Mourning Beloveth
Interview zu "Formless" mit Paulic Gallagher
Interview
Viel zu lange hat es gedauert, bis die melancholischen Iren mit „Formless“ endlich mal wieder ein neues Album veröffentlichen. Doch das lange Warten hat sich gelohnt, denn das neue Werk zeigt MOURNING BELOVETH auf dem vorläufigen Höhepunkt ihrer Schaffenskraft. Spannend, komplex und zugänglich zugleich, bittersüß voll trister Schönheit. Was es damit auf sich hat, besprachen wir mit Gitarrist Pauric Gallagher.
Euer letztes Album „A Disease For The Ages“ stammt aus dem Jahr 2008. Weshalb hat es insgesamt 5 Jahre gedauert, um den Nachfolger „Formless“ zu veröffentlichen?
Mit jedem Album kommen Touren und viele Einzelkonzerte, MOURNING BELOVETH haben das einfach gemacht. 2009 waren wir auch auf der „Milestones Of Misery“-Tour mit unseren Freunden von MOURNFUL CONGREGATION und LONGING FOR DAWN, und als Teil dieser besagten Tour spielten wir unser erstes Konzert in Russland. Später im selben Jahr haben wir OPETH auf unserem Heimatboden in Dublin vor über 1000 Leuten unterstützt.
Direkt nach diesem Konzert beschloss unser Gitarrist Brian Delaney, die Band zu verlassen. Er fühlte, dass seine Zeit mit MOURNING BELOVETH ihren natürlichen Abschluss erreicht hätte. Ende 2009 stieß ich als Nachfolger von Brian zur Band, weshalb wir entschieden, anstatt uns schnell wieder auf das Schreiben und die Aufnahmen für ein neues Album zu stürzen, lieber 2010 weiter auf Tour zu gehen . Wir hielten das für eine gute Idee, damit ich mich in MOURNING BELOVETH einarbeiten konnte, um zu sehen, wie alles funktioniert, wie jeder Einzelne spielt, und so war es uns möglich, uns einander richtig kennenzulernen. Auch wenn das bedeutet hat, dass es etwas länger dauerte, um ein neues Album zu veröffentlichen, denke ich, dass es sich definitiv gelohnt hat.
Mein Stil, Gitarre zu spielen ist sehr unterschiedlich zu Brians Stil, daher dauerte es eine Weile für die anderen Jungs in MOURNING BELOVETH, sich auf meine Art des Spielens und Denkens einzustimmen. Wir verbrachten daher die meiste Zeit von 2011 und 2012 im Proberaum, um an dem neuen Material zu schreiben, was kurz darauf zum „Formless“ Album wurde. Wir nahmen uns die Zeit, die wir benötigten, um die Songs zu schreiben, wir wollten nichts überstürzen. Wir schrieben einen Song, sezierten und analysierten ihn, arrangierten ihn neu, und sezierten und analysierten ihn wieder und wieder bis wir hundertprozentig glücklich mit dem Resultat waren.
Daher würde ich sagen, dass der Ausstieg von Brian und mein Einstieg die Hauptgründe dafür waren, dass es so lange Zeit dauerte, bis wir das Album veröffentlichen konnten. Ich kann in der nächsten Zukunft keine solch massive Lücke zwischen Alben sehen.
Wie sind die bisherigen Reaktionen zu „Formless“?
In einem Wort – unglaublich! Ich habe bisher nicht ein einziges negatives Review gelesen, und die Fans scheinen das Album auch zu lieben. Als die Songs anfingen zusammenzukommen, fühlten wir alle, dass wir an etwas Besonderem dran sind. Ich fühle die Menge an Blut, Schweiß und Tränen, welche in das Erschaffen von „Formless“ einflossen, sind offensichtlich. Das Album hat einen starken Sinn für Charakter und man kann sagen, dass die porträtierten Emotionen wirklich sind.
Eine Reviews behaupten, dies wäre das bisher beste MOURNING BELOVETH Album, und dem muss ich zustimmen. Persönlich war ich ziemlich nervös, als die Veröffentlichung von „Formless“ näher rückte, da dies für mich das erste Mal war, auf einer MOURNING BELOVETH Aufnahme zu erscheinen. Wenn man auf etwas für lange Zeit so sehr fokussiert war, kann es schwierig sein, alles voll zu sehen, hören und verstehen, wie das Endresultat sein wird.
Die nächsten Dinge, die nun kommen werden, sind die neuen Songs live zu spielen, herauszufinden, welche Songs Live am besten funktionieren, und welche Stücke die Leute hören möchten. Aufregende Zeiten kommen.
Worin siehst du selbst die Unterschiede zwischen „Formless“ und „A Disease For The Ages“?
Für mich sind „Formless“ und „A Disease For The Ages“ fast schon polarisierende Gegensätze auf verschiedene Weisen. „A Disease For The Ages“ entstand aus purer Boshaftigkeit und Hass. Alles von der Produktion bis zum Artwork war absolute Trostlosigkeit.
Die Klangmauer, welche man auf „A Disease For The Ages“ hören kann, ist auch immer noch auf „Formless“ präsent, wenngleich in unterschiedlicher Manier. Die Gitarren- und Basstöne sind viel wärmer und organischer auf dem neuen Album. Es klingt tiefer und runder, wenn das irgendwie Sinn macht.
Wie ich schon sagte, unterscheidet sich mein Gitarrenstil stark von meinem Vorgänger Brian, daher gibt es auch in unserem Sound einen unvermeidlichen Unterschied. Als Resultat hieraus höre ich in „Formless“ viel mehr Melodie als noch auf „A Disease For The Ages“. Auch übernimmt Frank (Brennan, Gitarre und klarer Gesang, Anmerk. d. Verf.) auf diesem Album mehr vom Gesang, vielleicht sogar mehr als auf allen bisherigen MOURNING BELOVETH Alben. Und Darrens (Moore, Sänger und zuständig für die Growls, Anmerk. d. Verf.) Gesang klingt besser als zuvor, manchmal hört es sich richtig bestialisch an.
Einige der am meisten auffallendsten Unterschiede findet man in Songs wie „Old Rope“, „Nothing Has A Centre“, sowie Teile von „Ethics On The Precipice“. Da sind einige Ideen, welche meiner Meinung nach auf keinem vergangenen MOURNING BELOVETH Album enthalten sind. Tims Schlagzeugspiel ist teilweise auch viel experimentierfreudiger. „Formless“ klingt noch immer wie MOURNING BELOVETH, aber es gibt genügend neue Ideen und es interessant zu halten.
Der Song „Transmissions“ ist ziemlich unterschiedlich zu eurem typischen Musikstil. Wie kam es zu diesem Stück? Ist er deshalb auf der zweiten CD enthalten, da er sich vom restlichen Material unterscheidet?
Nicht exakt. Der Hauptgrund, „Transmissions“ auf eine separate Disc zu bringen, resultierte aus Zeitgrenzen. Soweit ich weiß kann eine CD nur 80 Minuten Musik enthalten. Wir fühlten, dass dieser Song gut genug ist, um irgendwie auf dem Album zu sein.
Wir alle wollten uns an einem Stück versuchen, welcher lediglich aus klaren Gitarren und klarem Gesang besteht. Das Hauptriff des Songs hat Frank geschrieben ganz zu Anfang, als wir mit dem Material zu „Formless“ begangen. Ich stimme dir zu, dass „Transmissions“ sich ziemlich von unserem üblichen musikalischen Stil unterscheidet. Es klingt für mich manchmal fast wie Folk. Aber ich schätze, einige der dunkelsten jemals erschaffenen Stücke waren Folk Songs.
Was Gesang und Texte anbelangt, denke ich war Darren sehr aufgeregt darüber, an einem Song zu arbeiten, welcher ihm diese große Freiheit zum Experimentieren gab. Die Texte zu „Transmissions“ basieren auf dem Roman „1984“ von George Orwell.
Wie wichtig sind euch eigentlich die Songtexte? Welche Themen behandelt ihr in diesen?
Die Texte sind von hoher Bedeutung. Wenn du die Texte liest, kannst du voll und ganz in die Gedanken und Emotionen der Band eintauchen, und wenn die Texte gut geschrieben sind und von Herzen kommen, zeichnet nichts anderes ein Bild effektiver. Ich denke, 99% der Songtexte von MOURNING BELOVETH sind offen für eigene Interpretationen, daher ist es für unmöglich, sicher zu sagen, worüber sie handeln.
Was die Texte auf „Formless“ anbelangt, zeichnen sie für mich ein Bild einer Welt, wo alles gleich ist. Wir stehen alle unter der Illusion, dass wir uns vorwärts bewegen, aber wir zum Stillstand unterdrückt, spirituell und auf andere Weise. Alles ist gleich. Alles ist Massenproduziert. Nichts bleibt. Niemand scheint mehr zuzuhören. Die Persönlichkeit ist verloren. Die Welt ist ein ekelhafter Ort zu leben, und das wird sich niemals ändern.
Was kommt dir sonst noch in den Sinn, welche Bilder hast du in deinem Kopf, wenn du dir eure Musik anhörst?
Ich denke, das Artwork für jedes Album hilft mir dabei, ein Bild in meinem Kopf zu erschaffen. Auf der Reissue-Version von „Dust“ sehen wir eine menschliche Figur, gekrümmt und verdreht. Eine einzelne Quelle des Lichts scheint durch ein Fenster und taucht alles in Ekel. Als ich das erste Mal „Dust“ hörte, hatte ich ein ähnliches Bild in meinem Kopf. Auch wenn die Musik sehr kraftvoll ist, scheint doch ein massives Gefühl von Melancholie und Selbsthass hindurch.
„A Murderous Circus“ zeigt ein Kind inmitten eines kalten, verwüsteten urbanen Backgrounds. Alles ist grau und frei von jeglichen Farben. Ich finde, das passt gut mit der gesamten Produktion des Albums , kalt, trocken, unverblümt.
„A Disease For The Ages“ ist Schwärze mit einer Masse von silbernen Körpern, welche sich in Schmerz winden, nach Glück oder Euphorie greifend. Das innere zeigt Drogenmissbrauch, was perfekt zu den Texten von „The Sickness“ und weiteren passt.
Das Artwork von „Formless“ zeigt etwas das aussieht wie eine Puppe gekreuzigt auf etwas das aussieht wie ein Zahnrad, was eine ziemlich akkurate visuelle Interpretation von dem ist, was die Texte ausdrücken.
Dieses Mal habt ihr nicht im Studio E aufgenommen, „Formless“ entstand mit Chris Fielding in den Foel Studios. Warum habt ihr das Studio gewechselt? Seid ihr mit dem Resultat vollends zufrieden?
Ich glaube, der Hauptgrund für diese Entscheidung lag daran, dass wir einen Zug frischer Luft nötig hatten. Einige Dinge auf „Formless“ sind ungleich mit allem, was MOURNING BELOVETH jemals auf den bisherigen Veröffentlichungen aufgenommen hatten. Was gibt es also besseres, um die Dinge frisch zu halten, als die Aufnahmen in einem neuen Studio vorzunehmen?
Wir haben die das Fachkönnen von Chris durch seine Arbeiten mit PRIMORDIAL, DARKEST ERA, ELECTRIC WIZARD und THE WOUNDED KINGS gehört. Frank war auch schon in den Foel Studios vor einigen Jahren, als er noch bei OLD SEASON mitspielte und diese das „Archaic Creation“ Album aufnahmen, also wussten wir, was wir erwarten konnten.
Wir sind vollends glücklich mit dem Resultat. Persönlich denke ich, dass die Produktion auf „Formless“ die beste Produktion von MOURNING BELOVETH bisher darstellt. Die Gitarren klingen massiv, aggressiv und dennoch beruhigend. Der Bass klingt warm und einladend aber gleichzeitig auch kräftig. Das Schlagzeug drischt ordentlich und dennoch klar. Und der Gesang… man kann Darrens Eingeweide mit jedem massivem Growl gurgeln hören, und Franks Stimme klingt wie ein vergifteter Engel. So geringe Dinge wie den richtigen Hall verwenden, die richtigen Verzögerungen und solche Sachen, Chris hat alles perfekt gemacht. Er ist ein Meister in dem, was er tut, und ich würde sofort die Gelegenheit wieder wahrnehmen, mit ihm zusammen aufzunehmen.
Dann möchte ich euch noch gratulieren, ihr hattet letztes Jahr euer zwanzigjähriges Jubiläum. Wie fühlt sich das an? Habt ihr das Jubiläum irgendwie gefeiert?
Nun, da ich der Band erst Ende 2009 beigetreten bin, kann ich hierauf keine passende Antwort geben. Natürlich sind die Jungs stolz darauf, diesen Test der Zeit bestanden zu haben. Was das Feiern dieses Events anbelangt, haben wir nichts unternommen, da wir mit den Aufnahmen zu „Formless“ vollends beschäftigt waren. Vielleicht haben wir an dem Tag ein wenig mehr als sonst getrunken.
Welches sind deine 5 liebsten Doom Metal Alben?
Hmm… Die wechseln eigentlich wöchentlich, aber jetzt spontan nenne ich mal
DISEMBOWELMENT– Transcendence Into The Peripheral
PENTAGRAM – Be Forewarned
WARNING – Watching From A Distance
MY DYING BRIDE – Turn Loose The Swans
PAGAN ALTAR – Lords Of Hypocrisy
Gibt es eine Chance, MOURNING BELOVETH auf einem Konzert in Deutschland zu sehen? Was sind eure nächsten Pläne?
Ja tatsächlich! Bis jetzt haben wir 3 Termine in Deutschland. Am 2. Oktober spielen wir in Koblenz mit CARNAL GHOUL, am 4. Oktober sind wir auf dem Skull Crusher Festival in Dresden, und am 5. beim Hell Inside Festival in Würzburg. Wir haben ein belebtes Jahr vor uns. Alles fängt an mit einem Headlinerauftritt in Limerick hier in Irland, dann spielen wir auf dem Roadburn das komplette „The Sullen Sulcus“ Album, um sein 10jähriges Jubiläum zu feiern. Eine Woche später geht es weiter in die Ukraine und nach Russland. Wir sind auch sehr auf unseren Auftritt in Transsilvanien gespannt!
Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören dir!
All the world is green.
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