Mr. Hurley & Die Pulveraffen
"Es ist eher Jack Sparrow auf Tortuga als Eimersaufen"
Interview
MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN machen Theater
metal.de: KNASTERBART spielen ja mittlerweile auch deutlich mehr live. Wie schwierig ist es für dich, Mr. Hurley, beide Projekte unter einen Hut zu bringen?
Mr. Hurley: Das funktioniert ganz gut, wenn ich den kompletten Fokus meines Lebens nur auf das Musikmachen lege. Das ist tatsächlich der Fall. Beispiel: Wir spielen heute in Dresden, fahren in der Nacht mit dem Bus nach Hause, fahre direkt vom Tourbus zum KNASTERBART-Videodreh. Am Montag ist dann KNASTERBART-Probe und dann geht die PULVERAFFEN-Tour wieder in die nächste Rutsche. Das ist ein bisschen Planungssache, aber es funktioniert. Die Platte ist auch gut geworden [“Perlen Vor Die Säue“, Anm.d.Red.]. Natürlich bleibt dann keine Zeit für wahnsinnig viel, was ich noch nebenbeimachen kann.
metal.de: Wie entscheidest du, ob Songideen eher für KNASTERBART oder für die PULVERAFFEN sind?
Mr. Hurley: Das ergibt sich relativ logisch aus den Inhalten. Ich hatte bislang vielleicht einen Song, bei dem ich mich entscheiden musste, da er zu beiden gepasst hätte. KNASTERBART ist eben keine Seefahrerband. Wenn ich maritime Inhalte reinpacke, dann ist es auch relativ logisch, dass es ein PULVERAFFEN-Song ist. Der einzige Song, der mal auf der Schneide stand, war “Das Letzte“ vom Album „Tortuga“. Es passt natürlich zu beiden Bands, wenn ich singe: “Ich lebe jeden Tag als wäre ich das letzte.“
metal.de: Aus persönlichem Interesse schaue ich mir gern Interviews von euch an bzw. lese sie. Gab es für euch schon Interviews, die aus irgendwelchen Gründen total nervig waren? Oder welche, die besonders bereichernd und selbst für euch spannend waren?
Mr. Hurley: Letzte Woche in Nürnberg! Da hatten wir ein echt tolles Interview mit einem studentischen Radio. Die hatten sich toll vorbereitet und man hat gemerkt, dass die nicht nur mal kurz quergehört haben. Die haben auch echt interessante Fragen gestellt – und nicht zum 10.000 Mal: “Warum heißt ihr eigentlich MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN?“ Da wird man manchmal ein bisschen müde, wenn das immer wieder kommt. Grundsätzlich ist es angenehm, wenn wir das Gefühl haben, dass sich der Mensch – so wie bei dir gerade übrigens auch, um mal ein Kompliment loszuwerden – der uns interviewt, auch wirklich mit der Materie auseinandergesetzt hat.
metal.de: Aktuell habt ihr die KAPEIKEN als Vorband dabei, mittlerweile schon zum zweiten Mal. Warum muss die Welt mehr KAPEIKEN hören?
Morgan: Wir wissen nicht, ob sie es muss…
Buckteeth: …aber sie sollte!
Morgan: Tatsächlich erfolgt bei uns die Auswahl der Vorband sehr oft nach Kriterien wie “Die wollen wir selber einfach mal wieder hören, wir kommen nur nie dazu.“ Bei den KAPEIKEN ist es einfach das Schöne, dass es eine Band ist, die eine sehr ähnliche Bandgeschichte aufweist wie wir. Die kommen genau wie wir aus dem Live-Rollenspiel und sind aus diesem Genre erwachsen, nehmen sich nicht ganz so ernst und sind auch eher eine karikierte Version von dem, was sie darstellen wollen. Daher passt das sehr gut zu uns. Wir machen auch jetzt auf der Tour immer wieder die Erfahrung, dass die Leute zu uns kommen und erzählen, dass sie auch die Vorband schön fanden. Das freut uns dann natürlich sehr. Ich versuche immer den folgenden Satz zu sagen, ohne total arrogant zu klingen, aber wir waren schon selbst in der Position, in der sie jetzt sind und ich finde es dann schön die Nervosität und Freude bei denen zu sehen, da ich sie noch nachempfinden kann. Wir stehen dann vor dem Publikum einer größeren Band und die Leute sind eigentlich für diese Band da, aber haben trotzdem Spaß an uns. Dieses Hoffen finde ich sehr schön bei den KAPEIKEN zu beobachten. Es sind auch furchtbar nette Leute!
Mr. Hurley: Das ist ein entscheidendes Kriterium. Auf Tour verbringt man ja sehr viel Zeit miteinander und es sind wahnsinnig angenehme Menschen, mit denen man da unterwegs ist.
metal.de: Eine Frage an die beiden Nicht-Alkoholiker in der Band. Ist es für euch schwierig in einer Band mit einem üppigen Repertoire an Saufliedern zu spielen? Oder akzeptiert ihr es so wie es ist?
Morgan: Das hat in meinem Fall nichts mit Akzeptanz zu tun und ich glaube, ich spreche da auch für Peggy. Ich trinke keinen Alkohol nicht etwa aus ideologischen Gründen, sondern einfach, weil es mir nicht schmeckt. Das hält mich nicht davon ab ständig alle Leute um mich herum zum Trinken zu ermutigen. Viele Leute fragen mich, ob mir dann nicht langweilig wird, wenn alle betrunken sind und ich nicht. Dann kann ich nur sagen, dass ich zum einen am nächsten Morgen keinen Kater habe und zum anderen kann ich mir, wenn sich die anderen an nichts mehr erinnern können, einfach Sachen ausdenken. Die wissen dann nicht zu 100% ob es stimmt oder nicht. Ich sehe mich nicht als Antialkoholiker, sondern vielmehr als Nichttrinker.
Peggy: Das sehe ich ähnlich.
metal.de: Soweit ich informiert bin, sind die Herren alle Lehramtsstudenten. Ist das noch aktuell?
Morgan: Das ist noch aktuell! Naja, es ist in Teilen aktuell. Wir hatten vor ein paar Monaten, als das Album erschien, eine kleine Guerilla-Tour in Deutschland, zu der wir eine Woche lang in winzig kleinen Läden gespielt haben. Das lief zeitgleich mit einem Schulpraktikum, das ich machen musste. Ich bin daher zwischen den Konzerten und einer Grundschule hin und her gependelt. Natürlich läuft dieses Studium längst nicht in Regelstudienzeit, aber theoretisch sind wir noch dran.
Mr. Hurley: Ich habe es ja auch schon erwähnt – neben KNASTERBART und den PULVERAFFEN ist das ehrlich gesagt nicht mehr aktuell. Ich bin noch eingeschrieben und habe ein tolles Studententicket, womit ich durch die Gegend fahren kann. Das ist auch gut, denn ich habe kein Auto.
Morgan: Womit wir auch wieder beim Thema Umweltschutz sind.
Mr. Hurley: Ja das ist auch eine Überzeugungssache. Aber das mit dem Studium funktioniert zeitlich tatsächlich nicht. Ich habe schließlich in diesem Jahr zwei Platten veröffentlicht mit Studio- und Promoarbeit und den zugehörigen Touren.
Metal.de: Die eigentliche Frage, die ursprünglich dahinter streckte war, ob ihr, wenn es denn tatsächlich dazu kommen sollte, die Musikkarriere an den Nagel zu hängen und euch entschließt, Lehrer zu werden, keine Bedenken habt, wie euch die Schülerinnen und Schüler oder das Kollegium wahrnehmen?
Morgan: Eigentlich nicht. Da haben wir zum einen den großen Vorteil, dass wir auf der Bühne mit anderem Namen und Kostümen auftreten. Daher existiert eine kleine Grenze, die uns von unseren Privatpersonen abschirmt. Und ich glaube, dass der Lehrerberuf längst nicht mehr so konservativ behaftet ist, wie er früher einmal war. Er kann es sich ehrlich gesagt auch nicht erlauben. Da mach ich mir keine Sorgen. Und wie gesagt, ich komme just aus einem Schulpraktikum. Dort habe ich die Erfahrung gemacht, dass viele der Kolleginnen sehr interessiert waren, als sie erfuhren, was ich sonst so mache. Die fanden es eher spannend, als dass sie gesagt haben: “Achso, ein Musiker? Ich verstehe…“
Mr. Hurley: Wir sind ja im Prinzip auch eine familienfreundliche Band und haben Kinder auf den Konzerten. Dann haben wir auch eine erzählerische Perspektive, sodass es ganz klar ein historisierender, hollywoodmäßiger Kontext ist. Es hat viel von einer Theaterinszenierung. Wir stellen uns nicht selbst dar und es ist nicht moralisch fragwürdig. Wir sind nicht vulgär, wir sind nicht zu anstößig, sondern unsere Musik hat einen erzählerisch, humorvollen Rahmen. Bei KNASTERBART sieht es ja ein bisschen anders aus, aber selbst da ist einer meiner Bandkollegen Lehrer von Beruf. Das funktioniert auch.
Morgan: Wir können auch aus Erfahrung sagen: Jeder Viertklässler hat einen schlimmeren Wortschatz, als das, was wir singen. Wir versuchen, nicht so super tumbe Sauflieder zu machen, wie man sie am Ballermann finden würde: “Saufen, Saufen, Schalalala“ – wir spielen mit einem Piratenklischee. Es ist eher Jack Sparrow auf Tortuga als Eimersaufen. Das funktioniert schon ganz gut.
metal.de: Welche Frage wurde noch nie in einem Interview gestellt, die ihr aber schon immer mal beantworten wolltet?
Morgan: Möchtet ihr gerne diesen Goldschatz haben? Und selbstverständlich wollen wir antworten: “Nein danke, wir haben schon!“
metal.de: Vielen Dank für das umfangreiche Interview und viel Spaß auf den künftigen Konzerten!
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