Massgrav
Interview mit Massgrav zu "This War Will Be Won By Meat Eaters"

Interview

Mit „This War Will Be Won By Meat Eaters“ haben die Hardcore Punks MASSGRAV ein wahres Freudenfest des unverblümten Krawalls abgeliefert und aufgezeigt, dass extremer Punk noch lange nicht tot ist. Natürlich war dies ein Grund, dem Trio Infernale ein paar Fragen zu stellen und wie immer entwickelte sich das Interview mit Indy, Ola und Johan zu einem ziemlich lockeren und lustigen Ereignis. Also ab ins Massengrab…

Hi Johan, Ola und Indy! Kürzlich ist „This War Will Be Won By Meat Eaters“ erschienen und dürfte bereits so einigen Leutchen gehörig die Rübe abgesäbelt haben. Die Scheibe ist so verdammt intensiv, das ist einfach der Hammer. Ist euch eigentlich klar, dass ihr voll einen an der Waffel habt?

Johan: Ja, das wissen wir, hier in Schweden sagt man dazu „criminally insane“!

Indy: Schön, dass dir das Album gefällt! Es zeigt genau, worum es bei MASSGRAV geht: Wahnsinnig kurz, wahnsinnig schnell und mit wahnsinnig viel Energie. Keine Zeit für Kinkerlitzchen.

Yeah! Das Album ist, mal abgesehen von den Vinyl Singles, eure erste größere Veröffentlichung nach der fantastischen Split-CD „A Blaze In The Northern Sky“ mit DISKONTO. Bevor wir zum aktuellen Album kommen kurz ein paar Worte zu den zwischenzeitlichen Releases? Darunter ist auch eine Split-7″ mit YACÖPSAE soweit ich weiß!?

Johan: Ja, die YACOPSÄE-Split kam nach „A Blaze In The Northern Sky“, wir haben aber auch eine 7″ mit Namen „Stampa Takten Alla Bokstavsbarn“ auf Blindead rausgebracht, limitiert auf 200 Einheiten und sofort verkauft. Und vor ein paar Monaten haben wir eine Split-7″ zusammen mit WIDESPREAD BLOODSHED für Haunted Hotel gemacht. Teste die Teile mal an, die sind besser als alles andere, was du dieses Jahr gehört hast (ok, natürlich bis auf „This War Will Be Won By Meat Eaters“)

Wieso eigentlich diese ganzen Singles? Damit wird man doch nicht mehr viel heutzutage?

Johan: Sag das nicht, denn wenn dabei nix für uns rausspringen würde, würden wir das auch nicht machen. Ich werd dir natürlich keine genauen Zahlen verraten, aber ich kann dir versichern, dass wir mit diesen Dingern doch ziemlich gut verdient haben. Zur Hölle, mann, wir sind MASSGRAV – Wir sind die Reichen, nicht solche armseligen Punk-Bastarde!

Ola: Außerdem wollen wir es diesen ganzen bekloppten Sammlerfetischisten möglichst schwer machen.

Hehe, bis auf eine Ausnahme dürfte euch das gelungen sein. Eine Single findet sich nämlich als Bonus auf dem neuen Album wieder. Habt ihr das nur gemacht um die tatsächlich etwas arg kurze Spielzeit auszugleichen oder hattet ihr nicht genug Stoff in der Hinterhand? Wieso ist die verdammte Scheibe so kurz?

Johan: Das haben wir gemacht, weil die Welt es verdient hat, unsere unglaublichen Hits zu hören! Man kann einen MASSGRAV-Song zu oft auf zu vielen Formaten veröffentlichen.

Indy: Ein MASSGRAV-Album länger als 25 Minuten wäre eine Katastrophe. Ich kann nicht verstehen, wie die Kids überhaupt mit mehr als 10 Minuten pro Session fertig werden.

Ola: Alles, was wir tun, tun wir aus einem bestimmten Grund. Und nur weil du das nicht verstehst, gibt dir das nicht das Recht, uns so eine Frage zu stellen.

Hahaha, ihr seid so bekloppt, Mädels! Eure Tracks auf der Split mit DISKONTO waren bereits schlichtweg geil und haben ordentlich geregelt, aber „This War Will Be Won By Meat Eaters“ sprengt selbst diesen Stoff nochmal entzwei. Ihr verbreitet so verdammt viel Energie auf dem neuen Album, dass mir stellenweise echt die Luft wegbleibt. Seid ihr so verdammt sauer oder woher nehmt ihr den Rohstoff für diese ganze Power? Ihr scheint ziemlich angepisst zu sein…

Johan: Danke für das Kompliment. Wenn wir als MASSGRAV spielen, sind wir wirklich angepisst, mein Wort drauf, du musst es einfach sein, ansonsten würde es ziemlich öde klingen. Unsere Wut und Energie entsteht durch die ganzen Arschlöcher mit denen wir tagtäglich zu tun haben, Arbeit, die Punk-Szene, Behörden, die Punk-Szene, Banken, die Punk-Szene… wenn man damit zu tun hat, spielt man keine fröhliche Mucke.

Ola: Mit all diesem Scheiß, mit dem man ständig zugepflastert wird, ist es eh ein Wunder, wie manche Leute fröhlich lächelnd durch den Tag gehen können. Die Band ist ein echt gutes Ventil für mich, andererseits würde ich wohl als Internet-Terrorist enden.

Textlich kotzt ihr euch mal wieder in Schwedisch aus, was wunderbar zur Musik passt. Aber worüber handeln die Texte überhaupt?

Johan: Es geht um den gleichen Scheiß, wie immer: Die Leute, die uns das Leben schwer machen – die Punk-Szene, Behörden, die Punk-Szene, Banken, die Punk-Szene, Polizisten, Punks…. bla bla bla…

Ola: …und auch noch neuer Stoff: Die Grind-Szene, christliche Politiker, das Erwachsenenleben, Banken und auch unsere Ode ans schwule Punk-Dasein: unser LIMP WRIST Cover.

Oh Mann… *g*… Wieso singt ihr eigentlich ausschließlich in eurer Landessprache? Damit begrenzt ihr euch doch auch selbst ein wenig…

Johan: Nun, da sowieso keiner verstehen kann, was wir singen, ist es ganz egal, ob das nun Englisch oder Schwedisch oder Deutsch ist. Schweden ist unsere Muttersprache und für uns der beste Weg, um uns auszudrücken.

Indy: Ich finde, es klingt einfach überzeugender, ärgerlicher, wenn wir auf Schwedisch singen. Englisch klingt so klischeemäßig. Die wütendste Sprache ist aber Finnisch. Das müssten wir uns mal beibringen.

Ola: Russisch klingt auch ziemlich angepisst. Das glaubt dir doch sonst keine Sau, wenn du in einer Band wie MASSGRAV bist, und dann mit sowas wie Spanisch ankommst, diese ganzen Sprachen mit diesen Lispel- und Zischlauten, das klingt doch voll behindert. Wie auch immer, in einer anderen Sprache könnten wir nie so präzise sein wie auf Schwedisch, die Texte hätten einfach nicht diesen speziellen MASSGRAV-Twist.

Ich finde den Titel des Albums amüsant und gleichzeitig geil. Erzählt mal was zu „This War Will Be Won By Meat Eaters“. Was soll das, und besonders im Zusammenhang mit dem Brandenburger Tor…

Indy: Der Titel ist das, was MASSGRAV ausmacht: Provokativ, aber dennoch mit einem tieferen Sinn dahinter. Tatsächlich ist das ein Zitat von Winston Churchill, der mit den Vegetariern vor allem Hitler gemeint hat. Und dann denk mal an die ganze Punk-Szene, wo man nur wirklich „true“ ist, wenn man Vegetarier ist. Diese ganzen Regeln in der Szene waren noch nie was für uns.

Ola: Was das Cover betrifft: Da habe ich an jemanden aus dem deutschen Widerstand gedacht, der Churchill vorher auf Kurzwelle gehört hat, und dann quasi das ultimative Graffiti macht. Ich finde das Gebäude auch an sich schön, und da es mit dem Titel gepasst hat, haben wir uns letztlich dafür entschieden.

Im letzten Interview hat Ola gesagt, dass ihr nicht so gern auf Tour seid, aber Johan meinte, ihr würdet in Zukunft häufiger in Deutschland spielen. Was ist draus geworden? Bewegt endlich euren Arsch hierher!!! Am Besten ihr kommt mit WOLFBRIGADE, die bringen demnächst auch ihr neues Album raus…

Indy: Vielleicht sind wir einfach schon zu alt für’s Touren…

Quatsch…

Ola: Ich weiß nicht,… Ich glaube, dass wir bei WOLFBRIGADE wohl ganz unten auf der Wunschliste für Tourkandidaten stehen. Und ich bin mir auch sicher, dass wir eine ganz andere Zielgruppe haben. Vermutlich würde uns am Ende noch irgendein durchgeknallter Punk-Italo umlegen. Wie Indy schon sagte, für’s Touren sind wir zu alt, aber wir machen liebend gerne einzelne Shows rund um die Welt. Hoffentlich möchte uns irgendein Veranstalter bald wieder nach Deutschland holen, so teuer ist es wirklich nicht.

Johan: Wie auch immer, wenn die richtige Band uns fragt, sie auf einem kleinen Wochentrip im Sommer zu begleiten, kommen wir gern.

Indy: Gigs oder Touren organisieren wir nicht selbst, dafür sind wir nämlich auch schon zu alt. Das muss jemand für uns übernehmen. Also, an alle Ärsche, die uns in ihrer Heimatstadt sehen wollen: Holt euch jemanden, der den Gig arrangiert, eher kommen wir nicht.

Was anderes: Die Punk- und Hardcore-Szene in Schweden „boomt“ seit einigen Jahren ganz schön; zumindest kommt es mir so vor. Es schießen immer mehr Bands aus dem Boden. Stört euch das oder seht ihr da eine gesunde Gemeinde heranwachsen?!

Indy: Mich interessiert das eigentlich nicht, aber es ist schon cool, wenn die Leute was Kreatives machen, in Bands spielen. Besser, als nur rumzuhängen. Was Punk und Hardcore betrifft, ich hör mir das kaum noch an, jedenfalls nicht den neuen Kram. Heutzutage ist das viel zu viel Metal und kaum noch richtiger Punk. Außerdem beherrschen die ihre Instrumente viel zu gut, was die Mucke langweilig macht. Ich mag Chaos und schiefe Töne, nicht diesen weichen Metal-Kack.

Ola: Überraschenderweise haben die Wenigsten wirklich was zu sagen. Die Entscheidung, eine „Punk“-Band zu gründen, ist wohl eher der Wunsch, in einer Band zu sein, anstatt einer Reaktion auf etwas, was einem seiner Meinung nach falsch läuft. Außerdem schießen derzeit lauter beschissene Retro-Bands aus dem Boden, Leute gründen Bands, weil sie damit ihr fehlgeleitetes Nostalgiebedürfnis befriedigen wollen – keine Ahnung, was das soll. Aber mal abgesehen davon ist das schon toll, je mehr, umso besser, und da die meisten eh nur hervorheben, wie gut WIR eigentlich sind…

Hahaha… Viele dieser Bands aus der von mir genannten Hard-, Crust- oder-was-weiß-ich-core-Welle heben sich Sound-mäßig allerdings nicht sonderlich voneinander ab. Ihr allerdings spielt nicht nur den üblichen D-Beat oder punkrockt fröhlich durch die Gegend. Ihr spielt stets am Rande zum Grind und ebnet so ziemlich jede Bodenerhebung ein. Wie wichtig ist euch Eigenständigkeit und wie genau kommt ihr gezielt auf das, was ihr da macht? Einfach drauflos oder achtet ihr schon auf das, was im Proberaum rauskommt?

Indy: Ich glaub‘, das ist das coole bei MASSGRAV – Wir klingen nicht wie die anderen Bands da draußen. Da macht das Spielen unserer Songs richtig Spaß. Klar, wir haben unsere KRIGSHOT und MOB 47 Momente, aber ich glaube nicht, dass wir diese Bands noch so stark kopieren. Es muss schon ziemlich langweilig sein, ständig Coversongs zu spielen, denn genau so hören sich viele Bands in der Hardcore-Szene an – wie Coverbands.
Was die Jam-Sessions angeht: Wir haben noch nie gejammt! Ola denkt, dass sei nur was für Hippies, haha! Ich spiele in einer anderen Band Schlagzeug, wo es nur ums Improvisieren und Jammen geht, aber so geht das in MASSGRAV nie ab. Aber dazu sagen wohl lieber Ola und Norse was, denn sie schreiben ja die Songs. Ich füge nur das Chaos zu ihren Ideen hinzu.

Johan: MASSGRAV müssen nicht jammen. Wann immer Ola oder ich mit einer Idee ankommen, ist sie perfekt. Ganz wichtig für mich ist dabei, dass es bei MASSGRAV immer so simpel wie möglich bleibt. Ein Riff für den Vers, eins für den Chorus. Ich wüsste nicht, wozu man noch zehn weitere Riffs in einem Song braucht. Die hebt man sich besser für die nächsten fünf Songs auf.

Ola: „Unser“ Sound, naja, so klingen wir halt. Das haben wir nicht entschieden oder herausgearbeitet, wir klingen einfach so, egal, ob wir was anderes versuchen. Als Norse und Indy ein kurzlebiges Projekt mit zwei Leuten von DISKONTO auf die Beine stellten, klang alles wie bei MASSGRAV, ebenso die DISKONTO Songs. Unsere Ideen klauen wir eigentlich immer bei anderen Bands zusammen, wir spielen sie nur doppelt so schnell. Wie Indy schon gesagt hat, Jammen ist was für Hippies, für mich ist es jedenfalls unmöglich, mit einer Band zu jammen, dafür bin ich einfach nicht gut genug. Ich würde aber ernsthaft gern mal mit Indy jammen, irgendwann.

Indy: Höhö, das wär’s ja mal. Wir haben auch sehr unterschiedliche Geschmäcker, was einfach alles betrifft, Musik, Filme, Kunst… Johan hält Step Brothers für den besten Film diesen Jahres, ich finde den einfach nur grottig. Ola hasst Grindcore und kennt kaum was von NAPALM DEATH. Ich trinke fast nie was, aber die beiden anderen hier sind anonyme Alkoholiker, haha! Wir können uns eigentlich nie auf eine Band einigen, die wir alle drei mögen. Ich wette mal, wir finden diese Einheit im MASSGRAVschen Hass und Humor, und vielleicht klingen wir auch deshalb so, wie wir es tun.

Vom Begriff Jammen komme ich auf Proberaum… da fällt mir nämlich was ein: Habt ihr es eigentlich schon geschafft diese komische Christentruppe (ihr habt im letzten Interview davon erzählt) aus dem Proberaum rauszuekeln?

Indy: An die kann ich mich gar nicht mehr erinnern, und bitte, erinnere mich nie wieder an Christen. Momentan teilen wir uns die Buchte mit unseren Kumpels von GENERAL SURGERY und SAYYADINA, das klappt bestens.

Hui, mit GENERAL SURGERY… Ich gehe mal davon aus, dass ihr nur solange für das Songwriting braucht, weil ihr die meiste Zeit damit verbringt, dummes Zeug zu paffen oder? Zwei Jahre für rund 20 Minuten Musik ist echt hart, Jungs!

Johan: Nee, das ja nun wirklich nicht. Wir sind eine Band von Qualität, nicht von Quantität. Es ist wie mit diesem alten SUPREMES-Song „You Can’t Hurry Love, No, You Just Have To Wait…“

Indy: Wir sind Intellektuelle und straight edge, deshalb.

Ola: Tja, wir sind halt ein bisschen langsam, was soll ich dazu sagen.

Zum Abschluss möchte ich noch mal ein paar Worte in den Raum werfen, zu denen ihr bitte einen kurzen Kommentar abgebt….

Schweden – Scheiße.

EU – Scheiße.

Vegetarier – Scheiße.

Punk – Scheiße.

Arbeit – Scheiße.

Ist Indy eigentlich immer noch auf der Suche nach dem verlorenen Schatz?

Johan: Ne, heutzutage sucht er nach anderen heißen Dingern…

Indy: Hast du den letzten Indy-Film gesehen? Was zum Geier war denn das am Ende? Aliens?! Ich will sofort ’ne Namensänderung.

Ola: War das der Film, auf den ich jahrelang so gespannt war? Wer zur Hölle hat das Drehbuch geschrieben?

Och, ich fand den gar nicht so übel. Was hätte nach Gott im dritten Teil schon noch kommen können um das zu toppen? Da gehen eigentlich nur Aliens.
Wie dem auch sei… wir sind am Ende des Interviews angelangt. Danke Jungs, ihr wart tapfer. Der Krieg wird letztendlich eben doch von den Fleischfressern gewonnen! Alles Gute für euch und MASSGRAV! Daumen hoch und macht weiter so!

Indy, Johan, Ola: Danke dir, Sicko!

03.10.2008
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