Morgoth
Interview mit Sänger Marc Grewe

Interview

Morgoth

MORGOTH sind wieder zurück – wenn auch nur mit einer Handvoll Gigs auf ausgesuchten Festivals, aber dafür quicklebendig. Davon konnten sich Fans in Wermelskirchen und Bremen vorab überzeugen, wo MORGOTH Mitte Mai zwei Clubgigs absolvierten und ein Live-Set präsentierten, das old-schooliger kaum sein könnte: Hauptsächlich Tracks vom „Cursed“-Album, das dieser Tage sein Zwanzigjähriges feiert, dazu ausgewählte Songs von „The Eternal Fall“, „Resurrection Absurd“ und „Odium“. Dazu eine Band, die sichtlich Spaß an der Sache hat, wie ein gut aufgelegter Marc Grewe bestätigt, Sänger und Frontmann der deutschen Death-Metal-Institution, der kurzerhand bei uns durchklingelt.

 

Marc, wie seid Ihr auf die Idee zu den Auftritten bei den Sommerfestivals gekommen?

Als ich im Zuge der Veröffentlichung des INSIDIOUS DISEASE-Debüts Interviews gegeben habe, wurde ich immer wieder darauf angesprochen, wie es denn mit MORGOTH aussähe. Zu dem Zeitpunkt war aber schon klar, dass Rüdiger (Henneke, Schlagzeug) und Carsten (Otterbach, Gitarre) nicht mit dabei sein würden, und wir wollten eine Reunion eigentlich nur zusammen starten, weswegen ich das immer verneint habe. Auf der anderen Seite waren Harry (Harald Busse, Gitarre), Sebi (Sebastian Swart, Bass, jetzt Gitarre) und ich der Meinung, dass eine Reunion dann ihre Berechtigung hätte, wenn uns die Fans danach fragen – und von den Fans wurde häufig der Wunsch geäußert, anlässlich des Zwanzigjährigen von „Cursed“ doch ein paar Konzerte zu spielen. Und ganz ehrlich – ich habe mir letztes Jahr, als ich die Interviews für INSIDIOUS DISEASE gemacht habe, nicht träumen lassen, dass ich dieses Jahr schon wieder mit MORGOTH auf der Bühne stehen würde.

Warum sind Rüdiger und Carsten nicht mit dabei?

Beide sind ziemlich stark in ihre Jobs eingebunden, weswegen es kaum möglich gewesen wäre, sie so einzubinden, dass es Hand und Fuß hat. Carsten managt eine Menge Bands, und Rüdiger ist bei einem großen deutschen Fernsehsender erfolgreich, weswegen es zeitlich einfach nicht gegangen wäre. Insofern mussten wir uns dann nach einem adäquaten Ersatz umsehen, den wir mit Marc (Reign, Schlagzeug) und Soti (Kelekides, Bass) dann auch gefunden haben. Für Carsten und Rüdiger ist das übrigens alles auch okay.

Wie sind die beiden neuen Mitglieder in die Band gekommen?

Marc haben wir letztes Jahr auf dem Thrash Fest kennengelernt, wo unter anderem EXODUS und KREATOR gespielt haben. Marc und wir sind gemeinsame Bekannte von Mille (Petrozza, Frontmann von KREATOR), und Mille hat uns dann bekannt gemacht. Soti wiederum ist ein alter Freund von uns, der in Marburg aufgewachsen ist und bei der Alternative-Band SINEW spielt. Er ist aber ein Fan unserer EPs und der „Cursed“, und sein Bassspiel transportiert diesen Old-School-Spirit. Das finde ich sehr wichtig.

Sebi ist dann vom Bass an die Gitarre gewechselt. Wie kam es dazu?

Bevor Sebi zu MORGOTH kam, hat er immer auch Gitarre gespielt. Er ist also eigentlich von Kindesbeinen an Gitarrist und dann bei seinem Einstieg bei MORGOTH an den Bass gewechselt. Als wir dann beide nach Berlin gezogen sind und dort zusammen Musik gemacht haben, hat Sebi wieder Gitarre gespielt, weswegen es jetzt klar war, dass er auch bei MORGOTH an die Gitarre wechseln würde.

Du hast es gerade gesagt: Nach dem Ende von MORGOTH sind Sebi und Du nach Berlin gezogen und habt erst bei ACTION JACKSON und später SUICIDE BY COP zusammen gespielt. Waren das eher Proberaumbands, oder seid Ihr auch aufgetreten?

Wir haben ein wenig live gespielt, aber nur in kleinen Clubs in Berlin. Das waren in erster Linie Hobby-Combos, um einfach aus Spaß ein wenig Musik zu machen. Also haben wir zwischendurch immer mal wieder auf der Bühne gestanden, aber jetzt war es uns wichtig, überhaupt ein Bandfeeling zu bekommen, gerade wo wir zwei Neue in der Band haben. Beide haben Erfahrung und in den letzten Jahren wahrscheinlich häufiger auf der Bühne gestanden als wir. Kleine Anfangsschwierigkeiten gibt es immer, und gerade beim ersten Konzert in Wermelskirchen war zu spüren, dass wir ziemlich aufgeregt waren. Aber nach zwei, drei Songs fühlte sich alles wieder ganz normal an.

Wie war es für Euch, die alten Songs zu spielen und für Dich, die alten Texte zu singen?

Wir haben natürlich in den letzten Monaten gut geprobt. Aber es fühlt sich noch ganz natürlich an. Ich musste mir die Texte zum größten Teil gar nicht mehr angucken, die sind alle noch irgendwie im Kleinhirn gespeichert. Wir haben die Songs früher so häufig gespielt, dass die wirklich einfach sitzen. Das ist ein bisschen wie Fahrradfahren – auch wenn du das ein paar Jahre nicht gemacht hast, dann sind die ersten Meter vielleicht ein bisschen wacklig, aber gelernt ist gelernt!

Habt Ihr Marc Reign und Soti Kelekides gesagt, wie sie die Songs spielen sollten oder freie Hand gelassen?

Marc musste die Songs eigentlich so lernen, wie Sebi, Harry und ich sie kennen. Er hat sich also die Platte angehört und seinen Part als Schlagzeuger von der CD rausgehört. Natürlich hört man seinen eigenen Stil raus – das ist ja auch gut so – aber wie er die Songs interpretiert, sind sie früher auch gemeint gewesen. Durch seinen Punch sind sie vielleicht sogar noch ein bisschen griffiger geworden. Wir haben uns jetzt zwei Videos von den beiden Auftritten in Wermelskirchen und Bremen angeguckt und können sagen, wir sind auf einem guten Weg, damit die Leute auf den Festivals sagen, dass das genauso klingt wie früher.

Und das ist Euer Ziel?

Ja, wir wollen erreichen, dass man das Gefühl hat, dass keine große Pause dazwischen gewesen ist. Ich kenne das selber von Bands, die man früher gut fand und die dann irgendwann anders klingen und die Songs anders spielen als früher. Natürlich kann man die Musiker verstehen, dass sie mehr Pep in die Songs reinbringen wollen oder was auch immer. Aber als Fan ist man dann immer ein bisschen enttäuscht, man will halt die Songs so hören, wie sie früher auf Platte waren. Und das ist das Ziel, die Songs so zu reproduzieren, wie sie auf der „Cursed“ waren beziehungsweise wie früher auf den Konzerten. Das ist unsere Mission, hehe!

Ihr spielt jetzt als nächstes auf dem Rock-Hard-Festival in Gelsenkirchen. Was habt Ihr Euch für die Auftritte auf diesem und den weiteren Festivals vorgenommen? Wird es irgendwelche Überraschungen geben?

Dadurch dass wir eine kürzere Spielzeit als bei den Konzerten in Wermelskirchen und Bremen haben, werden wir das Set etwas kürzen müssen. Im Mittelpunkt stehen aber die Songs von der „Cursed“ und den beiden EPs – und vielleicht kommt noch ein Song von der „Odium“ hinzu. Überraschungen in der Hinsicht, dass wir SPINAL-TAP-mäßig in Raumschiffen auf die Bühne kommen, wird es aber nicht geben, hehe! Unser Hauptaugenmerk liegt darauf, einen möglichst guten Sound zu haben und die Songs so perfekt zu spielen, wie wir es früher live auch schon getan haben. Wir werden uns also nicht auf der Bühne in die Luft sprengen…

Hoffentlich nicht!

…das machen wir dann beim 25jährigen „Cursed“-Jubiläum, hahaha!

 

Ist denn über den Festivalsommer hinaus irgendetwas mit MORGOTH geplant, oder sind die Auftritte in diesem Sommer eine einmalige Sache?

Also, wir spielen jetzt erstmal die Konzerte und freuen und konzentrieren uns darauf. Alles, was darüber hinausgeht, werden wir dann nach den Konzerten Ende August oder Anfang September besprechen. Wie es weitergehen soll oder ob es überhaupt weitergehen wird – alles ist offen und hängt davon ab, wie die Reaktionen bei den Festivals sind und ob uns das alles Spaß macht und es passt.

Ihr habt Euch ja mit den späteren Alben „Odium“ und vor allem „Feel Sorry For The Fanatic“ ziemlich weit vom puren Death Metal weg entwickelt. Inwieweit repräsentiert denn Euer jetziges Old-School-Set Deinen derzeitigen Musikgeschmack?

Na ja, ich habe letztes Jahr mit INSIDIOUS DISEASE ein Album veröffentlicht, das wahrscheinlich noch heftiger ist als alles, was wir jemals mit MORGOTH gemacht haben. Und insofern stehe ich nach wie vor auf guten und gut gemachten Death Metal. Andererseits sagen mir aber auch einige Sachen in den letzten Jahren gar nicht mehr so zu, beispielsweise ist Deathcore nicht so mein Ding, aber ich gehe nach wie vor auf gute Death-Metal-Konzerte der alten Schule. Und ganz ehrlich: Die Bands, die damals die Szene mitbegründet haben, haben seitdem auch nichts verlernt, es macht Spaß, diese Bands live zu sehen, wie OBITUARY, CANNIBAL CORPSE. Das sind Bands, die mich seit meiner Jugend begleiten, und das prägt einen in dieser Lebensphase natürlich mehr als alles, was man dann später hört.

Wenn es also so sein sollte, dass wir neue Songs schreiben, werden wir sicherlich nicht auf diese New-School-Masche setzen, sondern da weitermachen, wo wir 1991 oder 1992 aufgehört haben. Und den anderen Weg, den wir nach „Odium“ gegangen sind, werden wir dann sicherlich nicht verfolgen.

Oder unter anderem Namen…

Oder das.

„Feel Sorry For The Fanatics“ war eine tolle Scheibe, aber wahrscheinlich nicht das, was die Fans unter dem Namen MORGOTH hören wollten.

Ja, vielleicht war es ein Fehler, das zu machen. Auf der anderen Seite waren genau dieselben Musiker beteiligt, die auch schon „The Eternal Fall“ geschrieben haben, weswegen die Frage, ob man jetzt den Bandnamen ändert, gar nicht aufkam. Aber das ist abgehakt. Wir sind nach wie vor stolz auf das Album, weil es etwas ganz anderes war und vielleicht einfach nur ein paar Jahre zu früh gekommen ist. Es war einfach eine ehrliche Sache, weil wir uns so verwirklichen wollten, wir wir es letztlich auf der „Feel Sorry…“ letztlich gemacht haben.

Hauptberuflich bist Du ja in Berlin als Aufnahmeleiter beim Film beschäftigt. Du warst aber jetzt drei Monate in Australien und hast dort gearbeitet. Was hast Du dort gemacht?

Ein australischer Freund von mir hat dort unten eine Werkstatt oder ein Geschäft für Bohrer, die in den Goldminen in Westaustralien eingesetzt werden. Und er hat mich gefragt, ob ich nicht Bock hätte, ihm in den Wintermonaten, die hier ja sehr trist sind, zu helfen – und das habe ich gemacht. Ich war also jetzt drei Monate in Australien und habe Goldbohrer in Goldminen gefahren.

Alles klar! Danke für das Interview und viel Glück und Spaß bei den anstehenden Konzerten! Die letzten Worte überlasse ich selbstverständlich Dir!

Danke für das Interview! Wir haben einfach Bock auf die anstehenden Konzerte, freuen uns, alte Freunde, auch von Magazinen und befreundete Bands wiederzutreffen. Das wird eine große, gemeinsame Feier.

Fotos: Ernst Kramer

11.06.2011

- Dreaming in Red -

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