Nachtblut
Was bedeutet Vergänglichkeit?
Interview
NACHTBLUT haben ihr sechstes Album in fünfzehn Jahren Bandgeschichte veröffentlicht. Drei Jahre nach „Apostasie“ folgt nun „Vanitas“. Ob das Album wirklich so vergänglich ist, wie sein Titel und was die Hintergründe zu den einzelnen Songs sind, erklärt uns Frontmann Askeroth im Interview.
Danke, dass ihr euch die Zeit nehmt! Nach „Apostasie“ folgt nun „Vanitas“. Was hat es mit dem Albumtitel auf sich und inwiefern spiegelt er sich in den Songs wieder?
Der ein oder andere langjährige Fan wird mitbekommen haben, dass uns die Thematik „Vanitas“ schon länger als Wegbegleiter fungiert. „Vanitas“ ist die Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit, mit dem Leben und Sterben. Zudem hinterfragt es den Lebensstil und plädiert für ein bewussteres Sein. Nicht erst seit diesem Album ist es uns wichtig, echte Inhalte in unseren Songs zu verarbeiten. Ich meine damit keine beschissenen Illusionen, wie man sie den ganzen Tag im Radio hört, sondern reale, meist unangenehme Themen, in denen es mal nicht nur ums Saufen geht, oder um Liebe oder wie toll das Leben doch ist, wenn man ein dickes Auto fährt. Die meisten Leute werden aber wohl eher die Vergänglichkeit und den Tod in den Fokus der „Vanitas“-Thematik setzen. Wenn wir aber über Vergänglichkeit und Sterblichkeit sprechen, so wird man letztendlich auch über Ewigkeit, Unsterblichkeit und Grenzenlosigkeit nachdenken müssen. Um diese beiden Aspekte haben wir unsere Interpretation von „Vanitas“ erweitert und haben uns auch von einer reinen Diskussion um Mortalität gelöst, da wir es als langweilig und weniger überraschend empfunden hätten, wenn sich 13 Songs um ein Thema drehen.
Auf dem Album ist eine Kooperation mit Chris Harms (LORD OF THE LOST). Wie kam es dazu?
Chris Harms ist der Produzent von „Apostasie“ und „Vanitas“, da war ein Feature in unseren Augen unausweichlich.
Ihr seid ja als Featuregast beim neuen VARG-Album vertreten und habt selber – neben Chris – mit Tetzel von ASENBLUT bereits ein Feature gemacht. Gibt es noch Musiker, mit denen ihr gerne mal etwas zusammen aufnehmen würdet?
Ganz bestimmt und an die würden wir uns dann auch direkt und privat richten. Aber um die Frage nicht abzuwürgen und auf unrealistische, jedoch interessante Feature zu sprechen zu kommen. Ein Feature mit Dani Filth von CRADLE OF FILTH oder Till Lindemann von RAMMSTEIN, stelle ich mir spannend vor.
In der Box eures neuen Albums ist ein „Pakt mit dem Teufel“ dabei, wie kamt ihr auf das ungewöhnliche Gimmick?
Da steckt tatsächlich etwas mehr hinter als nur ein Gimmick. Aber da müssen die stolzen Besitzer dieses Paktes schon von selbst drauf kommen. Ansonsten ist und bleibt es das, was es zu sein scheint.
Die „Vanitas“-Tour wird nächstes Jahr im Frühjahr stattfinden. Wie wahrscheinlich ist es eurer Einschätzung nach, dass in einem halben Jahr der Status Quo von Liververanstaltungen wieder wie vor der Pandemie ist? Überlegt ihr bereits, wie ihr auch anderweitig euch live präsentieren könnt?
Wir haben uns zu diesem Thema bereits zusammen gesetzt und werden, wie es bei NACHTBLUT schon immer der Fall war, auf keinerlei Trend-Züge aufspringen und unseren Prinzipien nach wie vor treu bleiben. Wir sind eine Band und wir geben live Konzerte. Und entweder machen wir das richtig oder eben gar nicht. Das bedeutet: Keine Online-Konzerte, keine bestuhlten Konzerte und auch keine Autokino-Konzerte.
NACHTBLUT ist eine gesellschaftskritische Band. Gibt es bestimmte Themen, die euch auf dem Herzen liegen und die ihr vielleicht auch auf „Vanitas“ behandelt?
Gewiss. Uns liegen eigentlich alle Themen auf dem Herzen. Wobei ein kleiner Teil der Songs, zugegebener Weise, einfach nur eine interessante, meist morbide Betrachtungsweise darstellt, aber solche Songs hatten wir schon immer. „Vanitas“ und „Nur in der Nacht“ zählen zu diesen beiden Stücken auf „Vanitas“. Ansonsten behandeln wir mit „Puppenhaus“ das Thema Diktaturen mit wirklich zutreffenden Metaphern. In „Leierkinder“ geht es um unsere soziale Programmierung und unserer Definition von Glück. In „Kaltes Herz“ wird das Thema der materialisierten Selbstverwirklichung behandelt. In „Fürchtet, was geschrieben steht“ haben wir natürlich auch wieder einen religiösen Song auf dem Album, der den eigentlich einzigen Antrieb und Motivation von zum Beispiel Extremisten auf den Punkt bringt. Mit „Schmerz und Leid“ haben wir eine Art Hymne für die Szene geschaffen. In dem Song geht es darum, dass musikalische Interessen nicht das Einzige sind, das uns verbindet. Daher war die Idee, den Song mit einem anderen Musiker, in dem Fall Chris Harms von LORD OF THE LOST zusammen umzusetzen, perfekt. In „Gegen die Götter“ geht es kurz und knapp darum, worauf es im Endeffekt ankommt. Aber das soll jeder selbst für sich so auffassen, wie er möchte. Mein persönlicher Favorit by the way. „Die Toten vergessen nicht“ ist wohl mein persönlichster Song auf dem Album, wird sich aber jeder denken können, worum es darin geht. Auf die Bonus Tracks gehe ich an dieser Stelle Mal nicht ein, die sind unseren „Vanitas Box“-Besitzern vorbehalten.
2020 feiern NACHTBLUT ihr fünfzehnjähriges Jubiläum. Mit einer Rückschau auf eure Diskografie: welche Songs vergangener Alben spielt ihr immer noch richtig gerne, welche nicht?
Die Antwort auf diese Frage wird uns vermutlich niemand abkaufen. Aber ich zitiere an dieser Stelle Mal Ablaz, unseren Bassisten, als wir eine Setlist erstellen wollten: „Das Dumme bei Nachtblut ist, dass einfach alle Songs geil sind und man sich echt nicht entscheiden kann, welchen man spielt und welchen nicht.“ Und ungewöhnlich für eine Band ist es auch, dass wir bei einem Konzert eben nicht das neue Album plus Single-Auskopplungen vergangener Alben spielen, sondern auch über zehn Jahre alte Songs wie „Kreuzigung“, „Kreuzritter“ oder „Die Blutgräfin“ Stammgäste unserer Setlisten sind.
Danke für eure Zeit, die letzten Worte gehören euch!
Vielen Dank für das Interview!