Moor
"Auf der Suche nach der Fackel, die uns den Weg zeigt"
Interview
Mit ihrem Debütalbum „Heavy Heart“ haben die Hamburger Doomer MOOR nicht nur ein modernes Album seiner Art erschaffen, sondern tragen auf dieser Platte einige tatsächliche, schicksalhafte Erlebnisse aus der jüngeren Vergangenheit mit sich. Wie es dem Quintett gelungen ist, immer wieder aufzustehen und weiterhin vor Tatendrang zu sprühen, war ebenso Thema dieses Interviews, wie auch die Produktion, die Texte und die Verflechtungen innerhalb der Szene.
Hallo und Grüße nach Hamburg, wie geht’s euch?
Ercü: Super, danke der Nachfrage.
Dave: Aufgeladen mit positivem Stress und Erwartung wie das Album bei den Leuten ankommt.
MOOR dürfte den meisten Lesern noch nicht unbedingt bekannt sein. Vielleicht stellt ihr euer Projekt kurz vor.
Dave: Gegründet wurde die Band von Ercüment und Smu (Christian Smukal) nach gemeinsamen Jam Sessions 2018. Smu war die Verbindung zwischen allen Mitgliedern und er hat Ben und Chad dazu geholt. Ich bin mehr oder weniger in die Band als „Aushilfe“ reingerutscht. Als Ben seine erste Krebsbehandlung hatte, wurde jemand gesucht der bei den Proben aushilft und vielleicht etwas beim Songwriting. Hier war auch wieder Smu die Verbindung. Schnell hat sich herausgestellt, dass wir alle ähnlich ticken und die Songs durch drei Gitarren noch wuchtiger und facettenreicher werden. Seitdem bin ich dabei. Nachdem Smu uns verlassen hatte ist Ralle (Bassist der Band KAVRILA) zu uns gestoßen. Wir haben uns im Positivsten von Chad getrennt und am Schlagzeug unterstützt uns Elinor (CORECASS).
Ercü: Von der Klangwelt ist es eine traurige, teils wütende, dunkle, nah am Abgrund auf der Suche nach der Fackel, die uns den Weg zeigt.
Ihr geht ganz offen damit um, dass euch in den letzten Jahren mit Krebserkrankungen und dem damit verbundenen Tod von Christian Smukal gleich mehrere harte Schläge getroffen haben. Einerseits die Frage: Wie geht es Ben inzwischen? Und auf der anderen Seite, habt ihr in dieser schweren Zeit nicht daran gedacht, die Band nicht weiter fortzuführen?
Ben: Danke, mir geht es wieder ganz gut. Im Gegensatz zu Smu hatte ich „nur“ Blutkrebs. „Nur“ schreibe ich, da bei dieser Krebserkrankung keine Organe zerstört werden. Insofern bin ich rein körperlich vergleichsweise unversehrt. Dennoch hinterlassen häufige intensive Chemotherapien natürlich ihre Spuren. Nach einem Rückfall habe ich im Jahr 2022 eine Stammzellentransplantation erhalten und seitdem habe ich Ruhe. „Geheilt“ werde ich nie sein aber die Prognosen sind echt ok. Die Frage, MOOR nicht weiter fortzuführen hat sich eigentlich nie gestellt. Es ist ja so, dass sich Krebserkrankungen über längere Zeiträume ziehen und wir jeweils in bestimmten Abständen ausgefallen sind. Abgesehen davon war die gesamte Zeit super verrückt. Ich hatte meine erste Krebserkrankung zu Beginn der Coronazeit. Ich bin ins Krankenhaus gekommen, als gerade der erste Lockdown beschlossen wurde. Das bedeutet, dass wir uns als Band sowieso nicht hätten treffen können.
Ercü: Als Christian verstarb, ging eine große Mediale Welle durchs Land, weil ihn so viele Menschen in der Szene kannten und zurecht sehr schätzten. Wir sind davor ja schon offen mit dem Thema der Erkrankungen umgegangen, aber hier war uns klar, dass wir die Band und auch sein Vermächtnis weiterführen. Ben ist aktuell krebs“frei“ und das war für uns ein großartiger Moment, als er uns das mitgeteilt hat. Aufhören kam nie in Frage. Es wäre ungerecht gewesen, Christians letztes Bassspiel verpuffen zu lassen.
Dave: Smu hat auch mehrfach betont, dass wir weiter machen sollen. Sowohl zu Beginn seiner Diagnose, als auch in den letzten Tagen. Dadurch dass wir eine sehr gute Kommunikation in der Band haben, sind wir immer offen mit dem Thema und allen Eventualitäten umgegangen und haben uns gegenseitig Sicherheit gegeben.
Umso erfreulicher ist dann dieser Tage die Erscheinung von „Heavy Heart“, eurem ersten Album, dass ihr insbesondere Smukal gewidmet habt. Die schwerfälligen Klänge haben für euch dann sicherlich beim Hören nochmals eine ganz andere Tragweite, oder?
Ben: Total. Die Platte trägt aber nur teilweise dazu bei. Ich habe in meiner Werkstatt/meinem Laden mehrere Bilder von Smu hängen. Auch ist er noch immer an dritter Stelle meiner „Favoriten“ im Handy. Ich denke jeden Tag an ihn.
Ercü: Definitiv. Es ist eine schöne Erinnerung an einen besten Freund, der dadurch immer bei uns sein wird… wenn ich die Platte und sein Bass höre, habe ich manchmal das Gefühl er ist in der Nähe und nickt mit.
Dave: Ich denke bei jedem Durchlauf der Platte an die Sessions vor dem Studio, in dem wir zusammen in meinem kleinen Recording-Zimmer über die Bassspuren gesprochen und getüftelt haben. Zu diesem und zu jedem anderen Zeitpunkt auch hat er einen mit seiner ruhigen und positiven Art extrem inspiriert.
Die Hamburger Doom-Szene ist nun kein unbeschriebenes Blatt und hat mit B.S.T., OPHIS oder FVNERAL FVKK auch einige besondere Bands zu bieten. Hat euch auch die lokale Szene im Rahmen eurer Entwicklung beeinflusst?
Ercü: Alles Mitglieder die wir teils persönlich kennen und sehr gern haben aber beeinflusst haben sie uns nicht.
Dave: Ich bin persönlich großer Fan der der FVNERAL FVKK-Platte, aber einen Einfluss der lokalen Szene gab es bei uns nicht. Vielleicht auch wegen der Entstehung von „Heavy Heart“ während der Pandemie, ohne wirkliche lokale Shows.
Nun ist „Heavy Heart“ keineswegs ein traditionelles Doom-Metal-Album, sondern hat durchaus abstrakt sphärische Einflüsse zu bieten. Nicht nur aufgrund der personellen Verstrickung kommen einem da u.a. THE OCEAN in den Sinn. Wolltet ihr euch bewusst von der traditionellen Schiene, eher aus dem Heavy-Bereich kommend, abgrenzen?
Ercü: Danke, das wollte ich hören. Ja, mir war es sehr wichtig, als ich die ersten Riff-Ideen geschrieben habe, vom Standard Stoner/Sludge/Sabbath-Doom fern zu bleiben und wirklich nur auf meine Emotionen beim Schreiben zu achten und nicht die xte Kopie von vielen zu werden, aber das war auch nicht schwer bei all dem was wir Band intern erlebt haben.
Ben: Das liegt mit Sicherheit daran, dass wir nicht alle originär aus der Doom-Szene kommen. Und schon gar nicht aus der „Desert Doom“-Szene. Ich komme ja sehr klar aus der Screamo/Post-Metal/Hardcore-Szene. Da kommen automatisch ganz andere Einflüsse dazu.
Dave: Wie Ben schon gesagt hat, wir sind da „die Summe unserer Teile“. Ich komme ursprünglich musikalisch aus der technischeren Ecke und habe früher viel Progressive- oder Tech-Death gehört und bin dann irgendwann mehr in die Richtung MASTODON, TYPE O NEGATIVE und TRYPTIKON abgewandert. Ich glaube, dass wir tatsächlich vieles eher unterbewusst/natürlich gemacht haben, weil wir auch keine Egos in der Band haben, die ihre musikalische Agenda durchboxen wollen. Ercüs Riff-Gerüste waren eine sehr gute Basis, um die wir dann gemeinsam Songs bauen konnten.
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Stile | Doom Metal, Doomcore, Sludge |
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