Master
"Langhaarige Verrückte und Punkrocker" - Im Interview mit Paul Speckmann
Interview
Wenn einer den Status einer Ikone verdient hat, dann Paul Speckmann, als Nachfahre preußischer Auswanderer gilt der US-amerikanische Sänger und Bassist (vor allem aufgrund der Verdienste mit seiner Band Master) als Mitbegründer des Death Metal. Auch nach 31 Jahren sind Master noch regelmäßig unterwegs. Auf der Tour zum 2013 veröffentlichten Album „The Witchhunt“ nutzte ich die Chance dem bärtigen Frontmann ein paar Fragen zu stellen.
Hey Paul! Wie geht es dir heute?
Mir geht’s gut, wir hatten gestern ein gelungenes Konzert in Jena und auf ein weiteres heute Abend freue ich mich.
Wenn man ein bisschen Ahnung hat, oder einfach mal den Name „Paul Speckmann“ googlet, stößt man auf so einige musikalische Projekte: WAR CRY, DEATH STRIKE, natürlich MASTER, FUNERAL BITCH, ABOMINATION, KRABATHOR oder das SPECKMANN PROJECT. Einige sind aufgelöst, andere inaktiv …
Bis auf MASTER wurden alle aufgelöst. Vor ein paar Jahren haben wir mit ABOMINATION zwar noch einmal sieben Shows gespielt, aber aktuell bleibt nur Master übrig.
… gibt es „neue“ Projekte auf welche sich die Fans freuen dürfen?
Erst vor kurzem habe ich eine 7-Inch-Disc aufgenommen, mit den Jungs von … warte mir fällt es gleich wieder ein … Sorry, ich komme gerade nicht darauf, ich hatte eine harte Nacht.
Zurückblickend haben MASTER viele großartige Alben veröffentlicht, „On The Seventh Day God Created…Master“, „Master“ und natürlich „The Witchhunt“. Was ist deiner Meinung nach das stärkste MASTER-Album?
Das ist eine schwierige Frage, da ich in jedes Album den ungefähr gleichen Aufwand investiere. Einige Alben hatten ein größeres Budget, einen besseren Produzenten, einige wurden schneller geschrieben, andere benötigten mehr Zeit, jedoch kann ich nicht sagen, welches mein Lieblingsalbum ist, obwohl momentan natürlich vor allem „The Witchhunt“ hoch im Kurs steht. Jedoch schaue ich auch stets in die Zukunft, natürlich gibt es Leute welchen vor allem die ersten beiden Alben zusagen, und selbstverständlich sind das großartige Alben, nichtsdestotrotz ist auch „The Witchhunt“ eine äußerst gelungene Veröffentlichung. Somit lebt man immer für die Zukunft, niemand kann nur von seinen ersten Beiden Veröffentlichungen leben, wenn man sich nur diese anhört, dann sollte man sich bewusst sein, dass man großartige Alben verpasst. Zum Beispiel „The Human Machine“, „Slaves To Society“ …
… und natürlich „Four More Years Of Terror“.
Auf jeden Fall, wenn sich die Leute da draußen all diese Scheiben nie anhören, ist es ihr Pech.
Warte: Die Band heißt CADAVERIC POISON, tut mir leid dass es einige Minuten gedauert hat, aber das ist wirklich noch recht frisch. Die Aufnahmen wurden vor nicht einmal drei Wochen beendet. Witchburner, Seegel und Ich unterhielten uns erst kürzlich über eine Full-Length-CD im nächsten Jahr. Auf deine Frage zurückblickend fällt mir auch noch das JOHANNSON & SPECKMANN PROJECT ein, Rogga hat mir erst vor kurzem neun vollendete Songs zugesendet. Ich warte darauf, dass die Aufnahmen beginnen können. Nachdem ich von der Amerikatour wieder da bin werde ich mich darauf konzentrieren, das vollendete Werk zu erhalten um die Arbeiten an den Vocals zu beginnen. Auch dies wird ein großartiges Album, das erste war schon gut, aber das zweite wird noch besser, durch die bessere Musik werden auch die Vocals besser. Die Jungs pushen mich immer weiter vorwärts.
Von Beginn an hast du polit- und sozialkritische Texte geschrieben. Was waren die Gründe dafür?
Soziale Gerechtigkeit ist ein Problem welchem wir alle gegenüberstehen, die Regierungen haben heute einfach viel zu viel Einfluss auf das Leben der Bürger. Sie schreiben dir vor was du tun sollst, was du essen sollst und wollen nicht, dass die Leute noch für sich selbst denken. Natürlich habe auch ich bemerkt, dass Bands welche über Satan & Co singen deutlich mehr Tonträger verkaufen, aber genau wie Jesus ist Satan für mich nichts weiter als eine nutzlose Ideologie der Menschheit. Ich glaube an mich selbst und wenn ich etwas Fiktives will, dann lese ich ein Buch. Tief im inneren habe ich die Hoffnung, auch wenn es nicht heißt dass irgendetwas passiert, dass eines Tages ein junger Typ eine Revolution startet und ich ihn vielleicht dazu inspirieren konnte. Alles was ich machen kann, ist es zu versuchen.
Ich denke für andere Bands war Master schon immer so etwas wie eine Inspiration, jedoch gibt es nur wenige Gruppen, welche das auch „offen“ zugeben. Somit blieb Master immer ein Stück weit im „Underground“, oder?
MASTER waren schon immer im Underground tätig und so wird es vermutlich auch immer sein. Ich kann davon leben und meine Rechnungen bezahlen, jedoch sind unsere 2000 verkauften Kopien im Gegensatz zu den 15.000 – 20.000 anderer Bands eher nichts.
[In diesem Moment kommt jemand und drückt Paul eine Flasche Whiskey in die Hand. Er verspricht sie erst nach getaner Arbeit zu öffnen.]
Welche Bands haben dich inspiriert?
BLACK SABBATH, MOTÖRHEAD und SLAYER. Aber auch Sachen wie GBH, MINOR THREAT oder DISCHARGE fand ich immer großartige, eigentlich all diese „Punk-Metal-Bands“. Das waren meine Inspirationen und auch VENOM sind nicht zu vergessen, auch wenn ich mich bei ihnen bis heute auf die ersten beiden Alben begrenzt habe.
Inwiefern hat sich die Szene seit den 80er Jahren verändert?
Früher war die Szene vor allem größer, sie ist noch gut, keine Frage, aber sie war schon einmal größer. Das Problem der heutigen Zeit ist die Tatsache, dass ein gewisser Teil der Jugend die Meinung der Eltern und der Regierung so hinnimmt. Bei uns früher war es immer ein Kampf gegen genau diese Institutionen, wir waren langhaarige Verrückte und Punkrocker, welche sich gegen alles aufgelehnt haben!
Es herrschte einfach eine bessere Grundeinstellung. Heute tragen die Männer die langen Haare zum Pferdeschwanz gebunden und nach hinten gelegt und unter ’nem Basecap. Wenn ich heutzutage ins Büro gehe, sehe ich überall nur Pferdeschwänze, als ich aufgewachsen bin, trug man das Haar offen, den Mohawk bunt oder den Kopf kahlrasiert. Heute können sich die Jugendlichen nicht mehr entscheiden was sie sein wollen, sie werden von der Gesellschaft in Rollen gequetscht. Als ich aufwuchs, spielten alle verrückt, in der Schule gab es Stoners, Punks und Greaser, auch wenn ich sie nicht mochte, so hatten sie wenigstens ihre eigene Meinung. Ich mag die Entscheidungsfreiheit.
1999 hast du die USA in Richtung Europa verlassen, was waren die Gründe?
Ich ging nach Tschechien um mit der Band MARTYR das Album „Murder X: The End Of The Game“ aufzunehmen, noch heute eine großartige Scheibe. Dann begannen die Jungs von KRABATHOR fünf Songs zu schreiben, ich schrieb fünf Songs und dann veröffentlichten wir ein Album. Kurz danach verließ der Bassist die Band und die Stelle war offen für meine Wenigkeit. Ich gab mir einen Ruck und akzeptierte das Angebot, nun bin ich schon knapp 15 Jahre dort.
Also war es die richtige Entscheidung?
Auf jeden Fall, diese Entscheidung hat mein Leben grundlegend verändert. Endlich konnte ich von der Musik leben und ausreichend Konzerte spielen. Bevor ich zu KRABATHOR ging spielte ich nicht viele Konzerte, seitdem sind es ca. 120 jedes Jahr. Ich bin gut beschäftigt, auch wenn ich von der Musik leben kann, ackere ich mir allerdings immer noch den Arsch ab. Das wollte ich schon immer.
Im April und Mai tourt ihr wieder durch die USA, freust du dich darauf in deine „alte Heimat“ zurückzukehren?
Nicht durchgängig, für ein paar Tage werde ich zu Proben nach Miami gehen. Aber wenn ich ehrlich bin, reise ich nur in die USA um Geld zu verdienen, natürlich gefällt es mir meine drei Brüder zu treffen, oder ein paar alte Freunde, aber meine wahre Heimat ist die Tschechische Republik. Da bin ich frei und genau diese Freiheit ist der Grund warum ich in Europa lebe. So mancher glaubt an den „American Dream“, doch den gibt es nicht, hört euch den Song von „The Witchhunt“ an, dann werdet ihr wissen was ich meine. „The American Nightmare“ würde vermutlich eher passen. Somit gehe ich nur in die USA um Geld zu verdienen und wieder heimzureisen.
Vor ca. fünf Monaten sprach ich genau hier mit Gary Meskil, seines Zeichens Kopf und Bassist von PRO-PAIN. Er war der Meinung, dass Deutschland die „Metalhauptstadt“ der Welt ist. Wie siehst du das?
Dem stimme ich zu 100% zu. Pro Jahr spielen wir mindestens 15 Shows, auch Festivals, in Deutschland. Seit den Anfangstagen supporten die Deutschen MASTER. Ich hatte auch schon einige deutsche Plattenfirmen, zum Beispiel Nuclear Blast, oder aktuell FDA Rekotz, all diese Labels supporten noch immer den Underground!
Vor einiger Zeit habe ich etwas von einer noch unveröffentlichten Paul Speckmann Autobiografie gelesen. Warum wurde sie bis heute nicht veröffentlicht?
Die ursprüngliche Autobiografie wurde leider „gecancelt“, jedoch arbeiten wir seit gut einem Jahr an einem Fotobuch mit dem Namen „SPECKMANN, Underground Survivor“. Jedoch wurde die Arbeit immer wieder unterbrochen, erst fiel der Layouter für drei Monate aus, dann der Firmenchef und vor kurzem Enni vom Skullcrusher, es ist sein Projekt und er erlitt einen Herzinfarkt, doch allen geht es gut. Letztens habe ich mit dem Präsidenten der Firma gesprochen und er versicherte mir, dass das „Picturebook“ in spätestens drei Monaten fertig ist. Ich habe auch schon einen 120-Seiten-Probedruck bekommen, er sieht fantastisch aus. Trauriger Weise hat es somit etwas länger gedauert, jedoch geht es in spätestens drei Monaten los … hoffe ich.
Master gibt es nun seit mehr als 31 Jahren und du wirst dieses Jahr 51. Hast du schon an ein mögliches Ende dieser „musikalischen Ära“ gedacht?
Ja, ich bin wirklich ein alter Sack, fast 51. Aber ich werde spielen und erschaffen bis ich es nicht mehr kann. Schau dir Lemmy an, Moment, er ist aktuell ein schlechtes Beispiel … BLACK SABBATH, auch nach all den Jahren noch gut unterwegs.
Was sind deine Pläne für die Zukunft?
Nächstes Jahr, 2015, werden wir ein neues MASTER Album veröffentlichen. Ich will nicht nur nach vorne sprinten, zwei Alben in drei Jahren sind ein guter Schnitt. Wie immer werden wir beschäftigt sein.
Du kümmerst dich ja beinahe komplett im Alleingang um den Auftritt MASTERs auf dem größten Sozialen Netzwerk. Das ist Fluch und Segen zugleich, manchmal recht nervig, oder?
Manchmal schon. Aber ich verdiene damit eine Menge Geld, ich verkaufe ordentlich Merchandise. Manche Leute fühlen sich von den vielen Posts belästigt, so werden jedoch mehr darauf aufmerksam, ich weiß was ich tue.
Besteht die Chance, dass du diese unfassbar geniale Version von „Ring Of Fire“ eines Tages Live spielen wirst?
2004 war schon alles soweit, aber die zwei Polizisten welche die Trompeten übernehmen wollten haben den Song nicht gelernt. Sehr schade, da jeder aus diesen beiden Bastarden bereit war. Sie haben es versaut und ohne Trompete wäre es einfach nicht dasselbe.
In all den Jahren sind doch bestimmt viele lustige Dinge passiert, gibt es da vielleicht eine Geschichte welche du mit uns teilen möchtest?
Mein ganzes Leben ist lustig, es ist wie im Circus, jeder Tag ist wahnsinnig. Wenn man mit 20 verschiedenen Leuten auf Tour ist, hat man 20 verschiedene Circus-Clowns, mich eingeschlossen. Wir haben viel Spaß!
Das war’s mit dem Interview. Ich wünsche dir das Beste für’s heutige Konzert, die anstehende Amerika Tour und immer treue Fans. Die letzten Worte gehören dir:
Danke dir! Leute, unterstützt den Untergrund, geht raus und kauft die CDs der Bands, nicht nur von MASTER, downloaden kann man die Sachen überall, aber vor allem die Undergroundbands haben es nötig, unterstützt zu werden. Wenn MOTÖRHEAD oder SLAYER ein Album veröffentlichen, kauft es sowieso jeder. Wenn euch etwas gefällt, dann kauft es und verhindert damit, dass die Szene ausstirbt.
Galerie mit 11 Bildern: Master - Vallenfyre - Tour 2014Mehr zu Master
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Stile | Death Metal, Old School Death Metal |
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