Naglfar
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Interview

NAGLFAR werden in Kürze ihr neuestes Album "Harvest" veröffentlichen. Nachdem Ex-Kollege und -Sänger Jens neulich mit PROFUNDI durchaus gute Kritiken einfuhr, durfte man nun umsomehr gespannt sein auf die Antwort aus dem Hause NAGLFAR. Über etwaige musikalische Veränderungen, das Verhältnis zu Jens und einiges andere klärt uns nunmehr Andreas, seines Zeichens Leadgitarrist der Schweden-Band aufs freundlichste auf. Müßig zu sagen, dass er die Streitaxt stets griffbereit hielt; glücklicherweise überstanden wir die Fragestunde ohne Attacke himmlischer Horden…

NaglfarHallo Andreas, ersteinmal meine vollste Ehrerbietung, was euer neuestes Opus „Harvest“ angeht. Äußerst gelungen, wie ich finde. Doch dazu später mehr. Zunächst ein Rückblick: Erzähl uns bitte etwas über die legendäre Anfangsphase der Band, die sagenumwobene „Vittra-Diabolical“-Ära. Damals habt ihr euch immer recht viel Zeit gelassen zwischen euren Veröffentlichungen, heute dagegen, nach Jens‘ Ausstieg, sind die Intervalle erheblich kürzer, warum?

Die Band wurde von Kris und Jens Ende 1992 gegründet. Sie hatten damals genug vom Einerlei der Szene und wollten etwas eigenes auf die Beine stellen, etwas wirklich Neues. Ich kam später hinzu, irgendwann 1993. Zu diesem Zeitpunkt beschlossen wir, den bisherigen Bandnamen in NAGLFAR zu ändern. Alles, was wir damals wollten, war ein Demo zu veröffentlichen und live möglichst viele Städte unsicher zu machen. Bekanntlich landeten wir bei Wrong Again Records, was wir zunächst selbst kaum glauben konnten. Wir sollten ein Album aufnehmen und sie fragten uns, ob wir nicht noch mehr Songs auf Lager hätten. Wir hatten noch einiges in der Hinterhand und so kam der Stein ins Rollen…
Die nunmehr kürzeren Intervalle zwischen unseren Veröffentlichungen haben unter anderem damit zu tun, dass wir den Focus seinerzeit weniger auf neues Material gelegt haben und überhaupt weit weniger von unserem damaligen Label gepusht wurden als heute.
Überdies haben wir die Art des Schreibens neuer Songs verändert und professionalisiert; früher haben wir im Proberaum gejammt, heute entstehen die neuen Tracks erst im Studio.

Ich bin NAGLFAR-Anhänger seit „Sheol“. „I Am Vengeance“ und „Black God Aftermath“ sind Klassiker, wie ich meine. Wolltet ihr mit den neuen Liedern wieder etwas mehr in diese Richtung gehen, was Gitarrenarbeit, Virtuosität und Intensität betrifft?

Ich denke schon, dass wir mit „Harvest“ daran anknüpfen; letztlich haben wir diese musikalische Richtung nie wirklich verlassen, auch wenn sie vielleicht auf „Pariah“ nicht ganz so präsent ist.

Euer neuestes Opus trägt den Titel „Harvest“. Wo siehst du die Unterschiede im Vergleich zum auch sehr starken Vorgänger „Pariah“, von dem ich mal behaupte, dass er insgesamt nicht ganz so verspielt ist und mehr Raserei enthält?

Ich glaube der große Unterschied liegt vor allem in der Variation des Tempos. Auf unserer „Pariah“-Scheibe haben wir übers ganze Album permanent Fullspeed geboten, während wir auf „Harvest“ mehr Midtempo in die Songs integriert haben. Sicher, es fehlt auch dort nicht an Ass-kickenden Songs, aber dieses Mal scheuten wir uns nicht davor, den Arrangements mehr Heaviness zu verpassen.
Ich denke, es ist gut, dass wir das probiert haben und ich muß sagen, dass ich sehr zufrieden mit dem erzielten Ergebnis bin.

Es dürfte kein Zweifel bestehen über die starke Affinität eurer Musik zu DISSECTION, gerade was die Gitarrenführung und die dramatischen Songaufbauten angeht, aber auch in Hinsicht auf Vocals und Refrains. Liege ich da richtig?

Wir hören das öfters, also wird wohl was dran sein. Allerdings wurden wir, als wir anfingen, mehr von Bands wie AT THE GATES, UNANIMATED und EUCHARIST beeinflusst. Und natürlich von traditionellem Metal-Stoff wie JUDAS PRIEST und IRON MAIDEN.

Endlich mal jemand, der auch UNANIMATED und EUCHARIST als Vorbilder nennt… Kanntet ihr eigentlich Jons letztes Album „Reinkaos“ und wie würdet ihr das musikalisch einstufen?

Ich kann natürlich nur für mich sprechen, und ich mag es.

Was inspiriert euch, Musik und Texte zu schreiben? Sind es mehr persönliche Erfahrungen, Alpträume, Emotionen oder phantastische Themen?

Andere Bands sind gar nicht so sehr Ideengeber für uns; vielmehr sind es Ereignisse um uns herum und aus unserem täglichen Leben, die uns inspirieren, daraus Musik und Texte zu machen. Allerdings ist es meines Erachtens auch gar nicht möglich, vollkommen losgelöst und unbeeinflusst von der Musik zu bleiben, die man gerade zu Hause hört.
Was die Texte betrifft, so handelt es sich um persönliche Erlebnisse bis hin zu puren Horror-Stories.

Wie entstehen eigentlich eure Songs? Lass ihr euch vorwiegend von eurer Vorliebe für schwedischen Black Metal leiten? Oder kommen zunehmend auch modernere Einflüsse zum Tragen? Was ich nicht unbedingt hoffe, denn ihr seid sozusagen eine musikalische Konstante, die sich stets treu geblieben ist…

Wir versuchen schon, uns innerhalb des Songwritingprozesses nur von uns selbst leiten zu lassen. Einer von uns präsentiert ein Riff, der Rest von uns bastelt drumherum ein Soundgerüst, dann sehen wir, ob es möglich ist, daraus etwas NAGLFAR-typisches zu entwerfen. Wenn nicht, nun dann verwerfen wir die Idee und beginnen den Prozess von vorne.

Es fällt auf, dass ihr auf „Harvest“ härter zu Werke geht, mehr Groove einbaut und dazu immer wieder zu diesen mitreissenden Refrains ausholt, für die ihr bekannt seid. In Songs wie „Mirrors To My Soul“,
„Odium Generis Humani“, „The Darkest Road“ oder
„Harvest“ geht ihr auch sehr hymnisch-hypnotisch zu Werke. Diese Mischung ist absolut einzigartig. Wollt ihr uns damit in eine Art Trance versetzen? Oder zum Luftgitarrenspieler erziehen?

Zuerstmal danke für das Kompliment. Ha Ha… Ja, wir versuchen damit auf jeden Fall, euch alle in ein tiefes Nirvana zu versetzen…
Das Luftgitarren-Phänomen ist übrigens typisch für euch deutsche. Wir Schweden lieben dagegen ganz besonders das Luftdrumming.

Vom nicht uninteressanten Luftdrumming schwedischer Prägung zur nicht weit davon entfernten Elch-Härte:
„Feeding Moloch“, „Plutonium Reveries“ und „Prayers Of Cain“ sind ultraharte schnelle Tracks. Seid ihr eigentlich auch Thrash Metal-Anhänger?

Wenn man sieht, dass und vor allem in welcher Art Marcus und Kris auch bei BEWITCHED mitwirken, wird es keine allzugroße Überraschung mehr für dich sein, dass wir uns in der Tat sehr an der Thrash-Variante erfreuen. Bands wie KREATOR, TESTAMENT, DESTRUCTION und DESASTER (Yeah!!! Anm. Stendahl) sind ja auch Arschtreter vor dem Herrn…

„Harvest“ ist ein sehr melodischer Midtempo-Song mit sehr musikalischem Refrain, fast an Bands wie DARK TRANQUILLITY erinnernd. War das Absicht bzw. schätzt ihr auch Bands wie IN FLAMES, SACRILEGE oder DARK TRANQUILLITY?

Nicht unbedingt mein Fall, diese Bands. Obwohl, für die ursprünglichen DARK TRANQUILLITY habe ich schon etwas übrig, ebenso wie für einzelne IN FLAMES-Songs.

Also lag ich ja zumindest nicht ganz falsch… Habt ihr eigentlich auch Pläne für ein Video?

Es gab leider Probleme in Bezug auf einen Termin mit dem Produzenten, da Kris kürzlich ja nach Tansania gefahren ist. Aber das Video ist nur aufgeschoben, die Produktion wird neu terminiert und ihr werdet von der Umsetzung rechtzeitig erfahren.

Wo seht ihr Parallelen und Unterschiede zu SETHERIAL, wo ja auch Bandmitglieder von NAGLFAR involviert sind bzw. waren? Wird es im jahre 2007 auch neues Material von SETHERIAL geben?

Die einzigen Parallelen zwischen SETHERIAL und NAGLFAR sehe ich darin, dass wir beide hart arbeitende extreme Bands aus dem hohen Norden Schwedens sind. Kris war Sänger bei SETHERIAL; als er jedoch unser Vocalist wurde, verließ er die Band, weil er merkte, dass dort jemand mit bedeutend mehr Zeit gebraucht wurde, als er bereit war zu investieren. Insofern müsstest du dich direkt bei SETHERIAL erkundigen, was neues Material betrifft.

Werde es beherzigen. Nun zu eurem Ex-Mitglied Jens. Er hat ja mit PROFUNDI „The Omega Rising“ sein eigenes Projekt gestartet. Habt ihr das schon gehört und wenn ja, wie gefällt euch das Release?

Oh ja, ich habe ein Copy von „The Omega Rising“ bekommen und was soll ich sagen? Ich bin froh, dass er zurück ist und großes vorhat. Ja wirklich, ich mag es sehr.

Habt ihr eigentlich noch Kontakt zu Jens? Habt ihr ihm vielleicht sogar euer neues Werk vorgespielt?

Klar sind wir in Kontakt miteinander, allerdings gabs noch keine Gelegenheit, ihm das Ding auszuhändigen und sein Urteil einzuholen.

Was ganz anderes: manch einer setzt euch sogar in die Nähe zu DIMMU BORGIR. Ist da was dran?

Gute Frage. Schwer zu sagen. Ich schätze das dramatische Grundgefühl, das zutiefst Berührende von DIMMU BORGIR-Kompositionen; sie haben die Fähigkeit, einen Song in einen Breitwand-Horror-Soundtrack ausarten zu lassen, das mag ich sehr. Dass wir jedoch musikalisch von DIMMU BORGIR beeinflusst werden, kann ich nicht sagen.

Die Produktion ist gut ausbalanciert, wie ich finde, genug archaische Wildheit ist in der Musik, aber auch ein wenig barocke Opulenz. Seid ihr mit meiner Aussage einverstanden und mit dem Ergebnis zufrieden?

Yeah, damit bin ich absolut einverstanden. Natürlich hätte die Produktion noch besser sein können und ich bin nie komplett zufrieden, wenn wir das Studio erst einmal verlassen haben. Diesmal war es jedoch relativ wenig, was ich im Nachhinein auszusetzen hatte, was übrigens selten vorkommt. Somit also ein fettes
„Horns Up“ an die Leute von Toontrack.

Das gelungene Travis Smith-Cover ähnlelt in Farbe und Ausdruck „Sheol“. Absicht?

Ich kann leider nicht sagen, ob Travis derartige Absichten verfolgte, als er mit dem Covermotiv anrückte. Wir fanden es insgesamt sehr passend, das ist alles.

Euer Album ist noch nicht auf dem Markt. Wie glaubt ihr, werden die Reaktionen darauf ausfallen, wenn man besonders die kleinen Veränderungen in Rechnung stellt?

Irgend so ein Vollidiot hat das Album vor einiger Zeit mit falschen Songtiteln in falscher Reihenfolge ins Internet gestellt, woraufhin wir einige Resonanz erhielten. Und die war sehr gut bis jetzt. Wir erwarten im Grunde nichts, aber wir hoffen natürlich sehr, dass die Leute das Album mögen werden.

Wie sehen eure Pläne für dieses Jahr aus, wird es Konzerte geben, wenn ja, mit welchen anderen Bands? Und wie ich wohl hoffen darf, auch in Deutschland?

Im Moment schauen wir nach interessanten Tourpackages. Wir hoffen, bald etwas geeignetes zu finden. Da Kris, wie eingangs erwähnt, derzeit in Tansania weilt, wird es ohnehin nichts vor April. Dann allerdings werden wir auf Tour gehen, natürlich auch in Deutschland, klar.

Und zuletzt: Was bedeutet dir deine Musik, welchen Stellenwert hat sie in deinem Leben?

Musik ist einer der wichtigsten Teile meines Lebens, das kannst du daran sehen, dass ich die unmöglichsten, verrücktesten und ausgefallensten Nebenjobs annehme, um letztlich das tun zu können, was ich tue.

Danke für die Antworten, Andreas, hoffe ja, wir sehn und hören uns in Deutschland!

Ich danke für das Interview. Horns up!

Galerie mit 15 Bildern: Naglfar - Rise Of The Cosmic Fire II 2018 in Colmar
13.02.2007

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