Manilla Road
Im Gespräch mit dem Shark
Interview
Die aus Wichita stammenden Epic-Metal-Götter MANILLA ROAD haben mit ihrem aktuellen Album “Mysterium” nicht nur die Konkurrenz meilenweit hinter sich gelassen und jetzt schon das beste Epic-Metal-Album 2013 aufgenommen. Mit Andreas ‘Neudi’ Neuderth ist auch ein neuer Drummer an Bord, der der Band hörbar neue Impulse gegeben hat. Wir treffen den charismatischen MANILLA ROAD-Kopf Mark ‘The Shark’ Shelton zusammen mit Sänger Bryan ‘Hellroadie’ Patrick und Neudi vor ihrer dreistündigen Show im Rahmen des ‘Metal Assault III’-Festivals und erfahren, dass die Jungs vor allem eines haben: mächtig Spaß.
Mark, gleich zu Beginn möchte ich mit einer Standardfrage starten. Wie zufrieden bist du mit der neuen Platte?
The Shark: Ich bin mit dem Album zu einhundert Prozent zufrieden. “Mysterium” ist die beste Platte, die wir seit langer Zeit aufgenommen haben. Ein großer Dank geht dabei zweifellos an Neudi, der ein unglaublicher Schlagzeuger ist und wirklich alles spielen kann. Egal, aus welcher Phase der Band wir Songs proben. Durch sein Spiel haben wir die Chance bekommen, uns unsere eigene Geschichte noch einmal vor Augen zu führen und wirklich alle Elemente, die MANILLA ROAD ausmachen, mit auf die Platte zu nehmen. Ich bin sehr aufgeregt bezüglich der Dinge, die momentan mit und um die Band passieren und ich hoffe, dass wir in dieser Konstellation noch weitere Alben aufnehmen können, die genauso gut wie “Mysterium” sind.
Wie groß war Neudis Einfluss auf “Mysterium”? Du schreibst die Songs doch nach wie vor alleine. (Es entsteht eine längere Pause, da ein Kumpel der Band selbstgebrautes Bier zur Verköstigung reicht, das erstaunlich gut schmeckt und mich ein wenig an das Honigbier aus der Wychwood Brewery erinnert.)
The Shark: Neudi hatte großen Einfluss auf die Platte, weil er ein riesiger Fan der Band ist. Er hat mir Einblicke in die Seele der Fans und ihrer Wünsche gegeben, was für mich immer sehr schwer zu sehen war. Ich hatte schon immer Probleme damit, mich in andere Menschen hinein zu versetzen und mir Gedanken darüber zu machen, wie meine Musik für sie klingt. Der Einfluss von Neudi war also schon sehr groß. Wir hätten das Album auch ohne ihn machen können, aber dann wäre es auf gar keinen Fall so stark geworden.
Ihr habt auf dem Album auch seit einer gefühlten Ewigkeit wieder einen guten Schlagzeugsound und die Gitarren kommen auch schön heavy aus den Boxen. Habt ihr das Album auch in deinem Studio aufgenommen?
The Shark: Ja, wir haben das Album bei mir aufgenommen. Gemischt wurde die Platte aber in einem anderen, größeren Studio. Mit Steve (Engineer – Red.) arbeiten wir schon seit Jahren zusammen. Er hat viele unserer Proben aufgenommen und weiß genau, worauf es bei MANILLA ROAD ankommt. Es war auf jeden Fall eine gute Entscheidung, ihm die Sache in die Hand zu geben, da viele Leute in der Vergangenheit nicht so zufrieden mit dem Sound unserer Alben waren. Von daher musste ich dieses Mal schweren Herzens ein wenig Verantwortung abgeben. Die komplette Kontrolle über die Produktion habe ich aber behalten und den Leuten oft genug gesagt, was sie zu tun haben (lacht). Es ist aber nicht so, dass ich der Diktator im Studio bin. Die anderen haben ihre Meinung natürlich auch geäußert und ihren Input gegeben. Naja, Neudi nicht. Der war in Deutschland und musste auf unser Feingefühl vertrauen (lacht). Ich sage dir was, gerade weil er nicht dabei war, haben wir doppelt hart gearbeitet. Vor allem auch am Drumsound.
Neudi: Eigentlich ist das nur ein Drumcomputer (grinst).
Dann hattest du aber sehr viel Freizeit während der Aufnahmen.
The Shark: Hahaha…ja, wir hatten eine Menge Spaß bei den Aufnahmen. Im Ernst: Der Drumsound ist ein wirklich wichtiger Teil eines jeden Albums. Eigentlich gilt das für alle Instrumente und wenn bei einem Instrument nicht richtig gearbeitet wird, kann das die ganze Platte zerstören. Verglichen mit Cory (ex-Drummer – Red.), der seinen Sound immer möglichst ohne irgendwelche Effekte haben wollte, hat Neudi uns freie Hand gelassen und war offen für unsere Vorschläge. Ich denke, wir haben die Richtung gefunden in die wir in Zukunft gehen wollen. Auch das Line-Up ist unglaublich gut, wir haben sehr viel Spaß zusammen und fühlen uns wie eine Familie. Ich wäre sehr glücklich, wenn das Line-Up bis zu unserem Karriereende stabil bleiben würde.
Das würde mich auch freuen. Beinhaltet “Mysterium” nur neues Material oder auch ältere Sachen?
The Shark: Der einzige Song, der nicht wirklich neu ist, heißt “The Fountain”. Den Track habe ich einige Monate bevor ich in das Songwriting für “Mysterium” eingestiegen bin aufgenommen. Eigentlich war es überhaupt nicht geplant, die Nummer auf das Album zu nehmen. Bis Neudi ins Studio kam und seine Drums aufnehmen wollte. Ich habe ihm den Song vorgespielt…
Neudi: …und ich habe dir gesagt, dass ich angefangen habe zu weinen.
The Shark: Hahaha…ja, er wollte das Stück unbedingt auf dem Album haben. Ich habe ihm dann noch einen Akustiktrack vorgespielt, den er dann auch unbedingt auf “Mysterium” haben wollte (schallendes Gelächter). Irgendwann wurde mir das aber zu bunt. Ich kann doch nicht nur den Akustikscheiß auf das Album nehmen. Ich habe Neudi damit auf das nächste Album vertröstet (lacht).
Alle anderen Lieder habe ich geschrieben und zusammen mit Bryan und Joshua (Bass – Red.) aufgenommen. Im Endeffekt war “Mysterium” für uns ein sehr einfaches Album, weil wir durch das neue Line-Up alle hoch motiviert an die Sache herangegangen sind. Wir haben uns dieses Mal auch nicht so viele Gedanken über die Entwicklung der Band gemacht. Wir wollten einfach nur MANILLA ROAD sein.
Ist euch definitiv gelungen, wie ich finde. Man kann dem Album anhören, dass es sehr spontan entstanden ist.
The Shark: Definitiv, ja. So sind auch die Gitarrenparts entstanden. Ich hatte zwar grundlegende Ideen im Kopf, aber die richtigen Riffs haben sich erst bei Jams im Studio herauskristallisiert. Die Platte ist sehr spontan ausgefallen, genau wie Neudis Drumming. Er hat die Sachen lediglich ein paar wenige Male vorher gehört. Wir kamen gerade von einer Festivalshow in Ohio zurück und hatten an dem Abend, als Neudi in Wichita ankam, noch ein Interview bei einem lokalen Radiosender. Ich dachte eigentlich, dass er sich erst einmal ausruhen müsse, da er lange unterwegs war. Er aber ging ins Studio, baute sein Set auf und das Nächste, an das ich mich erinnere, wir sitzen im Studio und nehmen die Drums auf (lacht). Ich glaube, wir haben in dieser Nacht, drei oder vier Songs geschafft.
Bryan: Wir haben bis vier oder fünf Uhr morgens in Marks Keller gesessen und aufgenommen. Bis wir echt nicht mehr konnten. Das war eigentlich total verrückt (lacht).
The Shark: Neudi hat seine Parts in zweieinhalb Tagen aufgenommen. Veranschlagt hatten wir eine Woche. Das war aber gar nicht so schlecht. So hatten wir eben mehr Zeit um zu feiern (lacht).
Klingt wirklich, als hättet ihr eine Menge Spaß gehabt. Wie war denn die Release-Show gestern und wessen Idee war es einen Akustikset zu spielen?
The Shark: Ich selbst mache das zuhause schon seit Jahren regelmäßig und spiele vor vierzig oder fünfzig Leuten in Pubs. Für die Band hingegen war es eine völlig neue Erfahrung, da wir so etwas vorher noch nie gemacht haben. Die Show in Mannheim war sehr speziell, weil wir dort so etwas zum ersten Mal gemacht haben. Jetzt hatten wir aber das Problem, Neudi irgendwie in die Show einzubinden. Wir haben ihn dann wie ein kleines Zigeunermädchen angezogen und ihm kleine Glöckchen gegeben, damit er an der Show teilnehmen konnte (lacht).
Neudi: Drogen habt ihr mir gegeben, sonst könnte ich mich daran jawohl erinnern.
The Shark: Du hast zugestimmt. Ich habe das schriftlich (lacht). Nein, es macht einfach Spaß solche Shows zu spielen und die Release-Party war ziemlich gut besucht.
Wie erklärt ihr euch denn den Erfolg von MANILLA ROAD in den letzten Jahren?
The Shark: Gute Frage. Ich beschäftige mich überhaupt nicht damit, was andere Leute über meine Musik sagen. Ich habe beispielsweise überhaupt nicht damit gerechnet, dass das “Mark Of The Beast”-Projekt erfolgreich werden würde oder dass “Crystal Logic” zu einem Klassiker werden würde. Viele Leute fanden auf der anderen Seite den Sound von “Playground Of The Damned” nicht so gut, wobei ich der Meinung bin, dass er uns gut gelungen ist (lacht). Ich bin mir also gar nicht so sicher, ob ich dir diese Frage adäquat beantworten kann. Vielleicht sollte das besser ein Fan tun.
Als wir 2004 das erste Mal auf dem ‘Keep It True’-Festival gespielt haben, war unser einziger Gedanke: hoffentlich dürfen wir hier noch einmal spielen. Heute werden wir das ganze Jahr über gebucht, spielen auf allen wichtigen Festivals und teilen uns die Bühne mit Bands, die wir selbst verehren, wie zum Beispiel RAVEN, die heute Abendunsere Vorgruppe sind. Wahnsinn. Das macht mich sehr glücklich. MANILLA ROAD war immer eine Band, die sich immer Zeit für die Wünsche ihrer Fans und deren Meinungen zu Herzen genommen hat. Wenn nicht für unsere Fans, für wen sollten wir das sonst machen? Die Fans liegen uns besonders am Herzen. Deshalb spielen wir für sie heute Abend auch diesen besonderen Set mit Neudi und Rick Fisher, dem Originaldrummer auf “Crystal Logic”. So können wir den Fans etwas zurück geben und gleichzeitig mit ihnen eine angemessene Party zum Jubiläum von “Crystal Logic” feiern.
Bryan: Dass wir Rick dabei haben ist auch für mich eine Ehre, da ich ihn als Kind immer bewundert habe. Ich war zeitweise auch Roadie bei MANILLA ROAD und nun die Show mit ihm zu spielen, macht mich sehr, sehr stolz. Wir sind wirklich wie eine große Familie, die zusammen hält.
The Shark: Rick hat es aber auch verdient hier zu sein. Er war Teil der Band, als wir unseren ersten großen Erfolg mit “Flaming Metal System” auf dem “US Metal III”-Sampler hatten. Aufgrund dieses Songs hat “Crystal Logic” größere Aufmerksamkeit bekommen und wir konnten weltweite Vertriebsdeals abschließen. Die Platte markiert einen wichtigen Meilenstein in der Geschichte der Band, also war es logisch Rick mit nach Würzburg zu nehmen.
Neudi: Als ich ein Kind war, wollte ich immer bei KISS spielen. Irre, dass ich nun in meiner Lieblingsband spiele und dieses Jahr zweimal Vorband von KISS bin. Verrückt (lacht).
The Shark: Ja, es ist echt faszinierend, was in und um die Band im Moment passiert. Dafür sind wir sehr dankbar.
Lass uns noch kurz auf zwei inhaltliche Themen zu sprechen kommen. Wer war denn Ludwig von Leichhardt?
The Shark: Er war mein Ur-Ur-Ur-Onkel. Ich weiß nicht genau, wo er geboren wurde, aber irgendwo in der Nähe von Berlin. Er war ein Entdecker, der geholfen hat große Teile Australiens zu erforschen. Es gibt dort einen Berg und eine Fluss, die nach ihm benannt sind. Ebenso wie viele Straßen seinen Namen tragen. Die Grundlage für den Song “Mysterium” ist eine Expedition an der er teil genommen hat. 1847 startete die Expedition und hatte zum Ziel Australien von Osten nach Westen zu kartographieren. Nach zweidrittel der Strecke verschwand die Expedition und niemand weiß, was mit den Leuten passiert ist. Bis heute gilt dieses Verschwinden als Mysterium. Wenn ich einmal stinkreich sein sollte, werde ich meine eigene Expedition starten und die Knochen meines Onkels suchen (lacht). Mal sehen, ob ich herausfinden kann, was wirklich mit ihm passiert ist.
Neudi: Wahrscheinlich hat er ein paar MANILLA ROAD-Platten gefunden und entschieden die Expedition nicht weiter zu führen, sondern sich die Platten anzuhören (schallendes Gelächter im Backstageraum).
Hahaha…interessante These, Neudi. Was ist denn das Besondere an der Bonchester Bridge? Gibt es da ein altes Schlachtfeld, dass du besungen hast, Mark?
The Shark: Oh,…hahaha.
Bryan: Benommenheit durch Trunkenheit (allgemeines Gelächter).
The Shark: Ja, das schottische Bier ist Schuld (lacht). So einfach ist das. Nein, ich war mit meiner Mutter und meiner Tochter zu einem Familientreffen in Schottland. Es war das erste Mal, dass ich in Schottland war und als meine Tochter ins Bett ging, sie war damals ungefähr zehn Jahre alt, bin ich noch in einen Pub in Bonchester gegangen und habe die verschiedenen schottischen Biersorten probiert. Der Barkeeper wollte mir gar kein schottisches Bier verkaufen, weil das angeblich so schlecht schmecke und sie das Bier in Schottland nur brauen, nicht trinken. Er hätte wesentlich bessere europäische Biere im Angebot. Ich sagte ihm, dass es mein erster Trip nach Schottland wäre und er mir das einheimische Zeug ruhig geben könne (lacht).
Als ich dann aus der Taverne getorkelt bin und mir noch eine Zigarette anstecken wollte, fiel mir die Atmosphäre an dieser Brücke auf, die durch das leise plätschern des Wassers, den aufziehenden Nebel und das Bier entstand. Dieses Bild der Brücke hat sich in meinem angetrunkenen Kopf so fest verankert, dass es am nächsten Tag noch da war und ich mich dann dazu entschlossen habe, ein Lied darüber zu schreiben (lacht). Es geht dabei um Krieger die als Geister in regelmäßigen Abständen immer wieder an diesen Ort zurück kehren und ihren Kampf erneut austragen. Das hat allerdings keinen historischen Hintergrund. Ich habe einfach eine skurrile Story um dieses Bild der Brücke herum geschrieben. Naja, sowas passiert halt, wenn man schottisches Bier und den Shark zusammen bringt (lacht).
Ist auf jeden Fall eine lustige Geschichte. Welcher ist denn dein Lieblingssong auf dem Album, Mark?
The Shark: Das ist schwer zu sagen. Ich mag sie eigentlich alle sehr gerne. Es fällt mir bei dem neuen Album genauso schwer wie bei “The Deluge”. Wenn ich aber wirklich einen herauspicken muss, weil mein Leben davon abhängt, würde ich den Titeltrack wählen. Weil das Lied sehr emotional ist und wegen meinem Onkel natürlich. Wo auch immer er gerade sein mag.
Neudi: In einem Bauch…
The Shark: …in dem Bauch eines Kannibalen (lacht).
Vermutlich. Eine letzte Frage habe ich noch. Plant ihr eigentlich eine richtige Tour um “Mysterium” zu promoten oder beschränkt ihr euch auf Festivalgigs?
The Shark: Eine typische Tour wird es wohl nicht werden, aber wir spielen viele Gigs um das Album zu promoten. Neben dem ‘Metal Assault’-Festival spielen wir noch auf dem ‘Sweden Rock’, dem ‘Hellfest’, dem ‘Maryland Death Fest’, in Griechenland sind einige Gigs, wieder hier in Deutschland und es sind noch wesentlich mehr Gigs im Gespräch. Dazu kann ich allerdings noch nichts Konkretes sagen.
Dann danke ich euch für das Interview und wünsche euch viel Erfolg bei der Show nachher.
The Shark: Danke, Colin. Hat sehr viel Spaß gemacht und es war nett dich kennen zu lernen.
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