THE GATES-Songs! Wir wurden gute Freunde und blieben die ganze Zeit in Kontakt, also war es für mich klar, ihn als Gastsänger für unser Album einzuladen, als echtes Tribut, aus Respekt und natürlich aus freundschaftlichen Gründen. At The Gates und Tomas‘ Lyrics hatten sehr großen Einfluss auf meinen schreiberischen Prozess und die Musik von NAIL WITHIN.Ich wollte diesem Mann und Freun danken für das, was seine Musik mir bedeutet, und als Freund. Also habe ich ihn und seine Frau als Special Guests einfach in unser Studio nach Deutschland geholt, und hat er „Under The Spell“ und zusammen mit Mille und mir „Dirty Coloured Knife“ eingesungen.
Mit Mille war es etwas anders: Da ich ein großer Kreator-Fan bin seit ich 15 bin, wartete ich schon immer auf die Gelegenheit, mal mit diesem Jungen zu quatschen. Ich denke, Du wirst mir zustimmen wenn ich sage, dass KREATORs Musik weit tiefer und ehrlicher ist als die der allermeisten heutigen Bands – Ausserdem waren Kreator einst für mich der Grund, mit 15 Jahren eine eigene Band zu gründen. Vor zwei Jahren dann hatte ich die Gelegenheit Mille für den Metal Hammer Israel zu interviewen, und ich schrieb ein ziemlich großes Special plus Interview darüber, wie Kreator mich als Musiker und Texter beeinflusst haben, und das wichtigste: als Mensch!
Also interviewte ich Mille, und es war ein sehr gutes Interview und ich traf einen sehr interessanten und hochintelligenten Menschen, jemand, der ehrlich ist in allem, was er sagt. Wir blieben in Kontakt, ich schickte ihm natürlich die Ausgabe und rief ihn vor einem halben Jahr an und lud ihn ebenfalls ein, sich mit uns und Tomas Lindberg das Studio zu teilen. Was ich nicht wusste war, dass beide sich bereits kannten und sehr erfreut über meine Idee waren. Es war also eine großartige Erfahrung im „Spiderhouse Studio“ und ich muss sagen, dass ich verdammt stolz bin, diese beiden großartigen Menschen und Musiker aus unserem Album zu haben, und ich möchte die Gelegenheit nutzen, ihnen zu sagen, wie sehr wir ihren Support, den sie uns gegeben haben, schätzen! Danke und Respekt!
Was Ze’ev Tananboim angeht: er ist seit gut 10 Jahren ein enger Freund von mir, es war also klar, dass er uns von Beginn an unterstützte.
Bezüglich Robert Gonella: Er kam mit Mille ins Studio, wir haben über Gott und die Welt gequatscht und wurden Freunde. In „Bleed Forever“gibt es einen thrashigen Part, und ich bot ihm an, den zu singen. Er war völlig begeistert und es wurde ein absoluter Killer, es war sein erster Auftritt in der Szene seit 14 Jahren, und wir sind stolz, das er auf unserem Album stattfand!
Neben Zeev Tananboim als Co-Produzent und Gastbrüller ist auch Drummer Yishai Swearts als weiterer Import von SALEM auf der Scheibe zu hören (und macht einen absolut beeindruckenden Job!). War die Popularität SALEMs für Euch Sprungbrett in die entgültige Internationalität?
Ich bin Yishai und ich war nie SALEMs Drummer… sich singe ausschließlich bei Nail Within, Salem’s Drummer ist der einzigartige Nir Nakav, der als Session Member auf unserem Album trommelt [äh, da hab ich wohl die Namen durcheinander geschmissen… wie unangenehm. – him]. Beide (Zeev und er) sind gute Freunde von uns seit lange, langer Zeit und sie haben uns viel und bei allem Möglichen geholfen; dennoch unterscheidet sich unsere Musik von der Salem’s, da beide Bands einen eigenen Sound und eine eigene Richtung haben (die haben ein fantastisches neues Album draussen: „Collective Demise“, brilliant!).
Euer Sound ist verdammt schwedisch. Seht Ihr eine typisch israelische Note, die man Death/Thrash zukünftig verleihen könnte? Oder seht Ihr überhaupt einen Sinn in einer nationalen Metal-Identität?
Die Tatsache, dass wir aus Israel kommen und über unser reales Leben singen anstelle von Sachen, die wir nur in irgendwelchen Märchen gelesen haben, machen unsere Musik und unser künsterisches Dokument authentischer und – aussergewöhnlicher, sollte ich vielleicht sagen. Wir sehen nicht die Notwendigkeit, mittelöstliche und orientalische Parts in unsere Musik einzubringen, wir schaffen unseren eigenen Sound. Natürlich haben wir Einflüsse, jeder hat Einflüsse, aber ich glaube unsere thrashigen Motive unterscheiden uns von den schwedischen Bands, die grundsätzlich melodischer sind.
Was hat es mit dem offensichtlich tief in Eurer Musik verwurzelten 6/8-Takt auf sich? Ist er ein Markenzeichen von Euch, oder habt Ihr bislang keinen Gedanken daran verschwendet (und erst ein leidiger Musikkritiker musste kommen, um sich mit dieser Entdeckung zu profilieren…)?
Ich selbst habe nie darüber nachgedacht, aber ich spiele auch kein Instrument ausser meiner Stimme.
Mögt Ihr eigentlich keine Blastbeats?
Warum nicht? Ich auf jedenfall! Ich liebe Bands wie Suffocation, Marduk etc…
Warum hat es Euch für die Produktion Eures Albums für ein paar Wochen nach Deutschland verschlagen? Habt Ihr Unterschiede zu euren heimischen Bedingungen erwartet und erlebt?
Wir wollten mit hocherfahrenden Metal-Produzenten arbeiten und mit jemandem, der nicht 673 Band pro Jahr produziert. Harris Johns ist der richtige Mann dafür, er ist sehr professionell und ein cooler Mensch, der unsere Musik und ihre Aussage versteht. Natürlich bin ich mit Alben, die er gemacht hat, aufgewachsen und es war eine tolle Erfahrung, selbst mit ihm im Studio zu arbeiten – und all seine „Memory Bools“ zu sehen, mit Fotos und Anmerkungen von all den 80‘s-Metal-Helden in ihren ersten Tagen. Harris verhalf uns zu dem exakten Sound und dem musikalischen Touch, nach dem wir gesucht hatten, etwas, das einzigartig klingt aber unsere Wurzeln nicht verdeckte. Niemand in Israel ausser Zeev Tananboim hätte uns zu dem gewünschten Resultat verhelfen können, also kam Zeev mit uns nach Deutschland.
Hierzulande bringt man den Begriff „Israel“ zumeist in politischen oder aber religiösen Kontext. Aber israelischer Metal? Hängt es mit einer westlich-medialen Realitätsverzerrung zusammen, Israel generell zu politisieren?
Die meisten Metal-Bands hier singen nicht über Politik. Sie singen darüber, was in Israel abgeht, aber nicht als politische Aussage, eher als die Art, wie sie die Dinge sehen, nämlich von einem persönlichen Level der Leute aus, die in dieser Situation leben.
Ich habe die Texte zu Eurem Output leider nicht vorliegen. Spielen politische Themen eine Rolle in ihnen? Welche Gedanken verarbeitest Du sonst in Eurer Musik?
Die Lyrics sind zu 99% autobiographisch, sie beschreiben wer ich bin, wie ein Gespräch mit dem Zuhörer, der von den Lyrics etwas über mich lernen kann. „Emblaze“ handelt von der aktuellen Situation in Israel, „Inhuman Condition“ ist radikale Philosophie, welche auf Büchern von Eyan Rand und Nietzsche basiert, „Dirty Coloured Knife“ spiegelt meinen Wahnsinn und meine neurotischen inneren Kämpfe wieder, „Bleed Forever“ handelt von einer Frau, die ich kenne, die in einer sadomasochistischen, zerstörerischen Beziehung missbraucht wurde. „Under The Spell“ handelt von mir, wie ich verletzt war nach einer langen Beziehung, die in einer sehr bösen Art und Weise endete. „Mental Coffin“ spielt mit Deinen Ängsten und Dämonen: mache Dir Dein Leben bewusst und mache Dir bewusst, was Du bist. ‚Impure‘ handelt von der Hoffnung auf ein besseres Leben, wenn man sich seines inneren Königreiches gewahr wird. „Last Nail“ ist eine Reflektion aller vorangegangenen Songtexte auf dem Album mit einem Statement am Ende. Ich habe einen lyrischen Background: 1993 veröffentlichte ich einen Gedichtband in hebräisch namens „Rage Prophet“ – Lyrics sind also sehr wichtig für mich. Drei der Songtexte auf dem Album stammen übrigens von unserem Ex-Drummer Miko.
Kann man sich als Musiker/Künstler in Israel überhaupt vom nationalen politischen Geschehen nicht beeinflussen lassen?
Nein.
Wie steht es um die israelische Metal-Szene? Ist es ein west-europäischer Irrglaube, dass man israelische Metalheads an zwei Händen abzählen könnte?
Die Szene wächst. Bands wie Salem, ETERNAL GRAY, ARALLU, ORPHANED LAND (die sind wieder zurück und machen grad ein neues Album namens „Mabool“) und Lehavoth sind großartige Bands, wir supporten uns untereinander, wo wir nur können. Weitere zu empfehlende Bands sind BETZEFER, SLEEPLESS, MOONSKIN und ABED, allesamt vielversprechend – also ich denke, die Szene ist auf dem richtigen Weg – ohne Zweifel!
Begreift Ihr Euren Status als israelische Metalband eigentlich ebenfalls als exotisch? Oder ist es für Euch eher lästig, ständig über Eure Herkunft identifiziert zu werden, die für Euch schließlich nichts als langweilige Normalität bedeutet?
Wie ziehen es vor, wenn die Leute zunächst unsere Musik mögen. Natürlich ist es irgendwie exotischer, wenn eine Band aus Israel kommt, aber das Wichtigste ist die Musik – und manche Leute vergessen das…
Besteht mit den Möglichkeiten, die Euch der Vertrag mit den Franzosen von Listenable bietet, die Option, Euren Tourbus-Fahrplan demnächst einmal auf Europa auszuweiten?
Ich denke, Listenable machen einen ausgezeichneten Job! Ich bin sicher, das wir mit dem Support, den sie uns geben, wachsen werden. Ich bin sehr zufrieden.
Gibt es ausser der Infektion des Globus mit Eurem Death/Thrash-Virus (die ich einfach mal unterstelle) weitere große, vielleicht ganz konkrete Ziele und Träume, die Ihr mit NAIL WITHIN zu verwirklichen trachtet? Einmal als Support Act KREATOR die Show stehlen? Einmal als Transvestiten beim Grand Pix d’Eurovision abräumen vielleicht?
Ein Traum, den ich hatte und der nie wahr werden wird, war, mit Chuck Schuldiner die Bühne zu teilen. Aber natürlich gibt es eine Menge mehr Träume und Hoffnungen, welche wir hoffen zu erreichen.
Gibt es etwas, wonach ich noch nicht gefragt habe, was Ihr aber unter allen Umständen noch loswerden wolltet (und deshalb bislang auch brav den überflüssigen Rest meiner Fragen beantwortet habt…)? Dann lasst es jetzt raus!
„For pain there are 1000 ways to…..“
Ich danke für das nette und interessante Interview, Jungs!
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