Maroon
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Interview
Maroon veröffentlichen heute auf den Tag genau mit "Order" ihr bisher reifstes und vielseitigstes Werk (s. auch Review bei metal.de). Basser Tom stellte sich bereitwillig unseren Fragen und erzählte uns ein wenig zu den Hintergründen der neuen Scheibe.
Zuerst mal hallo und vielen Dank für die Zeit. Euer neues Album „Order“ erscheint dieser Tage, und auch wenn es paradox klingen mag: Obwohl ihr immer noch eindeutig zu identifizieren seid, klingt ihr vielseitiger als je zuvor, arbeitet mit verschiedenen Elementen aus unterschiedlichen Bereichen und verwendet auch mehr Melodien als zuvor, besonders im Gitarrenbereich. Wie ist eure ganz persönliche Sicht auf diese Entwicklung, und was zeichnet „Order“ eurer Meinung nach aus?
Ja, das sehe ich alles auch so. Ich meine, uns war es schon immer sehr wichtig viel Abwechslung auf unseren Platten zu haben. Natürlich fällt einem das von Platte zu Platte leichter, weil wir alle einfach an unseren Instrumenten gewachsen sind! Man entwickelt sich enorm weiter wenn man viel live spielt und vor allem auch oft im Studio ist. Für mich ist die größte Stärke des neuen Album, dass es sehr abwechslungsreich und melodiös geworden ist auf der anderen Seite aber auch sehr hart, an manchen Stellen sogar einfach und rau! Diese Mischung liegt uns sehr denke ich und für mich persönlich ist es auch diese Abwechslung die eine Platte interessant macht. Wir halten nicht viel davon irgendwas immer zu wiederholen, dennoch ist jede Platte immer noch sofort als MAROON Platte zu erkennen, hoffe ich.
Ihr habt für dieses Album mit Markus Stock zusammengearbeitet, der vielen sicherlich als Ulf Theordor Schwadorf als Kopf der legendären EMPYRIUM und derzeit von „THE VISION BLEAK ein Begriff ist. Hat sein Einfluss etwas damit zu tun, dass ein großer Teil der Nummern des neuen Albums wesentlich düsterer und atmosphärischer klingt? Auch ein Teil der Songtitel wie „Wolves At The End Of The Street“ und „This Ship Is Sinking“ lässt seinen Einfluss erahnen. Inwieweit trifft dies zu?
Soundtechnisch nehmen wir jedesmal gerne was mit vom Produzenten. So sicherlich auch diesmal. Markus ist wirklich ein netter Typ und gerade Andre, Nick und ich sind schon lange große EMPYRIUM und VISION BLEAK Fans. Uns hat der Sound auf den letzten beiden VISION BLEAK Platten einfach umgehauen, also sind wir zu Markus. Und es war wirklich sehr schön mit ihm zu arbeiten und er versteht sehr viel von dem was er tut und wusste auch immer sofort was wir von ihm wollen. Natürlich hat sowas einen gewissen Einfluss auf eine Platte. Die Songs standen grob als wir das Studio betreten haben. Am Grundgerüst haben wir nicht mehr viel geändert. Aber gerade was Orchestrierung, Samples und Keyboards anbelangt haben wir sehr von Markus profitiert und das war auch teil des Planes! Die von dir erwähnten Songtitel standen so schon lange bevor wir zu Markus gegangen sind aber ich verrate dir jetzt ein Geheimnis. Ich hatte 10 Titel für „Bleak“ aber keiner hat so richtig gepasst und jetzt rate mal wie ich bei Markus im Studio dann letztendlich auf „Bleak“ gekommen bin…
Beim Pre-Listening zum Album hatten wir uns ja schon einmal über eure stilistische Ausrichtung unterhalten. Damals sagte André sinngemäß: „Metalcore ist derzeit ja total uncool, vielleicht sind wir deshalb jetzt erst Recht eine.“ Mit etwas Abstand, in dessen Zeitraum sich die Scheibe auch bei euch noch als Endprodukt entwickelt haben wird: Siehst du das heute immer noch so? Ist die Zugehörigkeit bei euch immer noch auf beide Seiten (Metal und Hardcore) gleichermaßen verteilt?
Ach, Andre erzählt doch eh nur Mist ha ha! Aber im Ernst. Ich würde dies sofort so unterstreichen! Manchmal fühlen wir uns wirklich so. Wir sind halt alle irgendwie Punks. Uns ist gerade jetzt 1 Woche vor unser sehr speziellen Releaseshow in unserer Heimatstadt die Halle gesperrt wurden und wir mussten die Show absagen, hatten aber schon sehr viel Arbeit und Geld in diese Show gesteckt. Alles umsonst. Jetzt stehen wir total doof da! Und da sitzt man dann manchmal zusammen und denkt sich: Warum passiert sowas immer uns? Und aus solchen Ereignissen entsteht dann diese Trotzhaltung. Wir müssen einfach manchmal glauben, dass es wir und unsere richtigen Fans gegen den Rest der Welt sind! Das baut auf und schweißt zusammen. Wenn alle Welt sagt Metalcore ist uncool nennen wir uns Metalcore ha ha! Eigentlich haben wir nie wert darauf gelegt in irgendeine Schublade gesteckt zu werden. Die Leute sollen uns nennen wie sie wollen. Das ist doch ihr gutes Recht, oder? Ich sehe uns mittlerweile schon mehr im Metal. Ob beabsichtigt oder nicht, weiß ich nicht. Das hat sich einfach so entwickelt. Aber ich muss auch sagen, dass die „HC-Szene“ sehr viel schwieriger und schnelllebiger ist. Gerade die Leute in der „Vegan-Straight-Edge-Szene“ von damals sind heute kaum noch dabei. Die meisten sind schon lange nicht mehr vegan oder straight edge. Ich meine, wir spielen fast alles. Wir waren erst jetzt Teil der GIVE IT A NAME TOUR mit 99% Emo-Bands und wir hatten Spaß und das Publikum war extrem toll! Genauso hat uns aber auch unser Auftritt auf dem PARTYSAN gefallen. Ich hoffe sowieso diese ganzen Grenzen verschwinden bald immer mehr. Es ist doch alles im Grunde derselbe Krach ha ha!
„Children Of The Next Level“ wartet mit einigen sehr starken Black Metal-Einflüssen auf. Was war eure Inspiration, euch auch mal in diesem Bereich zu versuchen?
Ach, das kam auch einfach so. Der Song ist in sehr kurzer Zeit entstanden und wir wussten bis zum Schluss nicht ob wir ihn auf die Platte haben möchten. Als Andre aber die Idee hatte unsere Freunde Iblis von ENDSTILLE und sG von SECRETS OF THE MOON zu fragen ob sie den Song nicht mit singen wollten wurde der Song doch immer ernster. Wir hatten erst Bedenken ob es nicht zu offensichtlich wäre, wenn wir jetzt einen kurzen, schnellen, eher an old-school Black Metal angelehnten Song machen würden und den dann auch noch von der deutschen Black-Metal Elite singen lassen würden, aber wenn dann richtig. Wir stehen alle sehr auf Black Metal. Gerade auf diesen ganzen punkigen alten Kram. Ich habe Nick The Stick damals durch Riechtor kennengelernt, das war Anfang der Neunziger, und da hat der schon von Bands wie MAYHEM oder DARK THRONE geschwärmt. Und auch heute ist er noch sehr diesem Ding verbunden.
Schatten“ baisert auf einem Werk Friedrich Rückert’s, eines seiner so genannten „Kinderotenlieder“, die er geschrieben hat, um den Tot zweier seiner Kinder zu verarbeiten. Da ich in Schweinfurt geboren bin und Friedrich Rückert aus eben dieser Stadt kommt, fand ich es interessant, dass ihr euch von diesem doch eher unterbewerteten Dichter habt inspierieren lassen. Wie kam es denn dazu?
Andre hatte die Idee dazu. Wie er auf Rückert aufmerksam geworden ist, weiß ich nicht. Ich kenne Rückert nur auf Grund der Vertonung einiger seiner Gedichte durch Gustav Mahler, wusste aber zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal, dass diese Gedichte von Rückert stammen. Anfangs war ich etwas skeptisch ob des deutschen Textes. Ich finde nur sehr wenige Bands gut die deutsch singen und die machen alle komplett andere Musik als wir. Als ich den Track im Studio aber das erste Mal mit Gesang gehört habe hat er mich doch ganz schön umgehauen.
Das ganze Album wirkt unheimlich kompakt und fließend. Gibt es eine Art Konzept zu der Scheibe, wie auch das recht mysteriöse Cover vermuten ließe?
Es gibt schon ein Konzept, aber auch das war wieder eher ein Zufall. Wir machen immer so 6 Songs fertig und dann kommen Andre und ich immer mit den ersten Texten. Es war schon auf den letzten Platten so, dass wir dann merken, dass wir beide fast identische Themen in unseren Texten bearbeiten. Das ist echt kurios aber vielleicht hat es etwas damit zu tun, das wir Brüder sind. Diesmal haben wir uns beide auch sehr von dem Cover beeinflussen lassen. Deshalb wurde die ganze Sache am Ende auch so rund!
Kürzlich habt ihr beim Give It A Name Festival gespielt, ein Event, das eigentlich eher Treffpunkt der trendigen Emo-Jugend ist. Trotzdem habt ihr ordentlich abgeräumt und auch Leute auf eure Seite ziehen können, die euch vorher nicht kannten. War euch das bewusst oder seid ihr doch mit einem etwas fremdartigen Gefühl angereist und wart hinterher umso überraschter?
Ich bin bei uns in der Band ja der Skeptiker. Ich hatte sogar richtig Schiss! Ich meine Köln war restlos ausverkauft, 2600 Leute, und vor uns spielte eine Emo-Band nach der anderen. Alle mit schönem Gesang und so. Ich dachte die Leute da draußen werden uns hassen! Und dann sind wir auf die Bühne und sofort brach die Hölle los. Ich war so froh und dankbar. Diese Kids sind einfach fantastisch! Es war wirklich der Hammer. Da war es für uns selbst auf dem PARTYSAN schwerer. Das hat mir gezeigt wie offen diese jungen Kids sind. Die wollen ihren Spaß und scheißen auf irgendwelche Genregrenzen was im Metal und HC oft nicht der Fall ist. Aber was mich noch mehr geehrt hat und wofür ich wirklich sehr dankbar bin ist, dass viele Leute extra wegen uns da waren! Es war wirklich richtig gut!
Wie ist eure Meinung zu immer extremer werdenden Szene? Derzeit schießen ja extreme junge Bands nur so aus dem Boden, die alle dieses „Höher, Schneller, Weiter“-Motto zu leben scheinen und deren einziges Ziel es ist, noch mehr Chaos anzurichten, als alle Bands zuvor. Meiner Anischt nach geht das oft zu Lasten der Songs und des Gefühls. Wie seht ihr das? Ist das alles in Ordnung so oder würde uns eine minimale Gesundschrumpfung schon ganz gut tun?
Wer bin ich, dass ich über die Existenzberechtigung anderer Bands urteilen könnte. Wenn es nach meinem Geschmack ginge könnten 90% aller Bands auf diesem Planeten sich sofort auflösen ha ha! Aber ich gebe dir völlig recht. Es ist schon schade, dass es nur noch um sowas geht. Wer hat das bunteste und hässlichste T-Shirt, wer macht die verrückteste Musik usw. Das geht meiner Meinung nach schon zu Lasten der Songs und hat doch auch nur sekundär mit der Musik zu tun. Aber das ist auch nur eine Form von Punk. Damals war die Musik auch ziemlich egal. Man wollte nur so krass wie möglich sein und das ist doch auch OK! Mich nervt dann eher, dass solche Bands als musikalische Wunderkinder hingestellt werden, dabei bedienen sie sich immer nur beim gleichen Rezept und das ist schon in der 3.Generation von alten Death Metal Bands geklaut. Aber die Kids stehen drauf also hat doch diese Musik ihre Existenzberechtigung! Und auch im Metal ist es doch nichts neues, das das Streben nach Schnelligkeit und Verrücktheit zu Lasten der Songs geht! Bands wie CANNIBAL CORPSE oder HATE ETARNAL werden doch kaum nach ihren Songs an sich sonder meist nach ihren Fähigkeiten beurteilt!
Ganz zu beginn eurer Karriere habt ihr ja das Vegan-Straight-Edge-Thema voll und ganz durchgezogen und eure Einstellung auch repräsentiert. Später habt ihr versucht, auch textlich andere Einflüsse gelten zu lassen und wurdet dafür von einigen Hardlinern mitunter kritisiert. Wie geht ihr heute damit um? „Order“ enthält ja beispielsweise einige Songs, die nicht unbedingt diese Thematik betreffen, sondern ist wesentlich weiter gefächert. Wie reagiert ihr auf Leute, die euch das zum Vorwurf machen und sagen, ihr würdet, krass ausgedrückt, eure Ideale verraten?
Ja, dieses Problem gibt es auch nach fast 12 Jahre immer noch. Und da sind wir wieder beim Thema. Als alle uns als Vegan-Straight-Edge-Propheten haben wollten haben wir unserer Meinung nach schon mehr als genug zu diesen Themen gesagt. Wir sind auch nach 12 Jahren noch alle vegan und straight edge und wenn uns dann noch einer vorhält wir würden unsere Ideale verraten ist mir das echt egal! Ich habe diese Band gegründet um meinen Gedanken und Gefühlen, meiner Wut und meiner Freude Ausdruck zu verleihen und da lasse ich mir doch nicht von irgendwelchen Typen aufzwängen um was sich meine Texte zu drehen haben! Wir haben diese ersten Platten gemacht und ich stehe immer noch zu dem größten Teil der Aussagen die wir damals getroffen haben, aber die meisten Texte habe ich geschrieben da war ich zwischen 16 und 18 Jahre alt. Und ganz ehrlich, ich bin froh dass ich jetzt nicht mehr denke wie ein 18-jähriger. Jeder der Weiterentwicklung als Verrat wertet, zumal wir bis heute all unseren Idealen treu geblieben sind, lebt in der Vergangenheit und droht meiner Meinung nach geistig zu verarmen. Ich habe in den letzten 12 Jahren soviele neue, schöne, schlechte, brutale und unfassbare Dinge gesehen und erlebt, dass es armselig wäre wenn ich heute noch die selben Texte wie 1998 schreiben würde!
Habt ihr noch ein paar letzte Worte an unsere Leser?
Danke für eure Unterstützung. Ihr seid die besten. Denkt dran: MAROONIACS gegen den Rest der Welt! VIVA HATE!
Vielen Dank nochmals für das Interview und viel Erfolg für die Zukunft.
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