Monstrosity
Interview mit Lee Harrison zu "Spiritual Apocalypse"
Interview
Dass MONSTROSITY seit langem eine Macht im Death-Metal-Sektor sind, braucht nicht diskutiert zu werden. Leider haben sie nie denselben Erfolg einfahren können, wir zum Beispiel CANNIBAL CORPSE oder MORBID ANGEL. Trotzdem haben MONSTROSITY immer wieder gute bis richtig starke Alben veröffentlicht und besonders der aktuelle Longplayer „Spiritual Apocalypse“ ist ein Hammeralbum geworden. Grund genug, um sich Bandkopf und Drum-Tier Lee Harrison unter den Arm zu klemmen und ihm ein paar Fragen aufzuzwingen. Lee hatte neben aller Professionalität bei den Antworten sogar auch noch etwas Raum für Spaß.
Hallo Lee, schön, dass es mit dem Interview klappt! Dich mit ein paar Fragen zu löchern, ist für mich aus zwei Gründen sehr spannend. Zum einen weil ich seit „Imperial Doom“ ein Fan von MONSTROSITY bin, und zum anderen weil ich der Meinung bin, dass „Spiritual Apocalypse“ richtig geil geworden ist.
Euer „Comeback“ ist schon eine Weile her. „Rise to Power“ kam 2003 raus – was habt ihr in den vergangenen vier Jahren so getrieben und warum hat es mit dem neuen Album so lange gedauert?
So lange brauchen wir halt für unsere Alben. Wenn du mal zurückschaust, haben wir durchschnittlich immer vier Jahre gebraucht. Für mich stellt das allerdings kein Problem dar. Wir würden natürlich gern jedes Jahr ein neues Album rausbringen, aber das ist einfach zuviel, das übersteigt einfach die Kapazitäten. Wenn sich das auf natürlichem Weg so ergibt, ist es ne feine Sache. Mit den ganzen Touren und der Promotion für jedes Album geht auch viel Zeit drauf, die auch nötig ist. Wir verlassen uns nicht auf eine Formel, wir mögen es, zu experimentieren und einfach drauflos zu holzen. Und dann kommts natürlich auch auf das Budget an, was einem dafür zur Verfügung steht. Ist alles nicht so einfach und erst recht nicht billig!
Der erste Song startet überraschend melodisch. Obwohl ihr von Anfang an zeigt, wo der Hammer hängt, erscheinen mir MONSTROSITY anno 2007 melodischer denn je. Ist das der Einfluß deiner neuen Bandkollegen oder einfach eine natürliche Weiterentwicklung?
Es schafft einen starken Kontrast, etwas dermaßen Brutales mit diesem melodischen Feeling zu vermischen. Ich denke, es verstärkt die Aggression umso mehr, anstatt ihr die Kraft zu nehmen. Es macht die ganze Sache viel interessanter.
Ich muss zugeben, dass mich beide Alben nach „Millenium“, namentlich „In Dark Purity“ und „Rise to Power“ nicht grad vom Hocker gerissen haben, weil ihnen einfach das gewisse Etwas fehlte. Hörte sich irgendwie alles ziemlich harmlos und angepasst an. Ich hab diesen ursprünglichen und einzigartigen Hammersound vermisst – und vielen Fans, für die „Imperial Doom“ und „Millenium“ immer noch das Größte sind, erging es ebenso. Wie seht ihr das… lag es an George Fisher (der heute bei CANNIBAL CORPSE das Mikro quält) oder war das Material auf den früheren Alben einfach stärker?
Harmlos und angepasst? Wow, überrascht mich jetzt aber. Nun ja, ich denke da komplett anders. Es ist ein Beispiel dafür, wie zwei Leute auf etwas schauen, und zwei völlig gegenteilige Meinungen haben können. Jeder, mit dem ich gesprochen habe, mochte „In Dark Purity“ am liebsten. Mir gefällt das neueste am besten. Es ist das bis dato vollständigste Bild, welches wir von der Band haben. Ich weiß nicht… vielleicht solltest du mal deine Ohren checken lassen… vielleicht hörst du dir die Scheiben noch ein paar mal an… und noch ein paar mal mehr, ist wohl alles eine Frage der Dauer. Die Leute mögen ja immer die Alben, die ihnen am meisten am Herz liegen.
Ich hatte (und habe noch immer) das Gefühl, das MONSTROSITY damals irgendwie kurz vor dem Ende waren. Hattet ihr damals einen kreativen Tiefpunkt oder ist meine Kritik einfach nur auf persönlichen Geschmack zurückzuführen?
Definitiv kein kreativer Tiefpunkt. Ich bin immer kreativ, deshalb kenne ich dieses Problem nicht. Ich bin ständig mit irgendwas beschäftigt. Nur weil wir mal kurz aus dem Rampenlicht verschwunden sind, heißt das noch lange nicht, dass wir nix tun würden. Ich schreibe ständig Songs für MONSTROSITY, und wenn nicht dafür, dann für mein Soloprojekt LAVOIZEN.
Euer neues Album „Spiritual Apocalypse“ spielt in einer viel höheren Liga. Viele Melodien, aber auch geile Riffs, geballte Brutalität und natürlich eure exzellente Performance. Es klingt so, als ob ihr euch noch mal selbst beweisen wolltet, dass ihr immer noch gewaltig Arsch treten könnt. Mit dem neuen Material lasst ihr viele der momentanen Death-Metal-Größen weit hinter euch. Fühlt sich ein alter Hase bei solchen Statesments bestätigt oder spornt es euch an, noch härter zu arbeiten?
Es ist natürlich toll, das zu hören, aber wie ich schon sagte, gehört dieses Album einfach zur natürlichen Entwicklung. Alle vorherigen Alben vereinigen sich darin.
Was ist für dich der perfekte Death-Metal-Song, und wie hört er sich an? Kommt’s nur auf Speed und Brutalität an, oder werden wir in Zukunft auch ein paar „nette“ Songs von MONSTROSITY zu hören bekommen?
Wir werden immer weitermachen, unseren Sound zu erweitern, und es wird auch immer totale Aggression geben. Ich würde nicht dran denken, unseren beinharten Fans so an den Karren zu fahren. Wenn es etwas völlig anderes wäre und nicht in unserem „Spirit“, dann würde ich den Namen ändern.
Wenn man solange im Geschäft ist wie ihr, hat man sicherlich schon einige Höhen und Tiefen mitgemacht. Wie siehst du die heutige Szene, verglichen mit früher? Sind die Veränderungen enorm? Neue Bands schießen wie Pilze aus dem Boden und es scheint kein Ende zu nehmen mit dem ewigen Kopieren des Old-School-Sounds. Tut das dem Metal gut oder ist das eine ganz natürliche Entwicklung? Wo wird die ganze Scheiße enden?
Ich war sehr jung damals, aber als ich selber anfing schien es schwieriger zu werden, einen Plattendeal zu bekommen, dass die Labels viel wählerischer wurden. Jetzt gibt’s Freifahrtscheine für alle und jeder, der sich mal ein bißchen ausprobiert, kriegt einen Vertrag. Jeder hat nun ein Label oder einen Vertrieb, so dass ich glaube, dass die Bands immer wertloser werden. Es ist schon verrückt, aber wir sind immer noch hier und so wird es hoffentlich auch weitergehen.
Interessierst du dich dafür, was alte Freunde und Brüder im Geiste so treiben? Wie sieht’s aus mit Bands wie CANNIBAL CORPSE, MORBID ANGEL, SUFFOCATION, IMMOLATION oder Chris Reiferts AUTOPSY Nachfolger ABSCESS? Geht da irgendwas oder geht’s dir eher am Arsch vorbei?
Klar, ich find’s cool zu wissen, womit die anderen grad beschäftigt sind. Ab und zu trifft man sich.
Wie denkst du über ihre heutige Musik?
Ich sag mal so, ich höre von ihnen kein „Spiritual Apocalypse“. Sie sind alle großartige Bands, aber wir haben alle sehr unterschiedliche Agendas, was die Musik betrifft. Cannibal machen das Gore Ding, Obituary ziehen ihren groovy Keltenkram durch, Morbid Angel leben durch Treys Stil…, Suffo und Immo machen ebenso ihr Ding, was sich von unserem wirklich stark unterscheidet…
Das Jahr 2007 ist noch recht jung und die Festival-Saison steht vor der Tür. Wird man euch hierzulande Bühnen zu Kleinholz verarbeiten sehen?
Wir werden in ein paar Wochen auf dem Fuck The Commerce X zocken…
Was machst du, abgesehen von deinem Schaffen in MONSTROSITY? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Merchandise und Tantiemen genug Kohle abwerfen, um damit deinen Lebensunterhalt zu bestreiten, Frauen und Drinks zu bezahlen… Oder ist Lee Harrison ein sorgender Familienvater geworden, der das Geld ranschafft und für nen vollen Kühlschrank sorgt?
Ich spiele in einer Coverband und betreibe eine Bungee-/Felsenwand hier am sonnigen Strand von Florida. Abgesehen davon arbeite ich an neuem MONSTROSITY Material. Keine Kinder, keine Frau, …nur einen Hund, haha.
Danke Lee, dass du dir die Zeit genommen hast und die Fragen eines ebenso alten Hasens beantwortet hast. Ich könnte noch mit 20, 30 anderen Fragen ankommen, aber du bist ja einigermaßen bekannt dafür, nicht grad der Interviewfreudigste Mensch zu sein 😉
Es ist einfach die Zeit… den ganzen Tag rumzusitzen und zu tippen… und nun mach dich ab zum Ohrenarzt.
Haha, ne du, lass mal, ich bin kein großer Freund von Ärzten. Ich hoffe jedenfalls, dass MONSTROSITY noch viele Killeralben rausbringen werden! Pass auf dich auf, und bis irgendwann einmal, vielleicht auf nem Gig von euch…
Killer-Dankeschön!!!