Masterplan
Roland Grapow im großen Interview

Interview

Wie man sieht, hat der Herr Weikath einen speziellen Humor. Wie war es für dich, einer etablierten Band beizutreten? Fühlt man sich da als Außenseiter? Musstest du da die Ellenbogen ausfahren?

Roland: Gar nicht. Ich bin eingestiegen, weil ich den Kontakt zu Weiki hatte. Im Dezember 1988 kam ich zu den Proben. Wir hatten uns danach alle in einer Kneipe unterhalten und Michi Kiske war sehr nett zu mir. Er meinte, dass ich gut gespielt hätte und auch den passenden Look hätte. Der einzige, der ein bisschen reserviert war, war Ingo. Er war der beste Freund von Kai und hat sich am meisten darüber Gedanken gemacht, wer privat oder auf Tour mit ihm abhängen kann. Da war ich nicht die optimale Person für ihn, weil ich ziemlich scheu gewesen bin – obwohl ich der Älteste war.

Sieht man auf der Bühne aber gar nichts von, dass du scheu bist…

Roland:Auf der Bühne ging das. Ich bin Privat eigentlich sehr ruhig. Außer man macht Interviews oder ist in der Kneipe mit mir. Dann quatsche ich gerne. Ansonsten bin auch gerne alleine mit meiner Frau und gehe mit dem Hund spazieren. Ich bin nicht der Typ, der in die Stadt geht und viel Party macht.

Was interessant ist, ist dieses „steh-auf- mäßige“: Die meisten wären weggewesen, nachdem sie von einer Band wie HELLOWEEN gechasst wurden. Doch du kamst direkt mit MASTERPLAN wieder und konntest die Leute begeistern. Dann hattest du da 2-3 unangenehme Situationen mit euren Sängern und hast trotzdem weitergemacht. Woher bekommt man die Power, da neu anzufangen, wo andere aufhören?

Roland: Ich denke da eigentlich nicht drüber nach. Für mich ist es keine Option aufzugeben.

Das ist geil.

Roland: Ich gebe zu, dass das heutige Musik-Business superhart ist. Ich hatte erwähnt, dass manche von uns Jobs haben. Ich im Grunde auch: Vor 15 Jahren bekam ich vermehrt Studioanfragen. Bands wollten hier bei mir gerne aufnehmen. X-CORE und DAEDALUS waren die Ersten. X-CORE waren mehr Thrash-Metal und DAEDALUS eher Prog-Rock/Metal. Ich merkte, dass man gut Geld damit verdienen konnte. Das war sehr wichtig für mich, um auch weiterhin gut von der Musik leben zu können. Denn die Pirat… Pirater… (er beginnt das korrekte Wort zu suchen)

Piraterie!

Roland: Haha, man merkt, dass ich nur noch Englisch spreche.

Verliert man ein wenig seine Deutschkenntnisse, wenn man in der Slowakei wohnt?

Roland: Nicht direkt, aber mir fehlen manchmal die Worte. Mit meiner Frau spreche etwas Englisch, was mit Fetzen aus dem Deutschen angereichert wird. Es ist im Grunde eine Fantasiesprache (lacht)

Mischmasch.

Roland: Ich fang immer mit Englisch an, nutze ein paar deutsche Worte und lachen beide oft darüber, was wir da überhaupt reden, haha

Lernst du auch Slowakisch?

Roland: Ne. Ich hatte damals sogar Probleme, Englisch zu lernen. Ich stieg bei HELLOWEEN ein und konnte kaum Englisch. Meine Aussprache war gut, weil auch Sänger bin. Ich konnte allerdings im Alltag keine Sätze bilden. Ich fühlte mich… ashamed. (lacht) Ich wollte keine Fehler machen. Michael Kiske konnte mit 21 schon super Englisch und ich war 30. Ich dachte nur: „Mein Gott, wie sehe ich aus?“ Aber es wurde immer besser. Wir hatten dann auch eine englische Crew von Sanctuary Management…

Ah, von Rod Smallwood. (Manager von IRON MAIDEN und Co.-Gründer von Sanctuary Management)

Roland: Genau. Mein persönlicher Roadie war Engländer und ich musste auch mit ihm kommunizieren. Nach drei Jahren hat es klick gemacht.

Wenn man eine andere Sprache spricht, ist man meist sehr reserviert. Aber wenn der Schalter umgelegt ist, dann fließt es.

Roland: Ich habe es versucht, slowakisch zu lernen, doch irgendwann den Faden verloren, weil mein ganzes Umfeld Englisch oder Deutsch spricht. Auch die meisten Musiker, die zu mir kommen können Englisch. Wenn ich hier einkaufen gehe, kann ich allerdings die Floskeln.

Um auf MASTERPLAN zurückzukommen: Die erste Single des „Novum Initium“ Albums hieß „Keep Your Dream Alive.“ Reflektiert dieser Text die Einstellung, das Aufgeben nicht als Option zu sehen?

Roland: Ja. Ich habe allerdings vorhin noch 2-3 Texte geschrieben, die nicht ganz so optimistisch sind. In den Refrains möchte ich allerdings generell immer eine positive Message haben. Es fing schon beim ersten Album an. „Kind Hearted Light“ und „Sail On“ im besonderen. Ich wurde in einem Interview schon mal gefragt, ob wir eine „Christian Band“ sind.

Ich finde diese Kategorisierung schwachsinnig. Dave Mustaine ist ein Christ. Sind MEGADETH jetzt „Christian-Thrash-Metal“ ? Das sagt musikalisch überhaupt nichts aus.

Roland: Deswegen habe ich dem Interviewer gesagt: „Neee, wir sind einfach so. Meine Persönlichkeit ist in den Texten.“ Du hast schon recht, wenn du mich als Person siehst, die immer versucht die Situation ins Positive zu wandeln. Eigentlich bin ich auch ein guter Teamplayer, obwohl man mir oft das Gegenteil vorwirft. Irgendetwas mache ich wohl verkehrt. Es gibt immer wieder Ex-Mitglieder, die eifersüchtig reagieren und mir vorwerfen, dass ich nicht während der Interviews nicht genug über die anderen Mitglieder spreche.

Du reagierst ja nur auf meine Fragen. Es liegt also nicht an dir.

Roland: Du siehst halt, wie kompliziert es ist. Die Presse sieht dich so, die Mitglieder sehen dich anders. Du musst versuchen, die Situation im Griff zu haben, wie eine Art Lehrer. Es ist manchmal sehr anstrengend.

Das passiert wahrscheinlich, wenn man wie du in der Öffentlichkeit steht.

Roland: Ja, ich habe natürlich auch meinen Humor, den ich nicht abstellen kann. Wenn ich Leute treffe und einen sarkastischen Spruch mache, reagieren sie sofort mit „Oh my God“ usw.

Humor scheint nicht gut zu reisen. Er scheint immer auf die eigene Region beschränkt zu sein. Jemand, der in Deutschland lacht, ist in Schweden oder Italien vielleicht beleidigt.

Roland: Ich ging mal zu einer Dame von EMI und machte einen Witz. Ich sagte „I learned my english in your country“. Sie guckte mich an und ging weg.

Hä?

Roland: Betonung liegt auf „Cunt“

Ooohhh…

Roland: Wer hat mir diesen Witz beigebracht? Ein Englischlehrer.

Ist direkt nach hinten losgegangen, was?

Roland: Sie hat den ganzen Abend nicht mehr mit mir gesprochen.

Zurück zu MASTERPLAN: Euer letzter richtiger Release war das „PumpKings“ Album mit Re-recordings. Welcher dieser Songs liegt dir am meisten am Herzen und warum wolltest du ihn zu MASTERPLAN holen?

Roland: Das ist eine schwere Frage. Jeder dieser Songs liegt mir irgendwo am Herzen. Doch vielleicht ist „The Chance“ der ausschlaggebendste. Wir haben damals an „Pink Bubbles Go Ape“ gearbeitet und ich hatte ihn als ersten geschrieben. Ich spielte es dem Weiki vor und er war begeistert. Seine Ex war auch dabei und fand ihn auch klasse. Es war immer eine schöne Erinnerung. Ich bin stolz auf das Solo, denn ich hatte gerade begonnen, mich von YNGWIE MALMSTEEN beeinflussen zu lassen. Ich spielte damals noch nicht so viel Fender, doch da begann ich meine Malmsteen-Strat zu nutzen, die ich hier noch stehen habe. Die, die ich auch im „Kids Of The Century“ Video spiele.

Ach, die?

Roland: (Holt die Gitarre aus der Ecke)

Ist das Griffbrett dort auch ausgehöhlt?

Roland: (Neigt sie zur Seite) Ja, doch man muss sich daran gewöhnen. Für den Rest der Songs nutzte ich allerdings meine Valley Arts-Gitarre, weil ich ein großer Fan von STEVE LUKATHER bin. Ich war von den Details seiner Solos inspiriert, was man bis heute hört. Der Einfluss von Yngwie kam relativ spät dazu, dafür aber sehr intensiv.

In den 90ern hast du dein von YNGWIE MALMSTEEN beeinflusstes Soloalbum veröffentlicht. Wie ist es dazu gekommen?

Roland: Ich habe so viel Yngwie gehört, dass mein Songwriting zweigeteilt war. Vieles passte einfach nicht zu HELLOWEEN. Nachdem ich hörte, dass Andi Deris ein Soloalbum veröffentlicht, fragte ich unser Management, ob sie mir nicht auch einen Deal besorgen könnten. Dann legte ich los.

…Ist das auch der Grund, warum auf der „Better Than Raw“ kein von dir geschriebener Song ist?

Roland: Ja, ich bin abgedriftet, weil ich immer mehr in die Richtung Yngwie ging. Das kam bei den Jungs nicht gut an. Manche von den Songs sind dann auf der „Kaleidoscope“ gelandet. Bei der „Better Than Raw“ hatte ich trotzdem viel Input.

Solos und Arrangements?

Roland: Genau. Bei „Push“ zum Beispiel. Das Intro-Riff ist von Uli, aber das, was bei 0.18 – 0.27 kommt, spiele ich. Ich finde das Album ziemlich klasse und meine Soloparts sind auch super. Es gab auch Vorwürfe aus der Band, dass ich nicht genug Songs für das Album beigesteuert hätte. Doch es gab auch Bandmitglieder, die keine oder nur sehr wenige Songs geschrieben haben. Egal ob es jetzt Ingo oder Markus war, dessen Stücke meisten als Bonustracks benutzt wurden. Es kommt ja nicht auf die Zahl der Songs an, sondern darauf, ob man einen guten Input hat. Mein Held ULI JON ROTH hat ja auch nicht so viel geschrieben.

Galerie mit 12 Bildern: Masterplan - Bang Your Head 2013

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16.12.2023

Werbetexter und Metalhead aus NRW.

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