MF Ruckus
Verteidiger des Spaßes

Interview

Grüße aus der Partymetropole Denver, Colorado: Die Rock’n’Roll-Crew MF RUCKUS nimmt an vorderster Party-Front keine Gefangenen – weder bei der im Dezember absolvierten Tour mit 9MM und THE CARBURETORS noch mit ihrem neuen Album „Thieves Of Thunder“. Klar, dass auch ein Interview eine spaßige Angelegenheit werden würde. Sänger Aaron Howell lässt jedenfalls keinen Zweifel aufkommen, dass Trübsal gegen das Quintett keine Chance hat.

 

Ihr wart im Dezember mit den CARBURETORS und 9MM in Deutschland auf Tour. Wie war’s und wie war das Publikum?

Diese Tour war wie ein wahrgewordener Traum. Wir haben sogar meinen gerade pensionierten, 63 Jahre alten Dad mit auf Tour genommen – als Merch-Verkäufer. Mein alter Herr hatte die Zeit seines Lebens!

Die Massen waren auch krass. Das war jetzt erst unser zweites Mal in Europa, aber wir sind jetzt schon besser angekommen als jemals in den USA. Die Leute waren so verdammt enthusiastisch und aufgeregt, uns zu sehen. Die Jungs von 9MM und THE CARBURETORS waren ebenfalls bombig. Nachts haben wir im Bus Unmengen an Bier gezischt, Witze gemacht, Geschichten erzählt und die Popmusik aus unseren jeweiligen Kulturen vorgespielt. Eddie von den CARBURETORS ist ein großer Fan von amerikanischem Pop-Country.

Die Gitarristen haben über ihre Lieblingsgitarristen diskutiert, die Schlagzeuger haben die Blasen an ihren Händen verglichen, die Bassisten haben sich gegenseitig dafür bemitleidet, dass sie Bassisten sind, und die Sänger haben darüber geredet, wie großartig sie waren… haha! Wir haben jede Menge über die anderen gelernt. Es gibt große Unterschiede zwischen Deutschen, Norwegern und Amerikanern, aber am Ende des Tages gehen wir alle zur Arbeit, rufen unsere Frauen an und zeigen Fotos unserer Kinder. Sie waren wirklich ein großartiger Haufen. Wir haben schon darüber gesprochen, das Ganze 2018 zu wiederholen.

MF RUCKUS ist für viele Leute in Deutschland noch eine recht unbekannte Band. Was muss man über MF RUCKUS wissen?

Kennt ihr das, wenn in postapokalyptischen, dystopischen Science-Fiction-Filmen ein paar Überlebende die Überbleibsel der untergegangenen Zivilisation nehmen und an die harsche und gefährliche Umwelt anpassen? Beispielsweise nehmen sie einen alten Bus und montieren daran Sägeblätter, Maschinengewehre, Flammenwerfer und kugelsichere Panzerungen.

So ähnlich muss man sich das vorstellen mit Bands, die wir gut finden. Wir nehmen die Werkzeuge und Überbleibsel unserer Rock’n’Roll-Urväter und machen sie zu einer Waffe. Aber wir setzen unsere Waffen natürlich nur für das Gute ein. Es ist eigentlich das genau Gegenteil von Kriegsführung. Es ist wie eine Belagerungs-Party-Führung. Wir sind wie Antimaterie für schlechte Zeiten.

Die Lieferanten für Gewalt, Wut und Hass, die Angsthändler… sie sind wie das Drule Empire in Voltron und wir sind die Galaxy Alliance. Wir steuern einen gigantischen Superroboter, der aus IRON MAIDEN, THIN LIZZY, ZZ TOP, QUEEN, MURPHY’S LAW, AC/DC zusammengebaut ist… so in der Art. Wir sind die Verteidiger des Spaßes. Die Frontlinie der guten Zeiten, die verschworenen Feinde der schlechten Zeiten.

Das MF in MF RUCKUS steht wahrscheinlich für ‚Medium Format‘, ‚Marxistic Forum‘ oder ‚Mycosis fungoides’…

Mother friendly, missing follicles, mildly flatulent, midget fraternity, modern fornication, malignant fistula, marital farts, Mothra’s Fangs… oder… nimm einfach das stinknormale MOTHERFUCKING RUCKUS!

Wer ist alles in der Band? Stell uns die Bandmitglieder doch mal alle vor.

Ty „T-Blo: The Keeper of Tyme“ Blosser – Drums. Er ist der Bandpapa, kümmert sich den Papierkram und hat eine Vorliebe für Verschwörungstheorien

(jetzt fängt Aaron an zu reimen) „Hulk“ Logan O’Connor – Bass, face, puttin‘ suckas in they place.

Parker „The SGenius“ Clark Meehan – Guitarista and Fashionista. Riff’s from space to melt your face. Außerdem ist er ziemlich gut beim Basketball.

Tony „The Windy City Madman“ Lee – Gitarre, Blues-Rock-Wunder, trinkt Whiskey, raucht Hasch. Er ist ein langhaariges Kind der Liebe von Willie Nelson und Lemmy.

Aaron „Howellenwülf“ Howell – Gesang, Harmonica, Mann mit dem Durchblick. (Jetzt muss wieder ein Reim herhalten) Screamin‘, schemin‘, bearded demon in a jumpsuit gleamin‘. Das bin ich.

MF Ruckus Band 2016

Ihr sagt, dass Ihr in erster Linie eine Liveband seid. Jetzt habt Ihr ein (zweites) Studioalbum draußen, „Thieves Of Thunder“. Wieso sollte man sich das anhören, auch wenn man Euch nicht live sieht?

Natürlich stimmt es, dass wir uns als Liveband bezeichnen, aber wir sind natürlich sehr stolz auf „Thieves Of Thunder“. Es wurde von Steve Goldberg von CEPHALIC CARNAGE aufgenommen, der ja auch schon für das SPEEDWOLF-Album „Ride With Death“ verantwortlich war. Niemand hat Ohren wie Goldberg. Das Album ist heavy, laut und kraftvoll… vor allem auf Vinyl. Tonys und Parkers Riffs werden richtig zum Leben erweckt, Ty und Logan klingen verdammt tight, und die Gesangsaufnahmen übertreffen alles, was wir vorher gemacht haben.

Die Scheibe ist ein Schnappschuss der letzten zwei bis drei Jahre, in der die Band durch eine Reihe Veränderungen durchgemacht hat. Zwei Mitglieder haben uns verlassen, und Parker ist dazugekommen. Es ist ein Album, das genau das wiedergibt, wer wir zur Zeit sind. Für uns ist es eine neue Ära und ein neues Level. Ich weiß, das hört sich übertrieben an, aber es ist ein richtig gutes Album.

Als Liveband behauptet Ihr: „We Don’t Party“. Ein MF RUCKUS-Auftritt ist demnach eine ziemlich ernste Angelegenheit?

Ha! Das lustigste an diesem Song ist, dass ich den Text geschrieben habe, nachdem ich bei der Hochzeit des besten Freundes meiner damaligen Freundin auftauchte – betrunken, ungewaschen und in einem ärmellosen ‚Old Dirty Bastard‘-Shirt. Unsere Beziehung ging natürlich in die Brüche. Ironischerweise habe ich mit dem Trinken aufgehört, nachdem wir den Song aufgenommen hatten. Parker hat mit Drogen und dem Trinken aufgehört und ist mittlerweile verheiratet. Ty hat geheiratet und ein Kind bekommen… wir sind alle mit der Zeit altermilde geworden. Angefangen hat es mit einem ironisch gemeinten Witz, aber jetzt ist es zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung geworden.

Aber gut… unsere Auftritte sind natürlich sehr ernst. Wir nehmen Partymachen sehr ernst. Das ist eine Mission. Es ist unser Ikigai. Das ist der Grund, am Morgen aufzustehen. Wir sind hier, um den Planeten zu bespaßen.

Ihr sagt „All My Heroes Are In Hell“… Klingt so, als wäre die Hölle ein ziemlich… nun ja, cooler Ort?!

Na ja, um uns nicht mit fremden Lorbeeren zu schmücken: Dieses Lied wurde von einer krassen Band aus Seattle geschrieben, die ALL BETS ON DEATH heißt. Sie haben sich unglücklicherweise aufgelöst, aber wir tun unser bestes, um ihre Lieder weiter am Leben zu erhalten, indem wir sie um die Welt schicken. Wir lieben es, Songs unserer Freunde zu spielen. Das ist unsere Art, die Bands, die wir mögen, zu ehren.

Wenn die Hölle wirklich existierte, stellte ich sie mir als Rockclub in St. Pauli oder Berlin vor… irgendeine üble Spelunke, wo Phil Lynott, Ronnie James Dio, Prince, David Bowie, Lemmy, Freddie Mercury, Ronnie Van Zant, Joe Cocker, Jimi Hendrix… all diese Typen… sie sind da alle vereint und feiern, spielen zusammen, reißen Witze und haben Spaß. Der Himmel dagegen scheint mehr wie ein Abendessen bei der superreligiösen Großmutter deiner Freundin. Du musst deine Tätowierungen verstecken, darfst nicht fluchen und musst vorgeben, noch nie Sex gehabt zu haben.

Ihr seid aus Denver, eine Stadt, die in Deutschland hauptsächlich durch die 80er-Jahre-Serie „Denver-Clan“ bekannt ist. Wieviel „Denver-Clan“ steckt in MF RUCKUS? Und wer nimmt die Rolle vom ‚Biest‘ Joan Collins ein?

Ich habe niemals „Denver-Clan“ gesehen. Die meisten Leute, die wir in Deutschland getroffen haben, kannten aber „South Park“, das übrigens ein realer Ort ist. (Anm. d. Red.: South Park ist – mit diesem Namen – eine fiktive Stadt in der Nähe von Denver) Trotzdem, ich glaube, dass wir ein bisschen dem Denver-Clan ähneln, weil es jede Menge Drama und jede Menge verklemmte weiße Typen gibt, die aufstehen, weil sie wissen, was gut ist. Haha, ich mache nur Spaß! Denver ist ein hipper Ort, Junge! Wir haben Pot legalisiert, und jetzt will jeder bei uns wohnen. Hierher kommen einige der heißesten Bands, und wenn du noch nie grüne Chilies gegessen hast, Bruder, musst du das einfach mal probieren.

Alles klar, danke für das Interview. Irgendwelche Worte an unsere Leser?

Danke auch! Wir sind immer noch aufgekratzt von unserer Tour durch die EU, und wir werden so häufig wiederkommen, wie es geht! Haltet Ausschau nach unserem Konzeptalbum und der Comicserie „The Front Lines Of Good Times“. Wir sind völlig begeistert davon!

30.01.2017

- Dreaming in Red -

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