Mourning Beloveth
Interview mit Brendan Roche zu "Rust & Bone"
Interview
Wenn es um melancholisch-schwermütigen Death Doom Metal geht, führt kein Weg an MOURNING BELOVETH vorbei. Seit Jahren bereichern die Iren mit ihren hochqualitativen, bittersüßen Alben voll trister musikalischer Schönheit und emotionaler Tiefe die Musiklandschaft, und entwickeln sich dabei stetig weiter, verfeinern immer mehr ihren Stil, was nunmehr seine vorläufige Vollendung in „Rust & Bone“ gefunden hat. Wir sprachen mit Bassist Brendan Roche.
Das neue Album heißt „Rust & Bone“, der Name setzt sich aus den Titeln der beiden enthaltenen Instrumentalstücke zusammen. Handelt es sich bei „Rust & Bone“ demnach um eine Art Konzeptalbum?
Ich würde „Rust & Bone“ nicht als Konzeptalbum bezeichnen. Wie all unsere vorherigen Alben ist da ein bestimmter roter Faden, der sich durch seine Seele zieht. Wir mögen es das widerzuspiegeln, was wir in unseren täglichen persönlichen Leben als auch der kollektiven Erfahrung die wir gemeinsam teilen sehen, wenn wir durch unseren Alltag gehen, den besten Weg finden den wir können. Es geht darum, zwischen den Zeilen zu lesen, danach zu sehen was immer da ist, aber das meiste zu ignorieren. Als Band mögen wir es alles zu hinterfragen, die Agenda von denjenigen herauszufinden, welche uns ihre Wahrheit unnachgiebig eintrichtern. Nichts ist schwarz und weiß. Alles hat verschleierte Kanten, Dinge die sich überlappen. Da ist eine natürliche Balance zwischen allem, aber im modernen Leben scheinen wir die universelle Harmonie aufzugeben gegen fest verwurzelte Dogmas von Religionen, Massenwerbung, Massenmedien, Aufzählungspunkten, augenblickliche Befriedigung von aufwendigem Ausdruck, Lernen, Wissen. Gefällt mir zu drücken und zu teilen, ohne die Maschinerie dahinter zu erforschen. Denkprozesse sterben. Die Kunst stirbt. Was es bedeutet ein Mensch zu sein ist nun angesehen als etwas schwaches, als ein Versagen. Beide kurze instrumentale Intermezzo „Rust & Bone“ dienen jeweils als ein Gegengewicht zu dem Chaos und Vernichtung der beiden anderen Songs „Godether“ und „The Mantle Tomb“.
Auf dem neuen Album spielt die Akustikgitarre eine viel größere Rolle als bisher, speziell im letzten Song „A Terrible Beauty Is Born“. Wie ist das entstanden?
Wir entwickeln uns als Menschen weiter oder sollten es zumindest tun. Unsere Musik hat so entwickelt wie wir es als Menschen haben. Die Akustikgitarre hat schon immer einen großen Teil in unserer Musik gespielt. Von den frühen Anfängen an von MOURNING BELOVETH wurden viele unserer Riffs zuerst auf der Akustikgitarre geboren und später zu den verzerrten Heavy Sounds transferiert, wenn die ganze Band sie probt bevor wir sie aufnehmen. Da wir an Selbstvertrauen wuchsen und unsere gemeinsamen Flügel ausstreckten, fühlten wir uns behaglicher damit, unsere Musik mit unterschiedlichen Strichen zu zeichnen, verschiedene Strukturen zu verwenden um andere Töne zu erreichen. Es ist einfach eine weitere Schnur unseres musikalischen Bogens und dieses Mal fühlten wir, dass die Songs diese zusätzliche Dimension benötigten. Dieser grazile, fragile jedoch warme Sound einer gut gebauten, in kunstvoller Handarbeit entstandenen Akustikgitarre. Das ist es was wir taten. Eine nicht mehr und nicht weniger dramatische Entscheidung als das.
Wie wichtig ist für euch eure musikalische Weiterentwicklung, von Album zu Album zu wachsen?
Evolution und Progression sind essentielle Bestandteile, wie wir MOURNING BELOVETH sehen. Wir werden von Fans immer wieder gefragt „Werdet ihr ein weiteres Album machen wie zum Beispiel „A Disease For The Ages“?“. Nun, nein, das werden wir nicht. Wir haben dieses Album bereits gemacht und alles gesagt, was wir in dieser Art zu sagen hatten. Wir machten das Album Ende 2007, also vor nahezu 9 Jahren. Wir sind nicht mehr dieselben Leute wie damals und während wir niemals unsere Vergangenheit oder unser musikalisches Vermächtnis, auf das wir kämpferisch stolz sind und es bewahren, verleugnen, sind unsere Herzen und Gedanken fest in der Zukunft. Wir versuchen immer, neue Wege zu finden um das zu sagen was wir müssen, was hat das sonst für einen Sinn? Zweifelsohne haben wir unseren eigenen immanenten Klang, aber wir haben auch eine musikalische Fernweh die wir noch sehnlicher als jemals zuvor erkunden möchten.
Worin siehst du selbst die Unterschiede zwischen „Rust & Bone“ und „Formless“?
Die Reise zwischen „Formless“ und „Rust & Bone“ ist einfach ein weiteres Drehen am Rad, wenngleich vielleicht ein heftiger Bogen der Revolution als vorherige Kreise. Es ist stromlinienförmiger, vielleicht in seinen Intentionen direkter. Wahrscheinlich ist der beste Weg es zu beschreiben, dass „Formless“ war der träge, sich ausdehnende Albtraum, während „Rust & Bone“ dieser Kupfergeschmack des Blutes ist wenn du erwachst, die Konsequenzen die man im kalten Tageslicht sieht.
Habt ihr irgendwas an eurem Songwriting-Prozess verändert oder habt ihr vielleicht euch einige ältere Ideen in das neue Album einfließen lassen?
Nein, wir schreiben noch immer mehr oder weniger genauso wie wir es immer getan haben. Aber jedes Mal ist es natürlich ein wenig anders, da so kleine Dinge wie das Leben, die Arbeit und die Familie beeinflussen können, wie oft wir fünf uns zusammen im Proberaum treffen können. Dieses Mal haben wir an mehr Wochenenden gemeinsam geprobt mit vielleicht wenigen Wochen Pause zwischen der nächsten Probe. Alles beginnt mit dem Keim einer Idee, ein Riff, ein Motiv, an welchem wir stundenlang jammen, bauen, zurückbauen und wiederherstellen bis es sich selbst entwickelt hat. Was das neue Album „Rust & Bone“ anbelangt stimmt die Herangehensweise zwar noch immer, aber ich denke es ist nur fair zu sagen, dass unsere Gitarristen Frank und Pauric eine starke fundamentale Vision der grundsätzlichen Entwürfe hatten, so dass diese vollständiger waren zu der Zeit, als sie diese der gesamten Band präsentierten. Während also das grundsätzliche Skelett der Songs viel schneller vollständig war als bspw. bei „Formless“, verbrachten wir immer noch Zeit damit, weitere Struktur und musikalische Nebenhandlungen diesen nackten Knochen hinzuzufügen. Das ist ein sehr gemeinschaftlicher Prozess der die gesamte Band einschließt. Wir mögen es sehr, wie die Songs sich mit dem individuellen Geschmack von jedermanns Einflüssen entwickeln zu der fertigen Ansammlung von Stücken auf welchem Album auch immer. Ich habe uns noch nie zu weit von diesem Absatz abweichen gesehen.
Wie siehst du eure Entwicklung von den Anfängen von MOURNING BELOVETH bis hin zu dem, was ihr heute seid?
Ein langer, mäandernder, unendlich lebender Wurm oder Schlange, der dorthin geht wohin er will, der den Äther mit seiner gespaltenen Zunge schmeckt während er sich bewegt, an verschiedenen Stellen seiner Reise die alte Haut abstreift. Es hat keine klare Idee wohin es geht, aber hat einige uralte Erinnerungen wo es war und von Dingen die es getan haben mag.
Ihr habt das Album in lediglich sechs Tagen im Skyhammer Studio aufgenommen. Wie hattet ihr euch auf die Aufnahmen vorbereitet? Gab es da noch Platz für Veränderungen oder Entwicklungen der Songs während des Studioaufenthalts?
Ja, wir haben dieses Mal das Skyhammer Studio benutzt, aus dem einfachen Grund, dass es das Studio ist, wo unser bevorzugter Tontechniker Chris Fielding jetzt arbeitet. Wir arbeiteten bereits mit Chris an „Formless“ und er war immer unsere einzige Wahl, um an „Rust & Bone“ zu arbeiten. Wir genießen die Zusammenarbeit mit Chris, seine Methoden passen nicht nur zu uns, er bekommt auch das Beste raus aus uns als Band wie auch als individuelle Musiker. Wir vertrauen seinen Ohren! Was die kurze Zeit im Studio dieses Mal anbelangt, so muss ich sagen, dass wir immer während unserer gesamte Karriere dazu gezwungen waren, mit dünnem Budget und strikten Studio-Deadlines zu arbeiten, das ist also keine große Sache für uns. Wir bereiten uns so gut wie möglich vor um sicherzugehen, dass wir die Songs aus dem Inneren heraus kennen, sowie wir uns auch mental vorbereiten, dass sich Dinge im Studio verändern können und werden, die du vorher monatelang geplant und geprobt hast. Du musst fähig sein, nicht nur positiv Dinge zu überdenken und darauf zu reagieren, sondern das Ganze auch ohne Zeitverzögerungen umzusetzen. Du musst also in top Form sein, da ansonsten das gesamte Projekt sich in einen freien Fall befinden kann. Aber das fügt nur dem Drama und der Aufregung, die jedes neue Album mit sich bringt, hinzu.
Inwiefern werdet ihr durch eure Heimat Irland beeinflusst?
Natürlich werden wir von unserer Heimat beeinflusst, aber nicht so, dass wir bewusst darüber nachdenken. Wir sind alle in großem Umfang natürliche Erzeugnisse unserer Umwelt. MOURNING BELOVETH ist da nicht anders. Um ehrlich zu sein ist die einzige Zeit, wenn wir darüber nachdenken, in Interviews wenn wir danach gefragt werden und wir werden das tatsächlich viel gefragt. Ich schätze mal, dass Leute aus anderen Ländern wirklich etwas hören, dass sie mit etwas irischem in unserer Musik in Verbindung bringen. Für uns ist es einfach normal, es ist wie wir Dinge sehen, wie wir Dinge tun. Es ist einfach wie wir sind.
Wovon handeln die Texte? Ihr habt auch welche des irischen Dichters William Butler Yeats sowie des irischen Schriftstellers Samuel Beckett verwendet, richtig?
Die Verwendung von Ideen und Wörtern, die wir von vergangenen als auch zeitgenössischen Autoren, Poeten und Musiker „ausleihen“ ist über die Jahre nichts Neues für MOURNING BELOVETH. Die Adleraugen unter euch werden bereits Bezüge zu Waits, Philip K. Dick, Coven, Orwell und Burrows in unseren vorherigen Alben festgestellt haben. Und nun natürlich auch Yeats und Beckett. Ich schätze, dass die Gründe, weshalb wir uns auf sie berufen darin liegen, dass das, was diese Männer in ihren Werken leisteten uns anspricht. Und wir fühlen, dass das, was sie sagen, Wert ist wiederholt zu werden, wobei wir beides verwenden, direkte Zitate als auch unsere eigenen Gedanken zu demselben Thema, auf unsere Weise. Meiner Meinung nach ist die gesamte Geschichte an Arbeiten von anderen, in welcher Form und welcher Feld der Poesie, Musik, soziale Kommentare auch immer, nicht isoliert. Sie gehören alle irgendwie zusammen und erzählen die gesamte Geschichte der menschlichen Bestrebungen, unsere Erfolge. Aber viel wichtiger, unsere menschlichen Belastungen, unsere gemeinsamen Probleme und Sorgen sowie am wichtigsten unsere geteilten Dummheiten.
Was kannst du uns von eurer Tour mit HOODED MENACE und SHORES OF NULL erzählen?
Ich muss sagen, dass die Tour großartig war! Es war ein Vergnügen, mit diesen beiden tollen Bands, zusammengesetzt aus großartigen Leuten, den Bus und die Bühne zu teilen. Jose von Doomed Events hatte alles gut organisiert. Wir hatten also viel Spaß, spielten einige gute Konzerte sowie einige großartige Shows und vielleicht eine oder zwei die wir hätten besser machen können, um ehrlich zu sein. Wir hatten auch die Möglichkeit, in Ländern zu spielen wo wir nie zuvor waren, wie Italien, Schweiz und Slowenien, nicht zu vergessen unsere eher regulären, häufig besuchten Orte und natürlich drei Shows in Deutschland! Das war definitiv eine der besten Touren, an welcher wir bisher die Ehre hatten, daran teilnehmen zu dürfen.
Was habt ihr in nächster Zukunft alles geplant?
Wir haben unsere Augen und Ziele jenseits der Sterne geworfen und richtig große Pläne für die Zukunft, etwas das wir vorher noch nie versucht hatten jenseits eines Spektrums von Möglichkeiten in Kooperation mit unserem fantastischen neuen Label Ván Records. Ich werde im Augenblick dazu nicht mehr sagen, da jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist. Wir haben bereits einige Auftritte für 2016 in Europa bestätigt, inklusive dem wieder von Ván Records veranstalteten Acherontic Arts Festival am 6. und 7. Mai in Oberhausen, da ist unser bisher einziger bestätigter Auftritt in diesem Jahr in Deutschland. Dort spielt ein fantastisches, sehr vielseitiges LineUp mit der Creme de la Creme des Undergrounds!
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