Naglfar
Interview mit Kristoffer Olivius zu "Pariah"

Interview

Naglfar

Für mich doch recht überraschend warten NAGLFAR bereits kurze zwei Jahre nach der Veröffentlichung von „Sheol“ mit einem neuen Langeisen auf. War man in der Vergangenheit doch eher einen etwas gemächlicheren Turnus gewohnt, scheint es bei den Schweden jetzt Schlag auf Schlag zu gehen, denn bereits zwei Monate vor VÖ hat man eine laut Neu-Frontmann Kristoffer sehr erfolgreiche Tor mit FINNTROLL hinter sich gebracht, auf der erste neue Songs vom Publikum schon sehr positiv aufgenommen worden sind. Nach dem Weggang Jens Rydéns hat Kristoffer den Posten am Mikro übernommen und den Bass an Morgan Lie übergeben, der bereits von 1995-1997 schon einmal Teil der Besatzung auf dem Knochenschiff gewesen war. Auf das ungewohnt schnell aus der Hüfte geschossene „Pariah“ angesprochen meint Kris: „Ich glaube die Band befindet sich gerade einfach in der richtigen Stimmung, um Songs zu schreiben. Wir haben einige Songs übrig, die es nicht auf das Album geschafft haben. Es ist schwer zu sagen, woran es liegt, aber momentan herrscht eine sehr gute und vor allem sehr kreative Atmosphäre in der Band. Wieso sollte man dann das Album nicht herausbringen und stattdessen vier oder fünf Jahre warten?“

Eine absichtliche Verzögerung der älteren Scheiben wollte ich ja auch gar nicht unterstellen. „Nein, natürlich nicht. Es gab damals viele Probleme, die meistens mit dem Label zu tun hatten.“ Bereits für „Sheol“ hatten die Schweden sage und schreibe 25 Songs zu Papier gebracht, von denen es allerdings nur neun Perlen auf die Scheibe geschafft haben. Gab es denn diesmal wieder so ein Überangebot? „Nein, weil wir diesmal auf eine andere Weise geschrieben haben. Wir – das sind Andreas, Marcus und ich – haben jeweils für uns selbst angefangen, Songs zu schreiben. Danach haben wir uns zusammengefunden, um die Titel aufzunehmen. So hat jeder seinen eigenen Einfluss auf die Songs gehabt. Diesmal hatten wir zuvor Pre-Recordings aufgezeichnet, die wir mit in den Proberaum brachten, wo sich das Material dann natürlich noch einmal total verändert hat. Es war ein sehr kreativer Prozess!“

Auch wenn der Songwriting Prozess bereits vor Jens‘ Ausstieg begonnen hat, hat er nicht zur Entstehung der neuen Songs beigetragen. Entgegen aller anders lautenden Gerüchte wird er laut Kristoffer auch nach Beendigung seines Grafik-Design Studiums nicht wieder zur Band stoßen. Dafür hat Kris seinen Posten als Frontmann bei SETHERIAL geräumt, um sich voll und ganz auf NAGLFAR konzentrieren zu können. „Es war eine sehr schwere Entscheidung, da ich wirklich viel für diese Band empfinde. Ich war sieben Jahre lang bei SETHERIAL. Es wäre jedoch sehr ungerecht gewesen, trotzdem Mitglied bei SETHERIAL zu bleiben, da es sich dabei um eine unabhängige Band handelt, die für sich selbst steht. Die Band verdient mehr Zuwendung als ich ihr noch geben könnte. NAGLFAR erfordert jetzt ein ungeheures Maß an Aufmerksamkeit, da wir überall auf der Welt Verpflichtungen haben. NAGLFAR war immer meine Hauptband, und als sich herauskristallisierte, dass ich die Vocals übernehmen würde, war klar, dass es SETHERIAL gegenüber ungerecht wäre, in beiden Bands Sänger zu sein. Das hätte einfach den Fokus von SEHTERIAL wegbewegt. SETHERIAL waren für mich nie nur ein Nebenprojekt, wie es so oft geschrieben wurde.“

Wenn wir schon bei Projekten sind: stimmt es denn eigentlich, dass Kris für das zweite HAVAYOTH Album mit im Boot saß, wie Jens einmal in einem Interview berichtete? „Nein, das stimmt nicht. Ich war nie in HAVAYOTH involviert. Das war Morgan, unser ehemaliger Bassist [hat „Vittra“ und „Diabolical“ eingespielt – Anm. d. Red.].“ Sinn hätte das Gerücht aber dennoch gemacht, da Morgan nach „His Creation Reversed“ den Bass an den Nagel gehängt hat und keine Musik mehr macht. „HAVAYOTH ist Marcus‘ und Andreas‘ Band. Eigentlich ist es sogar nur Marcus‘ Band. Andreas [Hedlund, aka VINTERSORG – Anm. d. Red.] macht nur die Vocals.“ Zumindest ist es positiv zu hören, dass es dennoch neues Material gibt. „Ich habe das neue Album schon gehört. Allerdings sind die Vocals noch nicht aufgenommen worden und ein Label haben sie auch nicht. Aber ich gehe davon aus, dass sie es zu Ende bringen werden. Wir werden allerdings zuvor das nächste BEWITCHED Album aufnehmen.“ Um die Zukunft von Jens‘ DEAD SILENT SLUMBER weiß Kristoffer leider nicht so genau bescheid. „Ich bin mir zwar relativ sicher, dass da noch etwas nachkommen wird. Ob unter diesem Namen oder anders betitelt weiß ich allerdings nicht.“

Doch genug der Umschweife! Mit „Pariah“ steht das vierte Full Length in den Startlöchern und ich bin gespannt, wie Kris den Titel erklärt. “ „Pariah“ ist jemand, der außerhalb der Gesellschaft steht und auf sich allein gestellt ist. Das kann gewollt oder ungewollt sein. Aus unserer Sicht ist es ein gewähltes Dasein: außen vor zu sein und für Dich allein zu arbeiten. Wenn Du diesen Weg gewählt hast, so hart zu arbeiten und Dich so stark auf die Band zu konzentrieren, geht das damit einher, dass Du abseits dessen stehst, was normale Leute aus ihrem Leben machen. Das spiegelt sich auch in den Songs auf dem Album wieder, auch wenn sie untereinander keine Verbindung aufweisen. Sie handeln alle mehr oder weniger von diesem Thema. Es ist an Hass-Album. Jedes Lied spiegelt eine unterschiedliche Seite des Hasses wider, sei er nun gegen uns selbst gerichtet oder gegen die Menschheit im allgemeinen.“

Erscheinen wird „Pariah“ unter der Regie des langjährigen Vertriebspartners Century Media, bei dem NAGLFAR nun direkt unterschrieben haben. Was aus New Hawen Records geworden ist, die noch „Sheol“ veröffentlicht haben, weiß aber nicht einmal Kris selbst. „New Hawen existieren nicht mehr. Ich weiß aber auch nicht, was mit denen passiert ist.“ Eine weitere Labelalternative wäre ja auch mit Regain Records recht nahe und im eigenen Land gelegen. Das Quasi-Schwesterlabel von New Hawen, welche ja bekanntlich beide aus dem legendären WAR Label hervorgegangen sind, blüht ja derzeit richtig auf und macht mit Signings großer Namen Schlagzeilen. „Schon bei der Veröffentlichung von „Sheol“ und der ganzen Arbeit, die um den Release herum entstanden ist, haben wir mit Century Media zusammengearbeitet. New Hawen waren kein Label, das wirklich gearbeitet hat. Sie haben alles an Century Media lizenziert, mehr nicht. Alles weitere haben wir mit den Jungs von Century Media gemacht. Es fühlt sich gut an, mit Leuten zu arbeiten, die über die Band bescheid wissen und die genauso darüber denken, wie man selbst.“

Wie schon erwähnt, sind die langen Pausen zwischen den Veröffentlichungen hauptsächlich Problemen mit den Plattenfirmen zuzuschreiben. Dennoch haben NAGLFAR eben durch diesen Umstand einen gewissen Kultstatus erreicht. So war das Debüt „Vittra“ jahrelang nicht erhältlich, da schlicht vergriffen, und die MCD „Ex Inferis“, die das erste zaghafte Lebenszeichen der Band in drei Jahren nach dem Release von „Diabolical“ darstellte, war in Deutschland zwar lange angekündigt, aber erst mit einem Jahr Verspätung erhältlich. „Für uns war das alles natürlich eine sehr frustrierende Situation. Das würde glaube ich jeder Band so gehen. Man will einfach, dass die Alben für die Leute erhältlich sind. Da waren allerdings so viele Dinge, die sich im Hintergrund abgespielt haben, die das unmöglich gemacht haben. Natürlich hat auch unsere Entscheidung, unsere Alben auf kleinen Labels herauszubringen, seinen Teil zu dieser Situation beigetragen.“

Also hatte dieser Umstand weniger mit Taktik oder Faulheit als vielmehr mit Pech zu tun. Hat man also auch früher schon nach Größerem gestrebt? “ „Größer“ ist so ein Ausdruck… man darf dabei nicht vergessen, dass es sich immer noch um Metal handelt und nicht um durchschnittliche Populärmusik. Ich denke, dass jeder, der kreativ tätig ist, mit seinem Schaffen Leute erreichen will.“ Mit Sicherheit hat dieses „Pech“ allerdings auch zur Meinungsbildung in der Fangemeinde beigetragen, die so über Jahre reifen konnte. Meiner Beobachtung nach spaltet sich das Fanlager von NAGLFAR in „Vittra“-Liebhaber und „Diabolical“-Fans. Da wäre es doch mal interessant zu wissen, zu welchem Lager sich Kris zählt. „Das ist eine ziemlich unfaire Frage. Mir bedeutet jedes Album sehr viel. Jedes Album repräsentiert einen eigenen Abschnitt meines Lebens. Wir haben die Alben absichtlich aus verschiedenen Blickwinkeln aufgenommen, um uns nicht zu wiederholen. Besonders bei der jeweiligen „Formel“ für ein Album und der Produktion haben wir versucht, uns wandelbar zu zeigen. Ich persönlich mag alle Alben! Wir spielen die Art Musik, die ich liebe. Wäre das nicht der Fall, wäre ich nicht dabei.“ „Pariah“ scheint mehr Black Metal beeinflusst zu sein, als „Diabolical“, das deutlichere Death Metal Einflüsse hatte. Diese Kategorisierung scheint allerdings keine Relevanz zu haben. „Ja, mag sein. Aber dennoch ist es Metal. Nenn es Death, Black oder Thrash… es ist einfach Metal. Es gibt so viele Wege sich auszudrücken.“

Und da sollte doch jeder einen Weg finden das zu tun. Dennoch gab die Inhaftierung Jon Nödtveidts anscheinend genug Anlass, NAGLFAR als veritablen Thronerben DISSECTIONs zu proklamieren. Wie sieht das jetzt aus, da Jon Schweden wieder ohne die sprichwörtlichen Gardinen sieht? „Ich sehe da keinerlei Konkurrenz und ich weiß auch nicht, warum das die Leute immer glauben. Ich mag DISSECTION sehr. Aber wenn ich eine Band nennen müsste, von der wir alle sehr beeinflusst waren, wären das EUCHARIST. Heutzutage sind DISSECTION eine meiner Lieblingsbands. Trotzdem finde ich, dass wir einen sehr eigenständigen Sound haben. Es gab nie eine Konkurrenz. Warum auch? Es ist sehr schwer, über die Musik zu konkurrieren.“ Auf die Frage, wie ihm denn dann „Maha Kali“ gefalle, weicht er zunächst ein wenig aus: „Äh… ich denke es steckt schon eine bestimmte Absicht dahinter. Ich kenne sie [die Single – Anm. d. Red.] jetzt nicht so gut als dass ich etwas über die Umstände sagen könnte, unter denen sie entstanden ist. Wie ich mitbekommen habe, ist sie unter sehr schlechten Bedingungen aufgenommen worden. Zumindest die Gitarren.“ Jetzt mal Butter bei die Fische! Wie sieht es mit dem Song an sich aus? „Das ist eine Meinungs- und Geschmackssache. Ich mag den Song sehr, aber ich stehe auch total auf Hard Rock. Meiner Meinung nach hat er viel von Progressive Rock in sich. Ich kann jetzt nicht für andere Leute sprechen, aber für mich sieht es so aus, als ob sie diese Richtung weitergehen würden. Das könnte sehr interessant werden und ich freue mich schon sehr auf das Album.“

Die Erwähnung von EUCHARIST bringt mich auf eine Frage, die bis heute ein Mysterium für mich darstellt. Vor Jahren waren NAGLFAR zusammen mit EUCHARIST (zu „Mirrorworlds“ Zeiten) auf einem der legendären W.A.R. Labelsampler vertreten. Unter anderem war auf dieser CD auch eine Band namens ZEPHYR mit dem Song „Evil Bloody Evil“ vertreten, die allerdings außer bei dieser Gelegenheit noch nie in Erscheinung getreten ist. Handelte es sich dabei um Labelmates? „Ich weiß es auch nicht. Hört sich sehr nach einem Projekt an, aber ich weiß leider nicht, wer daran beteiligt sein könnte. Vielleicht wollten sie ja noch etwas veröffentlichen.“ Schade, aber vielleicht bringt ja eine Mail an Regain etwas Licht ins Dunkel, denn „Evil Bloody Evil“ macht wirklich Lust auf mehr!

„Mehr“ wurde uns ja bereits kurz nach „Sheol“ in Form einer DVD versprochen. Wie weit sind denn die entsprechenden Pläne bisher gediehen? „Während der „Sheol“-Phase sind ja einiges passiert in der Band, und wir haben nicht wirklich viel getourt. Dafür haben wir angefangen, neue Songs zu schreiben. Deshalb haben wir das Projekt erst einmal auf Eis gelegt. Wir haben zwar sehr viel professionell aufgenommenes Material, aber wir wollen damit noch etwas warten. Heutzutage bringt jeder irgendeine DVD heraus, und die meisten davon sind nicht wirklich gut. Wir werden definitiv eine DVD herausbringen. Die soll aber etwas besonderes werden. Sie soll von derselben Qualität sein, die wir auch stets mit unseren Alben anstreben. Es soll ein solider Release werden.“ Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. Aber wie sieht es denn mit greifbareren Angaben zur näheren Zukunft aus? „Wir werden dieses Jahr nicht allzu viele Festivals spielen, Wacken ist das einzige in Deutschland. Natürlich können sich die Dinge noch ändern, aber so sehen momentan die Pläne aus. Wir werden wahrscheinlich auf eine sehr ausgedehnte Tour gehen. Die Band ist sehr stark und es wird Zeit, NAGLFAR jetzt wirklich auf den Weg zu bringen. Es wird wohl zwei Europa-Tourneen zu diesem Album geben, dazu US- und UK-Tourneen. Ich denke wir werden ganz schön beschäftigt sein. Ansonsten ist nichts geplant. Der Songwriting-Prozess geht zur Zeit sehr gut voran. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass wir bereits nächstes Jahr wieder etwas Neues aufnehmen.“ Die Segel des Totenschiffs sind gesetzt. Aber jetzt warten wir erst einmal die VÖ von „Pariah“ ab.

Galerie mit 15 Bildern: Naglfar - Rise Of The Cosmic Fire II 2018 in Colmar
08.06.2005

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